Geschäft: Gesetz über die soziale Sicherung und Integration von Menschen mit Behinderung

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer22.12.01
TitelGesetz über die soziale Sicherung und Integration von Menschen mit Behinderung
ArtKR Gesetzgebungsgeschäft
ThemaAllgemein
FederführungDepartement des Innern
Eröffnung23.8.2011
Abschluss7.8.2012
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
AntragAnträge der vorberatenden Kommission vom 28. März / 2. April 2012
AntragKommissionsbestellung vom 20. Februar 2012
ErlassReferendumsvorlage vom 5. Juni 2012
AntragAnträge der Redaktionskommission vom 4. Juni 2012
MitgliederlisteAktuelle Mitgliederliste
ErlassIn der Gesetzessammlung veröffentlicht im Dezember 2012
ProtokollProtokoll der vorberatenden Kommission vom 28. März 2012
AntragAntrag SP-Fraktion zu Art. 30 Abs. 1 vom 23. April 2012
AntragAntrag der vorberatenden Kommission vom 4. Juni 2012 für die zweite Lesung
AntragAnträge der Regierung vom 3. April 2012
BotschaftBotschaft und Entwurf der Regierung vom 10. Januar 2012
ProtokollauszugFestlegung des Vollzugsbeginns vom 14. August 2012
ErlassErgebnis der 1. Lesung des Kantonsrates vom 24. April 2012
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
24.4.2012Antrag der SP-Fraktion zu Art. 30 Abs. 115Zustimmung78Ablehnung27
24.4.2012Art. 22, 23, 24, 31 und 3753Antrag der vorberatenden Kommission37Antrag der Regierung30
5.6.2012Schlussabstimmung109Zustimmung0Ablehnung11
Statements
DatumTypWortlautSession
5.6.2012Wortmeldung

Regierungsrat

Aufgrund des Antrags der vorberatenden Kommission hat der Kantonsrat in 2. Lesung das Gesetz ergänzt, damit die Bürgschaften den Modalitäten der Darlehen angepasst werden können. Ritter-Altstätten hat in der 2. Lesung Fragen zum Verhältnis mit dem Obligationenrecht (abgekürzt OR) aufgeworfen, die ich hier gerne beantworte. Bei Bürgschaften nach dem neuen «Gesetz über die soziale Sicherung und Integration von Menschen mit Behinderung» handelt es sich um ein nicht-zivilrechtliches Bürgschaftsverhältnis, d.h. also um ein öffentlich-rechtlich begründetes Verhältnis zwischen Kanton und Geldgebern. Somit handelt es sich um ein öffentlich-rechtliches Vertragsverhältnis. Die Kantone sind in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt. Das OR wird lediglich als subsidiäres, öffentliches Recht zur Anwendung gelangen. Selbstverständlich wäre es denkbar gewesen, den fraglichen Artikel 23a (neu) dahingehend mit einem Absatz zu ergänzen. Allerdings ist ein solcher nicht zwingend. Die Bestimmungen in der vorliegenden Form können widerspruchsfrei angewendet werden. Das Verfahren richtet sich ebenfalls nach den öffentlich-rechtlichen Bestimmungen. Die Konkretisierung, wie die Bürgschaft erklärt wird, wird nach Art. 31 des «Gesetzes über die Soziale Versicherung und Integration von Menschen mit Behinderung» auf Verordnungsstufe erfolgen. Dabei werden in den diesbezüglichen Materialien auch Ausführungen zur Frage gemacht werden, welcher Verwendungszweck durch die Bürgschaft noch gedeckt ist und welcher nicht.

Session des Kantonsrates vom 4. bis 7. Juni 2012
4.6.2012Wortmeldung

Präsident der vorberatenden Kommission: Die vorberatende Kommission beantragt, auf die Vorlage in 2. Lesung einzutreten.

Die vorberatende Kommission ist im Rahmen der neuen Amtsdauer 2012/2016 von 15 auf 9 Mitglieder geschrumpft. Den Antrag, der auf dem gelben Blatt vorliegt, hat sie als Zirkulationsbeschluss genehmigt. Sie hat ihm einstimmig zugestimmt. Weshalb dieser Antrag? Der Kantonsrat hat überraschend bei der Beratung in 1. Lesung, entgegen den Beratungen in den Fraktionen und auch der Regierung, der Gewährung von Bürgschaften zugestimmt. Nun geht es darum, in klaren Regelungen auf Gesetzesstufe Modalitäten, Tätigung und Rückzahlung in Analogie zum Darlehen bei der Gewährung von Bürgschaften festzuhalten. Mittlerweile kann ich bestätigen, dass Art. 23a (neu) Abs. 1 und Abs. 2 mit dem Obligationenrecht (abgekürzt OR) verträglich ist. Vielleicht kann der Vorsteher des Departementes des Innern noch etwas dazu sagen.

Session des Kantonsrates vom 4. bis 7. Juni 2012
4.6.2012Wortmeldung

Zum Vorsteher des Departementes des Innern: Das ging mir etwas gar schnell. Ich möchte wissen, inwiefern Art. 23a (neu) Abs. 2 und mit welchen Artikeln des Bundesprivatrechts er vereinbar ist. Kommt diesem Artikel eine eigenständige Bedeutung zu oder stellt er eine kantonal öffentlich-rechtliche Abweichung von Bundesprivatrecht dar?

Session des Kantonsrates vom 4. bis 7. Juni 2012
4.6.2012Wortmeldung

Art. 23a [bbis) Beendigung von Bürgschaften]. Ich habe nach wie vor meine Zweifel, ob Art. 23a Abs. 2 mit dem Bundeszivilrecht vereinbar ist, kann aber diese Frage mangels geeigneter Hilfsmittel nicht selbstschlüssig beantworten.

Session des Kantonsrates vom 4. bis 7. Juni 2012
4.6.2012Wortmeldung

Regierungsrat: Dem Antrag der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen.

Im Namen der Regierung bestätige ich, die Abstimmung des Zirkulationsbeschlusses erhalten und akzeptiert zu haben. Wir haben den Antrag überprüft und stellen fest, dass er keine wesentlichen Änderungen beinhaltet. Im OR ist sogar vorgesehen, dass solche Modalitäten angepasst werden können.

Session des Kantonsrates vom 4. bis 7. Juni 2012
4.6.2012Wortmeldung

Ratspräsident: Die Vorlage ist in 2. Lesung durchberaten und geht zur Vorbereitung der Schlussabstimmung an die Redaktionskommission.

Session des Kantonsrates vom 4. bis 7. Juni 2012
4.6.2012Wortmeldung

Regierungsrat: Zu Ritter-Altstätten: Das OR unterscheidet in Art. 510 Abs. 5 zwischen befristeten und unbefristeten Bürgschaften, weshalb der Antrag kein Problem ist. Das Dahinfallen, also wenn der Schuldner, d.h. die Einrichtung, die auferlegten Pflichten nicht erfüllt, ist ebenfalls bundesrechtskonform und zweckmässig. Namentlich spricht keine Bestimmung des OR dagegen. Da es sich lediglich um eine Regelung von Modalitäten in Analogie zum Darlehen handelt, handelt es sich um eine nebensächliche Anpassung im Sinn von Art. 57 des Geschäftsreglements des Kantonsrates . Ich empfehle deshalb, diesen Angaben zu vertrauen.

Session des Kantonsrates vom 4. bis 7. Juni 2012
24.4.2012Wortmeldung

Kommissionspräsident: Die vorberatende Kommission beantragt, in Art. 22 ff. die zusätzliche Möglichkeit der Finanzierung von Bauvorhaben mit Bürgschaften des Kantons. Wie bereits erwähnt, wurde in der Kommission einlässlich diese Frage diskutiert, wie der Kanton private Trägerschaften bei Investitionen in Betreuungsstrukturen unterstützen soll. Eine knappe Kommissionsmehrheit sprach sich schliesslich für ein kombiniertes Modell aus. Also neben der Darlehensgewährung, wie sie die Regierung vorgeschlagen hatte, soll der Kanton zukünftig auch für Darlehen von Dritten bürgen können. Damit soll gemäss Absicht der Kommission erreicht werden, dass die gemeinnützigen privaten Trägerschaften zu günstigeren Konditionen Mittel von Privatpersonen, Firmen oder Finanzinstituten für ihre Bauvorhaben erhalten.

Ich empfehle Ihnen im Namen der Kommission, den Anträgen der vorberatenden Kommission bei Art. 22 ff. zuzustimmen. Die vorberatende Kommission beantragt dies dem Kantonsrat mit 8:7 Stimmen.

Session des Kantonsrates vom 23. und 24. April 2012
24.4.2012Wortmeldung

(im Namen der GRÜ-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten.

Wir haben hier eine umfassende und sehr sorgfältige Vorlage, sie verdient einen grossen Dank. Es ist auch eine sehr wichtige Vorlage, denn sie liefert das Fundament, die Menschen mit Behinderung in ihrem Umfeld und in ihrer Welt zu unterstützen und zu fördern, sowie auch für die Finanzierung.

Session des Kantonsrates vom 23. und 24. April 2012
24.4.2012Wortmeldung

Ich votiere für eine Bürgschaft. Die Bürgschaft kann einen Zusatznutzen für den Kanton bringen, indem die Institutionen ihr Netzwerk zum Spielen bringen und das Geld, sei es bei Institutionen oder bei Privaten, günstiger organisieren können. Oftmals braucht es aber in der ersten Phase eine gesicherte Bürgschaft. Die gesicherte Bürgschaft muss vom Kanton kommen und nicht vom Institut. Oftmals geschieht es in Zukunft so, dass die sogenannten Bürgschaften dann aufgelöst werden und durch ein Legat abgelöst werden. Das heisst, oftmals gibt es irgendwo gesichertes Kapital im Alter von 60, und später, im Alter von 70 oder 80 Jahren, gibt es eine Schenkung. Somit bekommt der Kanton zwei Chancen: Einerseits mit dem günstigen Darlehenszins und andererseits mit der zusätzlichen Schenkung. Ich denke, diesen Artikel betreffend die Schenkung sollten wir unbedingt einfügen, wir vergeben uns nichts, wir nutzen eine zusätzliche Chance.

Session des Kantonsrates vom 23. und 24. April 2012
24.4.2012Wortmeldung

Art. 30 (Kosten). beantragt im Namen der SP-Fraktion, Art. 30 wie folgt zu formulieren: «Die Einrichtung beteiligt sich an den Kosten für die Tätigkeit der Ombudsstelle IFEG (vgl. Bundesgesetz über die Institutionen zur Förderung der Eingliederung von invaliden Personen) im Einzelfall. Für Menschen mit Behinderung sind die Leistungen kostenfrei.»

Menschen mit Behinderung leben in einfachsten finanziellen Verhältnissen, erzielen sie doch meist kein oder ein nur symbolisches Einkommen und leben von Renten und allenfalls Hilflosenentschädigungen oder Ergänzungsleistungen. Aus diesem Grund sollte der Zugang zur Ombudsstelle für Menschen mit Behinderung kostenfrei sein. Die Einrichtungen jedoch sollen sich wie im Gesetz vorgesehen an den Kosten beteiligen.

Das Gesetz sieht zwar die Möglichkeit eines formlosen Gesuchs um Kostenbefreiung vor. Diese Lösung überzeugt jedoch nicht, da der Zugang zur Ombudsstelle für Menschen mit Behinderung möglichst einfach und hürdenfrei gewährleistet sein muss. Oftmals ist schon der Entschluss zum Gang zur Ombudsstelle ein schwieriger Schritt. Den Menschen mit Behinderung sollte der Zugang zur Ombudsstelle durch die mögliche Kostenpflicht nicht zusätzlich erschwert werden.

Ich lade Sie deshalb zur Mithilfe beim Abbau von Hürden für Menschen mit Behinderung ein und bitte Sie, unseren Antrag zu unterstützen, damit die Ombudsstelle für Menschen mit Behinderung kosten- und bürokratiefrei zugänglich ist.

Session des Kantonsrates vom 23. und 24. April 2012
24.4.2012Wortmeldung

(im Namen der SVP-Fraktion): Dem Antrag der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen.

Dass die Investitionsbeiträge von den Darlehen abgelöst werden, findet die SVP-Fraktion gut. Aus unserer Sicht gehören nicht nur Darlehen, sondern auch die Bürgschaften in dieses Kapitel. Die vorberatende Kommission hat mehrheitlich dem Antrag zugestimmt, dass Bürgschaften wie Darlehen für Finanzierungsgeschäfte aufzuführen sind. Mit dieser Möglichkeit soll vor allem erreicht werden, dass die gemeinnützigen privaten Trägerschaften zu günstigeren Konditionen Mittel von Privatpersonen, Firmen oder Finanzinstituten für ihre Bauvorhaben erhalten. Für zukünftige Bauvorhaben prüft die Regierung im Einzelfall, ob ein Darlehen oder ob eine beantragte Bürgschaft gesprochen werden kann. Auf dem roten Blatt der Regierung ist ausgeführt, ein Darlehen wird unverzüglich zur Rückzahlung fällig, wenn der Kredit zweckwidrig verwendet wird. Bei solch einem Vergehen kann auch keine Bürgschaft mehr gehalten werden. Das kann in einem Vertrag sicher geregelt werden.

Session des Kantonsrates vom 23. und 24. April 2012
24.4.2012Wortmeldung

(im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten.

Die SVP-Fraktion dankt der Regierung für die umfassende und gut abgefasste Botschaft. Sie lässt nach wie vor viel Spielraum für Detailregelungen offen. In dieser Botschaft kommt sehr stark zum Ausdruck, dass der Mensch im Mittelpunkt steht. Die Finanzierung der Betriebsbeiträge muss in einer Übergangsfrist von drei Jahren ermittelt werden. Eine intensive Vernetzung in der Ostschweiz wurde unumgänglich. Die Koordination und die Zusammenarbeit zwischen dem Kanton und den Institutionen konnte verbessert werden (Kooperation und nicht Konkurrenz). Positiv halten wir fest, dass die Bildung separat behandelt wird und nicht in diesem Gesetz eingebunden ist. Die Aussage, dass der Kanton und die Gemeinden auch mit privaten Organisationen und Einrichtungen zusammenarbeiten, wird für die Zukunft immer wichtiger werden. «Ambulant vor stationär» finden wir wichtig und unterstützen daher sämtliche Möglichkeiten. Seit dem Jahr 2011 werden keine Defizite der Einrichtungen mehr gedeckt. Die Aufwendungen werden mit Pauschalen abgedeckt. Mit der Zeit kann dann Gleiches mit Gleichem verglichen werden. Es wird ein Schwankungsfonds eingerichtet. Damit nicht Kantonsbeiträge geäufnet werden, ist der Schwankungsfonds plafoniert. Die Höhe der Plafonierung ist im Gesetz nicht festgelegt, in der Verordnung ist sie so hoch anzusetzen, dass sie einen Anreiz für Wirtschaftlichkeit darstellt. Sind mehr Mittel vorhanden, ist die Idee, dass 50 Prozent an den Kanton zurückfliessen und 50 Prozent im Rahmen der Leistungsvereinbarung zur freien Verfügung stehen. Gewinne und Verluste der Institutionen sind möglich, wenn der Kanton keine Restdefizite mehr ausgleicht. Die pauschale Leistungsabgeltung ist von unserer Seite aus unbestritten. Weil wir einen Investitionsfond haben, ist ein grösserer Wechsel beabsichtigt. In Zukunft werden verzinste Darlehen mit fester Laufzeit gewährt und keine «A-fonds-perdu-Beiträge» mehr ausgerichtet. Wir unterstützen, dass die Investitionsbeiträge mit Darlehen ersetzt werden. Wir behalten uns vor, in der Spezialdiskussion auf einzelne Punkte einzugehen.

Session des Kantonsrates vom 23. und 24. April 2012
24.4.2012Wortmeldung

Kommissionspräsident: Dieser Antrag ist nicht wörtlich, aber inhaltlich in der vorberatenden Kommission gestellt worden. Der Antrag ist mit 13:2 abgelehnt worden.

Lassen Sie mich Ihnen ganz kurz das Ergebnis der Diskussion näherbringen. Das Anliegen soll ernst genommen werden und ist auch erkannt. Es wurde vor allem gesagt, dass Kritik vorerst auf direktem Weg und innerhalb der Einrichtung angebracht werden soll, sonst besteht bei einer kostenfreien Ombudsstelle die Gefahr, dass jede kleinste Kritik an die Ombudsstelle gelangt. Es wird hier von hürdenfreiem und einfachem Zugang gesprochen, und ich möchte ganz klar auch erwähnen, dass gemäss Art. 29 Abs. 2 dieses Gesetzes festgehalten ist, dass das Gesuch an keine Form und keine Frist gebunden ist. Damit hat die Kommission auch erkannt, dass die Niederschwelligkeit gewährleistet ist. Es ist zudem zu erwähnen, dass es bereits heute Institutionen gibt, die eigene Ombudsstellen führen und kostenlose Beratungs- und Mediationsdienste anbieten. Zudem wurde in der Kommission erwähnt, dass eine kantonale Stiftung «Opferhilfe» besteht, die auch kostenlos Beratungsdienste anbietet. Zudem ist noch – von der Rechtsgleichheit her gesehen – zu erwähnen, dass wenn wir von Menschen mit Behinderung reden, dann reden wir von Integration, was auch Rechtsgleichbehandlung und auch Regelstruktur beinhaltet; dann soll doch bei Menschen mit Behinderung kein Unterschied gemacht werden. Darum beantrage ich im Namen der vorberatenden Kommission aufgrund des Abstimmungsergebnisses von 13:2, diesen Antrag abzulehnen.

Session des Kantonsrates vom 23. und 24. April 2012
24.4.2012Wortmeldung

Der Antrag der SP-Fraktion ist abzulehnen.

Wenn dieser Antrag angenommen wird, werden die vorgesehenen Ombudsstellen kaum ausreichen. Es ist auch so, dass das Departement über Gesuche von Kostenbefreiung entscheidet.

Session des Kantonsrates vom 23. und 24. April 2012
24.4.2012Wortmeldung

Ratsvizepräsident: Die Vorlage ist in 1. Lesung durchberaten und geht zur Vorbereitung der 2. Lesung zurück an die vorberatende Kommission.

Session des Kantonsrates vom 23. und 24. April 2012
24.4.2012Wortmeldung

Ratsvizepräsident: stellt Eintreten auf die Vorlage fest.

Session des Kantonsrates vom 23. und 24. April 2012
24.4.2012Wortmeldung

Art. 22 (Darlehen für Investitionen a) Voraussetzungen und Höhe). Ich habe im ersten Teil eine grundsätzliche Bitte an die zuständigen Departemente bezüglich Finanzierung, und im zweiten Teil gehe ich auf das Thema Bürgschaften ein.

Im neuen Gesetz wird die Finanzierung von Bauvorhaben und Investitionen grundsätzlich neu geregelt. Es gibt keine Investitionsbeiträge mehr, sondern es gibt neu Darlehen und eventuell Bürgschaften, die über die laufende Rechnung amortisiert werden müssen. Die Institutionen müssen jedoch 20 Prozent eigene Mittel aufbringen, und da liegt bei gewissen Institutionen, insbesondere in der Übergangsfrist, wo wir uns heute befinden, bis dieses Geschäft in Kraft tritt, das Problem. Gewisse Institutionen konnten und durften in der Vergangenheit kein finanzielles Polster anlegen. Meine Bitte an die zuständigen Departemente – und ich spreche da bewusst in der Mehrzahl -, geht dahin, dass es den Institutionen ermöglicht wird, ihre Aufwendungen für notwendige Planungsarbeiten für dringende Bauaufgaben über die laufende Rechnung zu finanzieren. Diese Bitte geht einerseits an das Departement des Innern für Spezialbauten genauso wie an das Bildungsdepartement, das zuständig ist für den Bereich Sonderpädagogik. Wir brauchen hier keine gesetzmässigen Anpassungen, sondern einfach gesunden Menschenverstand. Ich bin überzeugt, der ist in beiden Departementen zur Genüge vorhanden, aber ich appelliere an diesen gesunden Menschenverstand, um die Institutionen für diese Finanzierung der Planungsarbeiten zu unterstützen.

Zu den Bürgschaften: Ich kann mich outen, ich war auch in der knappen Mehrheit der Kommission, die alternativ auch Bürgschaften als Finanzierungsmodell befürwortet. Aus der Sicht der Institutionen wäre dies nach meinem Dafürhalten ein klarer Vorteil. Die Regierung schreibt in ihrem Antrag, die Finanzierung mit Bürgschaften sei insgesamt teurer als das Darlehensmodell. Ich könnte mich allenfalls für das Darlehensmodell erwärmen, aber dann müssten die Konditionen gegenüber den Institutionen marktgerecht und nicht nur «gut», wie es in der Botschaft geschrieben ist, entsprechend zutreffen. Ich bitte in diesem Sinn Regierungsrätin Hilber oder allenfalls unseren Finanzchef um eine Klärung, was sie unter guten Konditionen verstehen. Ich meine, unser Anliegen geht dahin, dass die Institutionen auch selbst vom Kanton marktgerechte Konditionen erhalten, und das war das Anliegen. Wir waren der Meinung, über die Bürgschaften sind die Konditionen besser, wenn der Markt spielt. Wenn der Kanton so grosszügig ist und wirklich marktgerechte Angebote den Institutionen macht, dann könnte ich mich für das Darlehensmodell erwärmen.

Session des Kantonsrates vom 23. und 24. April 2012
24.4.2012Wortmeldung

Präsident der vorberatenden Kommission: Auf die Vorlage ist einzutreten.

Die vorberatende Kommission hat die Botschaft und den Entwurf der Regierung vom 10. Januar 2012 zum Gesetz über die soziale Sicherung und Integration von Menschen mit Behinderung sehr konstruktiv, zielführend und sachorientiert an der Sitzung vom 28. März 2012 in St.Gallen beraten. Nachdem der Kantonsratsbeschluss über Behinderteneinrichtungen und das Gesetz über die Staatsbeiträge an die Invalidenhilfe per Ende 2012 aufgrund des NFA Bund-Kanton abgelöst werden müssen, ist das vorliegende kantonale Gesetz über die soziale Sicherung und Integration von Menschen mit Behinderung das Ergebnis einer gründlichen Überprüfung der St.Galler Politik für Menschen mit Behinderung und die diesbezüglichen Grundsätze, Konzepte und Massnahmen. Gleich zu Beginn ist als erfreulich zu erwähnen der allseits gewürdigte starke Einbezug der verschiedenen Organisationen für Menschen mit Behinderung in der Vernehmlassung.

Sehr zu begrüssen ist auch, dass die Menschen mit Behinderung im Zentrum des neuen Gesetzes stehen. Es ist kein Gesetz über Einrichtungen, sondern es ist eines für die betroffenen Menschengruppen. Die sehr differenzierte und auch respektvolle Haltung und Wortwahl in der Botschaft ist weiter erfreulich. Es muss auch das höchste Ziel von uns bleiben, entsprechende Angebote für Menschen mit Behinderung zu fördern, finanzieren und eine Chancengleichheit, Gleichberechtigung sowie soziale Integration anzustreben. Letztlich ist Behinderung nicht einfach gegeben, sondern entsteht aus einem Wechselspiel zwischen Mensch und Umwelt. Je nachdem, wie sich ein Mensch mit Behinderung seine Umwelt gestalten kann, desto mehr oder weniger kommt die Behinderung letztlich zum Tragen. Dabei stellt sich die Frage, was der Staat dazu beitragen kann zur Gestaltung der Umwelt, damit die Behinderung nicht derart stark zum Tragen kommt. Die Kaskade der staatlichen Hilfe zeigt auf, dass die Eigenverantwortung und Selbstbestimmung und damit die Hilfe zur Selbsthilfe, das heisst die Befähigung, selbstbestimmt leben zu können, das Fundament bilden. Die Menschen mit Behinderung sind dabei nicht passive Adressaten. Dazu ist auch die Zugänglichkeit zu öffentlichen Grundleistungen, z.B. zu Bauten und anderen Einrichtungen, sehr entscheidend.

In der Vorlage wird die Situation von Menschen mit Behinderung in ihrem Umfeld analysiert. Die Analyse hat gezeigt, dass bereits die Zugänglichkeit öffentlicher Grundleistungen gut ist. Für den Entwurf der Grundlagen ist die Ostschweizer Zusammenarbeit sehr prägend gewesen für die Vorlage. Der Botschaft sind Grundsätze zugrunde gelegt worden, die über die Grenzen des Kantons St.Gallen hinaus gelten werden, was auch zu begrüssen ist. Ein zentraler Grundsatz ist dabei «ambulant vor stationär», und beispielsweise mit der Einführung von Assistenzbeiträgen wird zu einer effizienteren und kostengünstigeren Nutzung der spezialisierten Angebote beigetragen. Aufgrund der Bundesvorgaben haben die Kantone eine Schutz- und Gewährleistungsaufgabe im stationären und teilstationären Bereich, die allein aber nicht umgesetzt werden kann, wenn vorgelagert nicht ambulante Angebote zum Tragen kommen. Bei den ambulanten Angeboten besteht gleichsam eine Entwicklungspflicht, da es im Interesse des Kantons liegt, in diesem Bereich über Leistungsangebote zu verfügen. Letztlich, trotz der Förderung der ambulanten Angebote, ist es der Kommission ein Anliegen, dass der Kanton weiterhin für ein vielfältiges und bedürfnisgerechtes Wohn- und Tagesstrukturangebot für Menschen mit stärkerer Beeinträchtigung sorgt.

Bis heute werden im Kanton St.Gallen weitgehend private Einrichtungen geführt, die jedoch zu einem Grossteil staatlich finanziert sind. In diesem Umfeld einen Umbau zu ermöglichen, ist eine grosse Herausforderung gewesen. Die vorberatende Kommission hat im Rahmen ihrer Beratungen bestätigt, dass mit der Vorlage eine gute Grundlage geschaffen worden ist. Es sind Instrumente erarbeitet worden, um volle Kostentransparenz und die Vergleichbarkeit der Angebote herstellen zu können. Schliesslich braucht es auch eine gewisse Flexibilität aller Akteure, um die staatlichen Mittel, die heute Steuergelder gegenüber den bisherigen Versicherungsleistungen sind, richtig einzusetzen.

Sehr intensiv wurde in der Kommission über die Frage diskutiert, wie der Kanton private Trägerschaften bei Investitionen in Betreuungsinfrastrukturen unterstützen soll. Eine knappe Kommissionsmehrheit sprach sich schliesslich für ein kombiniertes Modell aus. Neben der Darlehensgewährung, wie sie die Regierung vorgeschlagen hatte und nun aber mit ihrem Antrag vom 3. April 2012 auch bekämpft, soll der Kanton grundsätzlich nur Darlehen für Dritte gewähren und nicht Darlehen und Bürgschaften abgeben können. Damit soll gemäss Absicht der Kommission erreicht werden, dass die gemeinnützigen privaten Trägerschaften Bürgschaften zu günstigeren Konditionen von Privatpersonen, Firmen oder Finanzinstitutionen für ihre Bauvorhaben erhalten.

Die vorberatende Kommission hat einstimmig mit 15:0 Stimmen das Eintreten auf das neue Gesetz über die soziale Sicherung und Integration von Menschen mit Behinderung beschlossen. Wie bereits erwähnt, sind im Rahmen der Spezialdiskussion einige Anträge gestellt worden. Doch nur in wenigen Punkten hat die vorberatende Kommission Änderungen beschlossen. Die Anträge liegen Ihnen vor, und ich werde in der Spezialdiskussion darauf zu sprechen kommen. Im Namen der Kommission empfehle ich Ihnen, auf das Gesetz über die soziale Sicherung und Integration von Menschen mit Behinderung unter Berücksichtigung unserer verschiedenen Änderungsanträge gemäss gelbem Blatt einzutreten.

Session des Kantonsrates vom 23. und 24. April 2012
24.4.2012Wortmeldung

(im Namen der CVP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten.

Die CVP-Fraktion bedankt sich für die umfassende Gesetzesvorlage sowie für den klärenden Bericht zur Tarifgestaltung. Die Zeit drängt, müssen doch der Kantonsratsbeschluss über Behinderteneinrichtungen und das Gesetz über die Staatsbeiträge an die Invalidenhilfe per Ende 2012 abgelöst werden. Es ist auch sach- und zeitgerecht, die Grundsätze der Kantonsverfassung, die Bestimmungen und Vorgaben des Eidgenössischen Behindertengleichstellungsgesetzes sowie die in vielen Teilen gelebte Praxis in einem kantonalen Gesetz zusammenzufassen und zu verankern.

Die im Nachgang zum NFA vorgesehene Überprüfung der St.Galler Politik für Menschen mit Behinderung sowie die auf Bundesebene zur Ratifizierung anstehende UN-Behindertenkonvention sind weitere Grundlagen für dieses Gesetz. Die CVP-Fraktion unterstützt die Leitsätze der Politik für Menschen mit Behinderung im Kanton St.Gallen und begrüsst die starke Akzentuierung auf die Selbstbestimmung und Eigenverantwortung sowie den mit diesem Gesetz verankerten Grundsatz «ambulant vor stationär». Die interkantonale Zusammenarbeit bei der Steuerung der Angebote und der Leistungen scheint uns ein Gebot der Stunde und wird in der Ostschweiz wohl auch bereits jetzt gelebt. Die soziale Integration ist eines der Ziele unserer Kantonsverfassung. Der Ausgrenzung von bestimmten Personen oder Gruppen soll damit entgegengewirkt bzw. es sollen Anstrengungen unternommen werden, um ausgegrenzten Gruppen die Teilnahme am sozialen Leben zu ermöglichen. Behinderte Menschen als gleichberechtigte Glieder unserer Gesellschaft stehen im Zentrum. Ihr Anspruch auf Zugang zu Grundangeboten, aber auch zu spezialisierten Leistungen wird in diesem Gesetz grundsätzlich verankert. Es werden, wie auf Gesetzesstufe richtig, nur die Grundsätze geregelt. An den Ausführungsbestimmungen und vor allem an den durch Verordnung geregelten Punkten wird das Gesetz schliesslich gemessen werden. Für die Gleichstellung und die selbstverständliche Integration von Menschen mit Behinderung in unseren Alltag werden zwei wichtige Grundsätze festgeschrieben. Ob diese Grundsätze im Alltag gelebt und eingefordert werden, hängt von den Behinderten einerseits und von der Gesellschaft andererseits ab. Den Organisationen und Verbänden kommt dabei eine wichtige Bedeutung zu. Sie müssen nach Meinung der CVP-Fraktion die Anliegen der Menschen mit Behinderung unmittelbar und frühzeitig einbringen können. Gemäss dem neuen Finanzierungsmodell, welches seit dem 1. Januar 2011 in Kraft tritt, erfolgt die Leistungsabgeltung neu nach der pauschalen Methode. Der Kanton finanziert die Leistungen für Aufenthalte von St.Gallerinnen und St.Gallern in St.Galler Einrichtungen durch eine Pauschale und übernimmt keine Defizite der Einrichtungen. Dies gibt den Einrichtungen grössere betriebliche Freiheiten. Sie tragen so aber auch ein grösseres unternehmerisches Risiko. Die pauschale Leistungsabgeltung ist an den individuellen Betreuungsbedarf der effektiv betreuten Person gekoppelt. Die CVP-Fraktion begrüsst diese neue Methode ausdrücklich, verhindert sie doch Fehlanreize, erlaubt Kostentransparenz und ermöglicht künftig verlässliche Betriebsvergleiche.

Bei der Frage, ob die Regierung den Einrichtungen neben Darlehen auch Bürgschaften gewähren kann, stellt sich die CVP-Fraktion grossmehrheitlich hinter den Antrag der Regierung. Die CVP-Fraktion sieht keine Notwendigkeit für Bürgschaften gegenüber privaten Kreditgebern durch den Kanton. Die Einrichtungen können frei entscheiden, ob sie Darlehen vom Kanton oder auf dem freien Kapitalmarkt beziehen wollen. Anerkannte Einrichtungen mit Leistungsvereinbarungen bieten auch ohne Bürgschaft des Kantons hohe Sicherheit und sollten so, wie bisherige Erfahrungen zeigen, problemlos die nötigen Kredite erhalten. Es ist für die CVP-Fraktion ausserdem nicht ersichtlich, warum der Kanton mit Bürgschaften ein Risiko übernehmen soll, die Erträge jedoch nur die privaten Geldgeber haben. Die CVP-Fraktion begrüsst die Ergänzung von Art. 3, welcher den Wirkungsbericht öffentlich und somit auch für den Kantonsrat zugänglich macht.

Session des Kantonsrates vom 23. und 24. April 2012
24.4.2012Wortmeldung

(im Namen der FDP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten.

Die FDP-Fraktion dankt der Regierung für den umfassenden Bericht und den ausführlichen Überblick über die vorgesehenen Neuregelungen für Planung, Steuerung, Aufsicht und Finanzierung der Wohnangebote und Tagesstrukturen der erwachsenen Menschen mit Behinderung. Wie bereits in der Vernehmlassung unterstützt,begrüsst die FDP-Fraktion St.Gallen die Stossrichtung und die Leitsätze, die diesem neuen Gesetz zugrunde liegen. Besonders erfreut sind wir darüber, dass es der Regierung gelungen ist, innerhalb der Ostschweiz und zusammen mit dem Kanton Zürich ein gemeinsames und koordiniertes Vorgehen zu finden. Die FDP-Fraktion bedauert es allerdings in diesem Zusammenhang, dass der Bereich Sonderpädagogik (Konzept und Konkordat), für welche allerdings das Bildungsdepartement zuständig ist, nicht ebenfalls parallel dazu vorliegt. Nach unseren Informationen ist der Kanton St.Gallen dem schweizerischen Konkordat noch nicht beigetreten, mit oder ohne Beitritt zum Konkordat ist aber der Kanton St.Gallen gehalten, ein solches Konzept zu erarbeiten. Dabei ist aus Sicht der FDP-Fraktion ein Augenmerk darauf zu legen, dass die Schnittstellen im Übergang zwischen Volksschule und Berufsleben Beachtung geschenkt wird, damit junge Leute mit einer Behinderung in den Arbeitsmarkt integriert werden und so ein weitgehend selbstbestimmtes Leben ermöglicht wird.

Auch die Vorlage, die wir heute beraten, soll die Selbständigkeit der behinderten Menschen in unserer Umgebung fördern. Dabei wird dem Grundsatz «ambulant vor stationär» bei der Betreuung von Menschen mit Behinderung grosse Bedeutung beigemessen, was von der FDP-Fraktion ausdrücklich begrüsst wird. Diesbezüglich unterstützt unsere Fraktion auch den Antrag der Kommission zu Art. 5, wonach Fahrdienste für Menschen mit Behinderung in Ergänzung zum öffentlichen Verkehr angeboten werden sollen. Die FPD-Fraktion ist jedoch der klaren Überzeugung, dass der zunehmenden Bürokratisierung der Strukturen durch die vorgesehenen Koordinations- und Kontrollstellen kritisch begegnet werden muss. Die bereits bestehenden Strukturen auf privater Basis sollten einbezogen werden, allenfalls ihnen auch die Aufgabe der nach Bundesgesetz über die Institutionen zur Förderung der Eingliederung von invaliden Personen (IFEG) Art. 10 zu schaffenden Schlichtungsstelle übertragen werden. Diese Dienstleistung soll nach Ansicht der FDP-Fraktion nicht kostenfrei sein.

Schliesslich begrüsst die FDP-Fraktion ausdrücklich die neue Finanzierungsmethode, wonach leistungsorientiert und nach individuellem Betreuungsbedarf abgerechnet werden soll. Damit werden Fehlanreize, wie bisher bei der Finanzierung durch den Bund, aufgehoben. Zudem ist es richtig, Grundlagen zu schaffen, damit Betriebsvergleiche in Zukunft möglich und innerhalb sowie ausserhalb des Kantons vergleichbar werden.

Wir befürworten auch, dass Investitionsbeiträge grundsätzlich als Darlehen und verzinslich ausgegeben werden sollen und zurückzuzahlen sind. Wir haben allerdings innerhalb der Fraktion bezüglich des Kommissionsantrages keine deutliche Mehrheit erzielt, weder für den Antrag der Regierung noch für den Antrag der vorberatenen Kommission. Zwar wurde in unserer Fraktion die Möglichkeit einer Bürgschaftslösung als Sicherheitsleistung für allenfalls erhältliche private, günstige Darlehen als Möglichkeit gesehen, Bedingung wäre allerdings, dass solche privaten Darlehen günstiger sind als diejenigen, die vom Kanton gewährt werden.

Schliesslich begrüssen wir auch den Verzicht auf die Schaffung einer speziellen ständigen Kommission für Behindertenfragen und sind dankbar für einige Angaben zu geplanten Konkretisierungsmassnahmen im Hinblick auf die Umsetzung des Gesetzes. Das zu Recht knapp gehaltene Gesetz wird erst durch den Vollzug effektiv konkretisiert.

Session des Kantonsrates vom 23. und 24. April 2012
24.4.2012Wortmeldung

Regierungsrätin: Auf die Vorlage ist einzutreten.

Die Voten der Fraktionssprecher haben gezeigt, dass das Geschäft sehr komplex ist. Es hat weiter gezeigt, dass wir über die lange Bearbeitungsdauer genau die Akzente setzen können, die die Menschen mit Behinderung verdient haben. Ich danke Ihnen für die wohlwollende Beurteilung dieser Vorlage und freue mich, dass ich am Schluss meiner Regierungstätigkeit dieses Ergebnis meinen Mitarbeitenden und vor allem den behinderten Menschen in diesem Kanton übergeben kann. Wenn Sie den Titel dieser Gesetzesvorlage ansehen, dann ist der zugegebenermassen sehr lang und komplex, und im Sprachgebrauch spricht man eigentlich vom Behindertengesetz. Hinter diesem Titel verbirgt sich ein Spannungsfeld: einerseits die Menschen sozial mit den vorhandenen Instrumenten zu sichern und gleichzeitig die Integration zu veranlassen, die immer sehr individuellen Bedürfnissen entsprechen muss.

In diesem Spannungsfeld mit den vorhandenen Mitteln möglichst viel und optimiert herauszubekommen ist ein Kerngedanke dieser Vorlage, aber vor allem auch, dass wir ein Gesellschaftsbild haben, das behinderten Menschen ihren Platz gibt, Autonomie in der Lebensführung als Ziel setzt, das heisst «ambulant vor stationär», und gleichzeitig aber auch bereit ist, Mehraufwendungen zu tragen, wenn eine Behinderung Kosten verursacht, die über ein sogenannt normales Mass hinausgehen. Ich freue mich, dass wir das in diesem Gesetz einbinden können und dass wir auch den Paradigmawechsel machen und das versuchen umzusetzen, was Trägerschaften und Heime von uns immer verlangt haben: dass sie sich als eigenständige KMU definieren, obwohl sie eigentlich zu 100 Prozent vom Staat bezahlt sind. Das ist auch ein Spannungsfeld, das nicht ganz gewöhnlich ist. Wir haben dies dennoch geschafft: mit diesem Mechanismus, mit der zeitgerechten Finanzierung, mit den Leistungsaufträgen, aber auch mit der Berechnung von Schlüsseln, die genau das abgelten, was geleistet wird.

Das Thema mit der Finanzierung (Darlehen) gibt eigentlich genau dieses Verständnis wieder, dass man Institutionen, die seit Jahren und Jahrzehnten eine gute Arbeit machen, auch eine Wertschätzung entgegenbringt und ihnen im Rahmen von klar definierten Bedingungen Freiheit gibt. Insofern ist das Abbild auch nicht nur vom Zeitgeist geprägt, sondern die lange Geschichte in unserem Kanton zeigt, dass es ganz viele Eltern und Betroffenengruppen gab und gibt, die Institutionen aufbauen, tragen und mithelfen, damit behinderte Menschen mit ihren je eigenen Bedürfnissen in unserer Region eine richtige Unterstützung bekommen.

Ich freue mich, wir haben im Jahr 1999, das ist lange her, die Konferenz der Sozialdirektorinnen und -direktoren der Ostschweizer Kantone (SODK Ost) gegründet. Auf politischer Ebene haben wir die Konferenz gegründet und uns darauf verständigt, dass wir die Behindertenpolitik gemeinsam gestalten wollen, und zwar im Interesse der Behinderten und im Interesse der Kantone. Dass nicht jeder Kanton die Angebote im Gesundheitsbereich innerhalb seiner Grenzen aufbauen kann, wollten wir ein differenziertes Angebot in der Ostschweiz ermöglichen. Die Zusammenarbeit unter den Kantonen muss nach gleichen Massstäben ablaufen, so dass die Finanzierung (Abgeltung) ostschweizerisch ist. Der Kanton Zürich ist ebenfalls mit dabei. Das ist eine grosse Leistung, auf die ich sehr stolz bin, denn der Kanton Zürich hat die Ostschweizer Kantone für die ganzen Heimunterbringungen seit Jahrzehnten aus der Geschichte her genutzt. Sie wissen, Heimkantone sind die Appenzeller Kantone, Glarus, Thurgau und zum Teil auch St.Gallen. Wir haben das geschafft!

Es ist uns ein Anliegen, dass behinderte Menschen ihre Integrationsunterstützung in den Regelstrukturen erhalten. Das ist auch der Grund, warum wir auch bei der Ombudsstelle sagen, wir respektieren behinderte Menschen als gleichwertig, auf gleicher Höhe. Die Regelstrukturen sollen möglichst lange Unterstützung bieten, auch im öffentlichen Verkehr, so dass Menschen die Regelstrukturen nutzen können. Nur das ist Ausdruck einer guten Integration. Aber sie müssen mit genügend Mitteln ausgestattet sein, ansonsten die Regelstrukturen nur eine Farce darstellen.

Session des Kantonsrates vom 23. und 24. April 2012
24.4.2012Wortmeldung

Wir haben in diesem Gesetz Grundlagen geregelt, sind aber auch dabei, eine Verordnung zu machen. Diese Verordnung wird natürlich sehr viel mehr ins Detail gehen und Platz bieten, um Erfahrungen einbringen zu können. Das Thema «Übergangsprobleme», das kann ich Ihnen versichern, wird dort geregelt. Es ist so, dass die Institutionen bis jetzt höchstens 66 Prozent Staatsbeiträge à fonds perdu erhielten. Man musste immer Eigenkapital haben und wir waren immer Partner, wenn es um Planungskredite ging. Das wird in der Verordnung auch geregelt werden müssen. Da kann ich Trunz-Oberuzwil beruhigen, das ist auch unser Anliegen, dass wir da eine kontinuierliche Weiterentwicklung haben und dass wir die Investitionen auch so tätigen können, wie sie vom Thema her gebraucht sind. Das heisst kein Investitionsstopp wie an andern Orten.

Die Bürgschaften und die Darlehen: Auch das wird in der Verordnung geregelt. Ich spreche jetzt als jemand, der dann nicht mehr dabei ist, aber der Finanzchef hört sehr gut zu. Der Kanton muss ein grosses Interesse haben, dass diese Darlehen marktgerecht oder noch besser sind, denn der Kanton bezahlt ja schlussendlich alles. Deshalb hat der Kanton kein Interesse, dass die Darlehenssituation schlechter ist, als wenn man bei den privaten Finanzinstituten Geld holen würde. Viele Jahre war es so, dass die Finanzinstitute grosses Interesse an Behinderteninstitutionen hatten, da die immer sehr viel Fremdkapital aufnehmen mussten, das dann 100-prozentig nachher bezahlt wurde inklusive Zins und Zinseszins. Das wollen wir jetzt ändern, wir wollen, dass es wirklich kostengünstig für den Kanton wird, den Institutionen aber immer noch genügend Freiraum bleibt, um im Rahmen einer dynamischen Weiterentwicklung Spielräume zu haben. Das ist unsere Absicht. Marktgerecht ist das Minimum, da kann ich Sie beruhigen. Das muss aber auch in der Verordnung geregelt werden. Wir sind dabei, diese Verordnung zu bearbeiten. Die Verordnung durch die Regierung zu bringen wird für meinen Nachfolger eines der ersten Themen sein, welches im zweiten halben Jahr zu erledigen gilt. Schliesslich wollen die Institutionen diese Ergebnisse natürlich auch 2013 haben.

Session des Kantonsrates vom 23. und 24. April 2012
24.4.2012Wortmeldung

Regierungsrätin: Zu Schlegel-Grabs: Wir wollen jetzt, wo wir alles umbauen, nur ein Modell haben mit dem Darlehen, das gerecht und handhabbar ist. Wenn wir beides haben, dann blähen wir die Bürokratie auf und verkomplizieren das Ganze. Weniger Bürokratie ist schliesslich auch das Thema in der FDP-Fraktion, da müssen Sie uns eigentlich ein Lob aussprechen, dass wir das möglichst tief halten und kostengünstig umsetzen. Aber das ist nicht das Hauptproblem. Das Hauptproblem ist, dass der Kanton sowieso alles bezahlt und es von daher auch das Beste ist, wenn er über einen Weg die Bank ist und das erledigen kann. Wenn Schlegel-Grabs nun privates Engagement anspricht, so spricht er etwas sehr Wichtiges an. In der Heimlandschaft wird viel aus privater Initiative getan, dafür sind wir sehr dankbar, aber wenn jemand einer Institution Geld vermacht, hat er eine Beziehung zu dieser Institution und weiss um die Qualität dieser Institution. Wenn Sie jetzt eine Staatsgarantie für «das gute Herz» haben wollen, dann ist das eigentlich etwas, das nicht passt zum selbstverständlichen Umgang zwischen den staatlichen Institutionen und den privaten Trägerschaften. Wir gehen davon aus, dass viele Institutionen wissen, dass sie Legate bekommen und grosszügige Spenden. Ich kenne selber solche Leute. Ich würde es sehr seltsam finden, wenn genau das gute Engagement dieser Leute auf einer Beziehung fusst, über die man auch über die Qualität der Wirtschaftlichkeit einer Institution eine Aussage machen soll. Genau da jetzt eine Staatsgarantie einzufordern, passt irgendwie nicht in dieses sehr gelungene, gewachsene System. Ich bitte Sie daher, dem Antrag der Regierung zuzustimmen; es wird auch für die Institutionen einfacher, wenn wir eine einfache Art des Umgangs mit den Finanzen in diesem Bereich haben.

Session des Kantonsrates vom 23. und 24. April 2012
24.4.2012Wortmeldung

Wenn ein Mensch mit einer Behinderung eine Ombudsstelle aufsucht, dann ist schon sehr viel Unterstützung dahinter, denn das schaffen die wenigsten allein. Diese grosse Hürde sollte nicht noch mit zusätzlichen Kosten verbunden werden, denn dann nutzen noch weniger Betroffene dieses Angebot. Es ist ein ganz wichtiger Beitrag für Menschen mit Behinderung, der geschaffen werden kann, wenn sie dafür nicht bezahlen müssen.

Session des Kantonsrates vom 23. und 24. April 2012