Geschäft: Konsequente Kontrollen bei öffentlichen Aufträgen

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer42.12.04
TitelKonsequente Kontrollen bei öffentlichen Aufträgen
ArtKR Motion
ThemaFinanzen, Regalien, Unternehmungen, Feuerschutz
FederführungBau- und Umweltdepartement
Eröffnung21.2.2012
Abschluss24.4.2012
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
AntragAntrag der Regierung vom 27. März 2012
VorstossWortlaut vom 21. Februar 2012
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
21.8.2019Gremium19.1.2023
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
24.4.2012Eintreten21Zustimmung81Ablehnung18
Statements
DatumTypWortlautSession
24.4.2012Wortmeldung

(im Namen einer Mehrheit der GRÜ-Fraktion): Auf die Vorlage ist nicht einzutreten.

Die GRÜ-Fraktion unterstützt grundsätzlich die Idee. Lohndumping darf es bei Staatsaufträgen auf keinen Fall geben, auch nicht bei Subunternehmen. Dafür muss die Regierung die Verantwortung übernehmen und geeignete Kontrollmechanismen weiterentwickeln. Subunternehmen müssen aber zur Beschaffung von Personal und Fachwissen möglich sein. Eine Liste mit Unternehmen ohne Beanstandungen lehnt die GRÜ-Fraktion ab; sie hält weder eine schwarze noch eine weisse Liste für sinnvoll. Zur Kontrolle gibt es effizientere Möglichkeiten.

Session des Kantonsrates vom 23. und 24. April 2012
24.4.2012Wortmeldung

Regierungsrat: Auf die Vorlage ist nicht einzutreten.

Ich glaube, der Auslöser dieser Motion war die Geschichte mit dem Neubau des Sicherheits- und Justizdepartementes am Oberen Graben. Es ist ein Ärgernis, dass da verschiedene Missstände festgestellt wurden. Ich gehe einig mit den Vorrednern, dass das nicht wieder vorkommen darf und wir überlegen müssen, wie solche Dinge künftig vermieden werden können. Allerdings müssen hier zwei Dinge unterschieden werden, nämlich die Vergabe der Aufträge und die Kontrolle auf den Baustellen. Das gilt es zu unterscheiden. Das Baudepartement hat sich bereits selbstkritisch überlegt, wo und wie allfällige Mängel korrigiert werden können. Dazu möchte ich in Erinnerung rufen, dass das Baudepartement je Jahr rund 2'500 Arbeitsvergabungen in der Grösse von etwa 160 Mio. Franken tätigt. Das erfordert neben einem guten System auch ganz klare Spielregeln. Die Aufträge werden so genau wie möglich ausgeschrieben, damit die eingehenden Offerten dann auch verglichen werden können. Des Weiteren sind die Eignungskriterien der Offerenten zu prüfen, die Arbeitsverträge, die Gleichstellung, die Einhaltung derselben; sodann die Zuschlagskriterien, wie Preis, Lieferfrist usw. Das alles wird durch das Baudepartement geprüft, und der Auftrag wird alsdann an den günstigsten der jeweiligen Anbieter vergeben. Für die Unternehmer spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob es sich um eine öffentliche oder private Baustelle handelt. Die Aufsichtspflicht ist dieselbe. Das Baudepartement vergibt die Aufträge an Unternehmer und nicht an Personen, z.B. polnische Gipser. Das Einhalten der Vertragsvereinbarungen sowie der Spielregeln liegt in der Pflicht des Arbeitgebers. Was hingegen beim Neubau des Sicherheits- und Justizdepartementes zum Verhängnis wurde, war die ganze Sache mit den Subunternehmen und dem Weitergeben. Diese ist zwar geregelt, die Regeln wurden aber missachtet. Ich nehme nun zum laufenden Fall keine Stellung, weil dazu im Kanton Thurgau noch ein Verfahren läuft. Das Unternehmen hat dort seinen Sitz. Fairerweise müssen wir das Ergebnis abwarten. Missbräuche werden wir nicht hinnehmen, und sollte es sich um solche handeln, wird die Regierung Konsequenzen ziehen.

Zu Hartmann-Flawil: Ich mache einen Vergleich mit der Strassenverkehrsordnung. Obwohl innerorts Tempo 50 km/h gilt, kommt es immer wieder vor, dass jemand 80 km/h fährt. Bis heute kam aber noch niemand auf die Idee, deswegen das Strassenverkehrsrecht zu ändern, sondern derjenige, der die Geschwindigkeit überschreitet, wird entsprechend bestraft. Im vorliegenden Fall gilt eigentlich das Gleiche. Und trotzdem hat die Regierung Konsequenzen gezogen. Nach den Arbeitsvergaben werden nun mit den Unternehmen Werkverträge ausgefüllt, und in diesen Werkverträgen steht, dass ein Unternehmer nur mit Zustimmung des Bauherrn Aufträge an einen Subunternehmer weitergeben darf. Und auch in diesem Fall bleibt der Unternehmer dem Bauherrn gegenüber verantwortlich. Der Unternehmer verpflichtet sich, allfälligen Subunternehmern die Pflicht zur Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen und Arbeitsbedingungen sowie der Gleichstellung von Mann und Frau nach Art. 10 der Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen zu überbinden. Neu steht in allen Werkverträgen, dass sich der Unternehmer verpflichtet, mit allfälligen Subunternehmern vertraglich zu regeln, dass diese ihrerseits keine weiteren Subunternehmer beauftragen dürfen. Es gibt also keine Subunternehmerketten mehr. Wenn jemand einen Auftrag als Subunternehmer übernimmt, dann muss er kurzfristig wissen, ob er ihn ausführen kann oder nicht. Der Bauherr behält sich vor, bei Zahlungsausständen des Hauptunternehmers den Subunternehmer direkt und mit befreiter Wirkung zu bezahlen und die in diesem Umfang auf ihn übergegangenen Forderungen mit ausstehenden Werklohnforderungen zu verrechnen. Dieser Sachverhalt ist in allen zu unterzeichnenden Werkverträgen enthalten. Zusätzlich hat die Regierung der Realität auf den Baustellen Rechnung getragen. Bekanntermassen machen Unternehmer eine Eingabe, und dann fallen plötzlich verschiedene Termine zusammen oder es entstehen Lücken. In der Baubranche ist es üblich, dass man einander aushilft. Damit dieser Punkt jetzt auch formal korrekt ist, hat das Baudepartement ein «baustellentaugliches» Formular ausgearbeitet. Nicht nur das Melden von Subunternehmern wird eingefordert, sondern auch die Unterschrift der beteiligten Subunternehmer, welche die Arbeit verrichten. Diese Massnahme ist griffig, weshalb es keine gesetzliche Änderung braucht. Auch möchten wir die Bauunternehmer nicht mit unnötigem Papierkram belasten. Um Wirkung zu zeitigen, ist es wichtig, dass wir Verstösse konsequent bestrafen.

Session des Kantonsrates vom 23. und 24. April 2012
24.4.2012Wortmeldung

Ratsvizepräsident: Die Regierung beantragt Nichteintreten.

Session des Kantonsrates vom 23. und 24. April 2012
24.4.2012Wortmeldung

(im Namen der SP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten.

Gestern Nachmittag hat der Kantonsrat beim Freizügigkeitsabkommen intensiv darüber diskutiert, wie wichtig eine breite Abstützung in der Bevölkerung sei, damit es zusammen mit den flankierenden Massnahmen allfälligen zukünftigen Initiativen oder weiteren Abstimmungen standhält. Vertrauensbildende Massnahmen sind wichtig. Dies gilt auch für den öffentlichen Auftraggeber. Faktisch handeln hier der Kanton und die öffentliche Hand auf zwei verschiedenen Ebenen. Die erste Ebene betrifft die sogenannte Solidarhaftung oder die Subunternehmerketten; die zweite betrifft den Ausschluss von Unternehmen, die sich nicht an die Regeln halten. Bei der ersten Ebene geht es darum, dass Aufträge weitergegeben werden. Dies geschieht erstens zulasten anderer Anbieter und anderer Firmen, weil eine Wettbewerbsverzerrung vorliegt. Denn wenn jemand mitbieten kann, gibt er auch Druck weiter. Zweitens sind aber auch die Arbeitnehmenden betroffen, die Lohndruck und -dumping hinnehmen müssen. Das geschieht z.B. beim Neubau des Sicherheits- und Justizdepartementes am Oberen Graben. Es geht da der SP-Fraktion um gesetzgeberische Bestrebungen, wie sie auch schon auf Bundesebene am Laufen sind. Die SP-Fraktion ist froh, dass auch der Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartementes diesbezüglichen Handlungsbedarf sieht. Andere Kantone setzen bereits Schranken. Der Kanton Bern z.B. sieht die Verantwortung auf der Auftraggeberseite und hält dies auch im Gesetz fest. Die beiden Halbkantone Baselland und Baselstadt halten fest, dass die Auftragnehmenden die Verantwortung tragen und dass eine Solidarhaftung besteht. Im Ausland, z.B. in Österreich, titelte vor etwa einem Monat eine bekannte Zeitung: «Die Österreicher können es... ». In Österreich bestehen ganz klare Regeln zur Durchsetzung der Solidarhaftung, damit der Wettbewerb nicht verzerrt wird und die Arbeitnehmenden nicht unter Lohndruck oder -dumping zu leiden haben.

Die vorliegende Motion zeigt einen ersten Schritt auf, wie der Kanton St.Gallen von sich aus Regeln einführen könnte, ohne warten zu müssen, bis der Bundesgesetzgeber die nächsten Schritte auslöst. Ebenso fordert sie Regeln für den Ausschluss von Firmen, die sich nicht an Bestimmungen halten. Dabei geht es um einen fairen Wettbewerb zwischen den Unternehmen, der sich auch auf die Arbeitnehmenden auswirkt. Die Unternehmer sind für ihr Unternehmen verantwortlich, also auch, wenn es zu einer Wettbewerbsverzerrung kommt. Die sogenannten Branchenregister sind eine sogenannte weisse Liste, die jetzt schon zugänglich ist. Und die Kantone Thurgau und Appenzell Ausserrhoden beispielsweise fragen bei Vergaben an Branchen mit Gesamtarbeitsverträgen die paritätischen Kommissionen an, ob Bedenken gegen gewisse Firmen vorliegen. In der Antwort der Regierung ist festgehalten, dass das Baudepartement dieses Vorgehen fallweise anwendet. Das genügt aber nicht, sondern es muss zur Regel werden. Die Motion bezeichnet zwei konkrete Bereiche und schlägt Massnahmen zum Schutz der Unternehmen sowie deren Arbeitnehmenden vor. In der Antwort der Regierung steht als Hauptbegründung, dass die personellen Ressourcen für den zusätzlichen Aufwand fehlen. Diesem Argument ist aber das Vertrauen der Bevölkerung in das Freizügigkeitsabkommen gegenüberzustellen. Wenn dieses gestärkt werden soll, dann müssen Massnahmen getroffen und konkrete Schritte eingeleitet werden.

Session des Kantonsrates vom 23. und 24. April 2012