Geschäft: Amtsberichte der kantonalen Gerichte über das Jahr 2009

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer32.10.02
TitelAmtsberichte der kantonalen Gerichte über das Jahr 2009
ArtKR Verwaltungsgeschäft
ThemaZivilrecht, Strafrecht, Rechtspflege
FederführungSicherheits- und Justizdepartement
Eröffnung21.4.2010
Abschluss7.6.2010
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
BotschaftBericht 2010 der Rechtspflegekommission vom 7. April 2010
AllgemeinBeratungsschema
BotschaftAmtsberichte der kantonalen Gerichte über das Jahr 2009
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
1.8.2019Gremium24.6.2024
Statements
DatumTypWortlautSession
7.6.2010Wortmeldung

Ratspräsident, stellt Kenntnisnahme über die Amtsberichte der kantonalen Gerichte und über die Feststellungen der Rechtspflegekommission über das Jahr 2009 fest.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2010
7.6.2010Wortmeldung

Präsident der Rechtspflegekommission: Angesichts der Sachkenntnis der Vorsteherin des Sicherheits- und Justizdepartementes braucht es diesbezüglich keine weiteren Ergänzungen. Deshalb möchte ich mich auf die Diskussion innerhalb der Rechtspflegekommission konzentrieren. Diese hat sich in ihrer Diskussion über die Prüfungstätigkeit auch Gedanken gemacht, ob das Kreisgericht St.Gallen visitiert werden soll oder nicht. Es ist ganz klar, dass das Kreisgericht St.Gallen von der Justizreform sehr stark betroffen wurde. Es ist auch mit Abstand das grösste Gericht. Auf die räumlichen Probleme, die wirklich einer Lösung bedürfen, bin ich bereits eingegangen. Die Rechtspflegekommission war aber der Ansicht, dass eine Visitation des Kreisgerichts St.Gallen ein bisschen früh sei. Vorbehältlich des Beschlusses der Kommission wird sie nun im Rahmen ihrer diesjährigen Prüfungstätigkeit eine Visitation durchführen, um die Situation aus eigener Anschauung zu beurteilen.

Bezüglich des angesprochenen Lohnniveaus schliesse ich mich den Ausführungen der Vorsteherin des Sicherheits- und Justizdepartementes an. Da kommt neu die durch die Justizreform beschlossene selbständige Justizverwaltung zum Tragen. Dabei ist der Spielraum des Kantonsrates und insbesondere derjenige der Regierung kleiner geworden. Ich denke, dass diese Frage über einen etwas längeren Zeitraum beobachtet und im Auge behalten werden muss. Es geht dabei nicht unbedingt um Besitzstandswahrungen, sondern darum, ob mit den den Kreisrichterinnen und Kreisrichtern bezahlten Löhnen die hohe Arbeitsqualität aufrechterhalten werden kann.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2010
7.6.2010Wortmeldung

[Fortsetzung]

Aufgrund einer Änderung des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung, die seit 1. Juli 2006 angewendet wird, stiegen die Eingänge wieder sprunghaft an. Die Veränderungen in der Zusammensetzung und die steigende Zahl der Fälle zwangen das Versicherungsgericht erneut zu organisatorischen Anpassungen. Seit Mitte des Jahres 2007 sind zwei ausserordentliche Gerichtsschreiber, die über Aushilfskredite finanziert sind, im Einsatz. Auch damit und mit internen Massnahmen konnte aber ein weiterer Anstieg der Pendenzen nicht verhindert werden. Da nicht zu erwarten ist, dass die Eingänge in nächster Zeit deutlich zurückgehen werden, sind weitere Massnahmen aus Sicht des Gerichts unumgänglich.

Nach der Organisation der Verwaltungsjustiz im Jahr 1965 gilt das Versicherungsgericht als unteres, erstinstanzliches Gericht, obwohl in 98 Prozent seiner Fälle das Bundesgericht einzige Rechtsmittelinstanz ist. In den anderen Kantonen ist das Versicherungsgericht entweder Teil des Verwaltungs- oder Obergerichtes oder aber ein selbständiges Gericht auf dieser oberen Stufe. Nur noch rund zwei Prozent der Fälle, die beurteilt werden, können ans Verwaltungsgericht weitergezogen werden. Aus Sicht des Versicherungsgerichts macht die aufsichtsrechtliche Unterstellung unter das Verwaltungsgericht unter diesen Umständen kaum mehr Sinn. Die Frage der Stellung des Versicherungsgerichts wird aus Sicht der Rechtspflegekommission im Rahmen der Überprüfung der Verwaltungsjustiz aufgrund der Motion 42.10.01 «Neugestaltung der Verwaltungsjustiz» grundsätzlich zu beurteilen sein. Die Subkommission gewann an ihrer Visitation einen positiven Eindruck eines effizient geführten Gerichts mit qualitativ hohen Leistungen. Ein gutes Betriebsklima trägt zur spürbaren Kollegialität bei. Besonders zu erwähnen ist die abteilungsübergreifende Rotation, die eine Vertiefung der Kenntnisse in allen Gebieten des Sozialversicherungsrechts und eine konsistente Praxis des Versicherungsgerichts gewährleistet.

Die Subkommission «Richterwahlen der Rechtspflegekommission» bereitete die Ersatzwahl je eines Mitglieds des Handelsgerichtes, der Verwaltungsrekurskommission und des Kantonsgerichtes vor. Sie führte dazu mit 13 Kandidierenden ein Hearing durch. Mit der Justizreform wurde bekanntlich die Wahlkompetenz des Kantonsrates ausgeweitet. Aktuell erstreckt sich diese auf alle Mitglieder des Kantonsgerichts, des Handelsgerichts, der Anklagekammer, des Verwaltungsgerichts, des Versicherungsgerichts und der Verwaltungsrekurskommission. Neu sind insbesondere auch die Fachrichterinnen und -richter der Verwaltungsrekurskommission und des Versicherungsgerichts durch den Kantonsrat zu wählen, was bisher in die Zuständigkeit der Regierung fiel. Bis anhin wurden Kandidaturen bekanntlich ausschliesslich von den Fraktionen gemeldet. Es hat sich gezeigt, dass dies bei der Wahl von Fachrichterinnen und -richtern der Verwaltungsrekurskommission und des Versicherungsgerichts zu Problemen führen kann, da diese nicht aufgrund ihrer Parteizugehörigkeit, sondern in erster Linie aufgrund fachlicher Kriterien bestimmt werden und häufig gar keiner Partei angehören. Die Rechtspflegekommission hat entschieden, dass auch Kandidaturen von Fachverbänden zugelassen werden sollen, damit die erforderliche Sachkenntnis in diesen Gerichten weiterhin gewährleistet werden kann. Diese Frage stellt sich insbesondere im Hinblick auf die Gesamterneuerungswahlen der kantonalen Gerichte im Jahr 2011. Die Rechtspflegekommission wird dem Rat eine entsprechende Anpassung des Geschäftsreglements beantragen.

So viel zu den Schwerpunkten der Prüfungstätigkeit der Rechtspflegekommission. Abschliessend weise ich darauf hin, dass die Amtsberichte der kantonalen Gerichte und der Bericht der Rechtspflegekommission Berichte im Sinn von Art. 106 GeschKR sind. Der Kantonsrat nimmt von den Berichten von Reglementes wegen Kenntnis. Eines besonderen Antrages der Rechtspflegekommission, von ihren Berichten Kenntnis zu nehmen, bedarf es deshalb nicht.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2010
7.6.2010Wortmeldung

Präsident der Rechtspflegekommission: Die Rechtspflegekommission nimmt bekanntlich für den Kantonsrat die Oberaufsicht über die Justizbehörden wahr. Im Rahmen der ordentlichen Prüfungstätigkeit stellt sie fest, wie die Amtsführung von Gerichten, Strafuntersuchungs- und Strafvollzugsorganen sowie Organen der Geldvollstreckung verläuft und ob sie entsprechend den gesetzlichen Anforderungen ausgeübt wird. Geschäftsgang, Personelles, Organisation und Infrastruktur werden untersucht und bewertet, um allenfalls Empfehlungen für Verbesserungen auszusprechen. Der Grundsatz der Gewaltenteilung setzt der Kontrolle der Rechtspflegekommission aber enge Grenzen. So liegt es nicht in ihrem Kompetenzbereich, Urteile auf ihre Richtigkeit zu prüfen oder Gerichten Weisungen über die Aufhebung oder die Abänderung von Entscheiden zu erteilen. Aufgrund dieser Einschränkung sieht sich die Rechtspflegekommission oft gezwungen, Beschwerden Privater mit einem Nichteintretensentscheid zu erledigen, was nicht immer Verständnis auslöst. Die Rechtspflegekommission führte im Jahr 2009 im Rahmen ihrer ordentlichen Prüfungstätigkeit Visitationen bei den Kreisgerichten Wil und Rorschach, dem Untersuchungsamt Uznach sowie beim Versicherungsgericht durch. Sie nahm ferner Kenntnis vom Bericht der kantonalen Gerichte über das Jahr 2009. Ich orientiere über einige Schwerpunkte unserer Prüfungstätigkeit, die sich traditionellerweise nicht an das Beratungsschema hält, wofür ich um Verständnis bitte. Bei ihrer Tätigkeit wurde sie wiederum in grösserem Umfang durch den parlamentarischen Kommissionsdienst unterstützt. Aus meiner Sicht ist diese Unterstützung wertvoll und hat die Kommissionsmitglieder bei ihrer Arbeit entlastet.

Die Umsetzung der Justizreform – gemeint sind damit der IV. Nachtrag zum Gerichtsgesetz und der VII. Nachtrag zum Kantonsratsbeschluss über die Zahl der Richter – hat die Rechtspflegekommission bereits im letzten Jahr beschäftigt. Schwerpunkt der Prüfungstätigkeit bildete damals die Projektabwicklung (Vorbereitung, Wahlen, Anschlussgesetzgebung usw.). Im laufenden Berichtsjahr standen die Auswirkungen auf den Betrieb auf Stufe Kreisgericht im Vordergrund. Die Subkommission 1 der Rechtspflegekommission visitierte die Kreisgerichte Wil und Rorschach. Sie wählte damit je ein Kreisgericht aus, das von weitreichenden bzw. geringen geografischen und organisatorischen Umstrukturierungen betroffen war. Das Kreisgericht Wil ist mit einem neuen Standort und neuen örtlichen Zuständigkeiten konfrontiert. Personen und Funktionen am Kreisgericht Wil wurden mit der Justizreform ganz neu zusammengestellt. Das Kreisgericht hatte von zwei Seiten Fälle zu übernehmen: Von den 283 Fällen des bisherigen Kreisgerichtes Alttoggenburg und Wil kamen 223 zum neuen Kreisgericht Wil, von den 356 Fällen des bisherigen Kreisgerichtes Untertoggenburg und Gossau waren es 235. Im Oktober 2008 war vom kantonalen Untersuchungsamt zudem ein ausserordentlich grosser Straffall überwiesen worden. Für diesen Fall wurde die befristete Anstellung eines Gerichtsschreibers, einer Auditorin und einer Richterin mit einem Pensum von insgesamt 240 Stellenprozenten bewilligt. Aus Sicht des Kreisgerichts ist für die Bewältigung der laufenden Geschäfte indessen eine moderate Stellenerhöhung sowohl für das Gerichts- als auch das Verwaltungspersonal erforderlich. Die örtliche Zuständigkeit des Kreisgerichtes Rorschach erfuhr nur eine kleine Änderung. Die Gemeinde Thal kam vom Kreisgericht Rheintal dazu, die Gemeinde Eggersriet ging an St.Gallen. Diese geringfügige Verschiebung der Kreisgrenze fällt zahlenmässig jedoch stark ins Gewicht, macht die Gemeinde Thal doch neu über 15 Prozent der gesamten Fälle aus.

Bei beiden Gerichten kamen die generellen, mit der Justizreform verbundenen Veränderungen zum Tragen. Einerseits ist dies die Straffung der internen Organisation der Kreisgerichte, anderseits sind die Kreisgerichte neu für die Wahl der Vermittlerinnen und Vermittler sowie die Wahl der Schlichtungsstellen für Arbeitsverhältnisse und deren Aufsicht zuständig. Beide Kreisgerichte beurteilen die Justizreform im Sinn der Projektabwicklung grundsätzlich positiv. Nachdem die Umstrukturierung erfolgt war, funktionierte das Tagesgeschäft innert weniger Wochen wieder normal. Die tatsächlichen Auswirkungen lassen sich nach einem halben Jahr aber noch kaum beurteilen. Mit der Schweizerischen Zivilprozessordnung und der Schweizerischen Strafprozessordnung stehen die nächsten Veränderungen an. In diesem Zusammenhang werden nicht nur formelle Herausforderungen zu meistern sein, sondern auch zusätzliche Aufgaben auf die Kreisgerichte zukommen. Dies gilt im Zivilrecht mit den neuen Protokollierungsgrundsätzen, im Strafrecht mit der stärkeren Betonung des Unmittelbarkeitsprinzips. Als Fazit kann festgehalten werden, dass die Subkommission an ihrer Visitation einen positiven Eindruck über die Vorbereitung und Umsetzung der Justizreform gewann und keinen aktuellen zusätzlichen Handlungsbedarf erkennt. Die personellen Ressourcen der einzelnen Kreisgerichte werden nach einiger Erfahrungszeit zu beurteilen sein. Dafür genügt die statistische Grundlage nach einem halben Jahr nicht. Die Verteilung von Aufgaben und Finanzierung zwischen dem Kanton und Gemeinden sowie der Justiz ist noch nicht ganz abgeschlossen.

Dass die mit der Justizreform verbundenen Neuerungen auch die davon betroffenen Teile der Justiz weiterhin stark beschäftigen, ist daran ersichtlich, dass sich ein Abschnitt der Amtsberichte der kantonalen Gerichte auch dieses Jahr wieder mit diesem Thema beschäftigt. Eingegangen wird dabei insbesondere auch auf die räumliche Situation des Kreisgerichts St.Gallen. Durch die Aufhebung des Gerichtskreises Untertoggenburg-Gossau wurde ein Teil dieses Personals dem Kreisgericht St.Gallen zugeteilt. Es bestand immer die Auffassung, dass durch die Vergrösserung des Kreisgerichtes St.Gallen auch dessen räumliche Kapazitäten entsprechend angepasst werden müssen. Das Kreisgericht verfügt heute über zwei Standorte. Es ist grundsätzlich unbestritten, dass diese Situation auf die Dauer nicht befriedigen kann.

Die Subkommission 2 der Rechtspflegekommission visitierte das Untersuchungsamt Uznach einschliesslich der Jugendanwaltschaft und die Zweigstelle Flums mit dem Untersuchungsgefängnis. Im Jahr 2010 verfügt das Untersuchungsamt Uznach über rund 38 Planstellen, verteilt auf zurzeit 45 Personen. Das Untersuchungsamt Uznach ist zuständig für die ehemaligen Bezirke Sargans, Gaster, See, Obertoggenburg und Neutoggenburg, was rund einem Viertel der Bevölkerung und ziemlich genau der Hälfte der Fläche des Kantons St.Gallen entspricht. Der grosse Wirkungskreis und die Dezentralisierung machen die Arbeit grundsätzlich attraktiv, in gewissen Bereichen aber auch sehr aufwendig, beispielsweise beim Pikettdienst oder der Archivierung. Aufgrund der bundesrechtlichen Vorgaben zum Strafverfahren in der eidgenössischen Strafprozessordnung (StPO) zeichnet sich auch bei der Kantonspolizei, der Staatsanwaltschaft und den Kreisgerichten insgesamt eine höhere Belastung ab. Die Staatsanwaltschaft geht für das Jahr 2011 u.a. von einem zusätzlichen Bedarf von zwei Staatsanwältinnen oder Staatsanwälten (bisherige Untersuchungsrichterinnen oder Untersuchungsrichter) und vier Sachbearbeiterinnen oder Sachbearbeitern mit staatsanwaltlichen bzw. jugendanwaltlichen Befugnissen aus. Die Zusammenarbeit zwischen der Staatsanwaltschaft und der Polizei funktioniert gut. Die Arbeitsteilung wird mit der eidgenössischen StPO endgültig geklärt. Die Staatsanwaltschaft ist «Herr des Verfahrens»; gegenüber der Polizei obliegt dem Untersuchungsrichter die Federführung. Er weist die Polizei an, Ermittlungen aufzunehmen, welche diese meist in eigener Regie tätigt. In bedeutsamen und rechtlich schwierigen Strafsachen ist die Untersuchungsrichterin oder der Untersuchungsrichter nicht nur Ansprechperson, sondern führt den Fall selber. Die Subkommission gewann an ihrer Visitation einen positiven Eindruck eines effizient geführten Amtes. Trotz erschwerten organisatorischen Bedingungen arbeiten die Mitarbeitenden kollegial zusammen und erbringen überdurchschnittliche Leistungen. Diese Tatsachen scheinen zu einem grossen Teil auf die ausgeprägten Fach- und Führungskompetenzen sowie die hohen Ansprüche des Amtsleiters zurückzuführen zu sein. Das Untersuchungsamt leistet in verschiedener Hinsicht einen massgeblichen Beitrag zu dem im interkantonalen Vergleich ausgezeichneten Ruf der St.Galler Staatsanwaltschaft.

Die Subkommission 3 der Rechtspflegekommission visitierte auch das Versicherungsgericht in St.Gallen. Das kantonale Versicherungsgericht behandelt als einzige kantonale Instanz Rekurse und öffentlich-rechtliche Klagen gegen Verfügungen oder Einspracheentscheide im Bereich des Sozialversicherungsrechts des Bundes. Zudem ist es zuständig für erstinstanzliche Rekurse gegen Verfügungen in verschiedenen Bereichen des kantonalen Verwaltungs- und Sozialversicherungsrechts. Im Jahr 2009 wies das Versicherungsgericht insgesamt 19 Planstellen, verteilt auf 25 Personen, auf.

Seit dem 1. Januar 2003 kommt das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) zur Anwendung. Dieses sah ursprünglich ein Einspracheverfahren für alle Sozialversicherungsbereiche vor. Diese Neuerung führte zu einem Rückgang der Eingänge beim Versicherungsgericht um über 50 Prozent. Auf den Beginn der Amtsdauer 2005/2011 wurde das Gericht daher professionalisiert und die Zahl der nebenamtlichen Richterinnen und Richter auf drei Personen mit einem Pensum von wenigstens 40 Prozent herabgesetzt. Damit ergab sich auch die Möglichkeit, den Spruchkörper auf eine Dreierbesetzung zu verkleinern. Mit dieser Reorganisation konnte jährlich nahezu eine halbe Million Franken eingespart werden. Damit steuerte das Versicherungsgericht rund die Hälfte der Einsparung von einer Million Franken bei, die der Kantonsrat im Rahmen des Massnahmenpakets 2004 als Rationalisierungsmassnahmen bei der Justiz gefordert hatte.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2010
7.6.2010Wortmeldung

Ratspräsident: Das Präsidium sieht keine Eintretensdebatte vor.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2010
7.6.2010Wortmeldung

Zu Ziff 3.1.5 des Berichts der Rechtspflegekommission: Ich habe einige kurze Anmerkungen zur Justizreform. Die Rechtspflegekommission hat ja die visitierten Kreisgerichte auch bezüglich Erfahrungen bei der Umsetzung der Justizreform befragt und dann festgestellt, dass diese nicht schlecht verlief. Die Formulierungen sind aber etwas schwammig. Es wird berichtet: «Die Monate vor dem 1. Juni 2009 waren geprägt von zahlreichen - teilweise zeitraubenden - Vorbereitungsarbeiten. Den Umsetzungsarbeiten war nur mit einer offenen oder rollenden Planung beizukommen, da Aufgaben und Zuständigkeiten in der neuen Organisation laufend ergänzt werden mussten. Die entsprechenden Vorgaben oder Aufträge kamen manchmal spät und mussten dann innert kürzester Zeit umgesetzt werden.» So ganz ohne Probleme scheint also diese Umsetzung an den Kreisgerichten Rorschach und Wil nicht vonstatten gegangen zu sein. Bei meinen persönlichen Kontakten, v.a. mit dem Kreisgericht St.Gallen, zeigt sich immer deutlicher, dass die ganze Übung einiges an Verletzungen hinterlassen hat. Das Kreisgericht St.Gallen hatte natürlich die grösste Reorganisationsaufgabe. Ich habe zunehmend den Eindruck, dass das Kreisgericht St.Gallen, auch wenn es vom Kantonsgericht unterstützt wurde, bei der Umsetzung massiv überfordert war, weil einem Kreisgerichtspräsidenten, auch wenn er noch so erfahren ist, natürlich jegliches Know-how über Organisation und Organisationsentwicklung fehlt. Meines Erachtens wäre es, mindestens rückblickend, notwendig gewesen, diese riesige Reorganisationsübung mit externen Fachleuten zu begleiten. Da hätte einiges an Schaden, der durch die fehlende Begleitung entstanden ist, vermieden werden können. Ich bin der Meinung, dass künftig bei derartigen Reorganisationen auch die notwendige externe Unterstützung bereitgestellt werden müsste.

So weit meine Anmerkung eins zur Umsetzung der Justizreform. Dann habe ich eine Anmerkung zwei und eine Frage an das zuständige Departement bzw. den Präsidenten der Rechtspflegekommission. Diese Justizreform hat ein Anliegen des Kantonsrates quasi auf dem kalten Wege in wesentlichen Teilen rückläufig gemacht. Dieser Rat hat vor einigen Jahren beschlossen, die Löhne der Kantonsrichterinnen und Kantonsrichter sowie Kreisrichterinnen und Kreisrichter anzugleichen. Diese Angleichung hat in der Folge stattgefunden, ist aber nun durch das Verschwinden vieler Gerichtspräsidentenstellen faktisch wieder weitgehend abgeschafft worden. Jetzt besteht wieder für viele Justizmitarbeitende ein grosses Gefälle zwischen den Löhnen am Kantonsgericht und den Kreisgerichten. Teilweise ist es Zufall, ob jemand beim Kantonsgericht in eine Tätigkeit einsteigt oder bei einem Kreisgericht. Die Arbeit ist jedenfalls vergleichbar, und es ist deshalb nicht so recht nachvollziehbar, weshalb die gleiche Arbeit mit einem Faktor von 100, je nachdem, ob jemand am Kantonsgericht oder am Kreisgericht einsteigt, entschädigt wird. Ich frage den Präsidenten der Rechtspflegekommission, aber auch die Vorsteherin des Sicherheits- und Justizdepartementes an, ob dieses politisch brisante Thema irgendwann wieder einmal aufgenommen wird oder ob man darauf verzichten will. Wenn es nicht aufgenommen werden sollte, dann wäre dies vielleicht besser schon vor einem halben Jahr geschehen, nämlich bevor die Nachwahlen ins Kantonsgericht stattgefunden haben. Jetzt stehen wir vor einer fast vollständigen Neubesetzung des Kantonsgerichtes. Derartige Entscheide sind immer schwierig, und der Zeitpunkt ist immer falsch. Nach meiner Einschätzung wird das Problem nur gelöst werden können, wenn die Löhne am Kantonsgericht nicht von vornherein auf der jetzigen Maximalstufe angesetzt sind, sondern dass es auch dort ein Stufensystem gibt. Ich bin mir bewusst, dass diese Idee mit dem Magistratenstatus der Kantonsrichterinnen und Kantonsrichter wahrscheinlich nicht ganz einfach zu vereinbaren ist. Ich sehe auch ein, dass es für das Departement nicht ganz einfach ist, an diesen Grundfesten zu rütteln. Doch wenn Probleme erkannt werden, so müssen sie irgendwann gelöst werden, bevor eine Motion notwendig wird.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2010