Geschäft: Funktion und Kompetenzen des Erziehungsrates

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer43.10.15
TitelFunktion und Kompetenzen des Erziehungsrates
ArtKR Postulat
ThemaErziehung, Bildung, Kultur
FederführungBildungsdepartement
Eröffnung29.11.2010
Abschluss12.6.2017
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
AntragAntrag der Regierung vom 29. März 2011
VorstossWortlaut vom 29. November 2010
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
21.8.2019Gremium19.1.2023
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
27.4.2011Gutheissung63Zustimmung27Ablehnung30
27.4.2011Eintreten61Zustimmung29Ablehnung30
Statements
DatumTypWortlautSession
27.4.2011Wortmeldung

(im Namen der SP-Fraktion): Auf das Postulat ist einzutreten.

Als Historiker hat es mich natürlich ausserordentlich gefreut, dass das Bildungsdepartement mit einem grossen geschichtlichen Bewusstsein darauf hinweist, dass der Erziehungsrat seit über 200 Jahren existiert. Allerdings ist der Erziehungsrat in seiner heutigen Form erst aufgrund der Verfassung von 1861 entstanden und hat seine Tätigkeit im Jahr 1862 aufgenommen. Gerade der Blick auf die Tradition zeigt, welches Sammelsurium von Kompetenzen sich der Erziehungsrat im Verlauf der Zeit angeeignet hat, ohne dass genau geklärt worden ist, wem was zusteht. Und vieles entspricht gar nicht mehr der heutigen Situation. Die Bildung hat sich entscheidend verändert. So werden heute viele bildungspolitische Fragen nicht mehr im Erziehungsrat, sondern an anderen Orten diskutiert. Also macht es durchaus Sinn zu überprüfen, welche Kompetenzen der Kantonsrat übernehmen soll. Es macht umgekehrt aber auch Sinn, gewisse Aspekte in die Verwaltungsebene zu transferieren. Wenn der Erziehungsrat heute sagt, dass er für die Schulqualität zuständig sei, dann irrt er sich gewaltig. Die Schulqualität wird heute an einem anderen Ort gesichert.

Die Postulantin blickt nicht in die Vergangenheit, sondern in die Zukunft. Sie will eine Klärung und Neuzuweisung der Kompetenzen. Gerade auch die gestrige Debatte über die Integrationspolitik zeigt, dass Handlungsbedarf besteht. So wurde gestern im Zusammenhang mit dem Integrationsbericht darauf verwiesen, dass das Bildungsdepartement seine Aufgaben nicht gemacht hat. Das Bildungsdepartement hat dann auf den Erziehungsrat verwiesen, und dieser wird irgendwann einen Bericht erstellen, der aber vom Kantonsrat nicht debattiert werden wird. Ich wiederhole: Die SP-Fraktion will eine Neuorientierung, eine zukunftsgerichtete Bildungspolitik; sie will erreichen, dass die Kompetenzen überprüft und neu zugeordnet werden, aber sie will keinen überflüssigen Bericht.

Session des Kantonsrates vom 26. und 27. April 2011
27.4.2011Wortmeldung

Regierungsrat: Auf das Postulat ist nicht einzutreten.

Aus den Voten höre ich eine gewisse Kritik am Erziehungsrat oder an der Überprüfung der Volksschule. Deshalb möchte ich aufzeigen, wo die Volksschule des Kantons St.Gallen heute steht: In sämtlichen Vergleichen mit anderen Kantonen steht sie praktisch überall an der Spitze. Und das ist – ich möchte es betonen – v.a. das Verdienst des Erziehungsrates. Diese 200 Jahre alte Struktur hat sich weitgehend bewährt. Das heisst nun nicht, dass alles so bleiben soll und muss wie bis anhin. Die Regierung schreibt ja in ihrer Antwort, dass sich der Erziehungsrat in den letzten zwei Jahren bereits mit möglichen Änderungen beschäftigt hat. Das betrifft z.B. die stärkere Einbindung von nationalen Entwicklungen, ein Anliegen, das bereits umgesetzt wurde. Im Weiteren wurde das Controlling gestärkt. Dann haben wir auch an der Schnittstelle zur pädagogischen Hochschule einen institutionalisierten Kontakt mit der Regierung eingeführt. Die Regierung sieht, dass Änderungen angezeigt und notwendig sind. Der Kantonsrat wird in den nächsten Monaten Gelegenheit haben, zu Rolle oder Aufgaben des Erziehungsrates Stellung nehmen zu können. Im Zusammenhang mit der Aufsicht der Volksschule wird die Rolle des Erziehungsrats diskutiert werden müssen, und das Gleiche gilt für das in der nächsten Session zu behandelnde Mittelschulgesetz. Damit ist aus Sicht der Regierung genügend aufgezeigt, dass sie der Entwicklung Rechnung trägt und den Kantonsrat miteinbezieht.

Session des Kantonsrates vom 26. und 27. April 2011
27.4.2011Wortmeldung

Ratsvizepräsident: Die Regierung beantragt Nichteintreten.

Session des Kantonsrates vom 26. und 27. April 2011
27.4.2011Wortmeldung

Auf das Postulat ist einzutreten.

Auch ich bin der Meinung, dass es beim Erziehungsrat um den Blick in die Zukunft geht. Dabei geht es um die Berücksichtigung verschiedener Aspekte, wie z.B. Klärung und Beantwortung von Fragen bezüglich der zukünftigen Schullandschaft sowie strategischer Überlegungen zu einer neuen Entscheidungsfindung und zu den Verwaltungsprozessen. Die Schullandschaft hat sich in den letzten Jahren sehr stark verändert und deshalb müssen auch die Kompetenzen und Aufgaben des Erziehungsrates neu angeschaut werden. Dann unterstütze ich das Postulat aber auch deshalb, weil die CVP-Fraktion im Jahr 2006 – also vor fast fünf Jahren – das Postulat 43.06.14 «Bildungsplanung und Überprüfung der Schulstrukturen» eingereicht hat. Dieser Vorstoss wurde in der Februarsession 2007 gutgeheissen, aber es liegt bis heute kein Bericht vor. Ich befürchte, dass an der nächsten Sitzung der Staatswirtschaftlichen Kommission oder in deren Bericht die Abschreibung dieses Postulats gefordert wird. Und dafür habe ich wenig Verständnis, gerade weil die CVP-Fraktion sich im 2006 für die kleine Departementsreform, auch im Bildungsdepartement, für das Jahr 2008 eingesetzt hat. Sie forderte damals schon die Anpassung der Schulstrukturen, insbesondere der Rolle aller Gremien im Bildungsbereich, der Stellung, der Aufgaben, der Berechnungen des Erziehungsrates und der regionalen Schulaufsicht. Letztere wurde in der Zwischenzeit abgeschafft. Nach wie vor liegt aber kein Bericht der Regierung vor. Meiner Meinung nach würde es nun Sinn machen, das Postulat 43.06.14 zusammen mit dem hier vorliegenden Vorstoss der SP-Fraktion zu beantworten.

Session des Kantonsrates vom 26. und 27. April 2011
27.4.2011Wortmeldung

(im Namen der FDP-Fraktion): Auf das Postulat ist einzutreten.

Es geht nicht darum, die Leistungen des Erziehungsrates zu schmälern oder in letzter Zeit gefällte Entscheide zu kritisieren. Der FDP-Fraktion geht um möglichst schlanke und effiziente Entscheid-, Kontroll- und Aufsichtsstrukturen für die Schulen, und dies vom Kindergarten bis zur Mittelschule. Und hier fragt sie sich, ob es denn wirklich sinnvoll sei, dass der Erziehungsrat für das ganze Spektrum – vom Kindergarten bis zur Matur – zuständig ist. Die Berufsschulen sind davon jedoch ausgeschlossen. Die FDP-Fraktion fragt sich aber auch, ob der Erziehungsrat mit den die operativen und strategischen Bereiche umfassenden Aufgaben nicht überlastet ist. Ihr scheint, dass ein Postulatsbericht solche Fragen prüfen und eine Auslegeordnung vornehmen könnte. Allerdings setzt sich die FDP-Fraktion nicht zum Ziel, die Schulen dereinst nur noch von der Verwaltung kontrolliert und geleitet zu wissen. Das Milizsystem und die Verankerung der Schule in der Bevölkerung sind ihr ganz wichtig. Das Milizelement muss durch effiziente Strukturen und durch fokussierte Gremien gestärkt werden und soll im Bericht mitberücksichtigt werden.

Session des Kantonsrates vom 26. und 27. April 2011