Geschäft: Gültigkeit der Kantonsratswahl für die Amtsdauer 2008/2012

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer01.08.02
TitelGültigkeit der Kantonsratswahl für die Amtsdauer 2008/2012
ArtKR Mutation Validierung
ThemaGrundlagen und Organisation
FederführungDepartement des Innern
Eröffnung15.4.2008
Abschluss2.6.2008
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
BotschaftNachtragsbotschaft der Regierung vom 20. Mai 2008
BotschaftBotschaft der Regierung vom 22. April 2008
AntragAntrag Rechtspflegekommission zu Ziff. 5 vom 2. Juni 2008
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
1.8.2019Gremium24.6.2024
Statements
DatumTypWortlautSession
2.6.2008Wortmeldung

(im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten.

Wir befinden uns in einer Situation, die noch nie dagewesen ist. Ich blättere zurück, frühere Zeiten, da hat es immer wieder Parteiwechsel gegeben. Es hat sogar Wahlkreiswechsel gegeben und dort ist alles problemlos vonstatten gegangen und jetzt sind wir plötzlich vor der Situation, dass offenbar die Validierung nicht möglich sein sollte. Die Regierung spricht in ihrem Brief von Wählerwillen der nicht umgesetzt wird, auch in der Rechtspflegekommission wurde dies so diskutiert, wie wir gehört haben vom Präsident. Wir sind aber der Meinung, dass mit Keller-Rapperswil-Jona, die trotz allen Diskussionen 4609 Stimmen erhalten hat, absolut weit am meisten Stimmen, dementsprechend bei einer nicht Validierung genau dieser Wählerwille nicht umgesetzt wäre. Es stand auch in der Zeitung, Keller-Rapperswil-Jona wäre die Panaschierkönigin, sie hat sehr viele Stimmen erhalten von Leuten ausserhalb der CVP-Fraktion und wir können feststellen, dass wenn jemand Keller-Rapperswil-Jona gewählt hat, dann wurde sie als Person gewählt, in erster Linie und darum sind wir der Meinung, dass die Kantonsratswahl, wie eigentlich gewohnt, nach Amt und Namen erfolgt und dementsprechend der Wählerwille umgesetzt worden ist. Es ist auch nicht ganz klar ob die Validierung rechtmässig ist oder nicht, wegen dem Bundesgericht usw. Ich habe mal gehört, dass man im Zweifel für die Angeklagte oder den Angeklagten entscheiden soll.

Session des Kantonsrates vom 2. und 3. Juni 2008
2.6.2008Wortmeldung

Es ist mir wie Ledergerber-Kirchberg unangenehm dieses Problem lösen zu müssen weil wir keine Vorerfahrungen in diesem Gebiet haben. Ich denke, aber vor kurzem sind wir als Vertreterinnen und Vertreter der Regionen und der Leute in dieses Parlament gewählt worden und wir müssen heute einen Entscheid fällen. Im Laufe der vielen Diskussionen um die Validierung von Keller-Rapperswil-Jona wurde mir bewusst, dass verschiedenste gute Argumente für und gegen eine Validierung sprechen. Für uns als aussenstehende ist es aber sehr schwierig nachzuprüfen wer, wann, was, zu wem gesagt hat. Auf jeden Fall ist die Tatsache, dass die Überlegungen von Keller-Rapperswil-Jona zum Parteienwechsel erst nach der Wahl publik wurden, d.h. für die Wähler war das auch erst nach der Wahl klar. Auf jeden Fall appelliere ich nun an das Parlament den heute gefällten oder zu fällenden demokratischen Entscheid zu akzeptieren. Ich würde es insbesondere nicht verstehen wenn gerade die SVP-Fraktion diesen demokratisch Entscheid vor einem Richter überprüfen und beurteilen lassen würde.

Session des Kantonsrates vom 2. und 3. Juni 2008
2.6.2008Wortmeldung

Damit ich den Antrag nicht zu spät stelle: Sollten Sie Keller-Rapperswil-Jona ihr Mandat nicht validieren, dann beantrage ich, dass der gesamte Kreis See-Gaster nicht validiert wird. Ich weiss nicht wie Sie es kombinieren und in welcher Reihenfolge Sie abstimmen wollen. Für mich haben die beiden Fragen eine enge Verbindung. Wenn Sie dann den echten Wählerwillen wollen, dann müssen Sie die Wahl im Kreis neu durchführen. Ich möchte diesen Antrag jetzt gestellt haben aber Sie können selbstverständlich aus meiner Sicht zuerst über die erste Frage abstimmen und wenn das für Keller-Rapperswil-Jona negativ ist, dann halt die Anschlussfrage stellen und der ganze Kreis nicht validiert wird.

Session des Kantonsrates vom 2. und 3. Juni 2008
2.6.2008Wortmeldung

Zur Behauptung von Güntzel-St.Gallen: Keller-Rapperswil-Jona wäre gebeten worden ihren Übertritt erst nach der Erneuerungswahl des Kantonsrates vorzunehmen. Ich war Mitglied des Wahlstabes der CVP-Linth. Die CVP-Linth hat Keller-Rapperswil-Jona nominiert. Selbstverständlich war ich an der Nominationsversammlung dabei. An der Nominationsversammlung war keine Rede davon. Weder seitens von Keller-Rapperswil-Jona noch seitens jemand anderem Es könnte ein Übertritt ihrerseits von der CVP- in die SVP-Fraktion bevorstehen. Keller-Rapperswil-Jona hat die Kandidatur unterzeichnet. Klarer kann ein Bekenntnis für eine Liste zu kandidieren nicht sein. Die nötige Anzahl von Teilnehmern an der Versammlung hat den Wahlvorschlag unterzeichnet und diese Unterzeichner müssen sich unter den gegebenen Voraussetzungen nun tatsächlich verschaukelt vorkommen. Ich möchte bekräftigen, dass das nicht geschehen ist, dass Keller-Rapperswil-Jona gebeten worden ist ihren Entscheid zu vertagen und erst nach der Erneuerungswahl sich zu entscheiden. Ein solches Vorgehen einer Parteispitze wäre die sicherste Methode einen sicheren Sitz zu verlieren, eine solche Behauptung ist absurd.

Session des Kantonsrates vom 2. und 3. Juni 2008
2.6.2008Wortmeldung

Die SP-Fraktion ist unglücklich über die Vorgänge rund um den Parteiwechsel von Keller-Rapperswil-Jona. Wir sind der Meinung, dass sich ein Parteiwechsel so kurz nach der Wahl und ev. im Kopf auch bereits schon vor der Wahl nicht gezielt. Auch wenn ein Partei- und Fraktionswechsel grundsätzlich möglich und aller Wahrscheinlichkeit rechtlich nicht wirklich anfechtbar wäre, so hätten wir es doch gerne gesehen wenn Keller-Rapperswil-Jona die Konsequenzen ehrlicherweise selber gezogen und das Mandat nicht angenommen hätte. Wir glauben, dass mit der Kandidatur von Keller-Rapperswil-Jona auf der CVP-Liste die Wählerschaft getäuscht worden ist. Auch wenn die Rechtslage nicht eindeutig und klar ist, wie schon mehrfach erwähnt worden ist, so müssen wir aber doch heute entscheiden. Die SP-Fraktion war zwar gespalten, ist in der Mehrheit jedoch für die Nichtvalidierung der Wahl von Keller-Rapperswil-Jona.

Session des Kantonsrates vom 2. und 3. Juni 2008
2.6.2008Wortmeldung

Ratspräsidentin: Ich muss Sie nun darüber informieren, dass Keller-Rapperswil-Jona zum Geschäft 01.08.02 «Gültigkeit der Kantonsratswahl für die Amtsdauer 2008/2012» in den Ausstand treten wird.

Session des Kantonsrates vom 2. und 3. Juni 2008
2.6.2008Wortmeldung

Präsident der Rechtspflegekommission: Auf die Vorlage ist nicht einzutreten.

Die von Ihnen heute Vormittag gewählte provisorische Rechtspflegekommission hat die Botschaft der Regierung vom 22. April 2008 sowie die Nachtragsbotschaft der Regierung vom 20. Mai 2008 beraten. Die Ergebnisse der Wahl des Kantonsrates für die Amtsdauer 2008/2012 wurden im Amtsblatt vom 31. März 2008 veröffentlicht. Gegen die Durchführung der Wahl und deren Ergebnisse sind keine Beschwerden eingegangen.

In Bezug auf die im Amtsblatt publizierten Wahlergebnisse ist in der Zwischenzeit eine Änderungen eingetreten: Der in die Regierung gewählte Regierungsrat Stefan Kölliker, Bronschhofen, hat den Rücktritt aus dem Kantonsrat erklärt. Der nachrückende Max Rombach, Oberuzwil, hat die Annahme der Wahl erklärt. Die Regierung hat Ihnen daher eine entsprechende Nachtragsbotschaft zugeleitet.

Gemäss den beiden Botschaften der Regierung erfüllen alle 120 in den Kantonsrat gewählten Personen die rechtlichen Voraussetzungen zur Wahl in den Kantonsrat. Mit Schreiben vom 27. Mai 2008 an das Präsidium hat die Regierung jedoch darauf hingewiesen, dass die auf der Liste Nr. 6 CVP-Linth-West gewählte Kantonsrätin Keller-Rapperswil-Jona, kurz nach ihrer Wiederwahl einen Parteiwechsel von der CVP- zur SVP-Fraktion vollzogen hat. Die Regierung warf die Frage auf, ob Keller-Rapperswil-Jona, vor dem Hintergrund des Parteiwechsels das Amt ausüben kann oder nicht. Die Regierung bat das Präsidium, sich dieser Angelegenheit anzunehmen und dem Kantonsrat nötigenfalls zu beantragen, die Wahl von Keller-Rapperswil-Jona, als ungültig zu erklären.

Der Präsident der Rechtspflegekommission 2004/2008 liess bei der Staatskanzlei zu dieser Frage eine Stellungnahme erarbeiten. Die im Rahmen der Eröffnungssession bestimmte Rechtspflegekommission zur Vorbereitung der Feststellung der Gültigkeit der Wahl des Kantonsrates der Amtsdauer 2008/2012 hat die beiden Botschaften der Regierung an ihrer heutigen Sitzung beraten, insbesondere auch die Frage der Gültigkeit der Wahl von Keller-Rapperswil-Jona. Dabei wurde ihr Gelegenheit gegeben, im Sinn des rechtlichen Gehörs, ihren Standpunkt darzulegen.

Die Rechtspflegekommission beantragt Ihnen mit 9:5 Stimmen bei 1 Enthaltung, die Wahl von Keller-Rapperswil-Jona, als ungültig zu erklären. Die Redaktionskommission gelangte nach eingehender Diskussion zum Schluss, dass der verfassungsrechtliche Anspruch, wonach kein Wahlergebnis anerkannt werden darf, das nicht den freien Willen der Stimmberechtigten zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt, im vorliegenden Fall nicht gewahrt wurde. Nach Art. 37 der Kantonsverfassung werden die Mitglieder des Kantonsrates im Proporzverfahren gewählt. Dieses verlangt, dass das Wahlresultat zu einer entsprechenden repräsentativen Zusammensetzung des Parlaments führen soll.

In der Redaktionskommission wurde angeregt, die Frage des Parteiwechsels von Mitgliedern des Kantonsrates gesetzlich zu regeln. Diese Anregung stiess auf breite Zustimmung. Die Rechtspflegekommission 2008/2012 wird sich dieser Frage an einer nächsten Sitzung annehmen müssen.

Nach dem Entscheid der Rechtspflegekommission über den ersten Antrag wurde ein weiterer Antrag gestellt. Nicht nur die Wahl von Keller-Rapperswil-Jona sondern die Wahl aller Kantonsrätinnen und Kantonsräte des Wahlkreises See-Gaster als ungültig zu erklären. Dieser Antrag wurde mit 9:5 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt.

Dementsprechend beantragen wir Ihnen, die Ungültigkeit der Wahl von Keller-Rapperswil-Jona festzustellen und die Gültigkeit der Wahl der übrigen 119 Mitgliedern des Kantonsrates festzustellen.

Session des Kantonsrates vom 2. und 3. Juni 2008
2.6.2008Wortmeldung

beantragt nach Art. 132 des Kantonsratsreglements Abstimmung mit Namensaufruf.

Session des Kantonsrates vom 2. und 3. Juni 2008
2.6.2008Wortmeldung

Ratspräsidentin: Ich habe Sie richtig verstanden: Diesen Antrag stellen Sie nur eventualiter für den Fall, dass Keller-Rapperswil-Jona nicht validiert wird. Ich werde das im Nachgang abstimmen.

Session des Kantonsrates vom 2. und 3. Juni 2008
2.6.2008Wortmeldung

Ratspräsidentin: Wenn ich richtig gehe, fällt der Antrag von Güntzel-St.Gallen dahin. Damit haben Sie gesamthaft 120 Mitglieder des Kantonsrates validiert.

Folgende Mitglieder des Rates haben sich für die Abgabe eines Schriftlichen Gelübdes entschieden:

  • Bachmann-St.Gallen, SP-Fraktion;

  • Blumer-Gossau, SP-Fraktion;

  • Friedl-St.Gallen, SP-Fraktion;

  • Graf Frei-Diepoldsau, SP-Fraktion;

  • Gysi-Wil, SP-Fraktion;

  • Hartmann-Flawil, SP-Fraktion;

  • Lemmenmeier-St.Gallen, SP-Fraktion.

Session des Kantonsrates vom 2. und 3. Juni 2008
2.6.2008Wortmeldung

Auf die Vorlage ist einzutreten.

Lassen Sie mich als nicht ganz unerfahrenes Mitglied in dieser Frage, wie es Nufer-St.Gallen bei anderer Gelegenheit zu sagen pflegt einige Überlegungen anbringen.

Erstens stelle ich fest, aufgrund der Anhörung auch heute in der Rechtspflegekommission - ich bin überzeugt, dass ich damit kein Kommissionsgeheimnis verletze - kann nicht bewiesen werden, ob der Zeitpunkt der inneren Beschlussfassung von Keller-Rapperswil-Jona vor den Wahlen oder nach den Wahlen gefällt worden ist. Es ist aber unbestritten, dass Gespräche im letzten Herbst zwischen ihr und verschiedenen Vertretern der CVP-Fraktion stattgefunden hatten und dass zumindest ein allfälliger Wechsel damals nicht völlig ausgeschlossen werden konnte. Ob die Aussage von Keller-Rapperswil-Jona, wie sie auch in den Medien zu lesen war sie solle, wenn sie diesen Schritt überhaupt mache, dies nicht vor den Wahlen tun, genau 1:1 den damaligen Aussagen entspricht, kann dahin gestellt bleiben. Aber es ist für mich eindeutig, dass CVP-Vertreter aus der Orts- und Kreispartei zumindest von Überlegungen in Kenntnis hatten, als sie Keller-Rapperswil-Jona auf die Liste setzten und sogar, wie ich das in Erinnerung habe, als Spitzenkandidatin auf ihrer Teilliste setzt.

Damit liegt durchaus eine gewisse Verantwortung. Sollte man vom nicht eingehaltenen Wählerwillen oder nichterfüllten Wählerwillen sprechen, auch bei diesen Repräsentanten. Ob es sich dabei selber um Kantonsräte oder Parteifunktionäre handelt spielt damit keine Rolle. Aber es kann auf jeden Fall nicht die Rede davon sein, Keller-Rapperswil-Jona hätte ohne jegliche Andeutung plötzlich jetzt einen Monat nach den Wahlen die Partei gewechselt. Das hat für mich auch im Zusammenhang mit dem Wählerwillen einen Einfluss.

Ich bin mir bewusst, dass wenn es nachher dann von welcher Seite auch immer, zu einer rechtlichen Überprüfung oder Anfechtung eines Beschlusses unseres Rates kommt, das dann sogennant rechtlich entschieden wird. Diese Frage lässt sich nicht hundertprozentig oder mathematisch von der politischen Komponente trennen. Selbstverständlich werden dann die weisen Richter, wo sie auch immer sitzen sagen, es wäre ein Rechtsentscheid. Ich sage Ihnen das jetzt nicht weil ich Angst habe, es würde sowieso falsch entschieden was auch immer falsch ist. Sondern ich meine, hier geht es primär um eine politische Frage um welchen Wählerwillen dass es dann auch überhaupt ginge oder geht. Geht es dann um den Wählerwillen jener Leute, die nur die CVP-Fraktion wählten ohne zu panaschieren, geht es um den gesamten Wählerkreis des Kreises See-Gaster. Ich meine, auch diese Frage liesse sich auch stellen und müsste im Rechtsverfahren gestellt werden. Damit müsste man mindestens sagen, ein Anteil der Bevölkerung wollte Keller-Rapperswil-Jona in den Kantonsrat wählen und hat es auch getan. Es ist für mich zu einfach, die ganzen Überlegungen nur aus Parteisicht zu sehen. Ich sage das nicht deshalb weil auch Exponenten dieser Partei, die das vielleicht speziell so sehen möchten bei anderen Wahlen in Bern den Volkswillen auch nicht in allen Fällen so hoch gehalten haben, wir jetzt plötzlich wichtig ist. Man wusste damals schon, dass unter Umständen jemand der in den Bundesrat gewählt wird gegen den Willen jener Partei aus jener Partei ausgeschlossen wird. Auch das war bekannt. Damit bitte ich Sie, das ganze auch unter politischer Würdigung zu sehen und ich bitte Sie, zuerst nochmals zu überlegen, bevor Sie welchen Knopf auch immer drücken oder wenn das Abstimmungsverfahren offen ist, was Sie sagen, wie Sie sich entscheiden, welchen Wählerwillen Sie höher gewichten. Den Wählerwillen, dass Keller-Rapperswil-Jona mit einem sehr guten Resultat gewählt worden ist oder die Frage ob allenfalls ihr Entscheid vor anstatt nach der Validierung dann hätte es gemäss heutiger Information in der Rechtspflegekommission auch wieder höchstens Unzufriedene gegeben aber keine rechtliche Diskussion, welchen Entscheid Sie höher gewichten.

Session des Kantonsrates vom 2. und 3. Juni 2008