Geschäft: Regierungsprogramm 2009-2013

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer28.09.03
TitelRegierungsprogramm 2009-2013
ArtKR Verwaltungsgeschäft
ThemaAllgemein
FederführungStaatskanzlei
Eröffnung26.3.2009
Abschluss22.9.2009
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
BeilageUmfeldmonitoring 2008
BeilageSWOT-Analyse 2008
BotschaftRegierungsprogramm 2009-2013
MitgliederlisteKommissionsbestellung vom 2. Juni 2009
BeilageAnalyse der Staatstätigkeit 2008
MitgliederlisteAktuelle Mitgliederliste
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
1.8.2019Gremium19.1.2023
Statements
DatumTypWortlautSession
22.9.2009Wortmeldung

Auf die Vorlage ist nicht einzutreten.

Im Vorwort des Regierungsprogrammes hält die Regierung fest, dass mit den aufgeführten Schwerpunkten den zukünftigen Herausforderungen begegnet werden soll. Weiter heisst es, dass die formulierten Ziele besser mit den mittelfristigen Massnahmen und den finanziellen Auswirkungen verknüpft werden könnten. Das Programm wurde in vier Themenbereiche mit insgesamt zehn Zielen aufgeteilt. Die Ziele sind sehr allgemein gehalten und könnten wohl für jeden Kanton oder jede Gemeinde gültig sein. Dies ist an sich kein Problem, solange die Massnahmen, welche die Regierung zur Zielerreichung vorsieht, sinnvoll sind.

Die Lektüre löste dann aber nur ungläubiges Staunen und Kopfschütteln aus. Die für die Zielerreichung definierten Massnahmen gehen grösstenteils in die falsche Richtung. So werden von der Regierung Massnahmen aufgezählt, die nun wirklich nicht als ernsthaft prioritär angesehen werden können. Solche Massnahmen, die mit den Zielen wenig bis gar nichts zu tun haben, ziehen sich durch das ganze Programm. So sollen die Kulturinfrastruktur ausgebaut, der Kanton zentralistischer organisiert und Geld auf breiter Basis verteilt werden. Familien sollen durch die Erhöhung von Zulagen und die Einführung von neuen, bedarfsabhängigen Leistungen unterstützt, anstatt finanziell, d.h. steuerlich, entlastet werden. Dass Ausländer für eine erfolgreiche Integration die deutsche Sprache beherrschen bzw. erlernen müssen, ist völlig klar; dass aber die Regierung mit Steuergeldern das Kursangebot flächendeckend auf den ganzen Kanton ausweiten will, ist völlig falsch. Es liegt in der Eigenverantwortung der lntegrationswilligen, einen Sprachkurs zu besuchen und die hiesige Sprache zu erlernen. Weiter soll für die Wirtschaft die Standortattraktivität des Kantons St.Gallen verbessert werden. Dieses Ziel verfolgt die SVP-Fraktion seit jeher. Um es zu erreichen, müsste aber eine weitere Steuerreduktion definiert werden. Eine diesbezügliche Massnahme fehlt jedoch im Regierungsprogramm gänzlich. Stattdessen beabsichtigt die Regierung, die Standortattraktivität unter anderem mit dem Ausbau der Kulturinfrastruktur zu erreichen, d.h. sie möchte mit Steuergeldern weitere fragwürdige und staatliche Kulturangebote im Kanton St.Gallen aufbauen. Statt die Wirtschaft zu stärken und die Eigenverantwortung der Bürger zu festigen, erwägt die Regierung, die Staatstätigkeit unverantwortlich stark auszubauen und damit die Staatskosten weiter anzuheizen. Das vorliegende Regierungsprogramm entspricht einer linksgeprägten Wunschliste von neuen und teuren staatlichen Leistungen. Es wird missbraucht, um linke Projekte zu verpacken und diese so zu forcieren. Dieses Regierungsprogramm muss als gescheitert betrachtet werden.

Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009
22.9.2009Wortmeldung

(im Namen der GRÜ-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten, und auf die Motion 42.09.31 «Regierungsprogramm ist Sache der Regierung - Notwendige Änderung des Staatsverwaltungsgesetzes» ist nicht einzutreten.

Die GRÜ-Fraktion schätzt es, sich in der politischen Diskussion in Zukunft auf die von der Regierung aufgeführten Ziele und Massnahmen beziehen zu können. Positiv bewertet sie den interdisziplinären und interdepartementalen Ansatz des Regierungsprogramms. Die Regierung präsentiert in ihrem ersten Programm 2009-2013 bewusst nur neue Ziele und Massnahmen, die zusätzlich zu den laufenden Aktivitäten in Angriff genommen werden sollen. Es ist vorstellbar, dass in einem zukünftigen Regierungsprogramm auch die bereits laufenden Massnahmen und Ziele aufgeführt werden.

Die GRÜ-Fraktion vermisst in der Vorlage aber auch ein paar wichtige Schwerpunkte, z.B. im Bereich der Gesundheit eine Strategie zur Spitalplanung, stehen doch in nächster Zeit millionenschwere Investitionen in der Spitalinfrastruktur an. Im Bereich der Energiepolitik fehlen konkrete Massnahmen zur Förderung des Energiesparens und zum Aufbau eines Energieberatungsdienstes. Dabei verweist die GRÜ-Fraktion auf die schon vor Jahren eingereichte Motion 42.04.33 (umgewandelt in Postulat 43.05.06) «Energieinstitut Kanton St.Gallen» nach Vorarlberger Vorbild. Im Bereich Familienförderung sollten die Massnahmen mutiger an die Hand genommen werden, und nicht nur diejenigen, die «einfach umzusetzen sind». In der Raumplanung befürchtet die GRÜ-Fraktion, dass bei «Aktiver Bodenpolitik» der Schutz des Agrarlandes und insbesondere der Fruchtfolgeflächen zu wenig beachtet wird. Sicher wird die Regierung die in der vorberatenden Kommission und im Kantonsrat geäusserte Meinung in der Regierungstätigkeit der nächsten Jahre berücksichtigen, ohne dass der Rat formell darüber beschliessen kann. Deshalb ist die von der vorberatenden Kommission vorgeschlagene Motion zum heutigen Zeitpunkt abzulehnen.

Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009
22.9.2009Wortmeldung

Die GRÜ-Fraktion beschränkt sich mit ein paar Feststellungen auf ihr wichtige Punkte und richtet folgende Empfehlungen an die Regierung:

  • Ziel 1 / Massnahme 3 «Aktive Bodenpolitik»: Der Schutz des Agrarlandes ist ihr ein grosses Anliegen. Dabei sind ihr die Fruchtfolgeflächen wichtig. Deshalb wünscht sie, dass dieser Punkt in die Materialien bzw. ins Protokoll kommt.

  • Ziel 2 / Massnahme 1: Im Bereich Familienförderung ist schwierig zu akzeptieren, dass Massnahmen nur umzusetzen seien, «falls sie einfach umzusetzen sind». Anliegen der GRÜ-Fraktion ist, dass die Regierung sich auch um komplexere Dinge kümmert.

  • Ziel 4 / Massnahme 1: Aus dem Umfeldmonitoring geht hervor, dass die Steuern im Kanton St.Gallen im Vergleich zu anderen Kantonen für juristische Personen zu tief, bei den natürlichen Personen hingegen jedoch überdurchschnittlich hoch sind. Bei weiteren Diskussionen um Steuersenkungen sollte es deshalb in erster Linie um die Entlastung von Familien gehen.

  • Ziel 7: Bei diesem Ziel fehlen andere Massnahmen, wie beispielsweise die «Beratung im Energiebereich». Die GRÜ-Fraktion hofft noch immer, dass es vielleicht zu einer Kooperation zwischen St.Gallen und Vorarlberg mit seinem sehr guten Energieinstitut kommt.

Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009
22.9.2009Wortmeldung

Entgegen der Meinung von Thoma-Andwil bin ich der Meinung, dass die Regierung mit dem Ziel 8 in die richtige Richtung geht. Mit den Massnahmen «Gesunder Start ins Leben», «Kinder im Gleichgewicht» und «Bündnis gegen Depression» ist das Wichtigste angesprochen, was Kinder und ihre Familien unterstützen hilft. Durch die Erweiterung der Mütter- und Väterberatung sollen auch Familien aus sozial benachteiligten Verhältnissen erreicht werden; die Bewegung fördert die Gesundheit, und das Ernstnehmen von Jugendlichen in Phasen von Depression und Unsicherheit packen das Problem mit der Gewalt an der Wurzel. Die Verhinderung von Jugendgewalt bedingt eine Politik der kleinen Schritte. Das stand gestern auch in einem Interview von Franz Schultheis, Professor an der Universität St.Gallen. Dafür werden eben die Schritte der Regierung zum Ziel 8 benötigt. Sie dienen der grundlegenden Gewaltprävention. Ich freue mich, dass die Regierung sich dieser Thematik so verantwortungsbewusst angenommen hat. Jeder in diese Massnahmen investierte Franken wird sich später um ein Vielfaches bezahlt machen und Kosten für repressive Massnahmen sparen helfen. Die Jugendlichen werden durch diese Massnahmen gestärkt.

Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009
22.9.2009Wortmeldung

Präsident der vorberatenden Kommission: Auf die Vorlage und die Motion 42.09.31 «Regierungsprogramm ist Sache der Regierung - Notwendige Änderung des Staatsverwaltungsgesetzes» ist einzutreten.

Obwohl das erste St.Galler Regierungsprogramm - gelinde gesagt - keine Begeisterungsstürme auslöste, beantragt die vorberatende Kommission grossmehrheitlich Eintreten auf das Geschäft und damit auch Kenntnisnahme. Die mehrfach zum Ausdruck gebrachte Unzufriedenheit ist im Wesentlichen auf zwei Gründe zurückzuführen. Erstens wurde die Zufälligkeit und damit die Unvollständigkeit der von der Regierung vorgelegten zehn Ziele kritisiert, was ebenso für die aufgezeigten Massnahmen galt. Zweitens war unbefriedigend, dass der Kantonsrat weder bei den Zielen Änderungen und Ergänzungen beschliessen noch der Regierung Aufträge erteilen kann. Dies veranlasste eine knappe Mehrheit der vorberatenden Kommission, mittels Motion für das zweite Regierungsprogramm Korrekturen zu beantragen.

Die vollständig versammelte vorberatende Kommission behandelte das Geschäft in Anwesenheit des Regierungspräsidenten und des Staatssekretärs. Es wurde festgestellt, dass es sich um eine Premiere für Regierung und Parlament handelt. Die Grundlagen finden sich in der Kantonsverfassung und im Staatsverwaltungsgesetz. Demgemäss behandelt der Kantonsrat nach Massgabe des Gesetzes den «Aufgaben- und Finanzplan» (Art. 65 der Kantonsverfassung), während die Regierung «zur Planung der Staatstätigkeit» (Art. 71 Abs.1 der Kantonsverfassung) verpflichtet ist. Diese verfassungsmässigen Aufgaben wurden im Jahr 2008 im IV. Nachtrag zum Staatsverwaltungsgesetz mit den neuen Führungsinstrumenten «Regierungsprogramm, Aufgaben- und Finanzplan sowie ein neugeregeltes Controlling» konkretisiert. Welche Kompetenzen sich der Kantonsrat bei den einzelnen Instrumenten geben soll und will, gab bereits im Jahr 2007 in der vorberatenden Kommission und im Parlament zu längeren Diskussionen Anlass. Der damaligen Berichterstattung zu Geschäft 22.07.20 ist zu entnehmen: «Insbesondere war umstritten, wem die neuen Instrumente in erster Linie dienen. Werden dadurch Regierung oder Parlament gestärkt? Oder dienen sie gleichermassen beiden Seiten? Bindet sich das Parlament zu fest? Welches ist die zweckmässige Behandlungsform? Kenntnisnahme, Genehmigung oder sogar Beschlussfassung durch den Kantonsrat?» (ProtKR 2004/2008, Nr. 519/1). Obwohl die geltende Kompetenzregelung im Jahr 2007 bzw. Frühjahr 2008 mit deutlichen Ergebnissen beschlossen wurde und der Kantonsrat beim Aufgaben- und Finanzplan mitgestalten kann, flammten bei der Behandlung des ersten Regierungsprogramms ähnliche Fragen erneut auf. Aber nicht nur Zuständigkeit und Inhalt gaben zu Diskussionen und kritischen Bemerkungen Anlass, bemängelt wurde von verschiedenen Seiten auch, dass Ziele zu kantonalen Schwergewichtsthemen - wie Gesundheit, Sicherheit und Schule - weitgehend fehlen, dafür aber untergeordnete Zielsetzungen aufgenommen wurden. Zwar wurde bei der Behandlung des IV. Nachtrags zum Staatsverwaltungsgesetz festgehalten, dass das Regierungsprogramm nicht alle bestehenden Planungen beinhalten soll, aber doch wesentliche. Nach Ansicht der vorberatenden Kommission ist es in jedem Fall inkonsequent, wenn beispielsweise einerseits im Bereich der von der Regierung geplanten Kulturinvestitionen einzelne Projekte mehrfach aufgeführt werden, obwohl sie bereits im Kulturbericht enthalten sind, andererseits das Gesundheitswesen, in dem allein bei den Spitalbauten Investitionen von mehr als 1 Mrd. Franken anstehen, die Zielsetzung auf das Wohlbefinden der Bevölkerung beschränkt wird.

Nachdem die vorberatende Kommission mit 10:4 Stimmen bei 1 Enthaltung auf die Vorlage eintrat, wurden die vier Themenblöcke A bis D behandelt und diskutiert. Dabei wurden aus Sicht der Parteien oder auch aus persönlicher Sicht Wertungen vorgenommen, aber auch auf Fehlendes und Unnötiges hingewiesen. Erwähnenswert ist die übereinstimmende Feststellung von verschiedenen Kommissionsmitgliedern und der Regierung, dass im Kanton St.Gallen keine vierte Staatsebene eingeführt werden soll, was vor allem von den Gemeindevertretern befürchtet worden war. Zudem wurde festgestellt, dass auch Ziele enthalten sind (so Ziel 1), die für eine realistische Umsetzung deutlich mehr als vier Jahre erfordern und somit als Langzeitziele bezeichnet werden können. Im Weiteren wurden vor allem die vorgeschlagenen Massnahmen kritisch hinterfragt oder sogar als untauglich bezeichnet. Auf weitere Äusserungen in der Spezialdiskussion kann an dieser Stelle verzichtet werden.

In der Folge wurde der mit knapper Mehrheit gutgeheissene Antrag gestellt, mittels Kommissionsmotion das Staatsverwaltungsgesetz so zu ändern, dass das Regierungsprogramm in Zukunft dem Kantonsrat nicht mehr zu unterbreiten sei und sich stärker auf strategische Schwerpunktziele konzentrieren soll; dies als Konsequenz, weil der Kantonsrat bei den Zielen keine Änderungen und Ergänzungen vornehmen kann. Dies gilt umso mehr, wenn das Parlament sogar auf das Regierungsprogramm eintreten muss. Gegenstimmen votierten im Wesentlichen dafür, dass sich der Kantonsrat vor einer allfälligen Änderung zunächst einmal mit dem Aufgaben- und Finanzplan befassen sollte.

Zusammenfassend ist nochmals darauf hinzuweisen, dass:

  • das Regierungsprogramm, einer rollenden Planung vergleichbar, immer auch Momentaufnahmen enthält und deshalb weder der Kantonsrat noch die Regierung selbst daran gebunden sind, gerade auch, weil nicht gleichzeitig über die notwendigen Kredite beschlossen wird;

  • das Regierungsprogramm durchaus zu einem Marketinginstrument für den Kanton St.Gallen entwickelt werden kann;

  • erst mit dem Aufgaben- und Finanzplan über die finanziellen Konsequenzen der verschiedenen Ziele und Schritte informiert und beschlossen wird.

Die vorberatende Kommission empfiehlt mit 10:3 Stimmen bei 2 Enthaltungen, auf das Regierungsprogramm 2009-2013 einzutreten, und beantragt mit 8:7 Stimmen Eintreten auf und Gutheissung der Kommissionsmotion 42.09.31 «Regierungsprogramm ist Sache der Regierung – Notwendige Änderung des Staatsverwaltungsgesetzes».

Wenn nach gestrigem Beschluss des Präsidiums Eintreten auf das Regierungsprogramm verpflichtend ist, dann drängen sich aus der Sicht der vorberatenden Kommission einige Bemerkungen auf. Damit soll aufgezeigt werden, dass es nicht nur unterschiedliche Gesetzesinterpretationen gibt, sondern dass vorgängig durchaus Überlegungen angebracht und Abklärungen getätigt wurden.

  1. Der Sprechende erkundigte sich schriftlich bei der Staatskanzlei über die Kompetenzen von Kommission und Rat betreffend Beschlussfassung. Er hielt in der Anfrage fest, dass nach seinem Verständnis Eintreten auf das Regierungsprogramm nicht verpflichtend sei. Vizestaatssekretär Georg Wanner beantwortete die Fragen, ohne die erwähnte Auslegung zum Eintreten in Frage zu stellen.

  2. Der Sprechende beantragte an der Kommissionssitzung, die Traktandenliste so abzuändern, dass vor der Detaildiskussion über Eintreten abzustimmen sei. Ohne Wortmeldungen oder Opposition seitens der Kommissionsmitglieder, des Regierungspräsidenten und des Staatssekretärs genehmigte die vorberatende Kommission die Präzisierung der Traktandenliste.

  3. In Botschaft und Entwurf der Regierung vom 23. Oktober 2007 zum Geschäft 22.07.20 «IV. Nachtrag zum Staatsverwaltungsgesetz» findet sich kein Hinweis darauf, dass Eintreten auf das Regierungsprogramm verpflichtend sei. Dies wurde in der vorberatenden Kommission oder im Parlament auch nicht thematisiert. Im Kommentar zum neuen Art. 16b findet sich einzig der Hinweis, dass der Kantonsrat Kenntnis nehmen könne, nicht jedoch selber Ziele streichen, ändern oder ergänzen dürfe. Gesetzesauslegungen sind übrigens nur notwendig, wenn etwas unklar ist.

Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009
22.9.2009Wortmeldung

(im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Vorlage ist nicht einzutreten, und auf die Motion 42.09.31 «Regierungsprogramm ist Sache der Regierung - Notwendige Änderung des Staatsverwaltungsgesetzes» ist einzutreten.

Die Ratsmitglieder halten zum ersten Mal ein Regierungsprogramm in den Händen. Es ist eine Art Premiere. Die Begeisterung der SVP-Fraktion hält sich in Grenzen, um nicht zu sagen, dass sie enttäuscht ist. Die Lieblosigkeit, mit der die Ziele festgelegt worden sind, ist offensichtlich. Es handelt sich um eine Aufzählung von allgemein formulierten Zielen, die zwar zum Teil begrüssenswert sind, in ihrer Gesamtheit aber eher aus einem Sammelsurium von irgendwelchen visionären Elementen besteht. Ein Beispiel, das meine Ausführung untermauern soll.

Ziel 1: Der Kanton St.Gallen positioniert sich als Wohn-, Arbeits- und Unternehmensstandort in der Spitzengruppe der Kantone. Das würde - gemäss einer kürzlich veröffentlichten Studie - innerhalb von vier bis fünf Jahren einen Sprung von einem der hinteren Plätze in die Spitzengruppe der Schweiz bedeuten. Ist ein solches Ziel innerhalb einer Amtsdauer realistischerweise zu erreichen oder ist hier lediglich der Wunsch dazu Vater des Gedankens? Wo sind zudem die Massnahmen bzw. Konsequenzen, die zu diesem hehren Ziel führen sollen? Als Vergleich soll ein nicht ganz an den Haaren herbeigezogenes Beispiel aus der Wirtschaft dienen: Wenn die oberste Führungsetage eines grösseren Unternehmens nach diversen Klausurtagungen und unter Beizug von Beratern z.B. die Marktleaderschaft als Ziel definiert, dann klopfen sich die Verantwortlichen auf die Schulter, die Aktionäre freuen sich, und auch die Mitarbeiter sind stolz. Bis dann der verantwortungsbewusste Verwaltungsrat nachfragt, wie denn dieses Ziel überhaupt erreicht werden soll, welche Massnahmen es dazu braucht und vor allem, welches die Konsequenzen sind. Eine solche Veränderung hat ihren Preis.

Zurück zum Bericht: Zahlreiche Massnahmen sind beliebiger Natur und haben nicht viel mit den gesteckten Zielen zu tun. Zugegeben, es gibt auch begrüssenswerte Ansätze, wie z.B. die verbesserte Zusammenarbeit unter den Fachhochschulen. Daneben gibt es aber auch Kuriositäten, wie z.B. die Bekämpfung der Fettleibigkeit bei Kindern und Jugendlichen. Das ist sicher ein Problem unserer heutigen Konsumgesellschaft, aber ob es ein Ziel in einem Regierungsprogramm ist, ist fraglich. Die SVP-Fraktion wird den Eindruck nicht los, dass die Ziele und Massnahmen durch zwei verschiedene Arbeitsgruppen definiert wurden. Offensichtlich ist auch, dass mit den vorgeschlagenen Massnahmen die personellen und finanziellen Auswirkungen kaum in Betracht gezogen wurden. Der Einwand, dass diese Parameter dann im Aufgaben- und Finanzplan konkreter erläutert werden, kann hier nicht einfach geltend gemacht werden.

Für die Kantonsräte ist es alles andere als einfach, den Überblick über all die Swot-Analysen, das Umfeldmonitoring, die Projektportfolios und weitere strategische Dokumente zu wahren. Der Kantonsrat übt per definitionem eine Kontrollfunktion aus, die er zusehends nicht mehr wahrnehmen kann. Von einem Regierungsprogramm erwartet er zusammen mit dem Aufgaben- und Finanzplan, idealerweise ergänzt mit einem Gesetzgebungsrahmen, den strategischen Rahmen für die Staatstätigkeit. Diese gebündelten Informationen sollten in einem Dokument vorliegen. Das wäre dann aus Sicht der SVP-Fraktion die Basis für die entscheidungsrelevanten Faktoren. Es kann nicht sein, dass der Kantonsrat nur formell vom Regierungsprogramm Kenntnis nimmt und dabei weder ein Mitwirkungs- noch ein Mitspracherecht hat. Implizit bedeutet das nämlich, dass das Parlament auch sein Einverständnis gibt. Das Regierungsprogramm soll jedoch in der alleinigen Kompetenz der Regierung bleiben. Deshalb müssen die Fronten jetzt klar geregelt werden. Die alleinige Kenntnisnahme ist für die SVP-Fraktion höchst unbefriedigend.

Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009
22.9.2009Wortmeldung

Ratspräsidentin: Nach dem Staatsverwaltungsgesetz besteht die gesetzliche Pflicht, auf die Vorlage einzutreten.

Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009
22.9.2009Wortmeldung

(im Namen der CVP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten, und auf die Motion 42.09.31 «Regierungsprogramm ist Sache der Regierung - Notwendige Änderung des Staatsverwaltungsgesetzes» ist nicht einzutreten.

Das Regierungsprogramm 2009-2013 stellt sowohl für den Kantonsrat als auch für die Regierung eine Premiere dar. Die Regierung hat mit diesem erstmaligen Programm ihre strategischen Ziele festgelegt. Sie konzentriert sich dabei auf die vier politischen Schwerpunkte Standortattraktivität, funktionale Lebensräume, Ressourcen und gesellschaftlicher Zusammenhalt. Zu diesen vier Themen hat sie insgesamt zehn Ziele formuliert. Letztlich - das möchte ich betonen - stützt sich das Regierungsprogramm auf die Verfassung und das Staatsverwaltungsgesetz. Im Zusammenhang mit der Unzufriedenheit im Rahmen der Beratung in der vorberatenden Kommission ist zu erwähnen, dass der Prozess noch nicht abgeschlossen ist, denn es folgt bekanntlich im kommenden Jahr auch erstmals die Behandlung des Aufgaben- und Finanzplans.

Die CVP-Fraktion hebt als positiv hervor, dass mit dem Regierungsprogramm, zusammen mit weiteren Führungsinstrumenten, Transparenz in die politische Planung und Steuerung gebracht wird. Im Bewusstsein, dass es in der Vielzahl und Fülle der Aufgaben schwierig ist, eine umfassende und abschliessende Aufzählung sämtlicher Vorhaben und Projekte zu erstellen, lässt aber das vorliegende Regierungsprogramm auch aus Sicht der CVP-Fraktion eine Konsequenz in den strategischen Punkten vermissen. Leider sind die Aussagen zu den grossen Leistungsbereichen «Gesundheit und Bildung» substantiell dürftig. Es fehlen hier konkrete Angaben zu brisanten Themen wie Investitionen, Leistungsangebot, Strukturen und Kosten. So bleibt z.B. unklar, welche Strategie im Schulbereich sinnvoll ist, um der demographischen Entwicklung gerecht zu werden. Im Volksschulbereich ist zudem im Rahmen der Aufgabenteilung von Kanton und Gemeinden ein grosser Brocken in der Bearbeitung. Auch fehlt eine klare Aussage zur Finanzierung oder zur Verbundsaufgabe. Antworten auf die explodierenden Gesundheitskosten fehlen ebenfalls, obwohl hier der Kanton durchaus Handlungsspielraum hätte. Zur Sicherheitspolitik gibt sich die Regierung eher bedeckt. Zu den ganz wichtigen Massnahmen zählt für die CVP-Fraktion die Entlastung der Familien, denn die «Familie» soll wieder bezahlbar werden. Als wichtig zu taxieren ist ebenfalls die aufgeführte Frühförderungsinitiative «Chancengleichheit im frühen Kindesalter».

In der vorberatenden Kommission wurde in der Eintretensdebatte Unzufriedenheit über die Mitwirkung des Kantonsrates beim Regierungsprogram geäussert. Die CVP-Fraktion hat sich auch damit befasst, ob das Regierungsprogramm allein durch die Kenntnisnahme beraten werden kann oder nicht. Sie erachtet es aber als falsch, die Spielregeln wieder zu ändern, da noch nie eine Umsetzung des Programms stattgefunden hat. Die CVP-Fraktion möchte eher eine künftige Klärung des Regierungsprogrammes. Wie bereits erwähnt, kann der Rat seine Meinung dazu äussern, aber er kann keine Ziele abändern oder gar neue Ziele festlegen. Doch im Rahmen seiner politischen Instrumente - Auftrag, Motion oder Postulat - stehen ihm durchaus Möglichkeiten offen, nicht im Regierungsprogramm enthaltene Geschäfte zu initiieren, Geschäfte auszuweiten, Geschäfte neu aufzunehmen oder Geschäfte zu streichen.

Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009
22.9.2009Wortmeldung

Alle Mitglieder der Regierung haben sehr aufmerksam zugehört. Wie schon in der vorberatenden Kommission, betone ich auch hier, dass das Regierungsprogramm auch für die Regierung eine Premiere ist. Obwohl der Werdegang eigentlich klar war, ist nun niemand so richtig sicher, was das ganze Prozedere eigentlich soll. Das Regierungsprogramm ist ein Instrument der politischen Planung, das die St.Galler Regierung immer relativ zurückhaltend gehandhabt hat. Sie hat sich aber dann sehr ernsthaft an die Aufgabe gemacht und sich mit der Sache auseinandergesetzt. Von Lieblosigkeit kann da keine Rede sein. Sie hat eine Stärken-Schwächen-Analyse erstellt und insbesondere ein Umfeldmonitoring vorgenommen, das eine wichtige Grundlage für künftige Entscheide ist. Der Prozess war für die Regierung wichtig, und sie hat sich sehr bemüht, eine gewisse Kohärenz in die Formulierung der Themencluster und der Ziele zu bringen.

Zum Inhalt und vor allem auch zur Umschreibung der Massnahmen: Da geht die Regierung selbstkritisch mit sich um. Ich habe in der vorberatenden Kommission gesagt, dass ihr bewusst ist, dass wichtige Themen fehlen, z.B. die strategische Ausrichtung der Gesundheitspolitik, die Themen Schule, Verkehr oder Sicherheit. Das Weglassen war ein bewusster Entscheid, der übrigens ein bisschen vorgegeben war von den damaligen Diskussionen bei der Revision des Staatsverwaltungsgesetzes. Die Regierung wollte keine Redundanzen schaffen, indem sie das, was in Leitbildern, Mehrjahresprogrammen, Sachplanungen, Investitionsplanungen sowieso schon gesagt worden und was bekannt ist, wiederholt. Das Regierungsprogramm ist nach ihrem Verständnis kein isolierter Block, sondern es ist Bestandteil von Planungs- und Steuerungsinstrumenten und sollte namentlich auch im Zusammenhang mit dem Aufgaben- und Finanzplan gesehen werden. Bei den beiden letzteren will sie sich vor allem auf die wichtigen Planungen konzentrieren und dazu aussagen. Das wurde vergangene Woche an einer Klausur diskutiert. Ob die zeitliche Staffelung sinnvoll ist oder nicht, gehört zu jenen Dingen, die durchaus zu überprüfen sind. Das kann aber nachher bei der Behandlung der Motion besprochen werden.

Dann zu den einzelnen angesprochenen Themen: Meines Erachtens macht es keinen Sinn, auf Einzelnes einzugehen. Die Regierung räumt ein, dass sie bei der Formulierung einzelner Massnahmen hie und da einen falschen Eindruck erweckt hat. Wichtige strategische Themen hat sie vielleicht nicht erwähnt, weil diese anderswo behandelt werden oder wurden. Wenn es aber - wie von der SVP-Fraktion - heisst, das Programm sei völlig links gesteuert, dann stellt sich die Frage nach dem politischen Koordinatensystem, das man sich gibt. Bei Ihnen ist offenbar alles, das nicht der eigenen Meinung entspricht, links gesteuert. Ich nehme das zur Kenntnis und kann damit auch leben. Die pauschale Kritik der SVP-Fraktion bezieht sich auf alle Massnahmen. Ich habe versucht herauszuhören, wo sie denn die Schwerpunkte setzen würde. Zwei positive Sätze habe ich gehört, und zwar zu den Stichworten «mehr Eigenverantwortung» und «weniger Steuern». Ich nehme dies zur Kenntnis, glaube indes nicht, dass damit ein Regierungsprogramm oder Visionen für die Zukunft entwickelt werden können. Standortattraktivität ist nicht nur eine Frage des Steuersatzes, sie ist mehr. Wenn Sie beispielsweise als abwegig bezeichnen, was wir über die Kultur gesagt haben, dann ist dem entgegenzuhalten, dass das Kulturangebot ein Teil der Standortattraktivität ist. Wenn Sie die Aufnahme solcher Sprachkurse als abwegig bezeichnen, kann ich Ihnen sagen, was ich vergangene Woche an einem Unternehmergespräch gehört habe. Sprachkenntnisse sind die Hauptforderung von Grossunternehmern; denn diese müssen mit den Ausländern zusammenarbeiten. Die Regierung möchte hier ein gewisses Schwergewicht setzen, soweit das nicht schon innerhalb eines Unternehmens der Fall ist. So abwegig ist das alles nicht, deshalb kann von Lieblosigkeit nicht die Rede sein. Es wäre erstaunlich, wenn der Kantonsrat mit allen Massnahmen einverstanden gewesen wäre. Dass dem nicht so ist, ist normal. Beim Aufgaben- und Finanzplan wird sich dann zeigen, wo die entsprechenden finanziellen Mittel eingesetzt werden sollen.

Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009
22.9.2009Wortmeldung

Ratspräsidentin stellt Eintreten auf die Vorlage fest.

Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009
22.9.2009Wortmeldung

Ratspräsidentin, stellt Kenntnisnahme vom Regierungsprogramm fest.

Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009
22.9.2009Wortmeldung

(im Namen der SP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten, und auf die Motion 42.09.31 «Regierungsprogramm ist Sache der Regierung - Notwendige Änderung des Staatsverwaltungsgesetzes» ist nicht einzutreten.

Das Regierungsprogramm ist ein neues Instrument. Die Diskussion in der vorberatenden Kommission wie auch im Rat zeigt, dass noch nicht von allen verstanden worden ist, worum es bei diesem Regierungsprogramm wirklich geht und worum es bei der Kenntnisnahme dieses Programmes durch den Rat geht. Ich erlaube mir daher, kurz aufzuzeigen, wie die SP-Fraktion das versteht. Ich bin ein bisschen irritiert ob den Bemerkungen, dass es sich bei diesem Regierungsprogramm um eine linksgeprägte Wunschliste handeln soll. Die SP-Fraktion wäre natürlich froh, wenn dem so wäre, aber so ist es natürlich bei Weitem nicht. Mit einem Regierungsprogramm sagt die Regierung, was sie tun will und was nicht. Wenn sich Regierungsvertreter anderer Parteien zu diesem Programm nicht haben vernehmen lassen, kann das nicht einfach der SP-Fraktion angekreidet werden. Die SP-Fraktion bedauert ebenso, wie das schon viele Vorredner gesagt haben, dass die ganze Volksschule mit ihren diversen Baustellen, z.B. die Oberstufe, mit keinem Wort erwähnt wird.

Die SP-Fraktion ist der Meinung, dass es eigentlich gar nicht so kompliziert ist herauszufinden, was dieses Regierungsprogramm ist. Das steht nämlich in der Verfassung und im Staatsverwaltungsgesetz. Die Regierung muss darlegen, welche Pläne sie als Kollegium hat. Es ist nicht in erster Linie Aufgabe der Departemente, für eine interne Planung zu sorgen, um dann zum geeigneten Zeitpunkt eine Sache umzusetzen, sondern die Aufgabe ist, dass das ganze Kollegium einmal vorausschaut und sich an der «Welt» orientiert, d.h. Umfeldmonitoring betreibt. Aus den Departementen wäre dann zusammenzutragen, wo die Stärken und die Schwächen liegen, es wäre festzustellen, wohin der Zug soll, und das soll dann dem Parlament kommuniziert werden. Regierungsprogramm ist ein Begriff, der wahrscheinlich mehr verspricht, als er halten kann. Regierungsprogramme sind bekannt in Staaten, deren System aus Regierung - hier kann diese auf eine Mehrheit im Parlament zählen - und Opposition besteht. In diesem System ist ein Regierungsprogramm ein Programm, das in den nächsten vier oder sechs Jahren umgesetzt wird. Das ist bei uns natürlich nicht der Fall. Bei uns ist es die Vorstellung der Regierung, wohin die Zukunft führen soll. Deshalb ist es auch richtig, dass der Rat das Programm nicht verändern kann, denn das käme einem Regierungsauftrag gleich. Kenntnisnahme durch den Rat bedeutet wiederum aber nicht, dass er damit gleichzeitig die Regierung beauftragt, das zu tun, was sie vorschlägt. Und es bedeutet auch nicht, dass er alle Vorschläge später genehmigen wird und muss. Der Rat hat mittels Gutheissung einer Motion trotz Regierungsprogramm die Möglichkeit, der Regierung einen Auftrag zu erteilen, einen Auftrag, der über das Regierungsprogramm hinausgeht.

Die SP-Fraktion ist der Meinung, dass die gemachten Analysen auch für den Rat ausserordentlich hilfreich sind. Diese Unterlagen sind allerdings recht detailliert, und deren Studium braucht Zeit. Das Regierungsprogramm ist in Bezug auf Stärken und Schwächen sehr selbstkritisch. Deshalb sollten die einzelnen Punkte genau angeschaut werden. Auch die SP-Fraktion hat zuerst einmal auf die Oberflächlichkeit dieses Programms hingewiesen. Bei näherem Hinschauen muss sie eingestehen, dass diese Kritik unberechtigt ist. Zweck des Programms ist, einfach einmal die Ziele aufzuzeigen und Massnahmen zu benennen. Tiefer gehendes Hintergrundwissen gehört dann in den Aufgaben- und Finanzplan. Deshalb macht es im Moment keinen grossen Sinn, die einzelnen Massnahmen im Detail zu diskutieren. Nichtsdestotrotz ist es aber notwendig, dass der Rat von diesem Programm Kenntnis nimmt. Kenntnisnahme heisst nicht, dass er mit dem Regierungsprogramm in allen Teilen einverstanden ist. Kenntnisnahme heisst Feedback. Die Regierung sagt, wohin sie gehen will, und der Rat kann sie durch seine Stellungnahme zum Anhalten bewegen. Das ist im Moment aber nicht nötig, denn alle Fraktionen sind mit den gesetzten Zielen einverstanden. Es könnte aber auch einmal sein, dass die Regierung eine Sache mutig und innovativ andenkt. Dann könnte der Rat aufgrund des Regierungsprogramms relativ früh seine Meinung dazu äussern. Die Kenntnisnahme des Programms ist ein Akt von Kommunikation zwischen Regierung und Rat, mehr nicht. Die SP-Fraktion findet es dennoch sinnvoll, dass der Rat über die Zukunftspläne der Regierung orientiert wird.

Ich habe ein gewisses Verständnis, wenn die FDP-Fraktion das Regierungsprogramm nicht mit ihren Führungsinstrumenten aus der Privatwirtschaft in Übereinstimmung bringen kann. Kein Verständnis aber hat die SP-Fraktion für die SVP-Fraktion, die immer das Recht des Volkes und des Parlaments im Vordergrund sieht, nun aber bei diesem Regierungsprogramm genau auf dieses Recht verzichten will, und das schon beim allerersten Umgang. Die SP-Fraktion wird die Motion ablehnen und ersucht die Mitglieder der SVP-Fraktion, doch ihre Position noch einmal zu überdenken. Natürlich ist auch sie der Auffassung, dass nach Ablauf dieses ersten Zyklus, d.h. nach vier Jahren, das Resultat genauer beurteilt werden muss. Die Regierung hat dieses Programm erstellt, weil der Rat der Auffassung war, dass dies sinnvoll sei. Dass er die ganze Übung schon bei Vorlage der ersten Ausgabe abbrechen will, ist aus Sicht der SP-Fraktion nicht sachgerecht.

Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009
22.9.2009Wortmeldung

(im Namen der FDP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten, und auf die Motion 42.09.31 «Regierungsprogramm ist Sache der Regierung - Notwendige Änderung des Staatsverwaltungsgesetzes» ist einzutreten.

Bereits der Titel dieses Geschäftes sagt schon alles: Es geht um ein Programm der Regierung; deshalb «Regierungsprogramm». Es heisst nicht «Programm von Regierung und Kantonsrat» oder allenfalls sogar «Kantonsratsprogramm». Der Kantonsrat bespricht somit ein Programm der Regierung, zu dem er unter dem Aspekt der Gewaltentrennung nichts zu sagen hat. Mit Fug und Recht kann die Frage gestellt werden, weshalb er denn jetzt darüber spricht. Nach dem Staatsverwaltungsgesetz muss die Regierung ein Regierungsprogramm ausarbeiten und dieses dem Kantonsrat zur Kenntnis vorlegen, die Regierung hat also korrekt gehandelt. Da es aber nicht das Programm des Kantonsrats ist, kann dieser wenig bis gar nichts dazu sagen. Die FDP-Fraktion fordert deshalb, dass diese Diskussion in Zukunft nicht mehr in diesem Rat stattfinden soll. Das Staatsverwaltungsgesetz soll dahingehend geändert werden, dass auf eine formelle Kenntnisnahme durch den Kantonsrat verzichtet werden kann. Deshalb wurde eine Kommissionsmotion ausgearbeitet, die von einer Mehrheit der vorberatenden Kommissionsmitglieder gutgeheissen wurde.

Die FDP-Fraktion beschränkt sich auf eine kurze Stellungnahme zum Programm:

  • Die Nennung von vier Clustern, hier von A bis D, erachtet sie als sinnvoll und nützlich.

  • Den Zielen kann sie grossmehrheitlich zustimmen, aber den rund 30 Massnahmen nur noch zur Hälfte.

  • Sie hält fest, dass gewisse Massnahmen mit den schön formulierten, übergeordneten Zielen wenig bis gar nichts mehr zu tun haben. Milde ausgedrückt heisst das, dass sie gar nicht zusammenpassen. Im Weiteren entsteht bei den meisten Massnahmen der Eindruck, dass es sich lediglich um eine Aufzählung bereits laufender Projekte handelt.

  • Die FDP-Fraktion ist sehr enttäuscht darüber, dass von gewichtigen Staatsaufgaben, z.B. der Volksschule, nichts im Programm steht. Ich nehme mit Befriedigung zur Kenntnis, dass mehrere Fraktionen zu diesem Punkt Kritik geübt haben. Es ist ein grosser Fehler, dass solch wichtige Aufgaben nicht im Regierungsprogramm enthalten sind.

  • Schade, aber nicht ganz erstaunlich ist, dass z.B. das brisante Thema der geplanten Spitalinfrastruktur - damit verbundene Kosten betragen etwa 1 Mrd. Franken - mit keinem Wort erwähnt wird. Aus Sicht der FDP-Fraktion sind das grosse Aufgaben für den Kanton St.Gallen. Doch leider schreibt die Regierung nichts dazu in ihrem Programm.

Sowohl die Regierung als auch der Kantonsrat tun gut daran, das Instrument «Regierungsprogramm» nochmals kritisch zu überdenken. Der Kantonsrat sollte die gesetzlichen Grundlagen nochmals kritisch überprüfen. Die Gutheissung der Kommissionsmotion erlaubt, die Situation nochmals zu überdenken und allenfalls sogar gescheiter zu werden. Die Regierung sollte Logik und Aufbau sowie Aufwand und Ertrag dieses Regierungsprogrammes nochmals kritisch überprüfen und ihre Erfahrungen dann bei der Behandlung der Änderung des Staatsverwaltungsgesetzes einbringen. Dannzumal werden auch bereits Erfahrungen im Umgang mit dem Aufgaben- und Finanzplan vorliegen. Die FDP-Fraktion ist der Meinung, dass es gut ist, wenn der Kantonsrat und die Regierung nochmals über die Bücher gehen. Sie hofft, dass sie heute das letzte Mal formell auf ein Regierungsprogramm eintreten muss. Unter der Prämisse, dass es das letzte Mal ist, wird sie aber auch eintreten.

Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009