Geschäft: Änderung des Gesetzes über Inkassohilfe und Vorschüsse für Unterhaltsbeiträge angezeigt

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer42.10.12
TitelÄnderung des Gesetzes über Inkassohilfe und Vorschüsse für Unterhaltsbeiträge angezeigt
ArtKR Motion
ThemaGesundheitspflege, Sozialversicherung, Sozialhilfe
FederführungDepartement des Innern
Eröffnung7.6.2010
Abschluss12.6.2017
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
AntragAntrag der Regierung vom 17. August 2010
VorstossWortlaut vom 7. Juni 2010
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
21.8.2019Gremium19.1.2023
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
1.12.2010Gutheissung (mit Stichentscheid des Vizepräsidenten)52Zustimmung51Ablehnung17
1.12.2010Eintreten53Zustimmung49Ablehnung18
Statements
DatumTypWortlautSession
1.12.2010Wortmeldung

(im Namen der CVP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten.

Ich möchte kurz auf die Begründung der Regierung eingehen, die besagt, dass die Aufwendungen hinsichtlich der personellen Ressourcen nicht gestiegen sind. Die CVP-Fraktion ist der Ansicht, dass die Regierung diesen Punkt nicht beurteilen kann, denn diese Personalkosten sind im Nettoaufwand für die Alimentenbevorschussung nicht enthalten. Im Weiteren ist die CVP-Fraktion auch der Meinung, dass die Ressourcenerhöhung dazu geführt hat, dass die Rückerstattungen von 52,9 Mio. Franken im Jahr 2003 auf 58,5 Mio. Franken im Jahr 2008 gestiegen sind. Nach wie vor gehen aber rund 9 Mio. Franken zulasten der Steuergelder.

Die Statistik von Fällen mit Unterhaltsansprüchen aus dem Ausland ist nicht abschliessend. Die Regierung schreibt selber, dass zu der nach ihrer Einschätzung geringen Anzahl Fälle noch die direkten Inkasso-Bemühungen von Unterhaltspflichten im Ausland dazuzuzählen sind. Also sind es definitiv einige Fälle mehr, was aber nicht abschliessend gesagt werden kann. Es stellt sich die grundsätzliche Frage, ob es denn nicht eine klare Regelung für Schuldner im Ausland geben sollte oder ob alles beim Status quo bleiben soll. Der Verwaltungsaufwand steigt ohnehin nach wie vor. Die Lösung kann sozial noch abgefedert werden, indem die Bevorschussung von tatsächlich verlustgefährdeten Unterhaltsbeiträgen von Alimentenschuldnern mit Auslandaufenthalt und damit die volle Kostentragung durch die öffentliche Hand oder letztlich der Steuerzahlenden nach zwei oder drei Jahren eingestellt wird.

In diesem Bereich sollte auch die Eigenverantwortung besser spielen, welche aber durch die heutige Gesetzesregelung nicht gestärkt, sondern eher gehemmt wird. Die heutige Regelung leistet geradezu Vorschub, dass ein Schuldner im Ausland seine Unterhaltspflichten nicht mehr erfüllen muss. Das Vorgehen heisst ja Alimentenbevorschussung. Es darf nicht sein, dass bei einer Bevorschussung immer wegen eines leider mehrheitlich aussichtslosen Inkassos aus dem Ausland ein Verlust eintritt. Die CVP-Fraktion fragt sich, weshalb sich die Regierung gegen die von der Gerichtspraxis - in Bezug auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des obhutsberechtigten Elternteils und des Konkubinatspartners - bestätigte Anpassung im Gesetz wehrt. In diesen Zusammenhang gehören auch die Festlegung bzw. die klare Benennung von überdurchschnittlichen Lehrlings- und Praktikumslöhnen.

Session des Kantonsrates vom 29. November bis 1. Dezember 2010
1.12.2010Wortmeldung

Ratsvizepräsident: Die Regierung beantragt Nichteintreten.

Session des Kantonsrates vom 29. November bis 1. Dezember 2010
1.12.2010Wortmeldung

(im Namen der SP-Fraktion): Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Mit der Motion verlangt die CVP-Fraktion eine Gesetzesänderung, die zulasten von Kindern und Jugendlichen geht. Damit werden Kinder und der unterhaltsberechtigte Elternteil dafür bestraft, dass der unterhaltspflichtige Elternteil im Ausland wohnt und dass deswegen u.U. kein Inkasso möglich ist. Die Motion verlangt, dass in solchen Fällen nach einer gewissen Zeit keine Alimentenbevorschussung mehr geleistet werden muss und die Familie in die Sozialhilfe abgeschoben werden kann. Ich weise darauf hin, dass das Gesetz über Inkassohilfe und Vorschüsse für Unterhaltsbeiträge aber genau zur Verhinderung einer Abschiebung in die Sozialhilfe geschaffen wurde. Kinder und Jugendliche sollen eine Existenzsicherung haben. Es ist ein bedeutender Unterschied, ob das rechtmässig zustehende Geld über die Alimentenbevorschussung oder von der Sozialhilfe kommt. Stossend ist auch die Ausblendung der Rechtsgleichheit. Die Motion bewirkt eine nicht vertretbare Ungleichbehandlung von Kindern mit einem unterhaltspflichtigen Elternteil in der Schweiz gegenüber Kindern mit einem solchen im Ausland. Die SP-Fraktion begrüsst den Nichteintretensentscheid der Regierung. Sie begrüsst auch die Widerlegung der Behauptung, dass es eine Zunahme von Fällen gibt, bei denen das Inkasso wegen Aufenthalts des unterhaltspflichtigen Elternteils im Ausland unmöglich ist. Im Weiteren stimmt auch die Aussage, dass die Durchsetzung des Einbezugs des Eigeneinkommens des Kindes nicht geregelt sei, so nicht. Die Eigenleistung des Kindes wird sehr wohl angerechnet und ist in Art. 3 Bst. a und b des Gesetzes über Inkassohilfe und Vorschüsse für Unterhaltsbeiträge klar geregelt. Die st.gallische Bevorschussungspraxis liegt schweizweit gesehen im Durchschnitt. Es drängt sich also keine Änderung auf und schon gar keine, die durch die Herabsetzung der Bevorschussungsgrenze noch mehr Alleinerziehende von der Sozialhilfe abhängig machen würde.

Session des Kantonsrates vom 29. November bis 1. Dezember 2010
1.12.2010Wortmeldung

Regierungsrätin: Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Im Kanton St.Gallen ist die Familienpolitik immer wieder mal ein Thema, aber manchmal fragt man sich, wo sie denn sichtbar wird. Die Alimentenbevorschussung ist eine gute Möglichkeit, Familienpolitik bedarfsgerecht umzusetzen. Hier haben wir ein bedarfgerechtes Instrument, auf das wir stolz sein dürfen. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass unser Kanton – übrigens unter der Leitung der CVP-Fraktion – federführend war bei der Einführung dieser Alimentenbevorschussung. Aus Sicht der Regierung haben wir ein sehr gutes und differenziertes System. Nun ist es natürlich so, dass ein differenziertes System, bei dem in Verwaltungsabläufe und Inkassofragen investiert wird, einen grösseren Verwaltungsaufwand mit sich bringt. Ich denke aber auch, dass die Behörden durch stetes Optimieren die Probleme lösen können. Die Harmonisierung der verschiedenen Alimentenbevorschussungsinstrumente ist auch auf eidgenössischer Ebene ein Thema. Die Mobilität der Bevölkerung zeigt, dass es gut wäre, gewisse schweizerische Eckdaten zu definieren, gerade auch mit Blick auf das Ausland. In diesem Zusammenhang läuft bei der nationalrätlichen Gesundheitskommission ein Verfahren. Der Regierung ist es ein Anliegen, dass der Kanton St.Gallen nun nicht einen separaten Weg geht und etwas verschlechtert, das sich bis anhin in der Praxis bewährt hat. Zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Kindern und Lehrlingen möchte ich noch anfügen, dass diese schon aufgrund des heutigen Gesetzes geregelt ist. Es liegt an den zuständigen und verantwortlichen Mitarbeitern, den Sachverhalt sorgfältig abzuklären und wenn nötig das Gesetz auch durchzusetzen.

Session des Kantonsrates vom 29. November bis 1. Dezember 2010