Geschäft: Kantonsratsbeschluss über die Gesetzesinitiative «Schluss mit den Steuervorteilen für ausländische Millionärinnen und Millionäre (Abschaffung der Pauschalsteuer)» [Titel der Botschaft: Besteuerung nach dem Aufwand]

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer29.10.03
TitelKantonsratsbeschluss über die Gesetzesinitiative «Schluss mit den Steuervorteilen für ausländische Millionärinnen und Millionäre (Abschaffung der Pauschalsteuer)» [Titel der Botschaft: Besteuerung nach dem Aufwand]
ArtKR Verwaltungsgeschäft
ThemaGrundlagen und Organisation
FederführungFinanzdepartement
Eröffnung4.8.2010
Abschluss16.2.2011
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
MitgliederlisteKommissionsbestellung vom 20. September 2010
BotschaftBericht und Antrag der Regierung vom 10. August 2010 zum Inhalt der Gesetzesinitiative
MitgliederlisteAktuelle Mitgliederliste
AntragAntrag SP-Fraktion zu Ziff. 1 und 2 vom 29. November 2010
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
1.8.2019Gremium19.1.2023
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
16.2.2011Ordnungsantrag Gysi-Wil auf Wiederholung der Abstimmung34Zustimmung65Ablehnung21
16.2.2011Gesamtabstimmung95Zustimmung7Ablehnung18
29.11.2010Ziff. 2 (Unterbreitung eines Gegenvorschlags)78Antrag der vorberatenden Kommission25Antrag der SP-Fraktion17
29.11.2010Ziff. 1 (Ablehnung der Initiative)75Zustimmung29Ablehnung16
Statements
DatumTypWortlautSession
16.2.2011Wortmeldung

stellt den Ordnungsantrag auf Wiederholung der Gesamtabstimmung zu Geschäft 29.10.03.

Vielleicht war die Verwirrung um die Verknüpfung der beiden Geschäfte 22.10.11 und 29.10.03 etwas gross, aber ausgehend vom Resultat wird ersichtlich, dass dieses natürlich nicht im Sinn der SP-Fraktion ist. Diese stimmt natürlich ihrer Initiative zu und lehnt sie nicht ab.

Session des Kantonsrates vom 14. bis 16. Februar 2011
29.11.2010Wortmeldung

(im Namen der GRÜ-Fraktion): Auf die Initiative ist einzutreten.

Selbstverständlich ist auch meine Fraktion für die Abschaffung der Besteuerung nach Aufwand. Schliesslich sind wir alle drei auf die Strasse gegangen, um Unterschriften zu sammeln. Ich möchte Sie daran erinnern, dass im Jahr 2007 der Kantonsrat mit einer Mehrheit eine Standesinitiative nach Bern schickte. Was damals ein Bürgerlicher, unser zukünftiger Regierungsrat Beni Würth, erwähnte, das können Sie im RIS nachhören. Er sagte beispielsweise - und seine Gemeinde beherbergt eine grosse Zahl der von dieser Pauschalbesteuerung profitierenden Bevölkerungsschicht: «Das Volk ärgert sich zu Recht bis weit in die bürgerlichen Wählerschichten hinein über das intransparente Abschliessen von Vereinbarungen zwischen Fiskus und Steuerzahler, während der Normalbürger brav seine Steuererklärung ausfüllt.» Er meinte natürlich gleichgestellte Reiche, ich spreche aber auch zu Ihnen für eine andere Bevölkerungsschicht in diesem Kanton, der ein Universitätskanton ist, der ein Spitalkanton ist. Wir haben Ausländer und Ausländerinnen, die gut verdienen und die quellenbesteuert werden und die ganz normal ihre Steuern abliefern. Sie können nicht abstimmen, sie steuern nur.

Ich meine, auch dies wäre ein Aspekt der Steuergerechtigkeit und Gleichbehandlung, wenn wir die Landsleute, Hochverdiener – verdienen ihr Geld im Ausland, wohnen hier, weil es so schön, sicher und bequem ist –, auf die gleiche Art besteuern würden.

Ich bitte Sie, führen Sie sich doch diese Karikatur aus der «Südostschweiz» heute zu Gemüte, die bezog sich auf die gestrige Abstimmung, aber Sie sehen hier Mutter Helvetia, die einen Geldsack schützt. Das ist doch nicht unbedingt wichtig, das ist auch nicht im Sinne der SVP-Wählerschaft, dass wir die wohlbetuchten Ausländer und Ausländerinnen in der Schweiz bevorzugen. Ich möchte nicht, dass die Schweiz zu diesen Horten für sehr gut Verdienende gehört - das ist nicht gut für unser Image.

Session des Kantonsrates vom 29. November bis 1. Dezember 2010
29.11.2010Wortmeldung

(im Namen der SP-Fraktion): Auf die Initiative ist einzutreten.

Die Regierung anerkennt, dass die heutige Pauschalbesteuerung die ausländischen Millionärinnen und Millionäre zu sehr bevorteilt. Darum unterbreitet sie uns auch einen Gegenvorschlag zur Initiative. Dieser Gegenvorschlag der Regierung geht aber eindeutig zu wenig weit. Damit werden ausländische Millionärinnen und Millionäre gegenüber den schweizerischen immer noch bevorteilt. Das ist ungerecht. Für FDP- und SVP-Vertreter in diesem Rat ist es aber wichtiger, dass man einige Steuereinnahmen bzw. Steuersubstrat generieren kann, als für Steuergerechtigkeit zu sorgen. Das stimmt mich nachdenklich. Die Pauschalbesteuerung führt z.B. zu absolut extremen, exorbitanten Immobilienpreisen. Villen wechseln die Besitzerin oder den Besitzer nicht mehr für 5 bis 10 Mio. Franken, sondern für ein Mehrfaches, in Extremfällen für 50 bis 100 Mio. Franken. Diese enorme Steigerung der Immobilienpreise führt dazu, dass sich Normalsterbliche, ja selbst normal oder anständig Reiche, an verschiedenen schönen Lagen unseres Landes kein Wohneigentum oder auch keine grosszügige Wohnung mehr leisten können.

Ich zitiere aus der Vorlage, Seite 15, unter den Argumenten gegen die Besteuerung nach dem Aufwand, den letzten Punkt. Die Regierung schreibt hier: «Die Aufwandbesteuerung kann bewirken, dass das Angebot von Grundstücken im obersten Segment für zahlungskräftige Schweizer und Schweizerinnen reduziert wird.» Das wollen wir ja nicht! Und wenn Sie hier den Vergleich anstellen, Sie haben hier die Argumente gegen die Besteuerung nach Aufwand, es sind deren sechs. Wenn Sie eine Seite zurückblättern, dann haben Sie da die Argumente für die Besteuerung nach dem Aufwand, es sind nur deren drei. Sie sehen, wo das Schwergewicht liegt.

Ein weiteres Argument für unsere Initiative ist die Zersiedelung unserer Landschaft durch ausländische Millionärinnen und Millionäre. Wie beispielsweise Umzonungsgesuche von Formel-1-Rennfahrern zeigen, wollen diese Millionärinnen und Millionäre ihre Sonderwünsche erfüllt haben. Im Falle von Michael Schumacher im Appenzellerland konnte das noch verhindert werden, u.a. dank dem Einsatz des WWF. Im Falle Sebastian Vettel, in Kemmental TG, ist noch offen, ob der junge Mann seine Sonderwünsche, sprich Umzonungen für Hallenbad und Tennisplatz, letztlich bewilligt bekommt. Das ist zwar ein Beispiel aus dem benachbarten Thurgau, zeigt jedoch, welche ungerechten und ungesunden Blüten die Ansiedlung von ausländischen Millionären treibt. Diesen Auswüchsen bei den Immobilienpreisen, der Zersiedelung unserer schönen Landschaft und den Sonderwünschen der ausländischen Millionäre und Millionärinnen kann mit der Abschaffung der Pauschalbesteuerung entgegengewirkt werden, und zwar wesentlich stärker als mit dem Gegenvorschlag der Regierung, der hier zu wenig bewirken wird.

Session des Kantonsrates vom 29. November bis 1. Dezember 2010
29.11.2010Wortmeldung

Regierungsrat Martin Gehrer hat zwei Fragen gestellt. Erlauben Sie mir, dass ich kurz antworte aus der Sicht der Initiantinnen und Initianten.

Zur ersten Frage: Warum soll der Kanton St.Gallen nur mit dem Kanton Zürich diese Pauschalbesteuerung abschaffen, und alle anderen Kantone behalten sie? Ich bin vollends überzeugt, dass dieses Signal des Kantons Zürich und des Kantons St.Gallen auch andere Kantone dazu bringen wird, diese Pauschalbesteuerung abzuschaffen und den verfassungsmässigen Grundsätzen auch zum Durchbruch zu verhelfen. St.Gallen und Zürich werden nicht allein auf weiter Flur sein, sondern andere werden folgen.

Zur zweiten Frage: Der Verzicht auf Steuereinnahmen bzw. Steuerträge. Da muss ich schon bitten, der schnöde Mammon ist nicht sehr gross. Sie können das im Bericht lesen auf Seite 13, im Kanton St.Gallen sind es 1,5 Mio. Franken, die an den Bund gehen und 5,5 Mio. Franken, die auf Gemeinden und Kanton verteilt sind. Wir haben heute Nachmittag über die Finanzierung der Pflegeversicherung diskutiert und haben dabei 6 Mio. Franken herumgeschoben. Ich bitte Sie einfach, nicht so zu tun, als ob es hier tatsächlich um einen Betrag geht, der den Kanton St.Gallen ärmer oder reicher macht, es geht hier tatsächlich um einen geringfügigen Betrag, der hingegen aber Steuergerechtigkeit bringen würde, wenn wir darauf verzichten würden. Ich bitte Sie, unterstützen Sie die Initiative für mehr Steuergerechtigkeit in diesem Bereich.

Session des Kantonsrates vom 29. November bis 1. Dezember 2010
29.11.2010Wortmeldung

Auf die Initiative ist einzutreten.

Die Pauschalbesteuerung heizt den Steuerwettbewerb unter den Gemeinden und Kantonen weiter unnötig an, zudem haben wir kein Interesse an einem Steuerwettbewerb, der einzelne Personengruppen gezielt bevorzugt. Insbesondere kann es nicht im Interesse von Gemeinden sein, denn Pauschalbesteuerte halten sich oft nur punktuell hier auf, obwohl sie hier ihren Wohnsitz begründen. Die Wohnsitznahme hat oft nur fiskalische Gründe und nicht den, dass der Wohnort ihre Heimat wäre. Gemeinden können nicht daran interessiert sein, Bürgerinnen und Bürger zu haben, die sich für eine Gemeinde und das öffentliche Leben kaum interessieren. Dennoch nutzen sie deren Infrastruktur und tragen derweil auch zu Strukturveränderungen in den Gemeinden bei. Zu den Aufwendungen der öffentlichen Hand tragen sie dann aber insgesamt zu wenig bei. Erlauben Sie mir noch einen Aspekt: Es ist gesellschaftspolitisch problematisch, verschiedene Steuergattungen für natürliche Personen zu haben. Das ist verfassungsrechtlich nicht unproblematisch und auch rechtspolitisch kontrovers. Das sagt nicht etwa das Initiativkomitee, sondern der Verwaltungsgerichtspräsident Ulrich Cavelti. Gerade die Gemeinden können wesentlich davon profitieren

Session des Kantonsrates vom 29. November bis 1. Dezember 2010
29.11.2010Wortmeldung

(im Namen der FDP-Fraktion): Die Initiative ist abzulehnen und auf den Gegenvorschlag ist einzutreten.

Die FDP-Fraktion befürwortet die vorgeschlagene Verschärfung der Bemessensgrundlage gegenüber der Lösung der Finanzdirektorenkonferenz und des Bundesrates. Die Verschärfung trägt dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Rechnung. Sie eliminiert damit weitgehend die Innländerdiskriminierung von Schweizerinnen und Schweizern gegenüber Ausländerinnen und Ausländern in ähnlichen wirtschaftlichen Verhältnissen. Die FDP-Fraktion bejaht auch die Verfassungsmässigkeit, sie folgt dabei den von Prof. Ulrich Cavelti geäusserten Schlussfolgerungen in seinem Bericht zur Pauschalbesteuerung. Das öffentliche Interesse am volkswirtschaftlichen Nutzen für die Allgemeinheit, das fiskalische Interesse sowie die verwaltungsökonomischen Überlegungen rechtfertigen aus Sicht der FDP-Fraktion die Gewichtung zugunsten der Verfassungsmässigkeit der Pauschalbesteuerung. Die Pauschalbesteuerung hat ein klares Fiskalziel, indem sie vorrangig der staatlichen Einnahmenbeschaffung dient. Durch ein attraktives Steuermodell der Pauschalbesteuerung werden Anreize für vermögende Ausländerinnen und Ausländer geschaffen, damit sie ihr Domizil in der Schweiz resp. im Kanton St.Gallen nehmen. Dieses Steuersubstrat ist international sehr mobil und würde ohne diesen Anreiz nicht in die Schweiz und auch nicht in den Kanton St.Gallen gelangen. Die Pauschalbesteuerung hat damit eine klare Positionsverbesserung des Kantons St.Gallen im internationalen Standortwettbewerb bei hochmobilen vermögenden Haushalten zur Folge.

Die Schweiz ist ein kleines Land, steht aber mit den viel grösseren Ländern im Wettbewerb um lukratives Steuersubstrat. Ein Gleiches gilt natürlich auch für den Kanton St.Gallen, sowohl international als auch national, zumal gerade die Staaten um den Kanton St.Gallen solche interessanten Steuermodelle anbieten. Die Pauschalbesteuerung hat aber auch eine klare volkswirtschaftliche Bedeutung. Es ist nachgewiesen, dass aufwandbesteuerte Personen Beschäftigungseffekte in verschiedenen Branchen und insbesondere auch im ortsansässigen Gewerbe mit sich bringen. Die erhöhte Konsumneigung führt zu wichtigen Einkommen, der Wegzug führt gerade in Berufsgattungen mit tieferen Bildungsanforderungen zu Ausfällen, die kaum zu kompensieren sind. Der Alleingang des Kantons St.Gallen hätte einen unmittelbaren Einnahmennachteil zur Folge. Pauschalbesteuerte Personen haben die Möglichkeit, in einen Nachbarkanton oder in einen Nachbarstaat umzuziehen und dort Mehreinnahmen zugunsten des Staates zu generieren. Mit anderen Worten, St.Gallen würde ein Mehr an Steuereinnahmen an andere schlichtweg verschenken, und diese Mehreinnahmen müssten dann kompensiert werden über die übrigen Steuerzahler. Insbesondere in kleineren Gemeinden ist der Steuerertrag einer pauschalbesteuerten Person ein bereits sehr substanzieller Beitrag an den öffentlichen Haushalt. Diese Personen tragen gerade in kleineren Gemeinden mit Sponsoringbeiträgen oftmals sehr stark zum kulturellen örtlichen Leben bei.

Session des Kantonsrates vom 29. November bis 1. Dezember 2010
29.11.2010Wortmeldung

(im Namen der SVP-Fraktion): Die Initiative ist abzulehnen.

Mit der Annahme dieser Initiative würden wir eine Steuererhöhung für weniger als 80 ausländische Personen beschliessen. Diese Personen verdienen ihr Einkommen nicht in der Schweiz und haben sich genau dank dieser Pauschalregelung für den Kanton St.Gallen entschieden und bewusst bei uns ihren Wohnsitz. Niemand kann sagen, wie viele dieser Personen ihren Steuersitz bei einer Annahme der Initiative dann noch im Kanton St.Gallen oder sogar in der Schweiz behalten werden. Aufgrund der Steuerunterschiede z.B. zum Kanton Schwyz müssen wir schon heute neidisch auf reiche, prominente Steuerzahler verzichten. So hat von den prominentesten Steuerzahlern unseres Landes leider niemand den Wohnsitz im Kanton St.Gallen. Ich spreche hier von prominenten Namen wie Tina Turner, David Bowie, Jacques Villeneuve, Kimi Räikkönen, Michael Schumacher, Shania Twain, Phil Collins oder Boris Becker. Die Pauschalsteuer kann von Kanton und Gemeinde als gute Standortmarketingmassnahme eingesetzt werden, um reiche Ausländer und Ausländerinnen anzulocken. Das wollen wir nicht verhindern. Bitte beachten Sie, die SVP-Fraktion zeigt sich hier also einmal sehr ausländerfreundlich. Die SVP-Fraktion ist gegen die Abschaffung dieser Pauschalsteuer für eine so kleine Minderheit und grundsätzlich gegen Steuererhöhungen und wird daher diese Initiative ablehnen. Trotzdem kann sie sich mit dem ausgewogenen Gegenvorschlag der Regierung einverstanden erklären und wird diesen auch annehmen.

Session des Kantonsrates vom 29. November bis 1. Dezember 2010
29.11.2010Wortmeldung

beantragt im Namen der SP-Fraktion, Ziff. 1 wie folgt «Die Gesetzesinitiative wird angenommen.» und Ziff. 2 wie folgt «Dem Volk wird kein Gegenvorschlag unterbreitet.» zu formulieren.

Ich spreche im Namen der SP-Fraktion und von 6'129 Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern, die diese Initiative zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung für ausländische Millionärinnen und Millionäre unterschrieben haben und verlangen, dass der Art. 26 Abs. 2 aus dem Steuergesetz gestrichen wird. Auch nach dem Ausgang der gestrigen Abstimmung bleibt die SP-Fraktion daran, wenn es darum geht, Steuergerechtigkeit herzustellen. Pauschalangebote sind beliebt, denken Sie nur an die Telekommunikation oder an die Ferienarrangements. Aber auch bei der Besteuerung gibt es für die reichen Ausländerinnen und Ausländer die Möglichkeit, ein Pauschalangebot zu wählen – Sie können wählen zwischen zwei verschiedenen Steuersystemen, dem ordentlichen oder einem Pauschalangebot. Dabei ist eigentlich niemandem ein Vorwurf zu machen, wenn er sich für das günstigere, nämlich das Pauschalangebot, entscheidet. Nur, wählen können eben nicht alle, sondern nur ausländische Millionärinnen und Millionäre, die in der Schweiz kein Erwerbseinkommen haben.

Diese durch das Gesetz vorgesehene bessere Behandlung von reichen Ausländerinnen und Ausländern gegenüber reichen Schweizerinnen und Schweizern ist eine eigentliche lnländerdiskriminierung. Unsere Verfassung verlangt aber, dass jeder nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit besteuert wird. Es ist ungerecht, dass eine privilegierte Gruppe von Leuten von den Vorzügen unseres Landes profitieren kann, während Mittelstand und Personen aus bescheideneren Verhältnissen die vollen Kosten angemessen mittragen müssen. Es ist absolut nicht einsichtig, warum wir als Gesetzgeber und Gesetzgeberinnen diesen Missstand nicht endlich beheben.

Die Regierung lehnt die Initiative ab. Die Gründe sind nicht überzeugend. Sie spricht davon, dass Einnahmen weggehen werden, da die reichen Ausländerinnen und Ausländer sich dann anderswo niederlassen. Zuerst stellt sich einmal die Frage, wohin sie dann gehen sollen. Selbst der Kanton Zürich, wo die Pauschalbesteuerung bereits abgeschafft wurde, hat festgestellt, dass die Abgänge verkraftbar sind. Umso mehr dann, wenn immer mehr Kantone dem Beispiel Zürichs folgen werden wie z.B. jetzt vielleicht St.Gallen oder Basel-Landschaft. Auch im Kanton St.Gallen kann davon ausgegangen werden, dass die derzeit rund 80 pauschalbesteuerten Personen, die 0,2 Prozent der Steuereinnahmen ausmachen, was immer sie unternehmen werden, die Kantonsfinanzen nicht völlig aus dem Ruder bringen. Ich gehe auch davon aus, dass einige trotzdem bleiben, weil es ihnen hier gefällt und sie sich heimisch fühlen. Diese zahlen in Zukunft die ordentlichen Steuern, wie es alle anderen auch tun, und unter dem Strich würde es sogar besser aussehen für unsere Kantonsfinanzen.

Die Schweiz ist als Wohnsitz für Reiche beliebt. Die Zunahme der Pauschalbesteuerten in den letzten Jahren ist markant. Innerhalb von knapp 20 Jahren stieg die Zahl um 2/3 an. Der Trend zeigt weiter nach oben. Die Regierung spricht vom volkswirtschaftlichen Nutzen, den die Pauschalbesteuerten bewirken, weil sie einen hohen Lebensstandard in der Schweiz haben – aber Hand aufs Herz, sie hätten auch einen hohen Lebensstandard, wenn sie ganz normal ihre Steuern zahlten. Leider spricht die Regierung nicht vom volkswirtschaftlichen Schaden, der durch den immensen Druck auf die Preise für Liegenschaften und Bauland entsteht. Boden- und Wohnpreise schnellen in die Höhe. Oder wir zonen mehr ein, damit wir diesen Boden zur Verfügung stellen können. Die Folge ist Ausverkauf des Bodens, Zerstörung der Landschaft.

Irgendwie hilflos ist auch das Argument der Regierung, dass bei ausländischen Personen wegen ihrer internationalen Geschäftstätigkeit eine ordentliche Besteuerung schwierig wäre. Nun, es gibt auch unter den schweizerischen Millionären und Millionärinnen solche, die ausgeprägte, internationale Geschäftsverbindungen haben. Zudem verlangt die Pauschalbesteuerung heute schon eine Kontrollrechnung, eine Nachkalkulation. Auch hier müssen Fakten auf den Tisch gelegt werden, eigentlich sind wir nicht mehr weit entfernt von einer ordentlichen Veranlagung.

Ich erinnere Sie daran, der Kanton St.Gallen hat in Bern eine Standesinitiative zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung deponiert. So wie es aussieht, wird auch diese wieder versenkt werden. Aber ich erinnere Sie an die Voten, die damals gefallen sind, insbesondere auch unseres neuen Regierungsrates. Wenn Sie sich nicht mehr erinnern können, dann können Sie sie im «Links» nachlesen. Diese Fakten, die dort genannt wurden, die gelten auch heute noch, somit auch bei unserer Initiative.

Die Finanzdirektoren nehmen die Rechtsungleichheit zwischen Ausländerinnen bzw. Ausländern und Einheimischen in Kauf, weil es sich nach ihrer Ansicht vordergründig finanziell lohnt. Immerhin wird jetzt eine Verschärfung der Veranlagungsbedingungen vorgeschlagen, die auch in den Gegenvorschlag der Regierung einfliesst. Die Finanzdirektoren geben damit zu, dass die bestehende Regelung unhaltbar ist. Nur, diese Änderung schafft das Grundübel nicht aus der Welt: die Inländerdiskriminierung. Weiterhin wird es Discount-Steuerzahlende geben, das ist schlecht für unser Land und das ist schlecht für die Länder, aus denen diese Personen kommen. Deshalb empfehle ich Ihnen, die Initiative anzunehmen, damit ein Signal an die Bevölkerung der anderen Kantone ausgesendet wird, weil dort gibt es die gleichen Bestrebungen wie im Kanton St.Gallen. Der Gegenvorschlag löst das Grundproblem nicht und ist damit unnötig.

Session des Kantonsrates vom 29. November bis 1. Dezember 2010
29.11.2010Wortmeldung

Ratspräsident: Der Kantonsrat führt die Gesamtabstimmung über das Geschäft 29.10.03 «Kantonsratsbeschluss über die Gesetzesinitiative » nach der 2. Lesung des Geschäftes 22.10.11 «VIII. Nachtrag zum Steuergesetz» in der Februarsession 2011 durch. Die 1. Lesung des letzteren führt der Kantonsrat morgen Dienstag, 30. November 2010, durch.

Session des Kantonsrates vom 29. November bis 1. Dezember 2010
29.11.2010Wortmeldung

Präsidentin der vorberatenden Kommission: Die vorberatende Kommission behandelte am 21. Oktober 2010 die beiden Geschäfte in einer sehr kurzen, aber intensiven, effizienten und sachlich hochstehenden Sitzung.

Als Unterlagen dienten der Bericht und Antrag der Regierung zum Inhalt der Gesetzesinitiative sowie Botschaft und Entwurf der Regierung zu diesem VIII. Nachtrag. Zugestellt worden waren der Kommission auch die Vernehmlassungsunterlagen des Bundes zur Reform der Besteuerung nach dem Aufwand. In dieser Reform geht es ja um die gleiche Thematik. An der Sitzung zugegen waren neben der vollständigen Kommission der Vorsteher des Finanzdepartementes, der Leiter des kantonalen Steueramtes, der Generalsekretär des Finanzdepartementes und der zuständige juristische Mitarbeiter.

Zunächst stellte Nationalrätin Hildegard Fässler als Mitglied des Initiativkomitees die Initiative vor. Die Pauschalbesteuerung diskriminiere Inländer, so eine Kernbotschaft von ihr, ein allfälliger volkswirtschaftlicher Nutzen stehe in keinem angemessenen Verhältnis zu diesem Nachteil. Die Beiträge aus dieser Besteuerungsart seien minimal, eine Abschaffung für den Kanton generiere praktisch keine Verluste.

Von Seiten der Regierung wurde ausgeführt, der Zeitpunkt sei eigentlich falsch, diese Frage der Pauschalbesteuerung auf kantonaler Ebene zu beraten, da eine entsprechende Bundesvorlage zur Besteuerung nach dem Aufwand in Vernehmlassung stehe. Die Bundesvorlage will diese Art der Besteuerung nicht abschaffen, aber die Voraussetzungen verschärfen und die Anwendung verbessern. Laut Regierungsrat Gehrer ist die Pauschalbesteuerung verfassungskonform, insbesondere weil sie auf klaren gesetzlichen Grundlagen fusse und grundsätzlich ein öffentliches Interesse bestehe aufgrund des allgemeinen volkswirtschaftlichen Nutzens dieser Steuer. Trotzdem anerkenne die Regierung einen Handlungsbedarf und wolle mit einem Gegenvorschlag die Rahmenbedingungen verschärfen im Einklang mit der Bundesvorlage.

Die Diskussion in der Kommission drehte sich um folgende zentrale Begriffe: Verfassungskonformität, Steuergerechtigkeit, Gleichbehandlung, Fiskalziele, Einnahmenbeschaffung, makroökonomische Ziele, Standortattraktivität. Eine Minderheit argumentiert in der Kommission, die Pauschalbesteuerung sei ungerecht und rechtsstaatlich fragwürdig, zudem werde das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verletzt. Der volkswirtschaftliche Nutzen dieser Besteuerungsart werde massiv überbewertet, vor allem würden aber die negativen Auswirkungen auf die Bodenpreise durch den Zuzug reicher Ausländer ausgeblendet.

Eine Mehrheit argumentierte:

  • die Pauschalbesteuerung habe ein Fiskalziel, indem sie in erster Linie staatlichen Einnahmenbeschaffungen dienten;

  • durch ein attraktives Steuermodell der Pauschalbesteuerung würden Anreize für wohlhabende Ausländer geschaffen, in die Schweiz umzuziehen;

  • aufwandbesteuerte Personen konsumierten hierzulande vergleichsweise viel und hätten damit auch Beschäftigungseffekte;

  • eine Abschaffung im Alleingang verschlechtere dem Kanton die Position im interkantonalen Wettbewerb.

Unbestritten war auch bei der Mehrheit, dass die Aspekte der Steuergerechtigkeit bei der Ausgestaltung der Pauschalbesteuerung mehr zu gewichten seien, die Voraussetzungen zur Pauschalbesteuerung seien deshalb, wie es der Gegenvorschlag der Regierung vorsehe, zu verschärfen.

Zum Vorgehen und der Abstimmung in der Kommission: Obschon, wie wir schon gehört haben, aus rechtlichen Gründen auf eine Initiative einzutreten ist, führten wir dennoch eine Eintretensdiskussion. Nach der Detailbehandlung des Geschäftes 29.10.03 folgte die Kommission dem Antrag der Regierung, die Gesetzesinitiative abzulehnen, und zwar mit 11:5 Stimmen bei 1 Abwesenheit. Dann folgte die Behandlung des VIII. Nachtrags zum Steuergesetz: Die Kommission entschied sich mit 12:5 Stimmen für Eintreten auf den Nachtrag resp. auf den Gegenvorschlag zur Initiative und lehnte damit auch einen entsprechenden Antrag auf Nichteintreten ab. Es gab darüber hinaus keine weiteren Anträge, keine Detailabänderungs- oder Ergänzungsanträge, der Gegenvorschlag bzw. der VIII. Nachtrag wurde schliesslich mit 12:5 Stimmen gutgeheissen, und ebenfalls mit 12:5 Stimmen wurde dem Antrag der Regierung zugestimmt, dass dem Volk ein Gegenvorschlag in Form eines VIII. Nachtrags zum Steuergesetz unterbreitet wird.

Session des Kantonsrates vom 29. November bis 1. Dezember 2010
29.11.2010Wortmeldung

(im Namen der Mehrheit der CVP-Fraktion): Auf den Gegenvorschlag ist einzutreten.

Dieses Parlament reichte am 26. November 2007 eine Standesinitiative zur schweizweiten Abschaffung der Pauschalsteuer für Ausländer und Ausländerinnen, für Gleichbehandlung mit Schweizer Steuerpflichtigen ein. Steuergerechtigkeit ist für die CVP-Fraktion ein sehr wichtiger Wert. Transparenz und Gerechtigkeit in Steuerfragen sind eine Grundvoraussetzung für die Umsetzung und Akzeptanz hoheitlicher Steuerverfügungen. Unserer Standesinitiative scheint in Bundesbern kein Erfolg beschieden zu sein. Der Ständerat hat sie bereits abgelehnt, die WAK Nationalrat empfiehlt ebenfalls Ablehnung.

In gewissen Landesteilen kennt man die Pauschalbesteuerung bereits seit 1862 und will sie unter keinen Umständen abschaffen. Das Parlament des Kantons Thurgau hat vor ein paar Wochen eine Regelung getroffen, welche im Wesentlichen dem Gegenvorschlag der Regierung entspricht. Ein Alleingang des Kantons St.Gallen in dieser Frage wäre nicht sinnvoll. Deshalb wird uns ein Gegenvorschlag unterbreitet, welcher die Hürde für den Einstieg in die Pauschalbesteuerung massiv erhöht. Das ist eine wesentliche Verbesserung gegenüber der heutigen Situation.

Die CVP-Fraktion wird deshalb die Gesetzesinitiative «Schluss mit den Steuervorteilen für ausländische Millionärinnen und Millionäre» mehrheitlich ablehnen und dem Gegenvorschlag zustimmen.

Session des Kantonsrates vom 29. November bis 1. Dezember 2010
29.11.2010Wortmeldung

Die Initiative ist anzunehmen.

Ich habe noch eine Anmerkung zur Botschaft zu machen, die ich an dieser Stelle anbringen möchte. Es geht um die Frage der Verfassungsmässigkeit dieser Aufwandbesteuerung. Darauf ist der Finanzchef nicht eingegangen. In der Botschaft finden wir dazu einen Halbsatz. Es heisst dort, die Verfassungsmässigkeit der Aufwandbesteuerung (Rechtsgleichheitsgebot) wird teilweise angezweifelt, zudem orten die Gegner eine Verletzung des Prinzips der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Unsere Verfassung ist ja nicht irgendein subalternes Regelwerk, das man gelegentlich einmal konsultieren sollte, wenn einem sonst nichts in den Sinn kommt, sondern das ist unser Grundgesetz, und auf dessen Einhaltung müssen wir doch beharren, auch wenn es um Steuern geht. Wenn in der Literatur die Verfassungsmässigkeit von Bestimmungen respektive von Vorgehensweisen in Frage gestellt wird, so erwarte ich an sich von unserer Regierung, dass sie sich mit diesen Problemen tatsächlich auseinandersetzt. Ich habe jetzt gerade gesehen, dass auch der Bundesrat einmal eine vergleichbare Aufgabestellung hatte. Im Vernehmlassungsverfahren zum Bundesgesetz über die Besteuerung nach dem Aufwand sah man ein, dass man um diese Fragestellung nicht herumkommt. Es wird dort auch ausgeführt, dass das eigentlich schon ein Problem sei, wenn man In- und Ausländer bzw. In- und Ausländerinnen auf eine derart extreme Weise anders behandelt, und in diesem Bericht heisst es dann, diese Besteuerung lasse sich dennoch rechtfertigen. Es wird also eine Art Rechtfertigungsgrund geschaffen gegenüber Grundrechten, die an sich einzuhalten sind. Es wird da rein politisch argumentiert, und das hat Regierungsrat Gehrer auch ausgeführt, indem er gesagt hat, neben der Verfassung gebe es auch noch steuerpolitische Argumente. Die Verfassung steht über der Steuergesetzgebung, das muss an dieser Stelle deutlich festgehalten werden. Ich weiss schon, wieso sich die Regierung foutiert, hier vertieftere Abklärungen zu machen. Wenn man das mehr als zwei Sekunden lang studiert, kommt man zum klaren Ergebnis, dass das Gleichheitsgebot verletzt ist, wenn ein Ausländer, der 100 Mio. Franken verdient jedes Jahr, gleich viel Steuern zahlen muss wie ein Schweizer, der 300'000 Franken verdient. Da muss man nicht Jurist sein, um feststellen zu können, dass da irgendetwas nicht stimmen kann. Ich komme daher nicht umhin, Ihnen unsere Bundesverfassung in Erinnerung zu rufen. Dort gibt es unverändert einen Art. 8, der festschreibt, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, In- und Ausländerinnen bzw. In- und Ausländer sollen gleich behandelt werden. Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden, so steht es in Art. 9 der Verfassung. Wenn man noch etwas weiterliest, kommt man dann zum Art. 35, welcher auch noch konkrete Handlungsanweisungen für Situationen wie diejenigen, die wir heute haben, angeben. Da heisst es: «Die Grundrechte müssen in der ganzen Rechtsordnung zur Geltung kommen.» (auch bei der Steuergesetzgebung), und der Art. 2 ist an uns gerichtet: «Wer staatliche Aufgaben wahrnimmt, ist an die Grundrechte gebunden und verpflichtet, zu ihrer Verwirklichung beizutragen.» Dieser Pflicht können Sie nur nachkommen, wenn Sie unsere Initiative unterstützen, alles andere ist Verfassungsbruch, und Sie werden, wenn Sie unsere Initiative nicht unterstützen, mit dieser Tatsache leben müssen, dass Sie heute Verfassungsbruch begangen haben. Verfassungsbruch sogar aus niederen Motiven, nur um des schnöden Mammons willen. Ich danke Ihnen, wenn Sie diese Überlegungen in Ihre Entscheidungsfindung einbeziehen können.

Session des Kantonsrates vom 29. November bis 1. Dezember 2010