Geschäft: Gegen "Killerspiele" für Kinder und Jugendliche - für einen wirksamen und einheitlichen Kinder- und Jugendmedienschutz
Komitee | Kantonsrat |
---|---|
Nummer | 42.09.03 |
Titel | Gegen "Killerspiele" für Kinder und Jugendliche - für einen wirksamen und einheitlichen Kinder- und Jugendmedienschutz |
Art | KR Motion |
Thema | Erziehung, Bildung, Kultur |
Federführung | Sicherheits- und Justizdepartement |
Eröffnung | 16.2.2009 |
Abschluss | 7.6.2010 |
Letze Änderung | 9.12.2021 |
vertraulich | Nein |
öffentlich | Ja |
dringend | Nein |
Datum | Akteur | Titel | Letze Änderung |
---|---|---|---|
21.8.2019 | Gremium | Beteiligung - CVP-Fraktion bis Amtsdauer 2008/2012 | 19.1.2023 |
Datum | Titel | Resultat | öffentlich | ||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
Ja | Bedeutung | Nein | Bedeutung | Absent / Enthaltung | |||
22.4.2009 | Gutheissung | 62 | Zustimmung | 29 | Ablehnung | 29 | |
22.4.2009 | Eintreten | 56 | Zustimmung | 26 | Ablehnung | 38 |
Datum | Typ | Wortlaut | Session |
---|---|---|---|
22.4.2009 | Wortmeldung | (im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Vorlage ist nicht einzutreten. Meine beiden Jungen - 18 und 20 Jahre alt - spielen gelegentlich auch solche Games. Es ist heute eine Tatsache, dass wahrscheinlich gegen 90 Prozent der männlichen Jugendlichen solche Games spielen, sei es auf dem Computer oder auf Konsolen wie X-Box und Playstation. Deshalb ist die Wahrscheinlichkeit sehr gross, dass ein Jugendlicher, der eine solch grausame Tat begeht, auch ein solches Game gespielt hat. Und das wird dann jeweils in den Medien breitgeschlagen. Nach Meinung der SVP-Fraktion spielen jedoch noch ganz andere Faktoren mit, die einen Jugendlichen zu einer solchen Tat treiben. Es ist ja auch nicht so, dass Jugendliche, die in einem Schützenverein sind oder dass Soldaten, die ihr Gewehr zuhause haben, automatisch auf der Strasse herumballern. Bei einem Amoklauf spielen noch ganz andere Faktoren mit. Ausserdem hat gerade Deutschland bereits seit Jahren strengere Gesetze. Doch diese haben - wie der tragische Amoklauf in Winnenden zeigt - nichts genützt. Schon bevor es Videospiele gab, schossen Verrückte wild um sich und brachten Leute um. Auch damals wurde die Schuld den neuen Medien, z.B. den Horrorfilmen, zugeschoben. Das Verbot von Spielen wäre blinder Aktionismus aus reiner Hilflosigkeit. Die wirkliche Ursache wird damit nicht einmal gestreift. Es ist ein Leichtes, die Schuld an den Vorfällen immer den anderen zuzuschieben. Durch Verkaufsverbote wird die Gewalt nicht abnehmen, und ausserdem können Interessierte sich das jeweilige Spiel auch per Download besorgen. Im Internet sind alle gewünschten Daten ungefiltert und ungeschützt erhältlich, legal oder illegal. Bei dieser Thematik wollen nun auch einfach viele Leute mitreden, die sich weder grundsätzlich noch vertieft damit beschäftigt haben. Diese Spiele fokussieren nicht auf die Gewalt, sondern auf das strategische und taktische Vorgehen, wie es z.B. in der Militärausbildung selbstverständlich ist. In etlichen Ländern, z.B. in Korea und in Skandinavien, werden mit genau diesen Spielen Meisterschaften mit Preisgeldern gespielt, die mehr Publikum anlocken als ein Fussballspiel. Das ist dort eine offiziell anerkannte Wettkampfdisziplin, ohne dass das Publikum mordlüstern nach Hause fährt! Letztlich liegt die Verantwortung für die Erziehung immer noch bei den Eltern. Erziehung ist und bleibt ihre Pflicht und ist nicht Aufgabe des Staates. | Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. April 2009 |
22.4.2009 | Wortmeldung | (im Namen der FDP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten. Selbstverständlich hat Schlegel-Goldach richtig argumentiert, dass mit einem generellen Verbot eine Amoktat nicht verhindert werden kann. Aber die Wirkung kann präventiv sein. Richtig ist sicher auch, dass das Internet ein Tummelfeld ist für solche, die Gewaltspiele anschauen wollen. Aber vielleicht gelingt es einmal, einen Riegel zu schieben. Ich bin auch sehr damit einverstanden, dass die Verantwortung bei den Eltern liegt. Leider ist es aber eine Tatsache - das wissen wir alle hier im Saal -, dass nicht alle Eltern ihre Verantwortung wahrnehmen können oder wollen und es Kinder und Jugendliche gibt, die täglich während Stunden solchen Internetspielen frönen. Die Erfahrung zeigt, dass Amoktaten wie Winnenden dann entstehen, wenn die Täterin bzw. der Täter nicht mehr zwischen Realität und fiktiver Wahrheit unterscheiden kann. Deshalb finde ich es richtig, dass in der Schweiz ein Zeichen für einen umfassenden Jugendschutz gesetzt wird. Bekanntermassen ist bereits eine Standesinitiative des Kantons Bern zu diesem Thema hängig. Wenn der Bundesrat rasch handeln würde, dann wäre vielleicht schon ein erster Schritt erfolgt. Wir wissen aber, dass die Mühlen in Bern langsam mahlen, und deshalb ist nachdoppeln sicher richtig. | Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. April 2009 |
22.4.2009 | Wortmeldung | Ratsvizepräsidentin: Die Regierung beantragt Gutheissung. | Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. April 2009 |
22.4.2009 | Wortmeldung | (im Namen der CVP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten. Ich staune ob der Ignoranz eines grossen Teils der SVP-Fraktion. Es ist bewiesen, dass Gewalt-, nicht Strategiespiele Auswirkungen auf das Verhalten der Jugendlichen haben. Natürlich trifft das nicht auf alle Jugendlichen zu Gott sei Dank. Wir können doch nicht einfach die Augen schliessen und uns als ohnmächtig erklären. Ein Verbot hat auch präventiven Charakter, wie Klee-Berneck betont hat. | Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. April 2009 |
22.4.2009 | Wortmeldung | (im Namen der GRÜ-Fraktion): Die GRÜ-Fraktion unterstützt grundsätzlich die Anliegen der Motionäre. Indes stellt sich die Frage, ob der Wortlaut der Motion Internet und Handys ausreichend abdeckt. Die Schweiz ist bei den Killerspielen zum raschen Handeln gezwungen, denn im Internet haben Kinder und Jugendliche freien Zugriff auf gewalttätige Computerspiele. Bund und Kantone bieten kaum Schutz. Doch der Druck auf die Behörden wächst. Z.B. gelangt seit kurzem die deutsche Internetseite «Shooterplanet» über einen Schweizer Server ins Netz. Der Anbieter mit dem angeblich grössten Portal rund um Schiess- und Actionspiele hat sich so dem deutschen Jugendschutz entzogen. Der ehemalige Besitzer und amtierende Chefredaktor sowie Administrator der Seite entbietet einen «besonderen Dank an die Schweizer Regierung», weil die Seite in der Schweiz ohne Zensur bleibt. Die deutsche Internet-Aufsichtsbehörde Jugendschutz.net hat festgestellt, dass «Shooterplanet» gegen den deutschen Jugendmedienschutz verstösst. Kinder und Jugendliche haben auf «Shooterplanet» freien Zugang auf Bilder und Videos, die grausame und blutige Gewaltszenen beinhalten. Der Schweizer Datenbankanbieter will mit dem Inhalt dieser Seite aber nichts zu tun haben. So geht das Katz-und-Maus-Spiel zulasten von Kindern und Jugendlichen munter weiter. Die Schweiz setzt auf «Selbstkontrolle». Im Vergleich zu Deutschland steckt der Kinder- und Jugendschutz bezüglich Computerspielen im Internet in der Schweiz noch in den Kinderschuhen. In Deutschland gibt es für Computerspiele verbindliche Alterslimiten, so dass die Jugendschutzbehörden gegen Verstösse vorgehen können. So war es auch im Fall «Shooterplanet». Die Behörden können sogar Seiten sperren lassen und Bussen verteilen. In der Schweiz sind solche Massnahmen derzeit nicht möglich. Weder Bund noch Kantone mit Ausnahme des Kantons Waadt kennen gesetzliche Alterslimiten bei Computerspielen. Nach wie vor wird auf die sogenannte «Selbstkontrolle» der Branche gesetzt, und so fällte auch die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren im Jahr 2007 den Entscheid, bei «interaktiven Spielen» auf die Selbstregulierung zu setzen. Diese basiert auf den freiwilligen «Pan European Game Information»-Altersempfehlungen (PEGI), einem System, das in vielen europäischen Ländern angewandt wird. Dies genügt aber nicht, weil die Schweizerische Koordinationsstelle zur Bekämpfung der lnternetkriminalität (Kobik) nur dann aktiv wird, wenn Inhalte gegen das Strafgesetz verstossen, beispielsweise bei Kinderpornografie, bei Rassendiskriminierung oder bei Verstössen gegen den sogenannten Brutalo-Artikel. Der Fall «Shooterplanet» ist Hinweis genug, dass sich in der Schweiz beim Kinder- und Jugendschutz etwas ändern muss. Das Internet hat neue Dimensionen eröffnet, die im Bereich der Killerspiele überfordern. Die Schweiz darf keine Oase von Killerspiel-Anbietern auf lnternetplattformen sein. Ich frage die Regierung: Deckt der Wortlaut der Standesinitiative auch das On- und Offline-Spielen im Internet und auf Handys ab oder umfasst er lediglich den Vertrieb und das Veräussern von solchen Spielen auf den üblichen «terrestrischen Kanälen»? | Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. April 2009 |
22.4.2009 | Wortmeldung | (im Namen der CVP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten. Der Vorstoss der CVP-Fraktion wurde eingereicht, bevor der schreckliche Amoklauf in Winnenden, Deutschland, passierte. Die Realität hat uns eingeholt. Wie den Medien zu entnehmen ist, wird davon ausgegangen, dass die Tat einen Zusammenhang mit dem Konsum von Gewaltspielen hat. Ob Killergames zum Töten animieren, ist zwar umstritten, aber es gibt aussagekräftige Belege dafür. Oder anders gesagt, wenn es auf dem Markt keine Spiele mit Erschiessen, Schädeleinschlagen oder Kopfweghauen gäbe, dann wäre die Wahrscheinlichkeit geringer, dass solch schreckliche Taten passieren. Nun, es ist die Pflicht der Politikerinnen und der Politiker, Massnahmen zu ergreifen, weil sie diesen Sachverhalt kennen. Natürlich, auch mit Verboten werden solche Spiele nie ganz verschwinden, aber das gilt für jedes Verbot. Jedoch wird der Zugriff schwieriger und risikoreicher. Der Konsum nimmt dadurch ab. Zudem wäre für die Hersteller die Produktion nicht mehr interessant, wenn sie die Spiele nicht mehr offiziell verkaufen könnten, denn die Herstellungskosten sind sehr hoch (z.B. Stranglehold 35 Mio. Franken). Es gibt hunderte von sehr sinnvollen Spielen auf dem Markt. Es gibt intelligente, sinnvolle, spannende Spiele für Jugendliche, die die Reaktionsfähigkeit und das strategische Denken fördern, die Lerninhalte vermitteln, ohne dass Blut fliesst, und die darauf warten, produziert zu werden. Tatsache ist, dass es in der Schweiz Spiele gibt, die in Deutschland, Irland, Australien und Neuseeland verboten sind und in den USA und Grossbritannien nur zensuriert zugelassen werden. Doch, die Regierung hat es auf dem roten Blatt richtig formuliert, bei uns gibt es keine Zensurbehörde, die die Unbedenklichkeit von Spielen vor der Marktzulassung prüft. Hier muss eine Bundeslösung angestrebt werden. Diese Motion ist ein Schritt in die richtige Richtung. | Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. April 2009 |