Geschäft: Effiziente Lohnkontrollen

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer42.12.05
TitelEffiziente Lohnkontrollen
ArtKR Motion
ThemaGrundlagen und Organisation
FederführungVolkswirtschaftsdepartement
Eröffnung21.2.2012
Abschluss26.2.2013
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
VorstossWortlaut vom 21. Februar 2012
AntragAntrag der Regierung vom 22. Januar 2013
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
21.8.2019Gremium19.1.2023
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
26.2.2013Eintreten24Zustimmung75Ablehnung21
Statements
DatumTypWortlautSession
26.2.2013Wortmeldung

(im Namen der SP-GRÜ-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten.

Im Zentrum der Bestrebungen der SP-GRÜ-Fraktion steht, dass die Personenfreizügigkeit in der Bevölkerung gut abgesichert ist. Sie erachtet es für die wirtschaftliche Entwicklung der Schweiz als notwendig, die Personenfreizügigkeit gemeinsam abzusichern. Gerade für eine Grenzregion ist eine Absicherung erforderlich, insbesondere mit Blick auf das Lohnniveau. Die Studie des Forschungsinstituts für Arbeit und Arbeitsrecht der Universität St.Gallen vom November 2011 erstellt durch die Herren Henneberger und Ziegler, zeigt, dass die Grenzregionen einem besonderen Lohndruck ausgesetzt sind. Vor allem betroffen sind ausländische Arbeitnehmende, die erstmalig in der Schweiz eine Tätigkeit aufnehmen. Dies wäre ein günstiger Zeitpunkt, um die notwendigen Unterlagen zu den Lohn- und Anstellungsbedingungen genau zu überprüfen. Bis zum Jahr 2004 war dieses Vorgehen, wie in anderen Kantonen und Ländern, z.B. Österreich, ebenfalls Brauch im Kanton St.Gallen. Auf dem roten Blatt legt die Regierung nun die aktuelle Situation dar, die in drei wichtige Bereiche zusammengefasst werden kann:

  1. Entsandte Arbeitnehmende: Hier ist mit den neuen Vorgaben des Bundes ab 1. Mai 2013 die Situation grundsätzlich bereinigt. Bei der Meldung - d.h. vor Beginn eines Einsatzes - muss auch der Lohn des entsandten Arbeitnehmenden bekannt gegeben werden; damit ist die Kontrolle des orts- und branchenüblichen Lohnes gegeben.

  2. Bei Arbeitnehmenden aus Nicht-EU-Ländern funktioniert der Datenaustausch bei der Kontrolle.

  3. Probleme zeigen sich aber bei den Arbeitnehmenden aus den EU-Ländern. Bei der Erteilung der Aufenthaltsbewilligung braucht es eine gültige Einstellungserklärung des Arbeitgebers oder eine Arbeitsbescheinigung. Dies erlaubt, die notwendigen Daten zur Verhinderung von Lohndumping gegenüber den ausländischen Arbeitnehmenden bei der ersten Tätigkeit in der Schweiz einzusehen und dadurch den nachfolgenden Lohndruck für die einheimischen Arbeitnehmenden zu beeinflussen.

Aus Sicht der SP-GRÜ-Fraktion müssten bei Punkt 3 die Daten ausgetauscht werden können, denn erstaunlicherweise sind in anderen Bereichen, z.B. beim Sozialhilfegesetz, Nachforschungen zu Hause oder am Arbeitsplatz durchaus möglich. Auch Dritte müssen Auskunft geben. Wieso sollte dieses Vorgehen zur Vorbeugung des Lohndruckes nicht auch möglich sein? Für die SP-GRÜ-Fraktion ist klar: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Die noch bestehende Lücke zum Schutz der einheimischen Arbeitnehmenden muss geschlossen werden. Dies ist im Interesse der gesamten Wirtschaft und der Politik, und nur so kann das Freizügigkeitsabkommen von der Schweizer Bevölkerung akzeptiert werden.

Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. Februar 2013
26.2.2013Wortmeldung

Ratsvizepräsident: Die Regierung beantragt Nichteintreten auf die Motion.

Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. Februar 2013
26.2.2013Wortmeldung

Regierungsrat: Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Ich gehe mit Hartmann-Flawil einig, dass wir zur Aufrechterhaltung der Personenfreizügigkeit griffige flankierende Massnahmen brauchen. Aber bei der Diskussion werden einige Dinge immer wieder durcheinandergebracht. Es muss grundsätzlich zwischen zwei Kategorien Zuwanderern unterschieden werden: Zum einen sind es die Menschen, die mit einem festen Arbeitsvertrag kommen und mehr als 90 Tage in der Schweiz arbeiten, beispielsweise Fachkräfte, und zum andern die entsandten Arbeitnehmenden, welche weniger als 90 Tage in der Schweiz bleiben. Bei letzteren sprechen wir von einer grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung. Hier haben wir auch in bestimmten Branchen Probleme, die ortsüblichen Arbeitsbedingungen einzuhalten. Deshalb fokussiert die tripartite Kommission auf diese Branchen, und die zuständigen Arbeitsinspektoren kontrollieren und, wenn nötig, sanktionieren auch.

Bei der Entsendung von Arbeitnehmenden hat der Bund eine neue Regelung erlassen. Damit ist in diesem Punkt das Anliegen der Motionärin erfüllt. Betreffend die Kategorie des Bewilligungsverfahrens besteht, entgegen den Ausführungen von Hartmann-Flawil, kein Rechtsetzungsspielraum. Ebensowenig trifft das Beispiel Österreich zu, auch wenn beim Entsendewesen ein Datenaustausch stattfinden kann. Aber dort, wo es um einen Rechtsanspruch geht, ist er gemäss Personenfreizügigkeitsabkommen nicht zulässig. In Österreich gilt nicht nur das Personenfreizügigkeitsabkommen, sondern auch die EU-Bürgerschaft. Da muss nicht einmal zwingend ein Arbeitsvertrag vorgewiesen werden, weil alle EU-Bürger sind. Das ist eine andere Integrationsstufe als das Personenfreizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union.

Für die Regierung ist rechtlich klar, dass der Kanton St.Gallen einen Lohndatenaustausch zwischen dem Amt für Migration und dem Amt für Wirtschaft und Arbeit nicht machen kann. Allerdings übergibt das Amt für Migration dem Amt für Wirtschaft und Arbeit eine Kopie der erteilten Bewilligung. Das ist wichtig, weil wir natürlich erfahrungsgemäss wissen, wo Probleme bzgl. Lohndruck bestehen. Mit Blick auf das Thema Lohndruck möchte ich noch darauf hinweisen, dass es mittlerweile neuere Studien als die von Hartmann-Flawil erwähnte gibt. Darin werden der Personenfreizügigkeit keine schlechten oder negative Auswirkungen attestiert. Die ganze Angelegenheit ist in der Wissenschaft ziemlich umstritten. In der Praxis ist feststellbar, dass es in bestimmten Branchen bei der grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung Probleme gibt, die angepackt werden müssen. Das erwartet auch die Öffentlichkeit. Die Sache in den Griff zu bekommen, ist jedoch eine sehr anspruchsvolle Arbeit, denn man steht einem breiten Geflecht von Unternehmensbeziehungen gegenüber. Die Regierung tut im zulässigen Rahmen ihr Möglichstes, das kann ich versichern.

Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. Februar 2013