Geschäft: Schaffung eines zeitgemässen Informationsgesetzes, gestützt auf Art. 60 Abs. 2 KV, zur klaren Definition, was unter Öffentlichkeitsprinzip zu verstehen ist
Komitee | Kantonsrat |
---|---|
Nummer | 42.11.12 |
Titel | Schaffung eines zeitgemässen Informationsgesetzes, gestützt auf Art. 60 Abs. 2 KV, zur klaren Definition, was unter Öffentlichkeitsprinzip zu verstehen ist |
Art | KR Motion |
Thema | Grundlagen und Organisation |
Federführung | Sicherheits- und Justizdepartement |
Eröffnung | 27.4.2011 |
Abschluss | 2.6.2014 |
Letze Änderung | 9.12.2021 |
vertraulich | Nein |
öffentlich | Ja |
dringend | Nein |
Datum | Akteur | Titel | Letze Änderung |
---|---|---|---|
1.8.2019 | Gremium | Beteiligung - SVP-Fraktion 2016/2020 | 19.1.2023 |
Datum | Titel | Resultat | öffentlich | ||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
Ja | Bedeutung | Nein | Bedeutung | Absent / Enthaltung | |||
28.9.2011 | Gutheissung | 63 | Zustimmung | 48 | Ablehnung | 9 | |
28.9.2011 | Eintreten | 62 | Zustimmung | 47 | Ablehnung | 11 |
Datum | Typ | Wortlaut | Session |
---|---|---|---|
28.9.2011 | Wortmeldung | Auf die Vorlage ist einzutreten. Es ist in einem Rechtsstaat nicht falsch, sich an das Gesetz und die Verfassung zu halten. In der st.gallischen Kantonsverfassung heisst es in Art. 60 Abs. 2: «Das Gesetz regelt die Informationsverbreitung und den Zugang zu amtlichen Informationen.» Und gemäss den Kommentaren und Erläuterungen zu Art. 60 Abs. 2 will der Verfassungsgeber mit dieser Bestimmung einen subjektiv durchsetzbaren Rechtsanspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen einräumen. Dieser Rechtsanspruch besteht zur Zeit weder aufgrund des Gemeindegesetzes, noch aufgrund des Staatsverwaltungsgesetzes. Auch mir ist verschiedene Male die Einsichtnahme in amtliche Unterlagen, auf die ich gemäss Art. 60 Abs. 2 Anspruch gehabt hätte, aus politischen, opportunistischen und anderen Gründen verweigert worden. Deshalb bin ich der Auffassung, dass dieser Verfassungsbestimmung nachgelebt werden soll und ein griffiges, praktikables Informationsgesetz geschaffen werden muss, allein schon aus diesen rechtstaatlichen Überlegungen. Die Kritik am Verwaltungsgericht des Kantons St.Gallen ist verfehlt. Woran, ausser an Gesetz und Verfassung sollen sich denn die Verwaltungsrichter orientieren? Wenn wir etwas Ausdruck verleihen wollen, dann muss es in eine Verfassungs- oder in eine Gesetzesbestimmung gekleidet werden, und genau das wurde ja mit Art. 60 Abs. 2 getan. | Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011 |
28.9.2011 | Wortmeldung | (im Namen der CVP-Fraktion): Auf die Vorlage ist nicht einzutreten. Auch die CVP-Fraktion ist davon überzeugt, dass die heutigen gesetzlichen Grundlagen genügen, um dem Öffentlichkeitsprinzip Rechnung zu tragen. Die CVP-Fraktion ist überrascht, dass ausgerechnet die SVP-Fraktion, die sonst immer für weniger Staat plädiert, mit dieser Vorlage die Bürokratie noch mehr aufblähen will. Es ist auch überraschend, dass die SVP-Fraktion eine 100-prozentige Richtungsänderung vornimmt, nachdem sie sich in der Vernehmlassung von 2009 noch anders geäussert hat. Nach Ansicht der CVP-Fraktion gibt es keine neuen Argumente, die ein besonderes Informationsgesetz rechtfertigen würden. Sie ist der Meinung, dass das Staatsverwaltungs- und das Gemeindegesetz sowie die übrigen gesetzlichen Grundlagen genügen. Die CVP-Fraktion ist auch der Meinung, dass mit diesem parlamentarischen Vorstoss Tür und Tor geöffnet wird für Personen, die gegen alles und jeden sind und das Gefühl haben, im Recht zu sein. Ihr geht es ganz klar darum, hier nicht zusätzliche Gesetze zu schaffen, sondern zu versuchen, aufgrund der bestehenden gesetzlichen Grundlagen Probleme zu lösen. | Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011 |
28.9.2011 | Wortmeldung | (im Namen der FDP-Fraktion): Auf die Vorlage ist nicht einzutreten. Die FDP-Fraktion ist der Auffassung, dass es kein eigenes lnformationsgesetz braucht. In der Kantonsverfassung gibt es eine Bestimmung, die den grundsätzlichen Anspruch auf Information regelt, ein klagbarer Anspruch auf Information geht aber zu weit. Das Vertrauen in demokratische Institutionen und in die Verwaltung ist auch so vorhanden und eine wirksame Kontrolle der staatlichen Behörden bereits heute sichergestellt. Deshalb braucht es neben den bereits bestehenden Bestimmungen im Staatsverwaltungs-, im Gemeinde- sowie im Datenschutzgesetz keinen zusätzlichen, auf dem Rechtsweg durchsetzbaren Anspruch. Das Verwaltungsgericht hat in dieser Angelegenheit eine andere Haltung vertreten und die Regierung und den Kantonsrat gewissermassen gemassregelt, weil diese bis heute keine entsprechende Regelung getroffen und damit die Verwirklichung des Öffentlichkeitsprinzips verzögert haben. Das ist nicht nur falsch, sondern auch überheblich. An die Adresse des Verwaltungsgerichtes möchte die FDP-Fraktion die unmissverständliche Ermahnung richten, dass diejenigen Richter am schlimmsten sind, die glauben, schon deshalb Recht zu haben, weil sie Recht sprechen dürfen. Meine Damen und Herren Verwaltungsrichter, respektieren Sie als von diesem Rat gewählte Richter den Willen dieses Gesetzgebers, keine zusätzliche Regelung schaffen zu wollen und schwingen Sie sich nicht selbst zum Gesetzgeber auf - das Parlament würde das nicht akzeptieren. Respektieren Sie ohne unnötige Belehrungen in Urteilen und Medien das qualifizierte Schweigen des Gesetzgebers, keine über die heutigen Regelungen hinausgehende Ordnung schaffen zu wollen. Mit dem Nichteintreten auf die Motion bringt der Kantonsrat klar zum Ausdruck, dass es im Kanton St.Gallen über die bereits vorhandenen gesetzlichen Bestimmungen hinaus kein klagbares Recht auf Information geben soll. Zunehmend wird die Verrechtlichung unserer Gesellschaft, unseres Lebens sowie die Aufblähung der Verwaltung beklagt. Dieser parlamentarische Vorstoss leistet genau dieser Entwicklung Vorschub. | Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011 |
28.9.2011 | Wortmeldung | (im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten. Die SVP-Fraktion ist sowohl vom Antrag auf Gutheissung als auch von der Begründung der Regierung erfreut. Mit dieser Motion soll ein griffiges und bürgerfreundliches lnformationsgesetz geschaffen werden. Jedoch, wer den letzten Abschnitt zur Begründung des Antrages liest, muss erkennen, dass die Regierung kein überaus grosses Interesse an einem griffigen Informationsgesetz bekundet. So schreibt sie wörtlich: «Allenfalls kann das Anliegen auch durch Ergänzung des Staatsverwaltungsgesetzes und des Gemeindegesetzes umgesetzt werden.» Im Bundesgesetz über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung, auch Öffentlichkeitsgesetz genannt, steht in Art. 1 zu Zweck und Gegenstand: «Dieses Gesetz soll die Transparenz über den Auftrag, die Organisation und die Tätigkeit der Verwaltung fördern. Zu diesem Zweck trägt es zur Information der Öffentlichkeit bei, indem es den Zugang zu amtlichen Dokumenten gewährleistet.» Damit ist unmissverständlich gesagt, dass die SVP-Fraktion von der Regierung ein Öffentlichkeitsgesetz erwartet, das diesen Namen auch verdient: nämlich das Recht auf Zugang zu amtlichen Dokumenten, gemäss den Ausführungen in Art. 5 und 6 des Öffentlichkeitsgesetzes. Es ist auch für die SVP-Fraktion klar, dass sich das Öffentlichkeitsprinzip in einem Spannungsfeld zwischen Individual- und Allgemeininteresse befindet. Gerade deshalb muss aber ein Gesetz geschaffen werden, das die Grenzen der Einsichtnahme von amtlichen Dokumenten klar aufzeigt. Das Rad muss nicht neu erfunden werden, denn die Regierung kann sich am Bundesgesetz orientieren. Das heutige Gesetz enthält eine Lücke, und es werden nicht alle Informationen, die der Öffentlichkeit zugänglich sein müssten, herausgegeben. | Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011 |
28.9.2011 | Wortmeldung | Es wird der Verfassungsbestimmung sehr wohl nachgelebt, und vielleicht ist es für die unentschlossenen Mitglieder der SVP-Fraktion interessant zu sehen, woher der Sukkurs kommt. Dieser kommt von links und wirft der Verwaltung Kabinettspolitik vor. Das ist aber in keiner Art und Weise so, sondern es geht bei der Informationspraxis darum, dass private und öffentliche Interessen unter Umständen zu schützen sind und einem Informationsanspruch vorgehen können. Des Weiteren geben auch einzelne Anwälte aus diesem Rat Sukkurs, was wieder Tor und Tür für neue Verfahren und Begehren öffnet. Das wiederum bedeutet, dass mit dieser Motion der Staat aufgebläht wird und viele neue Verfahren durchgeführt werden müssen. Wer das nicht will, muss diese Motion ablehnen. Ich erinnere daran, dass die Regierung die Frage dieser gesetzlichen Regelung nicht deshalb nicht aufgenommen hat, weil sie zu einer anderen Auffassung kam, sondern weil sie meines Erachtens in falschem Gehorsam einer Bemerkung des Verwaltungsgerichtes gefolgt ist. Diese besagte, dass es hier schon eine gewisse Regelung brauche, ansonsten müsse der Richter allenfalls gewisse Auslegungsregeln vornehmen. Die vorliegende Regelung macht meines Erachtens aber einfach keinen Sinn. Ich bin gegen eine weitere Aufblähung des Staates, und mit Kabinettspolitik hat die Sache überhaupt nichts zu tun. | Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011 |
28.9.2011 | Wortmeldung | (im Namen der SP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten. Das St.Galler Tagblatt titelte am 4. Februar 2010 einen Artikel mit «Heilige Kuh Amtsgeheimnis». Es tat dies, nachdem die Regierung die Weiterbearbeitung des Informationsgesetzes gestoppt hatte, weil in der Vernehmlassung von Seiten der CVP-, der SVP- und der FDP-Fraktion sehr negative Stellungnahmen eingegangen waren. Die SP-Fraktion muss heute feststellen, dass die CVP- und die FDP-Fraktion ihre Meinung immer noch nicht geändert haben. Sie wollen diese heilige Kuh nicht schlachten und wollen auch einem Verfassungsauftrag nach mehr Transparenz für die Bevölkerung nicht zustimmen. Damals beugte sich die Regierung diesem Druck seitens der bürgerlichen Parteien. Mit Bezug auf die SP-Fraktion muss ich sagen, dass sie in der Vernehmlassung nicht verzichtet hatte, sich zu äussern, aber sie hatte keine Einwände gegen dieses Gesetz. Sie war grundsätzlich einverstanden damit und gab grünes Licht. Weil die Regierung dann die Weiterbearbeitung gestoppt hatte, hat die SP-Fraktion die Motion 42.10.02 «Öffentlichkeitsprinzip statt Kabinettspolitik» eingereicht. Dieser parlamentarische Vorstoss wurde dann aber von der bürgerlichen Mehrheit abgelehnt. Die SP-Fraktion begrüsst nun den Vorschlag der SVP-Fraktion und wird ihn unterstützen. Für die SP-Fraktion ist klar, dass es die Grundsatzumkehr braucht: Alles ist öffentlich, ausser es wird ausdrücklich als nicht öffentlich deklariert. Und ganz sicher gibt es Bereiche, in welchen etwas nicht öffentlich ist. Dieser Diskussion muss man sich im Rahmen eines neuen Gesetzes stellen. Auch die SP-Fraktion ist der Meinung, dass es ein eigenes Gesetz braucht. Die Regierung schätzte die Lage völlig falsch ein. Erst als das Verwaltungsgericht entschied, dass dieses Gesetz nötig wäre, kam wieder Leben in die Sache. Die SP-Fraktion fordert ganz klar mehr Transparenz für die Bevölkerung. Die Aussage von Locher-St.Gallen versteht sie nicht ganz und fragt sich, ob er denn die Öffentlichkeit und Transparenz scheue. Interessant ist auch die Formulierung der SVP-Fraktion, wenn sie schreibt: «In der Tat hat sich der Kantonsrat vor einem Jahr zu wenig tiefgründig mit diesem Thema des Öffentlichkeitsprinzips auseinander gesetzt (...)». Die SP-Fraktion freut sich über die Bereitschaft der SVP-Fraktion und der Regierung, ihrem Begehren nachzukommen. | Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011 |
28.9.2011 | Wortmeldung | Auf die Vorlage ist einzutreten. Wie schon gesagt: «Ein Jurist eine Meinung, zwei Juristen eine Diskussion, drei Juristen eine Kontroverse». Ich fasse mich kurz: Ich werde dieser Motion zustimmen. Ich wehre mich aber gegen die Unterstellung, dass ich das aus pekuniären Motiven tue und schliesse mich deshalb den Ausführungen von Ritter-Altstätten an. Es geht darum, dieser Verfassungsbestimmung zum Durchbruch zu verhelfen. | Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011 |
28.9.2011 | Wortmeldung | Ratsvizepräsident: Die Regierung beantragt Gutheissung. | Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011 |