Geschäft: Teaching to the test - "Schattendiplome" statt offizielle Abschlüsse?

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer51.12.05
TitelTeaching to the test - "Schattendiplome" statt offizielle Abschlüsse?
ArtKR Interpellation
ThemaErziehung, Bildung, Kultur
FederführungBildungsdepartement
Eröffnung20.2.2012
Abschluss5.6.2012
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
VorstossWortlaut vom 20. Februar 2012
AntwortSchriftliche Antwort der Regierung vom 8. Mai 2012
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
1.8.2019Person27.6.2024
Statements
DatumTypWortlautSession
5.6.2012Wortmeldung

ist mit der Antwort der Regierung teilweise zufrieden.

Die benötigte Zeit für die Beantwortung sowie die Ausführlichkeit der schriftlichen Antwort zeigen mir, dass sich die Regierung intensiv mit dem Problem auseinandergesetzt hat. Dadurch wird auch die Komplexität der Thematik ein bisschen ersichtlich. Die einleitenden Bemerkungen in der Antwort geben mir Anlass zur Vermutung, dass die Regierung meine Fragestellung nur teilweise richtig verstanden hat. Es geht in meiner Interpellation nicht in erster Linie um die Missachtung der Chancengleichheit, wenn der Staat auf kommerzielle und privat finanzierte Testsysteme, wie die Camebridge-Diplome First, Advanced, Proficiency usw., abstellt, sondern vor allem um die Frage, in welchem Ausmass sich die staatlichen und somit öffentlichen Bildungsinstitutionen überhaupt auf solche externen Tests abstützen sollen. Die Regierung stellt fest, dass auf der Sekundarstufe II - dort erfreuen sich diese Tests vor allem bei den Mittelschulen einer grossen Verbreitung - eine ambivalente Haltung besteht. Ich bin dezidiert der Meinung, dass solche kommerziellen und externen Tests zumindest in der Volksschule - sicher bis und mit Sekundarstufe I - nichts verloren haben.

Ebenso klar bin ich der Meinung, dass sich das Bildungsdepartement nicht aus der Verantwortung schleichen kann und zur Thematik Richtlinien erlassen muss. Ich gehe mit der Regierung nicht einig, dass kein Handlungsbedarf bestehe. Um einen Wildwuchs auf der Sekundarstufe I zu verhindern, sind klare Regelungen gefragt, bevor sich die Praxis an den Oberstufen etabliert hat. Nicht kohärent ist auch die Praxis, dass zwar die Vorbereitungskurse auf diese Diplome kostenlos angeboten und somit öffentlich bezahlt werden, nicht aber die Prüfungen selbst. Auch dies zeigt eine ambivalente und unausgereifte Haltung gegenüber diesen Tests. Die Regierung erwähnt auch den Volksschulabschluss. So sehr wir uns diesen herbeiwünschen, so sehr möchte ich betonen, dass kommerzielle, private Diplome keinesfalls Bestandteil eines Volksschulabschlusses sein dürfen, auch nicht als freiwillige Beilagen in einem allfälligen Portfolio. Ich hoffe sehr, dass die zuständigen Stellen rechtzeitig Einfluss nehmen werden. Weder Cambridgediplome noch das Diplôme d'Etudes en langue française noch die European Computer Driving Licence dürfen Eingang finden, denn dies würde die Chancengleichheit massiv tangieren. Auf jeden Fall fragwürdig – meiner Einschätzung nach sogar falsch – ist die Praxis, dass der Kanton St.Gallen bei der Anstellung von Englischlehrpersonen auf der Primarstufe ein Advanced-Diplom verlangt. Das kann nur so gedeutet werden, dass der Kanton selber nicht fähig ist, entsprechend kompetentes Lehrpersonal auszubilden. Der Antwort entnehme ich, dass die Regierung die Problematik dieser Diplomkurse zwar erkennt, aber leider nicht bereit ist, Konsequenzen daraus zu ziehen und Richtlinien und Einschränkungen zu erlassen. Mindestens für die Sekundarstufe I und die Lehrbefähigungen hätte ich dies erwartet.

Session des Kantonsrates vom 4. bis 7. Juni 2012