Geschäft: Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für Sozialinspektorate

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer42.09.13
TitelSchaffung einer gesetzlichen Grundlage für Sozialinspektorate
ArtKR Motion
ThemaGesundheitspflege, Sozialversicherung, Sozialhilfe
FederführungDepartement des Innern
Eröffnung20.4.2009
Abschluss3.6.2013
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
AntragAntrag CVP-Fraktion vom 21. September 2009
VorstossGeänderter Wortlaut vom 21. September 2009
AntragAntrag der Regierung vom 18. August 2009
VorstossWortlaut vom 20. April 2009
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
1.8.2019Gremium19.1.2023
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
21.9.2009Gutheissung mit geändertem Wortlaut gemäss Antrag der CVP-Fraktion84Zustimmung28Ablehnung8
21.9.2009Eintreten81Zustimmung31Ablehnung8
Statements
DatumTypWortlautSession
21.9.2009Wortmeldung

beantragt im Namen der CVP-Fraktion Gutheissung mit folgendem Wortlaut: «Die Regierung wird eingeladen, dem Kantonsrat eine Anpassung des Sozialhilfegesetzes vorzulegen, welche unter Wahrung der bestehenden Zuständigkeiten ausdrückliche und genügend bestimmte Rechtsgrundlagen für den Einsatz von Sozialinspektoren enthält. Sie berücksichtigt dabei die neusten Entwicklungen in der Rechtsprechung.»

Uns geht es darum, dass man klar Sozialinspektoren ermöglicht, weil es einfach Fälle gibt, und hier bin ich nicht der selben Meinung wie Gysi-Wil und Regierungsrätin Hilber, wo zusätzliche Abklärungen erforderlich sind, welche durch das gesetzliche Instrumentarium nicht abgedeckt sind. Es ist auch so, dass solche Abklärungen, entgegen der Auffassung von Regierungsrätin Hilber, gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichtes einer genügenden gesetzlichen Grundlage bedürfen. Solche Abklärungen, Tinner-Wartau, wurden bis jetzt nur deshalb problemlos durchgeführt, sofern sie durchgeführt wurden, weil offenbar die Betroffenen nicht von einem scharfen Rechtsanwalt vertreten waren und deshalb die entsprechende Praxis durchging. Wären sie z.B. von Bürgi-St.Gallen vertreten gewesen, hätte es auf jeden Fall sehr viel Ärger gegeben, das kann ich Ihnen garantieren. Ich meine, wir müssen deshalb solchen Situationen vorbeugen, und es gibt entsprechende Gerichtsurteile, gerade ist vor dem Verwaltungsgericht des Kantons St.Gallen ein Urteil in einem nicht ganz vergleichbaren Fall ergangen, wo jemand eben mit unentgeltlicher Rechtsbeihilfe sich auch gegen solche staatlichen Massnahmen durchgesetzt hat. Wir müssen hier die nötigen Grundlagen schaffen. Die CVP-Fraktion ist der Ansicht, dass man so zum einen abschreckend wirken kann und zum andern im konkreten Fall Missbräuche aufdecken kann.

Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009
21.9.2009Wortmeldung

(im Namen der CVP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten.

Ich begründe dies wie folgt: Sozialwerke, Unterstützung sozial Schwacher, die Hilfe an Leute, die in Not sind, ist eine sehr wichtige, grundlegende Aufgabe eines modernen Staates. Es ist aber ebenso sehr Faktum, dass dort, wo ein Honigtopf ist, nicht nur Bienen sind, sondern dass dort allerlei von Leuten sind, die davon naschen möchten, obwohl sie keinen Anspruch darauf haben. Das gibt es auch im Sozialbereich unbestrittenermassen. Solche Missbräuche sind zu bekämpfen. Es stellt sich nun die Frage, ob das Instrumentarium, welches das Gesetz im Bereich der Sozialhilfe zur Verfügung stellt, genügend ist, um Missbräuche zu bekämpfen oder nicht. Wenn wir in das st.gallische Sozialhilfegesetz hineinschauen, so lesen wir in Art. 16: «Wer um finanzielle Sozialhilfe ersucht, erteilt wahrheitsgetreu und vollständig Auskunft, ermächtigt Amtsstellen und Dritte, Auskünfte zu erteilen». Dazu kommen noch die Beweismittel, welche das Verwaltungsrechtspflegegesetz zur Verfügung stellt. Hingegen ist es nicht gestattet, weder nach dem Verwaltungsrechtspflegegesetz noch nach dem Sozialhilfegesetz, unangemeldete, verdeckte Ermittlungen anzustellen. Zur Frage, ob jemand missbräuchlich Sozialhilfe bezieht: Die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen fehlen. Das Bundesgericht hat mit Bezug auf die Sozialinstitutionen des Bundes, insbesondere die Suva, ganz klar ausgeführt, dass für solche zusätzlichen Abklärungen eine gesetzliche Ermächtigung erforderlich ist, und eine solche gesetzliche Ermächtigung, welche genügend bestimmt ist, gibt es im Kanton St.Gallen bis anhin nicht.

Die CVP-Fraktion ist der Auffassung, dass:

  1. um Missbräuche zu verhindern, Leute, die Missbrauch betreiben wollen, abgeschreckt werden;

  2. um Missbräuche aufzudecken, solche gesetzlichen Bestimmungen erforderlich sind, und zwar in einem genügenden Bestimmtheitsgrad.

Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009
21.9.2009Wortmeldung

(im Namen der FDP-Fraktion): Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Dieses Thema ist nun schon sehr alt. Dieses Anliegen haben wir mindestens schon zwei Mal, wenn nicht zum dritten Mal, in diesem Rat behandelt. Ich bin überzeugt, und hier spreche ich sowohl im Namen der FDP-Fraktion sowie auch im Namen der St.Galler Gemeinden, es hat sich noch keine Änderung in den Erkenntnissen ergeben, und deshalb bitte ich Sie, ebenfalls für Nichteintreten zu stimmen. Ich bin auch überzeugt, und auch ein bisschen verunsichert, obwohl ich den Vorschlag der CVP-Fraktion vor mir habe, ob das wirklich zielführend ist. Bis anhin haben die Gemeinden die Domäne der Sozialhilfe als ihr eigenes Kerngeschäft betrachtet, das wollen wir auch weiterhin tun, und ich bin auch überzeugt, dass wir mit den bestehenden rechtlichen Grundlagen entsprechende Massnahmen zum Missbrauch im Bereich des Sozialhilfewesens haben. Wenn man von Missbräuchen spricht, müssen wir nicht glauben, dass es hier alleinseligmachend ist, nur mit Sozialinspektoren zu arbeiten, sondern ich bin überzeugt, dass genau der Kontakt, den die Gemeinden zu den betroffenen Personen tagtäglich haben oder über Arbeits- und Einsatzprogramme führen, ebenso zielführend sein kann. Ich bin auch überzeugt, dass wir hier nicht eine Schwarz-Weiss-Politik betreiben müssen, und ich kann auch der SVP-Fraktion versichern, dass ich der Letzte bin, der sich gegen Bereicherung oder gegen ungerechtfertigte Bezüge im Sozialhilfebereich stellen würde; auch wir als Gemeinde führen entsprechende soziale Kontrollen durch.

Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009
21.9.2009Wortmeldung

(im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten.

Uns ist bewusst, dass die Gemeinden schon einen gewissen Spielraum haben, trotzdem sind wir der Überzeugung, dass wir mit unserer Motion die gesetzlichen Unklarheiten klar und besser definieren können.

Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009
21.9.2009Wortmeldung

(im Namen der SP-Fraktion): Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Unseres Erachtens ist es nicht notwendig, eine kantonale gesetzliche Grundlage zu schaffen, denn die Gemeinden sind bereits heute frei zu handeln. Ich weiss, wovon ich rede, da ich selber Sozialvorsteherin in einer Gemeinde bin. Die Gemeinden können handeln, wenn sie Verdachtsmomente haben. Ich denke, das Wichtigste gegen Sozialhilfemissbrauch ist noch immer genügend und gut ausgebildetes Personal, das die Sozialhilfebezügerinnen und -bezüger regelmässig sieht, und dass sie die Leute auch zu verschiedenen Zeiten aufbieten können. Damit machen wir selber sehr gute Erfahrungen. Es braucht also keine weitere gesetzliche Grundlage, weil wir in den Gemeinden den Spielraum haben, bereits heute zu handeln. Ich bin auch der Überzeugung, dass eine gesetzliche Grundlage den Sozialhilfemissbrauch grundsätzlich nicht verhindert. Wir können schon heute handeln, wir können Leute auch zu Hause aufsuchen, wenn wir das wollen, wir brauchen dazu nicht ein neues Gesetz. Das suggeriert, etwas gegen den sogenannten Sozialhilfemissbrauch zu tun. Ich denke, wer wirklich etwas tut, der hat gut ausgebildete Mitarbeitende, der sieht die Leute regelmässig, und noch viel besser wäre eben auch, genügend Arbeitsplätze zu haben. Viele Gemeinden haben ein System, bei dem Leute, die in die Sozialhilfe kommen, zu Arbeitseinsätzen aufgeboten werden. Ich denke, das ist wesentlich sinnvoller als eine gesetzliche Grundlage.

Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009
21.9.2009Wortmeldung

(im Namen der SVP-Fraktion): Der Umwandlung mit geändertem Wortlaut gemäss Antrag der CVP-Fraktion ist zuzustimmen.

Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009
21.9.2009Wortmeldung

Ratsvizepräsident: Die Regierung beantragt Nichteintreten.

Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009
21.9.2009Wortmeldung

Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Wir haben unsere Argumente dargelegt, aber das Wichtigste ist, und da sind wir uns bestimmt einig, Missbrauch ist in jedem Bereich schlecht, ob er auf der Strasse oder im Umgang mit Geld stattfindet, wie auch immer - Missbrauch ist schlecht. Die Gemeinden haben aber jetzt eine gute Grundlage, es zeigt, dass es Gemeinden gibt im Kanton St.Gallen, die bereits mit Sozialinspektoren arbeiten. Wir haben im jetzigen Gesetz auch die Mitwirkungspflicht der betroffenen Menschen, aber das Wichtigste ist schon, dass Sozialhilfe nur auf Zeit erfolgen soll, und das bringt die Gemeinden natürlich dazu, dass sie diese Leute möglichst nahe begleiten, weil sie dies auch selbst bezahlen müssen. Ich denke, der Anreiz ist gross, dass durch eine intensive Begleitung auch die Lebensumstände immer wieder kontrolliert werden, und dass die Gemeinden, weil sie das alles selbst bezahlen müssen, auch das grösste Interesse daran haben, dass das möglichst für eine kurze Dauer ist und dass das möglichst kostengünstig ausfällt. Das kann man nur machen, wenn man eine Lebenssituation sehr genau kennt. Von daher bitte ich Sie, auf diese Motion nicht einzutreten. Gemäss Ritter-Altstätten fehlen uns die Instrumente, überhaupt zu observieren, so habe ich Sie zumindest verstanden. Dann müsste man dies vermutlich auch in anderen Bereichen machen, also genereller Art, und da frage ich mich schon, ob da die Sozialhilfe wirklich die richtige Stelle ist.

Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009