Geschäft: Berichterstattung der Rechtspflegekommission (Septembersession 2011)

Präsident der Rechtspflegekommission: Die Rechtspflegekommission beantragt, von der Petition Kenntnis zu nehmen, ohne ihr weiter Folge zu leisten.

Am 3. Juni 2011 übergab das Petitionskomitee die Petition «City of Change: I'm missing you Democracy» zur Rettung der Demokratie in St.Gallen zuhanden des Kantonsrates. Nach Zählung des Petitionskomitees kamen 1'135 Unterschriften zusammen. Die Petition ist eingebettet in eine ganze Reihe kultureller Veranstaltungen und Teil eines grösseren Projekts. «Schweiz, erwache! Demokratie, brich los!» ist unter anderem zu lesen auf der Homepage des Projekts «City of Change». Das Pilotprojekt «City of Change» will Verfahrenes zur Disposition stellen, utopische Denkräume öffnen und jenseits politischer Grabenkämpfe Lösungsmodelle entwerfen. Getragen wird das Projekt unter anderem vom International Institute of Political Murder (IIPM), das sich auch als Institut für theoretisches und künstlerisches Reenactment bezeichnet. Weitere Veranstaltungen waren etwa:

• die Bildung des Government of Change, dessen Kultur-, Sport- und Wirtschaftsministerien per Wahlmaschine besetzt wurden;

• die feierliche Verlesung des «City of Change»-Manifestes durch den von Bodyguards und Fahnenträgern flankierten Präsidenten auf dem Klosterplatz St.Gallen;

• oder das Fotoshooting auf dem Dach der Lokremise, das im Nachhinein Gegenstand einer Einfachen Anfrage wurde.

Am vergangenen Sonntag, den 25. September 2011, war der Film zum Projekt «City of Change» im KinoK zu sehen. Auf dem Petitionsbogen sind verschiedene Forderungen aufgeführt, nämlich:

• ein vollumfängliches Stimm- und Wahlrecht für alle mündigen, in St.Gallen wohnhaften Menschen;

• neu gestaltete Auswahlverfahren für unsere demokratischen Gremien und Räte, die eine möglichst hohe Repräsentationsgerechtigkeit garantieren;

• neue demokratische Symbole, Feiern und Rituale, die der Realität unserer Gesellschaft entsprechen;

• eine den demokratischen Grundwerten verpflichtete Strassenbeschriftung und Denkmalpolitik, die die Traditionen der tatsächlich ansässigen Bevölkerung berücksichtigen und zum Schluss eine neue Fahne für St.Gallen, die das nicht mehr zeitgemässe Rutenbündel durch ein positives und zukunftsgerichtetes Symbol ersetzt.

Wenn Sie mir diese persönliche Bemerkung gestatten: Der Kantonsrat, zumindest in seiner jetzigen Zusammensetzung, erscheint mir für politische «Happenings» weniger geeignet. Als eigentliche Petition wird bezeichnet: Die Einsetzung einer Expertenkommission mit Vertretern aus allen Bevölkerungsteilen zur Erarbeitung einer zeitgemässen, demokratischen Kantonsverfassung! Es geht also streng gesehen um die Revision der Kantonsverfassung und auch eine Anpassung des dazu führenden Verfahrens.

Die Rechtspflegekommission behandelte die Petition an ihrer Sitzung vom 7. September 2011. Die Kommission geht davon aus, dass im Bereich der demokratischen Mitwirkungsrechte kein Bedarf besteht, die erst vor wenigen Jahren totalrevidierte Kantonsverfassung zu ändern. Sollten einzelne Mitglieder des Kantonsrates eine oder mehrere der Forderungen der Petition aufgreifen wollen, steht ihnen dafür das Instrumentarium der parlamentarischen Vorstösse zu Verfügung. Im Kanton St.Gallen stimmberechtigte Personen haben zudem die Möglichkeit, diesen Forderungen mittels einer Initiative zum Durchbruch zu verhelfen.

Ratspräsident stellt Kenntnisnahme vom Bericht fest.