Geschäft: Rotes Konjunkturpaket: Ausbildungsplätze im Gesundheits- und Kinderbetreuungsbereich fördern (Titel des Antrags: Ausbildungsplätze im Gesundheits- und Kinderbetreuungsbereich)

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer42.09.04
TitelRotes Konjunkturpaket: Ausbildungsplätze im Gesundheits- und Kinderbetreuungsbereich fördern (Titel des Antrags: Ausbildungsplätze im Gesundheits- und Kinderbetreuungsbereich)
ArtKR Motion
ThemaErziehung, Bildung, Kultur
FederführungBildungsdepartement
Eröffnung16.2.2009
Abschluss20.4.2009
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
AntragAntrag der Regierung vom 7. April 2009
VorstossWortlaut vom 16. Februar 2009
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
21.8.2019Gremium19.1.2023
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
20.4.2009Eintreten28Zustimmung67Ablehnung25
Statements
DatumTypWortlautSession
20.4.2009Wortmeldung

Ratsvizepräsidentin: Die Regierung beantragt Nichteintreten.

Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. April 2009
20.4.2009Wortmeldung

(im Namen der SP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten.

Ich möchte im Namen der SP-Fraktion kurz erläutern, wieso wir an unserer Motion unbedingt festhalten müssen. Es gibt zwei Aspekte, die unsere Forderung nach gesetzlichen Grundlagen für die Unterstützung und Schaffung neuer Ausbildungsplätze mittels Ausbildungsbeiträgen im Gesundheits- und Kinderbetreuungsbereich notwendig machen. Zum einen ist sicher, dass aufgrund der Alterung der Bevölkerung und der Zunahme von chronisch Kranken der Bedarf an Personal im Gesundheitswesen künftig stark ansteigen wird. Mehr Bedarf wird v.a. bei den Fachangestellten Gesundheit und den Fachangestellten Betreuung anfallen. Vielleicht kennt die Regierung diesen Bericht zu den Untersuchungen im Bereich des Gesundheitspersonals des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums (Obsan) noch nicht. Aufgrund dieser Untersuchung muss von einem Mehrbedarf an zusätzlichem Pflegepersonal in Spitälern, Alters- und Pflegeheimen und Spitex-Diensten ausgegangen werden. Die Zahlen in den Untersuchungen geben Anhaltspunkte zu den Herausforderungen, die in der nahen Zukunft zu bewältigen sind. Laut dem mittleren Bevölkerungsszenario des BFS dürfte die Zahl der Über-65-Jährigen bis 2020 um 31 Prozent zunehmen, die Zahl der 20- bis 64-Jährigen um 4 Prozent. Um den Personalbedarf im Pflegewesen nachzuweisen, wurden zwei Szenarien berechnet. Beim ersten Szenario wurde der demographische Effekt mit der Annahme einer Verkürzung der Hospitalisationsdauer und einer Verbesserung des Gesundheitszustandes der älteren Bevölkerung gekoppelt. Mit diesem positiven Szenario resultiert eine Zunahme des Bedarfs von Pflegepersonal von 13 Prozent. Bei einem zweiten Szenario geht man von den gleichen Bedingungen wie 2006 aus. Hier beträgt der Neubedarf sogar 25 Prozent. Hinzu kommen 30 Prozent Personal, das wegen Pensionierung ersetzt werden muss. Der Personalbedarf nimmt voraussichtlich in den Alters- und Pflegeheimen am meisten zu. Dieses zusätzliche Personal muss aber zuerst noch ausgebildet werden. Die Verstärkung der Anstrengungen für genügend Ausbildungsplätze im Pflegebereich ist deshalb zwingend. Es ist fünf vor zwölf. Zusätzlicher Personalbedarf herrscht auch beim Betreuungspersonal in Krippen und Kindertagesstätten. Auch hier wären Ausbildungsbeiträge dringend nötig, denn diese Einrichtungen werden oft von Vereinen geführt, die nicht-gewinnorientiert arbeiten und deshalb die zusätzlichen Kosten für Ausbildungsplätze nicht aufbringen können. Betrachten wir unsere Forderungen auch noch vor dem Hintergrund der aktuellen Arbeitslosenrate bei den 15- bis 24-Jährigen: Per 21. März 2009 sind 3,8 Prozent arbeitslose Jugendliche gemeldet. Wir können geradezu von einem Glücksfall reden, für die notwendigen zusätzlichen Stellen gibt es genügend Jugendliche, die auf eine Lehrstelle warten.

In ihrer Begründung stellt die Regierung am Rande noch fest, dass die angeregten Massnahmen zwar Auswirkungen auf das Gesamtangebot an Ausbildungsplätzen hätten, aber keine eigentlichen konjunkturfördernden Effekte nach sich ziehen würden. Ich kann es nicht anders sagen, aber das ist geradezu absurd. Es handelt sich bei diesen Massnahmen um eine Stärkung des Bildungssektors und von Arbeitsplätzen in diesem Sektor, zudem bedeutet es eine Entlastung bzw. Nichtbenützung der Sozialversicherungen durch Jugendliche in Ausbildung, und im Arbeitsbereich und durch die zusätzliche Kaufkraft, die hier generiert werden kann, wird die Konjunktur ganz direkt angekurbelt.

Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. April 2009
20.4.2009Wortmeldung

legt seine Interessen als Präsident des Spitex-Verbands St.Gallen offen: Auf die Motion ist einzutreten.

Im Bereich Spitex werden jährlich bei 20 Fachangestellten Gesundheit Lehrabschlüsse notwendig, und ebenso sollten je Jahr 20 die höhere Fachschule mit einem Diplom abschliessen. Zurzeit sind gerade acht FAG in Ausbildung und zwei machen das HF-Diplom. Es sind also zu wenig Leute, und offenbar ist auch im Zeichen des NFA eine Tendenz ersichtlich, dass die Spitex-Vereine oder die Gemeinden, die jetzt für die Kosten aufkommen müssen, sehr zurückhaltend sind, um diese Lehrstellen zu schaffen. Die Spitex und auch die Gesundheitspflege sind eine kantonale Aufgabe, und es liegt im Interesse des Kantons, dass hier auch genügend Leute ausgebildet werden. Wenn nicht genügend Personen ausgebildet werden, dann kann es so weit kommen, dass Personen aus dem Ausland importiert werden. Aber eine Zuwanderung ist ja auch nicht erwünscht. Ich plädiere dafür, dass der Kanton in die Pflegeberufe-Ausbildung investiert.

Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. April 2009
20.4.2009Wortmeldung

Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Mit dem neuen Berufsbildungsgesetz sind auch die Berufe des Gesundheitswesens und des Sozialbereichs der Systematik zugeführt worden, die seit jeher für den Grossteil der beruflichen Grundbildungen im industriellen, gewerblichen, kaufmännischen und Detailhandelsbereich Gültigkeit hatte. Diese Systematik ist auf dem zentralen Grundsatz aufgebaut, dass nicht der Staat das Angebot an Ausbildungsplätzen regelt, sondern dass dieses von den Betrieben der jeweiligen Berufsbereiche bestimmt wird. Das Angebot reguliert nach den Nachwuchsbedürfnissen der einzelnen Berufsbereiche, wobei diese bei der Rekrutierung des Nachwuchses untereinander in Konkurrenz stehen. In dieser Systematik sieht weder die Bundesgesetzgebung noch die kantonale Einführungsgesetzgebung finanzielle Beiträge an die Ausbildungsbetriebe vor, wie dies von Motionären gefordert wird. Dies trotz der Tatsache, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis pro Ausbildungsplatz erwiesenermassen je nach Beruf sehr unterschiedlich ausfällt.

Unter den Titel der Berufsbildungsgesetzgebung fällt nicht nur die Grundlage für die Ausrichtung von Beiträgen nach den Vorstellungen der Motionäre, sondern solche Beiträge werden auch systemwidrig. Nun ist es natürlich augenscheinlich, dass in den im Motionstext angesprochenen Berufsfeldern die Situation des Kantons aus zwei verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden muss. Der Kanton steht auch in der Rolle als massgeblicher Arbeitgeber in Gesundheits- und Sozialberufen und muss das Interesse eines qualitativ und quantitativ nachhaltig gesicherten Berufsnachwuchses ins Auge fassen. Dieser Aspekt steht auch als Herausforderung im Bericht der Regierung vom 10. März 2009 zu Politik im Zeichen des demographischen Wandels. Als Herausforderung allerdings, die von Körperschaften der verschiedenen Ebenen gemeinsam und nicht vom Kanton allein anzugehen ist. Es ist nun einerseits darauf zu achten, dass die beiden Rollen des Kantons klar auseinanderzuhalten sind, mehr noch, der Kanton darf auch nicht in seiner Rolle als Arbeitgeber Massnahmen ergreifen, die seiner hoheitlichen Rolle innerhalb der Verbundpartnerschaft der Berufsbildung zuwiderlaufen. Als Nachfrager auf dem Arbeitsmarkt und in seiner Rolle als Ausbildungsbetrieb ist der Kanton Teil der für die Berufe des Gesundheits- und Sozialbereichs zuständigen Organisationen der Arbeitswelt für Gesundheits- und Sozialberufe. Zusammen mit den weiteren Betrieben in gleicher Rolle, es können dies kommunale wie auch private sein, hat der Kanton seinen Beitrag zu leisten und den Einfluss geltend zu machen zur Imagebildung für die Branche und zur Motivation der Betriebe zur Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze. Dabei können Institutionen des Kantons eine führende Rolle übernehmen, indem sie z.B. zur Bildung von Ausbildungsverbünden Hand bieten, mit denen Institutionen in die Ausbildung eingebunden werden können und die dafür in alleiniger Verantwortung die Voraussetzungen nicht erfüllen würden. Finanzielle Beiträge des Kantons an nichtkantonale Ausbildungsanbietern würden, ich wiederhole mich, einen einschneidenden Systemeinbruch in die Aufgabenteilung der dualen Berufsbildung darstellen. Einerseits würden sie wettbewerbsverzerrend zwischen den verschiedenen Berufsfeldern wirken, die in der Rekrutierung des Berufsnachwuchses untereinander in Konkurrenz stehen, andererseits ist nicht einsehbar, warum bestimmte Berufsfelder von Zuschüssen begünstigt werden sollen, im Grossteil aller Berufe aber der betriebliche Teil der Ausbildung seit jeher von der Wirtschaft auf eigene Kosten und Nutzen erbracht wird. Diese erwähnte Systemwidrigkeit würde verstärkt durch die Tatsache, dass vom Verhalten der Motionäre primär Institutionen der öffentlichen Hand auf kommunaler Ebene oder von dieser wesentlich mitfinanzierte Institutionen profitieren würden. Dies würde gerade in der aktuellen Situation wirtschaftlicher Anspannung von Ausbildungsanbieter im privaten Bereich als besonders stossend und demotivierend empfunden. Bezüglich des Anliegens, Pflegeausbildung an den höheren Fachschulen durch Ausbildungsbeiträge zu unterstützen, verweise ich auf die Ausführungen des roten Blattes der Regierung. Sie legen dar, dass die Lehrgänge im Gesundheitsbereich finanziell markant entlastet sind und eine weitere Bevorteilung gegenüber anderweitiger Ausrichtung nicht angezeigt sind.

Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. April 2009