Geschäft: Altersdurchmischtes Lernen auch an der Oberstufe

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer42.11.14
TitelAltersdurchmischtes Lernen auch an der Oberstufe
ArtKR Motion
ThemaErziehung, Bildung, Kultur
FederführungBildungsdepartement
Eröffnung27.4.2011
Abschluss2.6.2015
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
AntragAntrag der Regierung vom 6. September 2011
VorstossWortlaut vom 27. April 2011
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
1.8.2019Person27.6.2024
1.8.2019Person27.6.2024
1.8.2019Person27.6.2024
1.8.2019Person27.6.2024
1.8.2019Person27.6.2024
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
28.9.2011Gutheissung67Zustimmung43Ablehnung10
28.9.2011Eintreten67Zustimmung41Ablehnung12
Statements
DatumTypWortlautSession
28.9.2011Wortmeldung

Auf die Motion ist einzutreten.

Ich mache es kurz. Ich bin so ein wirklich Altersdurchmischter. Altersdurchmischt in der Schule Altenrhein: 1./3. Klasse zusammen, 3./6. Klasse zusammen. Jetzt wird Eberhard-St.Gallen sagen, ja genau nur in der Primarschule. Wir hatten Schülerinnen und Schüler, die hatten in der 4.-6. Klasse fünf Jahre zugebracht und nachher hatten sie die Real auch schon absolviert und waren deshalb schulentlassen. Kurzum: AdL geht.

Zu Hegelbach-Jonschwil: Sie haben recht. AdL ist schwierig und aufwendig. Deshalb ist es ja auch keine Pflicht altersdurchmischtes Lernen einzuführen. Es ist eine Chance für diejenigen Schulen, die diesen Aufwand auf sich nehmen wollen und diese Chancen nutzen. Aus diesem Grunde habe ich keine Ängste, dass das alle belasten wird und das Schulwesen an den Rand seiner Kapazitäten bringt.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011
28.9.2011Wortmeldung

Auf die Motion ist einzutreten.

Ich möchte das Votum vor allem von Klee-Berneck unterstützen. Regierungsrat Kölliker bezeichnete in einer früheren Interpellation dass Altersdurchmischte Lernen als zukunftsgerichtetes Modell und befürwortet es. Es ist deshalb nicht nachzuvollziehen, wieso auf der Oberstufe plötzlich ADL nicht möglich sein sollte. Früher wurden Mehrklassenschulen häufig aufgrund von zu geringen Schülerzahlen gebildet. Heute hat sich das verändert. Klassen werden neu aufgrund pädagogischer Überlegungen mehrklassig gebildet. In einer «normalen» Klasse finden sich häufig drei Jahrgänge. Aufgrund des Entwicklungsstandes sind es vielleicht sogar fünf Jahrgänge. Man könnte demnach sagen, jede Klasse ist mehrklassig. Der Unterschied zum ADL liegt eigentlich nur darin, dass die Lehrperson so tun kann, als wäre die Klasse homogen und einklassig. Sie muss sich eigentlich nicht wahnsinnig bemühen allen gerecht zu werden. In der Schweiz kann auf eine lange Tradition auf die Beschulung von Mehrklassen geschaut werden. Im Kanton Zürich hat es am wenigsten, im Kanton Jura am meisten Mehrklassen. Gesamtschweizerisch betrachtet ist jedes fünfte Kind in einer Mehrklasse.

Als Pädagogin kann ich einige Vorteile des AdL aufzählen: Auf der Oberstufe gibt es soziale Probleme. Mit AdL könnte darauf regiert werden. Mehrklassenschule, natürliche Lerngemeinschaft, Mit- und Voneinander lernen, fördert auch die soziale Kompetenz. Die Rolle der Kinder und Jugendlichen kann sich innerhalb der Schulzeit verändern: sie können einmal die jüngsten sein und einmal die ältesten und somit Verantwortung übernehmen. Die Lernfortschritte können individuell sein. Kinder die ein bisschen mehr Zeit brauchen, die haben diese Zeit und solche die schneller lernen, die können dann auch schneller fertig werden. Die Kinder wachsen in eine Gemeinschaft hinein, ähnlich wie in einer Familie. Es gibt Peergroups und Freundschaften über die Altersgrenzen hinweg. Es gibt einige Studien die belegen, dass Kinder, die Mehrklassenschulen besuchen, eine positivere Einstellung zur Schule haben. Sie gehen lieber in die Schule, haben weniger Angst und haben einen positiveren Blick in die Zukunft. Flexible Schulmodelle sind Zukunftsmodelle.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011
28.9.2011Wortmeldung

Zu Eberhard-St.Gallen: Wenn Sie lieber die integrative Oberstufe gehabt hätten – die Auflösung von Sek und Real –, dann kann ich das nachvollziehen. Aber die integrative Oberstufe hat politisch, in Fachkreisen, wie vor allem in der Bevölkerung, keine Mehrheit und das müssen wir akzeptieren und zur Kenntnis nehmen und das tun wir auch. Aber AdL ist ein guter Schritt in Richtung mehr Sozial- und Selbstkompetenz. Ihre Argumente kann ich nachvollziehen, sie sind richtig und ich kann sie unterstützen. In ihrer Argumentation sprechen sie nicht wirklich gegen altersdurchmischtes Lernen. Dass die Stadt St.Gallen andere Wege geht und mehr Möglichkeiten in Sachen Individualisierung, Differenzierung und Organisation hat, ist schön und richtig, ich gönne dies der Stadt. St.Gallen. Hingegen haben wir auf dem Land nicht so viele Alternativen, also geben uns doch wenigstens diese.

Zu Hegelbach-Jonschwil Es gibt keinen anderen Stundenplan für eine altersdurchmischte Klasse. Eine altersdurchmischte Klasse ist eine Klasse, wie jede andere auch. Organisatorisch und stundenplantechnisch absolut das Gleiche. Und mit dem Lehrplan 21 hat dann altersdurchmischtes Lernen gerade überhaupt keine Konflikte. Wir haben am 10. September 2011 in der Fachkommission Bildung einen Anlass zum Lehrplan 21 organsiert. Leider waren Sie da nicht dabei. Der Lehrplan 21 widerspricht dem altersdurchmischten Lernen in keiner Art und Weise und es muss überhaupt nichts angepasst werden. Bei allem Respekt, aber mir scheint, Sie haben sich nicht wirklich mit dem Modell des altersdurchmischten Lernen auseinandergesetzt.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011
28.9.2011Wortmeldung

Auf die Motion ist einzutreten.

Am 27. April 2011 haben 64 Unterzeichnende die Motion Altersdurchmischtes Lernen (AdL) auch auf der Oberstufe eingereicht. Trotz einer fast 5-monatigen Bearbeitungszeit werde ich den Eindruck nicht los, dass die Regierung das Anliegen der vielen Unterzeichnenden nicht verstanden hat oder nicht hat ganz verstehen wollen. Wie anders ist es zu erklären, dass in der Antwort der Regierung vom 6. September ausschliesslich auf Fragestellungen eingegangen wird, die sich aus unserer Motion gar nicht ergeben. So möchte ich erstens betonen, dass wir in keiner Weise und zu keinem Zeitpunkt die Absicht hegten mit dieser Motion Real- und Sekundarstufe aufzulösen. Wir akzeptieren, das die von grossen Teilen der Bevölkerung und auch der Fachpolitik nicht mitgetragen würde. Altersdurchmischtes Lernen ist aber innerhalb der bestehenden Stufen sehr wohl möglich, auch wenn es bis dato in der Schweiz noch keine solche Umsetzung gibt. Das soll uns aber doch nicht hindern dies trotzdem zu tun. Zweitens hat diese Motion auch nichts, gar nicht, mit den kleinen Oberstufen zu tun.

Es war nie die Absicht der Motionärinnen und Motionäre mit AdL kleine Oberstufen zu retten. Und dies wurde auch immer so kommuniziert. Die Regierung beschränkt sich in ihrer Antwort gerade mal auf ein paar Begriffserklärungen und geht lediglich auf das Thema der Sek/Real und der kleinen Oberstufen ein. Das wir mit der ADL-Motion ein zutiefst pädagogisches Anliegen formulieren, negiert die Regierung schlicht. Das ist unverständlich und nicht nachvollziehbar. Altersdurchmischtes Lernen hat einen grossen pädagogischen Mehrwert. Soll die Altershomogenität aufbrechen, die Unterschiede im Lerntempo beachten und die Individualisierung des Lernens fördern. Und vor allem zeigt die Fachliteratur überdeutlich, dass die Sozialkompetenz der Lernenden gestärkt und die Motivation gesteigert wird, wenn die Jugendlichen nicht nur von der Lehrperson, sonder auch von und miteinander lernen. Das ist echte Innovation für unsere öffentlichen Schulen. Ich bitte Sie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen dieses Rates, denjenigen Oberstufen, die dazu bereit sind und diese Herausforderung suchen, altersdurchmischtes Lernen zu ermögliche und diese Motion zu überweisen. Sie ermöglichen damit eine bereichernde Vielfalt und eben eine echte Innovation auf der Oberstufe.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011
28.9.2011Wortmeldung

AdL liegt mir sehr am Herzen. AdL würde mir auch sehr am Herzen liegen auf der Oberstufe. Aber ich denke mit der Oberstufe 2012, die ja noch nicht eingeführt worden ist, beginnen wir mühsam die Grenzen aufzuweichen. Wir beginnen Möglichkeiten zu schaffen, dass sie von einer Stufe in die andere gehen können. Sie schlagen vor, AdL nur in der Real oder nur in der Sek. Damit werden die Grenzen zementiert.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011
28.9.2011Wortmeldung

Auf die Motion ist einzutreten.

Argumentativ, um nicht länger zu werden, möchte ich mich vor allem den Vorrednern Ledergerber-Kirchberg und auch Noger-St.Gallen anschliessen. Eine Mehrheit der CVP-Fraktion ist überzeugt, dass altersdurchmischtes Lernen ermöglicht werden soll unter Beibehaltung der Trennung von Sek und Real.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011
28.9.2011Wortmeldung

Auf die Motion ist einzutreten.

Zu Hegelbach-Jonschwil: Sie haben ausgeführt, es sei nicht möglich, in ein Lager zu gehen, mit altersdurchmischtem Lernen. Ich war kürzlich mit einer Mittelstufe 4.-6., wo die Unterschiede genau so gross sind, wie von der 1.-3. Oberstufe, in einem Klassenlager im Unterengadin. Mit den 4.- und 6.-Klässlern war das soziale Lernen hervorragend. Es war ein Beispiel, wie Schule funktionieren kann. Es war eine Klasse aus dem Kanton Thurgau. AdL wird praktiziert und die Lehrerinnen und Lehrer wollen nicht mehr zurück zum alten Modell.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011
28.9.2011Wortmeldung

Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Ich muss leider meinem Vorredner widersprechen und möchte Sie bitten, dem roten Blatt der Regierung zuzustimmen. Ledergerber-Kirchberg hat in einem Zeitungsartikel geschrieben, ADL sei keine neue Organisationsform sondern echte pädagogische Innovation. AdL ist auf der Primarstufe sicher eine pädagogische Innovation, ich kann das nur unterstützen. Leider machen das noch zu wenige Klassen, zu wenige Schulen. Aber auf der Oberstufe, wo wir immer noch eine Trennung von Real und Sekundar haben, sehe ich nicht ein, warum auf der Real durchlässig gearbeitet werden sollte und auf der Stufe Sek nicht.

Das Modell der kooperativen Oberstufe ist ein Schritt in die richtige Richtung. Insbesondere wenn es für alle gültig wäre. Es ist aber im Moment noch ein Jekami: je nachdem, kann man mitmachen oder auch nicht. AdL auf der Oberstufe heisst Durchlässigkeit. Durchlässigkeit müsste innerhalb der Real und der Sekundar möglich sein, also horizontal. Die Schülerinnen und Schüler besuchen jene Schulart der kooperativen Oberstufe, in der sie in ihrer Sach-, Sozial- und Selbstkompetenz am besten gefördert werden können. In allen Schularten haben die Jugendlichen Zugang zum gleichen Fächerangebot. AdL stütze die Sozialkompetenz heisst es. Jawohl, das stimmt: ADL stützt wirklich Sozialkompetenz. Aber ich wäre sehr, wenn wir wenigstens auf sechs Jahre Primarschule diese soziale Kompetenz fördern könnten und da wirklich einen Schritt weiter kommen. Ich denke, die Schulträger des Kantons haben deshalb an ihrer Hauptversammlung festgehalten, dass nicht nur die vertikale Durchlässigkeit wichtig ist sondern mindestens und vor allem zuerst die horizontale. Und das haben wir immer noch nicht. Wir haben keine integrative Oberstufe. Und ich möchte Sie einfach bitten, diesen Vorstoss abzulehnen, weil er eben nichts bringt.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011
28.9.2011Wortmeldung

Ratspräsident: Die Regierung beantragt Nichteintreten.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011
28.9.2011Wortmeldung

(im Namen der FDP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten.

Ich bitte euch, der Motion zuzustimmen. Warum? Wir müssen an unseren Oberstufen das Leistungspotential auf individuelle Art fördern können. Es kann nicht sein, dass Sie uns sagen, es bringt nichts. Wir wissen von Schulen die sehr gute Erfahrungen machen und dieses Potential wollen wir auch nutzen. Also brauchen wir einen kleinen Schritt, ich betone es ist ein kleiner Schritt, das altersdurchmischte Lernen, aber wir wollen diesen Schritt.

Das Altersdurchmischte Lernen auf der Primarschule zugelassen. Auf der Oberstufe wird es ebenfalls angewandt, leider nicht im Kanton St.Gallen. Aber es gibt gute Beispiele: die Schule in Horn macht es ausgezeichnet. Für die Lehrpersonen ist es eine Herausforderung, aber sie sind sehr zufrieden und wollen auch die Herausforderung. Es bringt einen beträchtlichen Mehrwert für die Schülerinnen und Schüler.

Die FDP-Fraktion will keine Auflösung von Sek/Real. Es kann nicht das Ziel sein, dass in dem Umfang integriert wird, bis die Schüler nichts mehr können. Wir wollen eine leistungsbezogene Schule. Wir wollen auch nicht eine flächendeckende Einführung und schon gar nicht wollen wir eine Strukturerhaltung. Das wäre wohl das Schlechteste, was wir beschliessen könnten. Wir möchten, dass die Kinder und Jugendlichen an der Oberstufe noch mehr Sozialkompetenz erhalten. Die Lehrmeister beklagen die mangelnde Sozialkompetenz von Schulabgänger. Diese Klagen müssen wir ernst nehmen. Bedenken sie bitte, neu wird mit vier Jahren eingeschult. Mit 14 Jahren müssen sich die Schülerinnen und Schüler bereits um eine Lehrstelle bemühen. Mit 15 Jahren müssen sie in einem Lehrbetrieb ihre Leistung erbringen und da braucht es Sozialkompetenz. Diese wird durch ADL nachweislich gefördert.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011
28.9.2011Wortmeldung

Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Das altersdurchmischte Lernen auf der Oberstufe mach keinen Sinn. Viele Schulen, vor allem kleinere haben die organisatorischen Möglichkeiten nicht so viele Lektionen parallel zu legen. Da dann sehr viele Zeitfenster im Stundenplan für jene Fächer, die parallel belegt werden müssen gesperrt sind. Somit kann kein Support, kein Sport, keine Hauswirtschaft, keine Informatik usw. stattfinden. Das wiederum führt zu massiven Engpässen und Randstunden. Der Stundenplan eines Oberstufenschülers wäre sehr verschachtelt und unregelmässig z.B. erst um 9.00 Uhr Schulbeginn, dafür bis 19.00 Uhr Sport usw. Dies ist mit der Freizeitgestaltung (Musik, Sport, Vereine usw.) und dem Familienleben der Jugendlichen kaum vereinbar. Das altersdurchmischte Lernen hätte eine Überarbeitung von Stoffzielen, Lehrplänen und Stundentafeln zur Folge. Wenn die Schule nicht in jedem Schulzimmer drei Unterrichtsreihen parallel laufen lassen will, und das wäre sicher nicht der Sinn der Sache, müssten Lernziele formuliert werden, welche für alle Lernenden relevant wären, sich aber im Niveau unterscheiden. Aktuell wird im Rahmen von HarmoS die Schule umgestaltet. Zudem entsteht der Lehrplan 21. In dieser Phase würde eine erneute Reformierung mehrere Millionen Franken, die bereits für HarmoS und den Lehrplan 21 bezahlt wurden, vernichtet.

Der Klassenverband von Gleichaltrigen würde sich nach und nach auflösen. Besondere Unterrichtswochen wie Schullager und Sonderwochen könnten nicht mehr dem Alter entsprechend durchgeführt werden. Eine Klassengemeinschaft existiert dann nicht mehr, weil die Unterschiede in der Entwicklung der Jugendlichen gerade in diesem Alter 12-16 Jahre enorm gross sind. Die Funktion des Klassenlehrers wird stark abgewertet. Die Klassenlehrerin verkommt zur Administratorin, da vor ihr eine heterogene Gruppe und keine Klasse mehr steht. Die Einführung von altersdurchmischtem Lernen in gewissen Primarschulen hat gezeigt, dass sich ein struktureller und pädagogischer Wandel nicht von heute auf morgen vollziehen lässt. Es sind zahlreiche Weiterbildungen der Lehrpersonen nötig. Zudem ist die Arbeitsbelastung in den ersten Jahren nach der Umstellung erheblich grösser. Im aktuellen bildungspolitischen Kontext, Überarbeitung Berufsauftrag, Lehrermangel usw. wäre eine solche Entwicklung problematisch. Gerade für die Realschülerinnen und -schüler ist es enorm wichtig, einen verlässlichen Klassenverband und möglichst wenig Bezugspersonen unter den Lehrpersonen zu haben. Nur so kann der Klassenlehrer eine persönliche und individuelle Betreuung gewährleisten. Die Leistungsschere ist teilweise heute schon innerhalb der Altersstufe enorm. Wenn Schülerinnen und Schüler aus drei Jahrgängen aufeinanderstossen, gäbe es noch grössere Unterschiede.

Das höchste Ziel der Oberstufe ist die Vorbereitung der Jugendlichen auf das Berufsleben. Dafür sind gleiche Voraussetzungen eminent wichtig. Die Berufswahl würde in einem altersdurchmischten Lernen in einer Gruppe kaum Sinn machen. Es gingen viele Ressourcen verloren. Es würde immer schwieriger, Projekte und Spezialtage zu organisieren. Wenn die Schule eine Exkursion für die älteren Schülerinnen und Schüler durchführen will, z.B. ein Klassenlager, dann wäre das jedes Mal ein Kraftakt, um alle dabei zu haben, sowie die Hiergebliebenen adäquat zu beschulen. In der Tat würden solche Anlässe mehr und mehr verschwinden. Im Rahmen der Freifächer und Wahlpflichtfächer sind altersdurchmischte Lernformen bereits heute möglich und sinnvoll. Dort ist der Alters- und Entwicklungsunterschied allerdings nicht so relevant. Es stellt sich die Frage, warum dies nun auch bei allen anderen Fächern der Fall sein soll. Die Umstellung auf das altersdurchmischte Lernen würde mit den Weiterbildungen, Sonderanschaffungen für altersdurchmischtes Lernen von Materialien, der Umgestaltung von Schulräumen usw. enorme Mehrkosten auslösen. In einer wirtschaftlich und finanziell schwierigen Zeit macht es keinen Sinn, unnötigerweise mehr Geld auszugeben.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011
28.9.2011Wortmeldung

Auf die Motion ist einzutreten.

Ich bitte die SVP-Fraktion zur Kenntnis zu nehmen, dass die homogene Lerngruppe nicht mehr existiert. Die gibt es nicht und wenn es sie irgendwo gibt, dann bitte ich Sie mir, das zu melden. Es ist heute schon so, dass Lernziele individuell formuliert werden müssen, das ist heute schon so, in jeder Klasse, auch wenn Sie eine sognannte Jahrgangsklasse haben, wo sie ja sowieso nie nur einen Jahrgang drin haben, auch wenn sie individuelle Lernziele haben. Wo Sie Recht haben, ist dass der Unterricht wirklich sich wandelt: vom lehrerzentrierter Unterricht auf den schülerzentrierten Unterricht, da haben Sie Recht. Aber im Gegensatz zu Ihnen erachte ich das als einen Fortschritt.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011
28.9.2011Wortmeldung

Es ist wichtig, dass die verschiedenen Begrifflichkeiten geklärt werden. In den vorangegangen Ausführungen kamen verschiedene Modelle durcheinander. AdL ist eine Weiterentwicklung der integrativen Oberstufe. AdL kombiniert die integrative Oberstufe mit der jahrgangsgemischten Klasse. Alle Jugendlichen besuchen die gleiche Stammklasse unabhängig von der Leistungsstärke und dem Alter und werden im Unterricht situativ altersgemischt in Lerngruppen nach Leistungsniveau aufgeteilt. Es ist nicht AdL innerhalb der Sekundar- und Realstufe. AdL ist ein fertiges Oberstufenmodell. AdL bedeutet als Oberstufenmodell, das Maximum an Durchlässigkeit. Sie lösen die Realschule auf, sie lösen die Sekundarstufe auf, sie lösen die Jahrgangsklassen auf, sie durchmischen komplett. Diagonal, horizontal, alles was möglich ist.

Strebt die Motion eine Altersdurchmischung in der getrennten Real- und Sekundarschule an, so ist sie ebenfalls abzulehnen. In der Schweiz wird dieses Modell weder praktiziert noch ist es jemals erprobt worden. In einem solchen Modell wäre es möglich, je eine Sekundar- und eine Realklasse zu bilden. Dies ist pädagogisch fragwürdig, da es die vordringliche Herausforderung an die Oberstufe, die Schülerinnen und Schülern dem Lernstand angepasst leistungsorientiert zu fördern, nicht ausreichend aufgreifen würde.

Zu Klee-Berneck: Sie haben ausgeführt, dass in der Oberstufe Horn AdL wunderbar funktioniere. Dies ist falsch. Die Oberstufe Horn hat das integrative Oberstufe. Die integrative Oberstufe löst die Schultypen Real- und Sekundarschule auf. Alle Jugendlichen besuchen unabhängig vom Leistungsvermögen die gleiche Klasse (heterogene Stammklasse) und werden erst im Verlauf des Unterrichts situativ in Lerngruppen nach Leistungsniveaus auf-geteilt. Im Grundsatz ist auch die integrative Oberstufe an die Jahrgangsklasse gebunden.

Wenn Sie mir Wörter in den Mund legen, Lehmann-Rorschacherberg, ich hätte gesagt, AdL sei zu fördern, das sei zukunftsträchtig, so ist das richtig, nämlich auf der Schuleingangsstufe z.B. in der Primarschule. Das war mein Votum im Zusammenhang mit der Basisstufe. Nota bene hat dieser Rat die Basisstufe beerdigt, wir werden das Modell der Basisstufe nicht weiter verfolgen, ausser Sie kommen auf den Entscheid zurück. Ich habe mich beschränkt auf die Primarstufe. Und dort ist es so, dass wir eine ganz andere Situation haben, andere Voraussetzungen, Herausforderungen, als auf der Oberstufe. Auf der Oberstufe haben wir Schüler, die einen extrem unterschiedlichen Entwicklungsstand haben. Körperlich, geistig extrem unterschiedlich. Wir bereiten diese Oberstufenschüler auf die Berufswahl vor. Wir fördern sie situativ. Dazu habe wird das Case Management «Plan B». «Plan B» unterstützt Jugendliche mit erschwerten Bedingungen von der Oberstufe bis zum Lehrabschluss. Die Zahl der jungen Menschen mit einer beruflich guten Qualifikation soll damit erhöht werden.

Sie wollen jetzt in dieser Oberstufe das ganze Modell noch weiter durchmischen, das lässt die Oberstufe nicht zu. Mich hat erschreckt, was Lehmann-Rorschacherberg gesagt hat: experimentieren wir doch. Ich bin nicht bereit auf dem Rücken der Kinder, Schülerinnen und Schüler, Lehrpersonen zu experimentieren. Gerade für die Lehrpersonen bedeutet AdL eine gewaltige Herausforderung.

Wir haben eine Vernehmlassung im Hinblick auf die Entwicklung der Oberstufe durchgeführt. Die Oberstufe hat sich seit dem Jahr 1975 nicht verändert. Gewisse Entwicklungen haben wir eingeleitet. Aber nota bene, wir haben mit die Beste Oberstufe der Schweiz. Wir haben die besten Resultate unsere Schülerinnen und Schüler der Schweiz. Wo sehen Sie den dringlichen Handlungsbedarf, dass Sie dieses Modell komplett auf den Kopf stellen wollen? Also ich sehe das nicht. In der erwähnten Vernehmlassung konnten sich die Lehrpersonen auch äussern. Beispielsweise sagten die Sekundarlehrer: Man wehre sich gegen alle Tendenzen, die Richtung integrative Schulmodelle gehen. Die Reallehrer haben gesagt: Das bestehende gut funktionierende St.Galler System soll nur moderat angepasst und optimiert werden. Ich möchte auch die CVP-Fraktion zitieren. Sie hat sich auf integrative Modelle bezogen: Integrative Modelle seien pädagogisch ausserordentlich anspruchsvoll und es bestünde die Gefahr, dass das Leistungsniveau der ganzen Klasse sinkt. Darum seien integrative Oberstufenmodelle abzulehnen. Das ist ganz in meinem Sinn, wir haben eine ausgezeichnete Oberstufe. Die funktioniert hervorragend. Wir haben jetzt diesen ersten Schritt – nehmen Sie mich beim Wort – der Entwicklung in der Oberstufe eingeleitet. Wir sind jetzt in der Umsetzungsphase. Dann müssen Erfahrungen gesammelt werden. Ich wäre der Letzte der weitere Entwicklungen verhindern würde. Aber wir müssen behutsam vorgehen und keine Experimente auf Kosten der Schüler und Lehrpersonen machen.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011
28.9.2011Wortmeldung

Auf die Motion ist einzutreten.

In dieser Motion geht es um AdL. Es steht kein «I» drin für integrative Oberstufe, da ist kein «K» drin für kleine Oberstufen; es geht nur um das AdL. Es ist mir ein Rätsel, warum der Regierungsrat zum Schluss kommt, dass eine Lernform, die in der Primarschule immer mehr geschätzt wird, auf die auch immer mehr umstellt wird, auf der Oberstufe ein fragwürdige Modell sein soll, das die vordringlichen Herausforderungen an die Oberstufe, die Schülerinnen und Schüler dem Lernstand angepasst leistungsorientiert zu fördern, nicht ermöglichen würde.

Zu Eberhard-St.Gallen: Gerade in der Stadt St.Gallen, wo Primarschulen vermehrt auf AdL umstellen oder darauf umstellen möchten, wäre es wichtig, dass die Oberstufen mitziehen, diese Entwicklungen mittragen und auch weiterziehen. Es kann doch nicht sein, dass innovative Entwicklungen, die aus der Primarschule kommen, in der Oberstufe gekappt werden. Es geht nicht um eine kooperative Oberstufe. Wenn gesagt wird, es bringe nichts, weil es nicht die grosse Lösung ist, dann verstehe ich das nicht. Es ist eine Kann-Formulierung: AdL sollen die Schule machen können, die es auch wirklich möchten.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011