Geschäft: Rechnung 2010 des Kantons St.Gallen

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer33.11.01
TitelRechnung 2010 des Kantons St.Gallen
ArtKR Verwaltungsgeschäft
ThemaFinanzen, Regalien, Unternehmungen, Feuerschutz
FederführungFinanzdepartement
Eröffnung17.3.2011
Abschluss7.6.2011
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
BotschaftBericht der Regierung vom 5. April 2011 (Spitalverbunde)
BotschaftBericht der Regierung vom 22. März 2011 (00 Titelblatt)
BotschaftBericht der Regierung vom 22. März 2011 (6 Sonderrechnungen)
BotschaftBericht der Regierung vom 22. März 2011 (4 Investitionsrechnung)
BotschaftBericht der Finanzkommission vom 19. Mai 2011
BotschaftBericht der Regierung vom 22. März 2011 (01 Inhaltsverzeichnis)
BotschaftBericht der Regierung vom 22. März 2011 (1 Bericht)
BotschaftBericht der Regierung vom 22. März 2011 (5 Bestandesrechnung)
BotschaftBericht der Regierung vom 22. März 2011 (2 und 3 Laufende Rechnung)
BotschaftBericht der Regierung vom 22. März 2011 (7 Übersichten)
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
1.8.2019Gremium19.1.2023
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
7.6.2011Ziff. 3 der Anträge der Finanzkommission99Zustimmung1Ablehnung20
7.6.2011Ziff. 2 der Anträge der Finanzkommission97Zustimmung0Ablehnung23
7.6.2011Ziff. 1 der Anträge der Finanzkommission100Zustimmung0Ablehnung20
Statements
DatumTypWortlautSession
7.6.2011Wortmeldung

(im Namen der FDP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten.

Die Rechnung 2010 schliesst mit einem historisch tiefroten Ergebnis ab. Das Defizit ist zwar geringer ausgefallen als budgetiert, doch ist der Fehlbetrag mit 191 Mio. Franken bedenklich hoch. Vergleicht man dieses Ergebnis mit denjenigen der letzten Jahre, stellt man unweigerlich fest, dass es der schlechteste Abschluss ist. Selbst das Ergebnis im Jahr 2002 mit minus 117 Mio. wird leider deutlich übertroffen. Interessant ist auch, wie sich das Nettovermögen verändert hat. Hier kommt es unter Berücksichtigung der Investitionen zu einem Abbau von 238 Mio. Franken oder anders ausgedrückt: Wir haben 238 Mio. Franken mehr ausgegeben, als wir gegenfinanziert haben. Auch hier haben wir das bis anhin schlechteste Ergebnis, eine Zunahme der Nettoschuld von 180 Mio. Franken, übertroffen. Somit ist der Abschluss 2010 historisch gesehen das schlechteste Resultat aller Zeiten. In diesem Geschäft wie gewisse Vorredner von Zufriedenheit oder einem guten Abschluss zu sprechen, ist für mich etwas merkwürdig. Der Vergleich des Abschlusses 2010 mit den vergangenen Jahren sollte eigentlich allen klarmachen, dass es so nicht weitergehen kann. Denn selbst hohe Reserven, wie wir sie derzeit haben, sind mit diesen hohen Defiziten sehr schnell aufgebraucht. Aus Sicht der FDP-Fraktion ist es deshalb absolut notwendig, dass man die in der Februarsession 2011 beschlossene Verzichtsplanung ohne Abstriche und zügig umsetzt. Hierzu wird die Septembersession 2011 die Nagelprobe darstellen. Es zeigt sich aber leider schon heute, dass im Vorfeld der Wahlen einige Fraktionen auf dem Weg der Haushaltskonsolidierung etwas «anfällig» werden, zumindest wenn ich die Pressemitteilungen lese. Ich hoffe aber, dass dem nicht so sein wird. Ich habe auch vernommen, dass man bei den bürgerlichen Fraktionen davon spricht, dass man diese Verzichtsplanung nun umsetzen will. Leider sind wir aus Sicht der FDP-Fraktion auch überzeugt, dass die erste Verzichtsplanung gemäss den Beschlüssen des Kantonsrates vom Februar 2011 für eine nachhaltige Sanierung des Haushaltes nicht ausreichend sein wird. Deshalb ist aus heutiger Sicht ein zweites Sparpaket, wie wir es beschlossen haben, weiterhin notwendig. Für die FDP-Fraktion ist es deshalb positiv, dass die Finanzkommission in ihrem Bericht zur Rechnung 2010 bestätigt, dass ein strukturelles Defizit besteht.

Lassen Sie mich noch kurz auf die Vorwürfe von Hartmann-Flawil betreffend die bürgerliche Finanzpolitik eingehen. Ich kann sogar noch verstehen, dass ihm diese nicht passt. Man tut aber gut daran zu sehen, was zumindest die Bürgerlichen in dieser Zeit wollten. Es stimmt: Steuersenkungen wurden gemacht, und die von Ihnen zitierten rückläufigen Zahlen stimmen. Aber das war gewollt, weil es eine Steuerstrategie der Regierung gibt, die von den bürgerlichen Parteien unterstützt wird. Wir wollten in den kantonalen Vergleichen der Steuerbelastung vom Schlusslicht wegkommen. Platz 23 oder 24 ist bei 26 Kantonen ein beschämender Platz für den Kanton St.Gallen, der sich normalerweise immer im Mittelfeld bewegen will. Wir haben mit dieser Steuerstrategie erreicht, dass wir um den Platz 17 oder 18 herum sind. Es hat etwas gekostet, weil wir uns besser positionieren wollen. Ich bin heute ehrlicherweise damit zufrieden, dass wir besser dastehen, obwohl Sie sagen, dies sei schlecht. Wenn Sie davon sprechen, dass der Kanton St.Gallen Abbau betreibt, er keine Zukunft mehr hat und seine Position quasi himmeltraurig ist, dann ist das für Ihre Propaganda wahrscheinlich richtig, aber es entspricht nicht den Tatsachen. Wir haben in den letzten Jahren Verschiedenes realisiert, z.B. eine Lokremise gebaut. Wenn Sie sagen, dass dies alles nichts wert sei und wir keine Perspektiven hätten, dann übertreiben Sie.

Lassen Sie mich nun aber auf einige Details des Rechnungsabschlusses 2010 eingehen. Sehr positiv war im Jahr 2010 die Entwicklung der Steuern von Unternehmen. Hier kam es zu Mehreinnahmen von rund 55 Mio. Franken gegenüber dem Voranschlag. Auch die Einnahmen der direkten Bundessteuer wie auch der Verrechnungssteuer mit einem Plus von insgesamt 24 Mio. Franken sind positiv. Weniger Freude bereitet uns hingegen die Entwicklung der sozialen Wohlfahrt. So haben alleine die Ergänzungsleistungen gegenüber dem Voranschlag mehr als 15 Mio. Franken gekostet. Diese Zahl wurde auch von meinem Vorredner erwähnt, und es ist korrekt, dass auch ein Teil darauf zurückzuführen ist, dass man die Gemeinden entlastet hat. Es ist klar, dass mit diesen massiven Kostensteigerungen Probleme auftauchen und diese stabilisiert werden müssen. Deshalb hat auch die Regierung im Rahmen der Verzichtsplanung eine Massnahme im Bereich der Ergänzungsleistungen dargelegt. Die zuständige Subkommission der Finanzkommission hat sich dessen angenommen. Es scheint, dass wir hier auf gutem Weg sind, das angestrebte Kürzungsvolumen von 4 Mio. Franken zu erreichen. Selbstverständlich darf beim Abschluss 2010 nicht ausser Acht gelassen werden, dass Rückstellungen von 45 Mio. Franken wegen zwei Rechtsverfahren gebildet wurden. Es bleibt abzuwarten, wie hoch die effektiven Kosten dieser beiden Verfahren sein werden. Man muss aber festhalten, dass die Lohngleichheitsklage auch für die Zukunft höhere Ausgaben zur Folge hat. Die FDP-Fraktion wird auf die Rechnung 2010 trotz aller Besorgnis eintreten. Es muss aber nochmals klar festgehalten werden, dass es so wie im Jahr 2010 nicht weitergehen kann.

Session des Kantonsrates vom 6. und 7. Juni 2011
7.6.2011Wortmeldung

(im Namen der GRÜ-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten.

Die Rechnung 2010 bringt vor allem etwas in aller Deutlichkeit zum Ausdruck: Es geht uns gut, eigentlich sogar sehr gut. Im gesamtschweizerischen Vergleich haben wir die Note 5,9 – die Eigenmittel sind sehr hoch, die Schulden eigentlich winzig. Was macht man in dieser Situation? Man spart immer wieder neu, und unsere Fraktion ist der Ansicht, dass dies falsch ist. Wir stehen vor neuen Aufgaben und vor Investitionen, die man verpasst hat zu tätigen. Wir haben es jetzt in der Hand, in fünf Jahren sagen zu dürfen, dass die erwähnte Schlagzeile in der NZZ falsch war. Statt Schwarzmalerei zu betreiben, sollten wir es als eine Chance sehen. Die GRÜ-Fraktion ist erfreut über diesen sehr guten Rechnungsabschluss.

Session des Kantonsrates vom 6. und 7. Juni 2011
7.6.2011Wortmeldung

Konto 7200 (Amt für Justizvollzug): Die SP-Fraktion durfte ihre Fraktionssitzung zur Vorbereitung dieser Session im Massnahmenzentrum Bitzi (MZB) in Mosnang durchführen und hat im Anschluss auch das MZB angeschaut. Die Rechnung 2010 zeigt, dass dort sehr gewinnbringend gearbeitet wurde: 1,6 Mio. Franken fliessen in den allgemeinen Haushalt. Dieser Überschuss hat zwei Gründe: Mit gleich viel Personal wurden mehr Insassen betreut, und gleichzeitig wurden beim Personalaufwand sogar rund 200'000 Franken eingespart. Das freut die bürgerlichen Kolleginnen und Kollegen sicherlich. Bereits bei der Beratung des Massnahmenpaketes beschloss die bürgerliche Mehrheit des Kantonsrates, zwei geplante Stellen im Sicherheits- und Betreuungsbereich zu streichen. Sie lehnten damals einen Antrag der SP-Fraktion auf Streichung dieser Massnahme mit 76:23 Stimmen ab. Beim erwähnten Rundgang durch das MZB wurde uns rasch klar, dass die Belastung des Personals im Massnahmenvollzug laufend steigt und sehr anspruchsvoll ist. Wir erachten es als sehr bedenklich, dass diese ausgewiesenen zusätzlichen Stellen trotzdem verweigert werden. Im MZB sind 56 Insassen, die zum Teil schwerste Delikte wie Mord, schwere Körperverletzung, aber auch Sexualdelikte wie Vergewaltigung, Nötigung, Übergriffe auf Kinder begangen haben. Die Menschen, die sie dort betreuen, sind tagtäglich mit diesen Insassen konfrontiert. Die Personalsituation ist nicht rosig. Im Sicherheitsdienst – so wurde uns gesagt – sind tagsüber zumeist lediglich zwei Personen gleichzeitig im Einsatz und dabei für alle Abteilungen zuständig. In den Aufenthaltsabteilungen, das sind die offenen Gruppen, in denen sich die Insassen abends und am Wochenende aufhalten, betreut gerade einmal eine Person zwölf Insassen. Für uns ist diese Personalsituation im MZB unhaltbar. Zusätzliche Stellen sind dringlich, denn die Sicherheit des Personals des Massnahmenvollzugs muss an erster Stelle stehen. Ich möchte gerne von der Vorsteherin des Sicherheits- und Justizdepartementes wissen, wie sie diese Situation einschätzt und ob Massnahmen geplant sind. Die Rechnung 2010 zeigt auf, dass die Belegung höher ist als bei der Budgetierung, der Personalbestand jedoch nicht angepasst wurde. Die SP-Fraktion behält sich einen parlamentarischen Vorstoss dazu vor.

Session des Kantonsrates vom 6. und 7. Juni 2011
7.6.2011Wortmeldung

(im Namen der SP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten.

Wir stehen vor einem guten Abschluss. Wir können festhalten, dass die Ausgabendisziplin der Verwaltung und der Regierung, dazu nicht ausgelöste Ausgaben und Mehreinnahmen dazu führten, dass gegenüber dem Voranschlag eine Besserstellung erreicht werden konnte. Man kann festhalten, dass Verwaltung und Regierung mit dem von den Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung gestellten Geld ausserordentlich sorgfältig umgehen. Der nominelle Überschuss beträgt 65 Mio. Franken. Betrachtet man aber die effektive Besserstellung gegenüber dem Voranschlag 2010, so stellen wir fest, dass diese insgesamt 126 Mio. Franken beträgt. Die Gründe dafür wurden bereits aufgezählt: das budgetierte Defizit von 8 Mio. Franken, der Überschuss von 65 Mio. Franken, ausserordentliche Rückstellungen von 45 Mio. Franken sowie Nachtragskredite von fast 8 Mio. Franken. Trotzdem ist erstmals eine Trendwende hin zu negativen Abschlüssen ohne Einrechnung des eingesetzten Eigenkapitals festzustellen. Weshalb diese Trendwende? Sie wurde nicht durch das bereinigte Ausgabenwachstum von 2,9 Prozent eingeleitet – dieses liegt in einem guten Rahmen angesichts der ausgewiesenen zusätzlichen Aufgaben des Kantons. Bei den Einnahmen stellen wir fest, dass diese insbesondere im Bereich der Steuererträge erheblich reduziert wurden. Es ist die Folge der Steuerfusssenkungen, und ein sehr guter Hinweis findet sich auf Seite IX im Bericht der Regierung, in der Zusammenstellung der Entwicklung des Anteils der Steuereinnahmen am Gesamtertrag. In den letzten vier Jahren ist dieser Anteil massiv eingebrochen, von 46,1 Prozent im Jahr 2007 auf 36,3 Prozent im Jahr 2010. Diese Steuerstrategie geht ans Mark des Staatshaushaltes und ist hausgemachte Ursache des sogenannt strukturellen Defizits. In diesem Sinn ist die Überschrift «Steuerentlastungen entfalten ihre Wirkung» im Geschäftsbericht der Regierung über das Jahr 2010 durchaus zutreffend. Besonders augenfällig sind die Einnahmen aus den Steuern juristischer Personen. Da habe ich eine andere Einschätzung als Zünd-Oberriet. Wir haben in der Finanzkommission festgestellt, dass die Gewinne der Unternehmen noch nie so gross waren, und noch nie war der Anteil der Steuern der juristischen Personen am Gesamtertrag so gering. Von den budgetierten Investitionen von 193 Mio. Franken im für die Staatsrechnung relevanten Bereich wurden nur 142 Mio. Franken, also rund 75 Prozent, ausgelöst. Das gibt vielleicht Hinweise auf die erbitterte Diskussion im Rahmen des Voranschlages 2011, als es um die Limite der effektiv ausgelösten Investitionen ging. Wenn wir das Eigenkapital betrachten, stellen wir fest, dass sich dieses immer noch auf einer rekordverdächtigen Höhe befindet, vor allem das freie Eigenkapital von 718 Mio. Franken.

Lassen Sie mich einige Bemerkungen zum Gesamtbild machen. Zum Verhältnis des Kantons zu den Gemeinden: Bei den Steuergesetzrevisionen der letzten Jahre und auch bei der Verteilung der Goldreserven gab es klare Abmachungen zur Entlastung bzw. Beteiligung der Gemeinden. In den letzten Jahren wurden aber immer wieder Forderungen der Gemeinden eingebracht. Der Kantonsrat zeigte sich jeweils sehr aufgeschlossen gegenüber diesen Forderungen. Die Quittung sehen wir in der Rechnung 2010: Bei den Ergänzungsleistungen stellen wir fest, dass der Kostenanstieg von 14 Mio. Franken ausschliesslich zulasten des Kantons geht. Verbesserten sich die Erträge juristischer Personen gegenüber dem Voranschlag, dann wurden die Gemeinden angemessen beteiligt und erhielten mehr als zuvor. Zur finanzpolitischen Situation: Wie reagieren die Parteien im Kantonsrat angesichts dieser Ausgangslage? Die bürgerlichen Parteien beharren weiterhin darauf, dass ausschliesslich auf Sparmassnahmen gesetzt wird, und erklären die Einnahmenseite beim Staatssteuerfuss oder bei den Tarifen für tabu. Ein Blick zurück zeigt aber, dass dieser Weg bisher regelmässig in die Irre geführt hat. Zwei Beispiele finden wir im Voranschlag 2010 bei den Rückstellungen: Im Rahmen des Sparpaketes 1997 wurde nach neuen Einnahmen gesucht, und man fand sie, aber am falschen Ort, nämlich beim Vorsorgevermögen des Personals. Heute müssen wir nachzahlen, und bei den Versicherungskassen wurde die Gewinnabschöpfung eingeführt. Ein zweites Beispiel ist die nächste Sparrunde Anfang der Nullerjahre, da ging es um die Lohngleichheit. In einer Woche haben wir ein Jubiläum des Frauenstreiktages. Der Kanton St.Gallen muss in diesem Jahr zur Kenntnis nehmen, dass die Lohngleichheit der Frauen im Gesundheitswesen nicht umgesetzt ist. Nachdem sich dieser Rat im Jahr 2001 gegen die Lohngleichheit entschieden hat, müssen wir jetzt Nachzahlungen leisten, die unsere Rechnung und unseren Voranschlag belasten werden. Dies sind die gegen aussen sichtbaren Folgen der verfehlten Massnahmen der vergangenen Jahre. Den zweiten Blick zurück finden Sie in der «Neuen Zürcher Zeitung» (NZZ) vom 5. Mai 2011. Unter dem zweideutig ironischen Titel «Der Kanton St.Gallen erspart sich die Zukunft» wird dort aufgezeigt, dass der Aufbruch der letzten Jahre unter dem Titel «St.Gallen kann es» zu Abbruch und Stillstand verkommt, dass die Weitsicht fehlt. Mit dieser Sparpolitik befindet sich der Kanton St.Gallen auf dem falschen Weg. Wir stehen vor eidgenössischen, kantonalen und kommunalen Wahlen. Es ist wichtig, dass wir in dieser Zeit die Diskussion darüber, wo gespart werden soll, wie das sogenannte strukturelle – hausgemachte – Defizit bereinigt werden kann, offen führen, damit die Bürgerinnen und Bürger sich im Wissen darum entscheiden können, wen sie bei den nächsten Wahlen unterstützen werden.

Session des Kantonsrates vom 6. und 7. Juni 2011
7.6.2011Wortmeldung

Ratspräsident: Das Präsidium sieht eine Eintretensdiskussion vor, in welcher die Fraktionen zu Beginn dieses Geschäfts eine gesamthafte Beurteilung zum Rechnungsergebnis 2010 abgeben können. Ich möchte darauf hinweisen, dass der Jahresbericht 2010 über die Erfüllung des Leistungsauftrags und die Verwendung der Mittel der Spitalverbunde im Anschluss an die Behandlung des Gesundheitsdepartementes zur Diskussion steht.

Session des Kantonsrates vom 6. und 7. Juni 2011
7.6.2011Wortmeldung

(im Namen der CVP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten.

Die CVP-Fraktion nimmt befriedigt zur Kenntnis, dass die Rechnung 2010 gegenüber dem Voranschlag 2010 um 73,4 Mio. Franken besser abschliesst als budgetiert. Zusätzlich wurden fast 8 Mio. Franken für Nachtragskredite ausgegeben, und es konnten Rückstellungen in der Höhe von 45 Mio. Franken gemacht werden. Dies ist sehr erfreulich, doch die detaillierte Analyse zeigt, dass sich die dunklen Wolken zwar weniger schnell nähern, aber alles andere als sich verzogen haben. Die Besserstellung gegenüber dem Voranschlag ist vor allem höheren Steuererträgen zu verdanken. So lagen die Steuereinnahmen bei den juristischen Personen dank Rekordabschlüssen im Jahr 2009 fast 55 Mio. Franken höher als budgetiert. Zudem lagen die Kantonsanteile an Erträgen der direkten Bundessteuer um 14,7 Mio. Franken und der Verrechnungssteuer um 10,1 Mio. Franken höher. Aus dem interkantonalen Finanzausgleich gingen im Jahr 2010 439,7 Mio. Franken – entsprechend rund 40 Steuerprozenten und um 39,1 Mio. Franken höher als noch im Jahr 2009 – ein, während die Ertragsanteile der SNB 101,64 Mio. Franken einbrachten. Beide Einnahmeposten sind keineswegs konstant, die Gewinnausschüttungen der SNB in den nächsten Jahren gar höchst unsicher. Die grössten Aufwandposten lagen bei der individuellen Verbilligung der Krankenkassenprämien, den steigenden Ergänzungsleistungen und beim öffentlichen Verkehr – Themen, die uns sehr betreffen.

Die Rechnung schliesst zwar deutlich besser als der Voranschlag ab, doch mit dem Rekorddefizit von rund 190,8 Mio. Franken, die dem Eigenkapital entnommen werden müssen. Das Eigenkapital verringert sich dadurch etwas weniger schnell als angenommen, doch es schmilzt. Die Verschuldung des Kantons nahm im letzten Jahr um 237,5 Mio. Franken zu, und das in konjunkturell guten Zeiten. Die Staatsquote sank, wenn auch dank eines relativ hohen Bruttoinlandsproduktes nur leicht. Anlass zur Sorge bereitet auch die Lage der Versicherungskassen: Die Kapitalerträge waren im Verhältnis gut, die Performance war überdurchschnittlich; doch konnte die Sollrendite nicht erreicht werden, weshalb die Deckungsgrade leicht sanken.

Die Schätzungen für das laufende Jahr und die folgenden Jahre lassen wieder steigende Steuereinnahmen erwarten. Dennoch ist der Entwicklung der Ausgaben und Einnahmen grosse Beachtung zu schenken. Nach dem AFP muss ohne Gegenmassnahmen in den nächsten Jahren mit Defiziten von über 300 Mio. Franken gerechnet werden. Neue Aufgaben wie die Spitalfinanzierung, die Entwicklung der steigenden Ergänzungsleistungen oder die vermutlich sinkenden Gewinnausschüttungen der SNB werden zu grossen Herausforderungen. Daher hat sich durch den Rechnungsabschluss 2010 für die CVP-Fraktion nichts an der Notwendigkeit geändert, den eingeschlagenen finanzpolitischen Weg fortzufahren.

Session des Kantonsrates vom 6. und 7. Juni 2011
7.6.2011Wortmeldung

Präsident der Finanzkommission: Auf die Vorlage ist einzutreten und den Anträgen der Finanzkommission ist zuzustimmen.

Der Abschluss- und Rechnungsabnahmeprozess des Kantons unterliegt jährlich wiederkehrend einem straffen Zeitplan, und der Finanzkommission steht für die Prüfung der Rechnung nur ein enges Zeitfenster zur Verfügung. Aus diesem Grund verfasst die Finanzkommission nur einen kurzen schriftlichen Bericht. Damit die Mitglieder des Kantonsrates trotzdem über die notwendigen Informationen verfügen, ist diesem Bericht auch derjenige der Finanzkontrolle beigelegt. Dieser enthält ergänzende Informationen und vor allem auch einen Tabellenanhang, der die Entwicklung der Kantonsfinanzen über einen längeren Zeitraum aufzeigt. Mein Kommissionsreferat stützt sich deshalb im Wesentlichen auf den schriftlichen Bericht der Finanzkommission sowie auf den Bericht der Finanzkontrolle vom 25. April 2011.

Der Bericht der kantonalen Finanzkontrolle besteht aus zwei Teilen, einem zusammenfassenden und einem umfassenden Bericht. Im zusammenfassenden Bericht hält die Finanzkontrolle als Prüfungsurteil fest, dass gemäss ihrer Beurteilung die Jahresrechnung für das am 31. Dezember 2010 abgeschlossene Rechnungsjahr den massgebenden Gesetzen, Verordnungen und Weisungen entspricht. Der zweite Teilbericht, der umfassende Bericht, gibt Auskunft über den Auftrag der Finanzkontrolle und enthält ergänzende Erläuterungen und Feststellungen zu einzelnen Rechnungsabschnitten oder Rechnungspositionen. Ein Tabellenanhang gibt Auskunft über die längerfristige Entwicklung des Kantonshaushalts. Die Finanzkommission als politische Finanzaufsicht stützt sich bei ihrer Beurteilung der Ordnungsmässigkeit der Buchführung und der Jahresrechnung weitgehend auf die Ergebnisse der Prüfungen durch die Finanzkontrolle. An dieser Stelle möchte ich im Namen der Finanzkommission der Finanzkontrolle und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unter der Leitung von Hans Schnurrenberger für die ausgezeichnete Zusammenarbeit herzlich danken.

Die Finanzkommission behandelte die Rechnung 2010 an zwei Sitzungstagen am 18. und 19. Mai 2011. Sie stützte sich dabei auf die Berichte ihrer Subkommissionen, die in der Zeit vom 19. bis 29. April 2011 die einzelnen Departemente überprüften. An den Sitzungen der Gesamtkommission erteilten der Vorsteher des Finanzdepartementes und der Leiter der Finanzkontrolle sowie bei ihren Ressortgeschäften die Departementsvorsteherinnen und Departementsvorsteher sowie die Präsidenten des Kantons- und des Verwaltungsgerichtes Auskunft über die ihnen unterbreiteten Fragen. Bei der Prüfung der einzelnen Departemente hat die Finanzkommission einen Schwerpunkt auf die PR-, Werbe- und Sponsoringausgaben gelegt. Da diese Kosten nicht direkt aus einer Kostenart ersichtlich sind, hat die Finanzkommission eine Erhebung der entsprechenden Ausgaben in den einzelnen Rechnungsabschnitten veranlasst. Eigentliche Werbung gibt es dort, wo Aufgaben unter Marktbedingungen eigenwirtschaftlich erfüllt werden müssen. Auch beteiligen sich einige Dienststellen an Informationsveranstaltungen und Messen. Die Finanzkommission hat einzelne Positionen diskutiert und erwartet generell Zurückhaltung, macht aber keinen unmittelbaren Handlungsbedarf aus. Im Weiteren haben die zuständigen Subkommissionen vor allem ein Augenmerk auf die grösseren Abweichungen vom Voranschlag gelegt und ergänzende Auskunft zu Prüfungsfeststellungen in den 109 Revisionsberichten der Finanzkontrolle verlangt. In den einzelnen Departementen sind unter anderem die folgenden Punkte diskutiert worden:

Volkswirtschaftsdepartement

  • Aufgaben des Amtes für öffentlichen Verkehr in den Agglomerationsprogrammen

  • Schwerpunkte des Amtes für Wirtschaft und Erfolgskontrollen

  • Hintergründe des nicht einbezahlten Anteilscheinkapitals bei der Landwirtschaftlichen Bürgschaftsgenossenschaft

Departement des Innern

  • Abgrenzung der aufsichtsrechtlichen Prüfungen des Amtes für Gemeinden von Rechnungsprüfungen

  • Bereinigung des strukturellen Defizits bei den Ergänzungsleistungen

Bildungsdepartement

  • Finanzierungsgrundsätze der Hochschulen, insbesondere der Fachhochschulen. Benchmarks innerhalb der Fachhochschule Ostschweiz (FHO) und im Verhältnis zu den anderen schweizerischen Fachhochschulen

  • Entwicklung der Universität St.Gallen

  • Zusammenhang zwischen Standorten von heilpädagogischen Schulen und Zuweisungen aus den Standortgemeinden

Finanzdepartement

  • Entwicklung der Steuereinnahmen

  • Stand Projekt Arbeitszeit- und Leistungserfassung (Azalee)

  • Finanzierungsmodelle bei der Ausbreitung der Strategischen Basisinfrastruktur (SBI) auf weitere Dienststellen

Baudepartement

  • Projektierungsstau im Hochbauamt und Situation auf dem Arbeitsmarkt für Projektleiter

  • Schlussberichte Naturgefahren Etappe 1 und Kataster der belasteten Standorte

  • Stand der Grossprojekte im Tiefbauamt, insbesondere der Einspracheverfahren

  • Stand Wiederaufbau Sporthalle Demutstrasse und Lehren aus dem Fall bezüglich der geforderten Absicherung von Haftpflichtfällen

Sicherheits- und Justizdepartement

  • Entwicklung des Besoldungsaufwandes bei der Kantonspolizei und Erwartungen an die Aufstockung des Polizeikorps

  • Kapazitäten der kantonalen Zentren für Asylsuchende im Hinblick auf eine möglicherweise ansteigende Anzahl von Flüchtlingen aus Nordafrika

  • Projektabrechnung CARI (Fachapplikation für das Strassenverkehrsamt)

Gesundheitsdepartement

  • Neue Spitalfinanzierung ab dem Jahr 2012

  • Rechnungsabschluss und Ausblick Individuelle Prämienverbilligung

  • Zwischenergebnis der Unterstellung von weiteren Berufsgruppen in den Spitälern unter das eidgenössische Arbeitsgesetz

  • Aufgaben und Aufwand der Schulzahnpflegekommission

Gerichte

  • Auswirkungen steigender Fallzahlen auf Aufwand und Ertrag

Die laufende Rechnung 2010 schliesst vor den Eigenkapitalbezügen mit einem rekordhohen Defizit von 191 Mio. Franken ab. Ausgewiesen wird ein positives Rechnungsergebnis von 65 Mio. Franken. Möglich ist dies dank Reserven, die in guten Zeiten angelegt wurden. So tiefrot das Ergebnis effektiv ist, kann man ihm positiv abgewinnen, dass es um 73 Mio. Franken besser als budgetiert ausfällt. Die Regierung führt in ihrem Bericht die Faktoren auf, die das Ergebnis geprägt haben. Im Vergleich zum Voranschlag sind die Steuereinnahmen, vor allem diejenigen der juristischen Personen, höher ausgefallen. Das ist Ausdruck der raschen wirtschaftlichen Erholung nach den Rückschlägen als Folge der weltweiten Finanzkrise. Als ausserordentliche Belastungen fallen vor allem zwei Rückstellungen auf: Sie wurden für allfällige Verpflichtungen aus einer Lohngleichheitsklage und für Rückzahlungen von Erfolgshonoraren für die Vermögensverwaltung der Versicherungskassen gebildet. Die Funktionsbereiche mit dem grössten Nettoaufwand sind Bildung, Gesundheit und Soziale Wohlfahrt. Sie machen zusammen 69 Prozent der Gesamtausgaben aus. Während die ersten beiden Bereiche im Jahr 2010 keine grösseren Kostensteigerungen erfuhren, nahmen die Nettoausgaben für die Soziale Wohlfahrt gegenüber dem Jahr 2009 um 61 Mio. Franken oder 17 Prozent zu. Diese Steigerung ist grösstenteils auf Veränderungen bei den Ergänzungsleistungen zurückzuführen. Zum einen wurden 15,4 Mio. Franken mehr Ergänzungsleistungen ausbezahlt, und zum anderen entfallen beim Kanton 37 Mio. Franken Einnahmen, da die Gemeinden von der Mitfinanzierung der Ergänzungsleistungen entlastet worden sind. Die Finanzkommission stellt auch in zahlreichen Fällen fest, dass die Dienststellen ihre Budgets nicht ausschöpfen, wenn sich Einsparungen realisieren lassen. Sie kann der Verwaltung grundsätzlich einen haushälterischen Umgang mit den Mitteln attestieren.

Die Mehrheit der Finanzkommission sieht sich bestätigt, dass ein strukturelles Defizit besteht. Auch vor dem Hintergrund des aktuellen Ergebnisses sind die Sparbemühungen, wie sie in den Beschlüssen des Kantonsrates im Zusammenhang mit dem Geschäft 33.11.09 «Massnahmen zur Bereinigung des strukturellen Defizits des Staatshaushaltes» zum Ausdruck kamen, in den Augen der Mehrheit der Finanzkommission absolut notwendig. Die Finanzkommission ist einstimmig auf die Rechnung 2010 eingetreten, und ich bitte Sie im Namen der Finanzkommission, dies ebenfalls zu tun. Weiter bitte ich Sie, die einstimmig gefassten Anträge der Finanzkommission gutzuheissen.

Session des Kantonsrates vom 6. und 7. Juni 2011
7.6.2011Wortmeldung

(im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten.

Nachfolgend verzichte ich bewusst auf Zahlen. Wir alle kennen diese nämlich schon zur Genüge, und sie machen das Rechnungsergebnis nicht wirklich besser. Befänden wir uns nicht rein zufällig in einer relativ guten Wirtschaftslage – dies aufgrund der Tatsache, dass die Schweiz nicht in der Europäischen Union ist – und könnte der Kanton St.Gallen nicht von höheren Steuereinnahmen bei den juristischen Personen so stark profitieren, müsste man bei den aktuellen Zahlen von nichts anderem als von einer Tragödie sprechen. Dazu kommen weitere, grosse Fragezeichen auf uns zu, wie zum Beispiel die weitere Entwicklung unserer Wirtschaft, insbesondere derjenigen des Kantons St.Gallen, der als sehr exportstarker Kanton enorm mit dem starken Schweizer Franken zu kämpfen hat. Aber auch weitere Unbekannte wie die Gewinnausschüttungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) lassen die Zukunft alles andere als rosig erscheinen. Das Ziel des Kantons St.Gallen muss es daher sein – und war es für die SVP-Fraktion schon immer –, ohne Bezug aus dem Eigenkapital eine ausgeglichene Rechnung präsentieren zu können. Ein Ausgabenwachstum von über 100 Mio. Franken gegenüber dem Budget gehört hier wahrlich nicht dazu. Es ist nicht bequem und tut mancherorts sicher auch weh, wenn man sparen muss, aber die Zeiten, wo man mit dem Geld des Volkes um sich werfen konnte, sind berechtigterweise vorbei. Die Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, dass mit ihrem schwer verdienten Geld sorgsam umgegangen wird.

Zum Schluss mache ich hier einen Aufruf an die Regierung, die Beschlüsse, welche im Aufgaben- und Finanzplan 2012–2014 (AFP) erfolgt und damit zu Aufträgen an die Regierung geworden sind, auch einzuhalten, damit wir unserer nächsten Generation einen finanziell gesunden Kanton ohne Überschuldung übergeben können. Das strukturelle Ausgabenproblem müssen wir so schnell als möglich eindämmen und alles Menschenmögliche unternehmen, um unsere Finanzen wieder ins Lot zu bringen. Denn bei allen Ausgaben ist unbedingt daran zu denken, dass die Schulden von heute die Steuern von morgen sind.

Session des Kantonsrates vom 6. und 7. Juni 2011