Geschäft: Herzchirurgische Versorgung von st.gallischen Patientinnen und Patienten

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer40.17.07
TitelHerzchirurgische Versorgung von st.gallischen Patientinnen und Patienten
ArtKR Berichterstattung
ThemaGesundheitspflege, Sozialversicherung, Sozialhilfe
FederführungGesundheitsdepartement
Eröffnung18.2.2008
Abschluss20.2.2018
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
BotschaftBericht der Regierung vom 24. Oktober 2017
AntragKommissionsbestellung vom 27. November 2017
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
1.8.2019Gremium19.1.2023
Statements
DatumTypWortlautSession
20.2.2018Wortmeldung

Louis-Nesslau, Ratspräsident, stellt Kenntnisnahme vom Bericht «Herzchirurgische Versorgung der st.gallischen Patientinnen und Patienten» fest.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. Februar 2018
20.2.2018Struktur

Die Spezialdiskussion wird nicht benützt.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. Februar 2018
20.2.2018Wortmeldung

Louis-Nesslau, Ratspräsident, stellt Eintreten auf die Vorlage fest.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. Februar 2018
20.2.2018Wortmeldung

Regierungspräsidentin Hanselmann: Auf den Bericht ist einzutreten.

Vielen Dank für Ihre Voten, und für einmal kann ich sagen, alle Voten sind berechtigt mit ihren Anliegen, mit ihren Wünschen, aber auch mit ihren Erwartungshaltungen. Sei es der Hinweis, dass geografisch gesehen die Ostschweiz in der gesamten Behandlungskette in der Herzchirurgie Brachland ist, aber auch der Hinweis, dass es nicht darum gehen könne, das Know-how weiter zu verzetteln, sei es der Hinweis, man müsse gesamtschweizerisch koordinieren und keine Überkapazitäten schaffen, oder es dürfe nicht auf Kosten der Regionalspitäler gehen, das würde die Landbevölkerung mit dem Anspruch einer guten Grundversorgung ebenfalls nicht verstehen, sei es der Hinweis, das Beschwerderisiko von den anderen Kantonen sei gross, oder die anderen Kantone sollen koordinieren und konzentrieren, es dürfen keine Überkapazitäten geschaffen werden.

Also irgendwo sehen Sie in der Fülle dieser Anforderungen, Herausforderungen, Wünsche und Erwartungshaltungen wahrscheinlich auch ein grosses Fass, ich nenne es jetzt nicht ein bodenloses Fass, in dem wir uns als Gesundheitsdirektoren und -direktorinnen zu bewegen haben, in dem wir als Regierungen gesamtschweizerisch zu entscheiden haben. Ich bin froh, dass Sie die neuen Regeln anerkennen, dass Sie die juristischen Rahmenbedingungen auch akzeptieren. Wir können uns nicht jetzt schon quasi positionieren oder dürfen/wollen Partei ergreifen, weil die Rahmenbedingungen so gesetzt sind, dass alle Leistungserbringer für die Spitalplanung, dann, wenn sie eingeladen werden, sich zu bewerben, um auf diese Spitalliste zu kommen, ihren Leistungsauftrag einreichen. Das können alle Institutionen, die das Gefühl haben, sie können und wollen das. Wir sind verpflichtet, nach klaren Kriterien zu bewerten und nicht nach individuellem Gutdünken, das hat Warzinek-Mels erwähnt. Das werden wir auch tun, weil wir kein Juristenfutter werden wollen, sondern dann auf einer guten Grundlage entscheiden können. Das einmal zur Sachlage.

Zehn Jahre – es wurde darauf hingewiesen durch Jäger-Vilters-Wangs, dass die Regierung eine defensive Haltung einnehme. Ich sage, Sie nehmen eine offensive Haltung ein und weisen darauf hin – ich habe den Bericht extra mitgenommen –, dass wir einen Entwurf hatten, der bereits am 15. Januar 2010 diskutiert wurde, nämlich im Bereich der herzchirurgischen Versorgung von st.gallischen Patientinnen und Patienten. Der Spitalverwaltungsrat sowie die Regierung haben diese Vorlage beraten, und in Absprache mit dem damaligen Fraktionspräsidenten wurde dann entschieden, dass diese Vorlage in jenem Umfeld nicht dem Kantonsrat zur Verfügung gestellt wird, um das zu diskutieren. Der damalige Fraktionschef nickt kräftig – vielen Dank. Das war damals so, weil sich die Landschaft sehr geändert hat mit der neuen Spitalfinanzierung. Die Eigentümerverhältnisse haben sich geändert und es gab eine neue Spitalplanungsmethode. Daran mussten wir uns auch halten und uns auch ausrichten. Die hochspezialisierte Medizin war damals – ich durfte dieses Gremium präsidieren – ebenfalls in der Diskussion: Was gehört in der herzchirurgischen Versorgung überhaupt zur hochspezialisierten Medizin? Man hat damals diskutiert, ob die ganze Behandlungskette dazugehört oder nur Teile davon. Und weil man nicht auf einen gemeinsamen Nenner gekommen ist, hat man entschieden, dass nur die Herztransplantation zur hochspezialisierten Medizin gehört. Dieses Thema war damals ebenfalls virulent, und eine solche Vorlage wäre tatsächlich ganz quer in der Landschaft gestanden.

Ich möchte noch zwei, drei Hinweise zu den Zahlen geben oder sagen: Sie haben erwähnt, dass die Zahlen steigen, das stimmt. Dass heute mit der Qualität in Herzteams gearbeitet werden soll, auch das ist sicher korrekt. Wir haben aber gesehen, dass in den Zahlen 2015/2016 im Kanton St.Gallen eine sehr starke Steigerung festgestellt wurde, nämlich um 25 Prozent, im schweizerischen Durchschnitt aber das Ganze nur um 2 Prozent gestiegen ist. Wir haben nachgefragt beim Bundesamt für Gesundheit (BAG), wir haben bei den Fachleuten nachgefragt, warum diese enorme Steigerung gerade in unserem Kanton einzig 25 Prozent gewesen ist. Es konnten noch keine schlüssigen Erkenntnisse daraus gezogen werden. Mit der neuen Fallzahl 2016 weist der Kanton St.Gallen mit 107 Eingriffen je 100'000 Einwohner eine deutlich höhere Eingriffsdichte auf als die gesamte Schweiz mit 85 Eingriffen. Und im Jahr 2015 waren es noch 85 Eingriffe im Schnitt je 100'000 Einwohner. Da muss man jetzt abwarten und schauen, ob sich diese Tendenz tatsächlich weiter erhöht oder was hinter dieser Erhöhung liegt.

Auch aus der Sichtweise, stärker interkantonal zu koordinieren, ist es natürlich schwierig, diese Anforderungen erfüllen zu können. Man kann natürlich legitim sagen, die anderen Kantone sollen jetzt abbauen und wir bauen auf. Aber Sie wissen so gut wie ich, dass wenn da nicht ein klarer Hebel in die Hand genommen werden kann, niemand abbauen wird. Da bin ich mir noch nicht schlüssig, wie das gelingen soll und kann.

Gestatten Sie mir noch diesen Hinweis aus einer Gesamtsicht, den wir als Regierung auch walten lassen müssen. Gestern haben Sie die Kosten, die auf die Spitäler zukommen, sehr intensiv diskutiert. Sie haben Massnahmen gefordert, und Hand aufs Herz, jeder Ausbau kostet irgendwo. Das muss aber der Verwaltungsrat entscheiden. Wir haben Public Corporate Governance, die unternehmerische und politische Ebene sind klar getrennt, das ist auch gut so, weil wir juristische Grundlagen haben, denen wir verpflichtet sind. Wenn ein Leistungsauftrag eingereicht wird, dann werden wir diesen zur gegebenen Zeit natürlich in diese Spitalplanung miteinbeziehen, ihn bewerten, wie wir alle anderen Leistungsaufträge bewerten werden nach den Kriterien, die für alle gelten. Das hat nichts damit zu tun, ob jemand das kann oder nicht, in der Bewertung natürlich schon. Dass das Kantonsspital ein hohes Know-how in diesem Bereich mitbringt und das sicher auch umsetzen könnte, an dem zweifelt niemand. Wir haben aber Rahmenbedingungen, die einzuhalten sind und die werden wir auch einhalten, weil wir juristisch nicht angreifbar werden wollen und dadurch auch das Beschwerderisiko möglichst minim halten möchten.

Ich danke Ihnen für die Kenntnisnahme dieser Rahmenbedingungen und auch der ganzen Abläufe, die hier respektiert werden sollen und auch werden müssen. Wir alle sind in der Verantwortung, Leistungen nicht einfach jetzt zu erweitern, sondern mit einer guten Entscheidung und einer guten Spitalplanung so die Leistungen gut verteilen zu können.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. Februar 2018
20.2.2018Wortmeldung

Ammann-Waldkirch: Auf den Bericht ist einzutreten.

Erlauben Sie mir noch eine Darlegung der medizinischen Sicht einer möglichen Herzmedizin am Standort St.Gallen. In einem Punkt sind wir uns wohl in diesem Rat einig: Ohne Herz geht nichts, weder bei Ihnen noch bei mir noch in diesem Rat oder gar in einer Beziehung.

Die Zeiten in der Medizin haben sich geändert und werden sich weiter ändern. Dies gilt, wie wir bereits gehört haben, ganz speziell in der Herzchirurgie, deren grosse Fortschritte zusammen mit der erwähnten Kardiologie zu ganz wesentlichen Verbesserungen der Behandlung aller Herzkrankheiten geführt haben. Herzchirurgische Eingriffe gehören heute zur Grundversorgung eines Zentrumsspitals, dabei handelt es sich nicht, wie von der SVP-Fraktion erwähnt wird, um hochspezialisierte Medizin, sondern um völlige Routineeingriffe an Klappen und Gefässen. Voraussetzung dazu ist der Aufbau eines Herzteams, d.h. die enge Zusammenarbeit zwischen Kardiologie und Herzchirurgie. Das Kantonsspital St.Gallen – Sie haben es schon gehört – verfügt über eine der grösseren Kardiologien der Schweiz mit 2'600 Koronarangiographien oder Kathetereingriffen je Jahr.

Die Anzahl herzchirurgischer Eingriffe hat über die Jahre deutlich zugenommen und liegt nun bei Zahlen, die eine einwandfreie Herzchirurgie vor Ort problemlos erlauben würden. Ein Rückgang ist mit Sicherheit angesichts der zunehmenden Überalterung in den nächsten Jahrzehnten und der weiteren medizinischen Fortschritte nicht zu erwarten.

Ein komplettes Herzteam vor Ort ist die entscheidende Voraussetzung für eine rasche, übergangslose Abklärung und Behandlung von Herzpatienten. Sie bietet eine optimale Notfallversorgung, wo oft wenige Stunden oder gar Minuten entscheidend sein können. Nur mit einem Herzteam vor Ort kann sich die Kardiologie qualitativ weiterentwickeln und die Attraktivität in der Aus- und Weiterbildung gesichert werden. Das Herzteam sorgt für eine optimale Behandlungsqualität und für eine lokale und massgeschneiderte Abklärung mit gemeinsamem Entscheid für die Therapie und direktem Einfluss auf die Qualität.

Das Kantonsspital St.Gallen ist zuständig für die Notfallaufnahme aus unseren Nachbarkantonen. Nicht nur die Eingriffe an Klappen und Gefässen am Herzen nimmt zu, ganz neue Therapien im Rahmen der Behandlung der Herzschwäche bahnen sich an, die ohne die kardiologiebegleitete Herzchirurgie nicht durchgeführt werden können, was ein extremer Nachteil für diese schwerkranken Patientinnen und Patienten sein wird, die nicht noch stundenlange Transporte überstehen würden.

Eng mit den Herzchirurgen arbeiten heute die für Rhythmusstörungen am Herzen spezialisierten Kardiologen zusammen. Auch da ist Fortschritt nur im Rahmen eines Herzteams möglich, und Sie wissen es, Rhythmusstörungen erlauben keine Verzögerung. Auch aus dem Blickwinkel der Grundversorgung und damit des Patienten bietet sich der Aufbau eines Herzteams am Kantonsspital St.Gallen an. Alle notwendigen Voraussetzungen dazu wären vorhanden.

Ich bin froh, dass sich die Verantwortlichen bereits dazu geäussert haben, einen Antrag auf Leistungserteilung zu stellen. Widerstand von auswärts ist zu erwarten, aber rein getrieben von Eigennutz. Es erfolgt kein Aufbau eines Überangebots. Die Ostschweiz ist doch ausser der bereits erwähnten zahlenmässig unwesentlichen Herzchirurgie Kreuzlingen Niemandsland und hört nicht erst in Winterthur, sondern bereits in Zürich auf. Dort herrscht ein Überangebot, das dringend auf das notwendige Mass reduziert werden muss. Eine der Kliniken erreicht nicht einmal mehr die notwendige Anzahl an Eingriffen.

Wir sind dem Fortschritt verpflichtet, davon sollen und müssen auch die Patientinnen und Patienten des Kantons St.Gallen profitieren. St.Gallen kann es bzw. könnte es.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. Februar 2018
20.2.2018Wortmeldung

Büchler-Buchs (im Namen der SVP-Fraktion): Auf den Bericht ist einzutreten.

Wir empfehlen der Regierung, von einem allfälligen Aufbau eines herzchirurgischen Zentrums im Kanton St.Gallen im Jahr 2022 abzusehenm und zwar aus folgenden Gründen:

  1. Die Schweizer Landschaft ist geprägt von 16 Herzzentren, was ungefähr einem Herzzentrum je 1 Mio. Einwohnern entspricht und damit rund doppelt so hoch ist wie in den übrigen europäischen Ländern.

  2. Die SVP-Fraktion ist zudem der Meinung, dass wir das Know-how im Bereich der Herzchirurgie bündeln und nicht weiter auseinanderreissen sollten. In Zürich befinden sich zurzeit vier Herzzentren, welche auch die Behandlung der St.Galler Bevölkerung sicherstellen.

  3. Der Aufbau einer Herzklappen- und Bypass-Chirurgie im Kanton St.Gallen ist nach unserer Auffassung der erste Schritt zu einem späteren Ausbau zur hochspezialisierten Herzchirurgie.

  4. Aufgrund der finanziellen Lage des St.Galler Spitalverbunds sollen die Finanzen konsolidiert und nicht weiter zerstreut werden. Bei einem Ausbau der Herzchirurgie im Kanton St.Gallen ist nach unserer Meinung mit zusätzlichen Kosten für den Kanton zu rechnen.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. Februar 2018
20.2.2018Wortmeldung

Kofler-Uznach (im Namen der SP-GRÜ-Fraktion): Auf den Bericht ist einzutreten.

Seit der Überweisung des Postulats sind zehn Jahre vergangen. Der erste Entwurf einer Antwort auf das Postulat lag bereits ein Jahr später vor, wurde dem Kantonsrat aber nicht zugeleitet, da sich verschiedene einschneidende Veränderungen in der Spitallandschaft abzeichneten. Diese sind in der Zwischenzeit auch eingetreten. So wird heute u.a. die Abgeltung für die Spitäler einheitlich über den SwissDRG geregelt, und zuletzt übertrug der Kantonsrat, entgegen dem Willen unserer Fraktion, die Spitalimmobilien den einzelnen Spitalverbunden. Die Regierung und der Kantonsrat haben heute im Gegensatz zur Situation vor zehn Jahren nur noch beschränkt Einfluss auf die Geschäfte der Spitäler.

Im Kanton St.Gallen besteht am Kantonsspital wohl eine Klinik für interventionelle Kardiologie mit einem ausgezeichneten Ruf, jedoch keine Abteilung für Herzchirurgie, sodass am Kantonsspital weder Herzklappen noch koronare Bypass-Operationen durchgeführt werden können. Trotzdem sind wir heute und waren bisher in Bezug auf die Herzchirurgie in den letzten zehn Jahren gut versorgt. Auf der noch bis Mitte des Jahres 2022 gültigen Spitalliste des Kantons figurieren als herzchirurgische Leistungserbringer das Universitätsspital Zürich und die Klinik Hirslanden Zürich. Diese Kliniken sind von St.Galler Patienten und Patientinnen sowie von deren Angehörigen problemlos zu erreichen. Wie der Bericht aufzeigt, klappt die Zusammenarbeit dieser beiden Kliniken mit den St.Galler Spitälern bestens. Aus heutiger Sicht wird diese Zusammenarbeit in medizinischen Bereichen über die Kantonsgrenzen hinaus immer wichtiger, wie auch der in der Novembersession verabschiedete Bericht zum Joint Medical Master aufzeigt.

Die in der Kommissionssitzung anwesenden Experten Prof. Hans Rickli, Chefarzt Klinik für Kardiologie, Kantonsspital St.Gallen, und Prof. Friedrich S. Eckstein, Chefarzt Herzchirurgie, Universitätsspital Basel, setzten sich stark für die Installierung einer herzchirurgischen Abteilung am Kantonsspital St.Gallen ein. Gemäss ihren Ausführungen hat sich die Situation im Verlauf der letzten Jahre aufgrund des medizinischen Fortschritts stark gewandelt. Die Kardiologie und die Herzchirurgie sind immer weniger voneinander zu trennen. Längerfristig werde eine Kardiologie ohne Herzchirurgie am gleichen Standort kaum mehr möglich sein.

Diesem Vorhaben stehen wir ablehnend gegenüber. Wir befürchten eine Mengenauswertung und damit verbunden höhere Kosten für den Kanton und die Prämienzahler. In der Schweiz besteht bereits eine Überkapazität an Herzzentren, wie meine Vorredner schon ausführten, wobei sich diese Zentren hauptsächlich auf die Städte Zürich, Bern, Lausanne und Genf konzentrieren. 11 der 16 Herzzentren weisen gemäss den Empfehlungen der europäischen Gesellschaft für Herzchirurgie und Kardiologie zu tiefe Fallzahlen aus. Darunter leidet die Qualität. Patienten und Patientinnen haben bei hochkomplexen Eingriffen bessere Chancen, wenn die Chirurgen mit ihren Teams erfahren sind und regelmässig Operationen durchführen. Das Einführungsgesetz zur Bundesgesetzgebung über die Krankenversicherung (sGS 331.11; abgekürzt EG-KVG) schreibt bezüglich der Spitalplanung eine Koordination mit den Nachbarkantonen vor. Es ist davon auszugehen, dass die Regierungen unserer Nachbarkantone Vorbehalte gegen die Einrichtung einer Klinik für Herzchirurgie am Kantonsspital St.Gallen anbringen werden.

Wie Daniel Germann, Direktor und Vorsitzender der Geschäftsleitung des Kantonsspitals St.Gallen an der Kommissionssitzung ausführte, wird die Geschäftsleitung bei der Regierung einen Leistungsauftrag für eine Herzchirurgie am Kantonsspital für die Spitalliste 2022 beantragen. Die Kompetenzen für die Erstellung der Spitalliste liegen bei der Regierung. Der Kantonsrat hat kein Mitspracherecht. Als Folge der auf den 1. Januar 2017 in Kraft gesetzten Immobilienstrategie ist die Einflussnahme des Kantonsrates auch auf einen baulichen Ausbau der Herzchirurgie am Kantonsspital St.Gallen begrenzt. Der Kantonsrat könnte über eine allfällige Bauvorlage nicht mehr beschliessen, sondern nur noch über die Gewährung eines Darlehens an das Kantonsspital abstimmen.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. Februar 2018
20.2.2018Wortmeldung

Warzinek-Mels (im Namen der CVP-GLP-Fraktion): Auf den Bericht ist einzutreten.

Grundlage des Berichts ist, das hat der Kommissionspräsident erläutert, das Postulat, das seitens der FDP-Fraktion im November 2007 eingereicht wurde. In den nun vergangenen zehn Jahren haben sich die Rahmenbedingungen elementar verändert. Wesentlich erscheint, dass die Spitalregionen verselbständigt sind und der Entscheid für oder gegen eine Herzchirurgie im Wesentlichen und insbesondere initial kein politischer mehr ist. Primär entscheiden eventuelle Anbieter, ob sie eine Bewerbung im Bereich Herzchirurgie einreichen. Auf die Eröffnung einer Herzchirurgie kann der Kanton mit den Instrumenten der Spitalplanung und der Spitalliste Einfluss nehmen. Die Zuständigkeit dafür wurde der Regierung übertragen. Die nächste Revision der Spitalplanung des Kantons St.Gallen im Bereich Akutsomatik erfolgt voraussichtlich auf Mitte des Jahres 2022.

Aktuell stellt sich die Frage nach einer St.Galler Herzchirurgie also nicht. In der derzeit gültigen Spitalliste 2017 wurden das Universitätsspital Zürich und die Klinik Hirslanden Zürich für die Leistungsgruppen im Bereich Herzchirurgie berücksichtigt. Falls sich zukünftig ein St.Galler Leistungserbringer im Bereich Herzchirurgie bewerben sollte, muss die Regierung eine Beurteilung gemäss vorgegebenen Evaluationskriterien unter Berücksichtigung von z.B. Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit vornehmen.

Die Regierung kann bzw. soll sich zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht dahin gehend äussern, wie sie bei einer Überarbeitung der Spitalliste mit einer allfälligen Bewerbung eines kantonalen Anbieters umgehen würde. Ein solcher vorgefasster Entscheid der Regierung könnte beim späteren Erlass der Spitalliste zu einer Beschwerde von unterlegenen Mitbewerbern beim Bundesverwaltungsgericht führen. Insofern begrüsst die CVP-GLP-Fraktion – dies im Gegensatz zu meinem Vorredner – den nüchtern gehaltenen Bericht, der den Ablauf eines Bewerbungsverfahrens korrekt schildert und nicht erkennen lässt, welches Szenario die Regierung zum jetzigen Zeitpunkt unterstützen bzw. ablehnen würden. Daher ist unsere Fraktion auch für Eintreten auf den Bericht.

Wie im Rahmen des Geschäftes zu erfahren war und auch in der Medienmitteilung öffentlich gemacht wurde, hat die Geschäftsleitung des Kantonsspitals St.Gallen beschlossen, der Regierung einen entsprechenden Leistungsauftrag für die neue Spitalliste ab dem Jahr 2022 zu beantragen und die Vorbereitung an die Hand zu nehmen. Dies versteht und begrüsst die CVP-GLP-Fraktion, ohne jedoch jetzt schon auf einen positiven oder negativen Entscheid, den die Regierung erst in einigen Jahren zu treffen hat, drängen zu wollen.

Folgende Aspekte sprechen aus unserer Sicht dafür, dass der Aufbau einer Herzchirurgie am Kantonsspital St.Gallen vorbereitet und geprüft wird:

  1. Mit dem Bau des Hauses 7a ergibt sich in den kommenden Jahren eine spezielle Situation mit speziellen räumlichen Möglichkeiten, die man nicht ungeprüft verstreichen lassen sollte. Die Kardiologie am Kantonsspital arbeitet jetzt erfolgbringend und erwirtschaftet für das Unternehmen Gewinne. Eine Herzchirurgie wird gemäss Ausführungen der vorberatenden Kommission unter Berücksichtigung von Aufbau-, Personal-, aber auch Sach- und Gemeinkosten weitere Gewinne für das Unternehmen generieren in der Höhe von rund 7 Mio. Franken je Jahr. Der Kanton hat mit keinem Kreditbegehren zu rechnen analog dem Geschäft, das wir jetzt mit der Pädiatrie erlebt haben.

  2. Die Herzchirurgie ist im Gegensatz zur Situation im November 1995, bei der das St.Galler Stimmvolk schon einmal über eine Herzchirurgie abgestimmt und diese abgelehnt hat, nicht mehr Teil der so genannten hochspezialisierten Medizin. Sie können die Herzchirurgie mit dem Spektrum, mit dem es am Kantonsspital angeboten werden soll, heute auf einer Stufe mit zahlreichen anderen chirurgischen Disziplinen sehen. Die Volksabstimmung liegt bald ein Vierteljahrhundert zurück und die damaligen Verhältnisse dürfen heute als medizingeschichtlich bezeichnet werden.

  3. Während über viele Jahre hinweg in der Medizin oftmals eine Entwicklung in eine immer weiter führende Spezialisierung führte, scheint in den letzten Jahren Fortschritt v.a. in Kooperationen und interdisziplinären Zusammenarbeitsmodellen möglich. Es gibt eine solche Teambildung gerade auch in Bezug auf Organsystem und bestimmte Erkrankungen. So ist es heutzutage selbstverständlich, dass die Behandlung von Erkrankungen der Lunge von nicht operativ tätigen Pneumologen und operierenden Thoraxchirurgen und die Behandlung von Bauchorganen von nicht operierenden Gastroenterologen und operierenden Viszeralchirurgen vorgenommen wird. Es gibt zahlreiche weitere Beispiele. Eine zeitgerechte, qualitativ gute Behandlung ist nur in solchen Teams möglich. In gleicher Weise betrifft dies nun auch das Herz, und dies ist wohl ein weiterer Aspekt, der so bei der Volksabstimmung 1995 nicht bekannt gewesen sein dürfte. Kardiologie und Herzchirurgie müssen als Herzteam auftreten. Eine Kardiologie wird mittel- und langfristig ohne Herzchirurgie Entwicklungsprobleme bekommen. Die Kardiologie am Kantonsspital – mein Vorredner hat es gesagt – gehört bezüglich Fallzahlen und Kompetenz zu den grossen kardiologischen Kliniken der Schweiz. Sie braucht eine Herzchirurgie, ohne eine solche können sich am Kantonsspital auch Kollateralschäden bei anderen Disziplinen und auch in der Ausbildung – denken wir an den Joint Medical Master – einstellen.

  4. Im Bericht ist zu lesen: «Aus qualitativer Sicht wären weniger und grössere Herzzentren von Vorteil. In Anbetracht der hohen Dichte an Leistungserbringern wäre das Verständnis auf nationaler Ebene für ein zusätzliches Herzzentrum in St.Gallen gering und dürfte auf Widerstand stossen.» Tatsächlich stellen wir fest, dass einiges in der herzchirurgischen Versorgung der Schweiz in Schieflage geraten ist. Es gibt viel zu viele, insgesamt 16 Zentren, die sich jedoch in einigen Räumen, und zwar mit je vier Zentren in Zürich und am Genfersee, ballen bzw. die am falschen Ort errichtet wurden. Zentren mit deutlich zu kleinen Fallzahlen und v.a. ohne eine kompetente Kardiologie, also eine Herzchirurgie ohne entsprechendes Herzteam. Dies ist tatsächlich eine gravierende Fehlentwicklung, die durch die Verantwortungsträger an den jeweiligen Standorten zu begründen bzw. zu korrigieren ist. Daraus kann und muss unser Kanton lernen und einen elementaren Fehler vermeiden, eine Herzchirurgie aufzubauen, die nicht am Kantonsspital angesiedelt ist. Hier fehlt im Bericht eine entsprechende Aussage, dass eine Herzchirurgie, die nicht an die Kardiologie des Kantonsspitals angebunden ist, nach derzeitigem Stand der Dinge völlig sinnlos wäre.

  5. Es können ausreichend Patientinnen und Patienten für eine qualitativ gute Herzchirurgie im Raum St.Gallen gewonnen werden. Im Bericht konnten die beiden Jahre 2016/2017 nicht berücksichtigt werden, die einen weiteren Anstieg der Herzpatienten erbrachten.

All diese Gründe sprechen aus unserer Sicht dafür, dass die Idee einer Herzchirurgie am Kantonsspital weiterentwickelt wird. Es ergeben sich jedoch durchaus auch Aspekte, und da bin ich mit meinem Vorredner nicht ganz eins, die uns auch nachdenklich stimmen. So ist anzunehmen, dass die finanziellen Ergebnisse einer Herzchirurgie im Kantonsspital St.Gallen nach derzeitigen Tarifen ausreichend sind und das Kantonsspital und den Kanton nicht zusätzlich finanziell belasten sollten. Wir erleben jedoch, wie schnell sich tarifarische Kennzahlen ändern können. Was sich heute lohnt, kann morgen defizitär sein.

Zu denken ist zudem nicht nur an die kantonalen finanziellen Aspekte, sondern auch an die schweizweiten Kostenfolgen, insbesondere wenn es zu keiner Effizienzsteigerung kommt, die durch eine überkantonale Zusammenarbeit begründet ist. Übergeordnetes Ziel muss es sein, schweizweit die Anzahl von herzchirurgischen Zentren stark zu reduzieren.

Zudem, und das ist der zweite wichtige Aspekt, befinden wir uns derzeit im Kanton St.Gallen in Bezug auf Spitalinvestitionen und Spitalplanung in einer ausserordentlich unglücklichen Grosswetterlage. Ich erwähne in diesem Zusammenhang die gestrige Diskussion über die Interpellation der FDP-Fraktion 51.17.59 «Spitalinvestitionen – Fiasko vorprogrammiert!» – Ausrufezeichen, nicht Fragezeichen. Das Fiasko ist vorprogrammiert, so die Aussage dieser Interpellation. In dieser Interpellation wird u.a. nachgefragt, ob das Bauprojekt des Spitals Altstätten aufgrund einer geänderten Ausgangslage neu beurteilt wird. Wir alle müssen in Bezug auf Spitalinvestitionen politisch zu einer klaren, gradlinigen Haltung finden. Die Regionalspitäler vorzu in Frage zu stellen und gleichzeitig das Zentrum auszubauen, werden viele Menschen in unserem Kanton nicht nachvollziehen können. In verschiedenen Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern in den letzten Wochen habe ich verstehen können, dass ihnen die stationäre medizinische Grundversorgung in ihrer Region mindestens so wichtig ist wie eine Herzchirurgie am Zentrumsspital.

Zusammenfassend kommen wir in Bezug auf eine Herzchirurgie zu folgender Haltung: Bei einer Überarbeitung der Spitalliste in vier Jahren soll der Aufbau einer eigenständigen Herzchirurgie am Kantonsspital als realistische Option geprüft werden können. Eine entsprechende Bewerbung seitens des Kantonsspitals ist daher zu begrüssen. Jetzt schon eine solche Herzchirurgie definitiv und abschliessend zu befürworten, erscheint der CVP-GLP-Fraktion als verfrüht. Die tarifarische Entwicklung und insbesondere die Gesamtentwicklung unserer öffentlichen Spitäler im Kanton bleiben abzuwarten. Zudem muss in den kommenden Jahren die herzchirurgische Versorgung in der Schweiz konsequent gesamtschweizerisch, also überkantonal, geplant werden.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. Februar 2018
20.2.2018Wortmeldung

Jäger-Vilters-Wangs (im Namen der FDP-Fraktion): Auf den Bericht ist einzutreten.

Gut zehn Jahre nach Gutheissung des FDP-Postulats im Jahr 2007 liegt nun endlich der Bericht der Regierung vor. Bereits im Jahr 2004 hatte die SVP-Fraktion mit einer Interpellation die Schaffung einer Herzchirurgie am Kantonsspital St.Gallen gefordert. Die Regierung versprach in der damaligen Antwort im Jahr 2004, die Planung dazu in Angriff zu nehmen und eine Vorlage 2005 dem Kantonsrat vorzulegen. Passiert ist damals nichts.

Die Regierung hält in ihrem Bericht fest, dass sie keine Notwendigkeit zur Einführung einer Herzchirurgie sieht, umso mehr, als dass man an die aktuell gültige Spitalliste bis ins Jahr 2022 gebunden ist.

Inner- wie ausserkantonal seien 55 Prozent der Leistungen durch den Kanton zu finanzieren. Die Regierung äussert auch Zweifel darüber, ob die Zahl möglicher Eingriffe für eine gute Qualität an Herzchirurgie genügen würde. Aus Sicht der FDP-Fraktion ist die Haltung der Regierung sehr defensiv. Sicher, da sind wir einer Meinung, beruht sie u.a. auf der Tatsache, dass der Regierung die Erteilung von Leistungsaufträgen als Aufgabe zufällt und sie diese aufgrund festgelegter Qualitätsrichtlinien verabschieden muss und somit nicht Partei ergreifen kann, sondern ganz neutral sein muss.

Mit den bis zum Jahr 2017 aktualisierten Zahlen kann festgehalten werden:

  1. Die Anzahl Eingriffe an st.gallischen Patientinnen und Patienten ist in den letzten zehn Jahren von 356 auf 608 Eingriffe im Jahr 2017 angestiegen. Die Zahlen werden weiter ansteigen und die für eine gute Qualität geforderten 200 Bypass-Operationen werden problemlos erreicht werden.

  2. Die Ostschweiz ist herzchirurgisch ein Niemandsland, wenn man vom unbedeutenden Herz-Neuro-Zentrum Bodensee absieht, das auch keinen Leistungsauftrag seitens des Kantons St.Gallen erhalten hat.

  3. Herzchirurgische Eingriffe rechnen sich sehr, nicht umsonst bewegen sich v.a. die Privatspitäler und an vorderster Front die Hirslanden-Gruppe sehr gerne auf diesem Gebiet.

    Es fragt sich, wieso die Wertschöpfung nicht in Zürich anfallen soll, sondern eben bei uns. Ewas mehr Eigensinn würde auch der Ostschweiz guttun. Gemäss den der Kommission vorgelegten Zahlen seitens der Verantwortlichen des Kantonsspitals würde ein positives Ergebnis von 7 Mio. Franken je Jahr erreicht werden, nicht eingerechnet die Wertschöpfung, die sich gemäss der Regierung auf rund 17 bis 20 Mio. Franken belaufen würde. Auch würden die 23 Mio. Franken für die herzchirurgischen Eingriffe nicht an ausserkantonale Spitäler abfliessen, sondern vor Ort, hier im Kanton bleiben.

    Fazit: 40 Mio. Franken bleiben im Kanton und die 7 Mio. Franken als Gewinn dem Kantonsspital St.Gallen, das dringend auf gute Einnahmen angewiesen ist.

  4. Mit der fünft- oder sechstgrössten Kardiologie der Schweiz verfügt das Kantonsspital St.Gallen über eine hervorragende Hauptvoraussetzung zum Aufbau eines Herzteams und würde gesamtschweizerisch auf dem sechsten oder siebten Platz zu stehen kommen.

  5. Mit der Schaffung einer Herzchirurgie am Kantonsspital St.Gallen würde in der Ostschweiz keine Überversorgung entstehen. Diese besteht jetzt im Raum Zürich mit dem Angebot von vier herzchirurgischen Kliniken. Dort müsste man einmal abspecken.

Der FDP-Fraktion ist es klar, dass sich die Politik und damit unser Parlament nicht mehr zu einzelnen Leistungsaufträgen äussern soll. Im Rahmen des Wirksamkeitsberichts zur Spitalplanung, der anscheinend demnächst dem Kantonsrat zugeleitet werden soll, kann der Kantonsrat aber auch zukünftig gewisse Richtlinien oder Hinweise abgeben. Die FDP-Fraktion wird sich zur gegebenen Zeit dazu zu äussern wissen.

Die FDP-Fraktion ist klar der Meinung, dass der Zeitpunkt der Einführung einer Herzchirurgie am Kantonsspital St.Gallen gekommen ist. Sie unterstützt die Ankündigung der Verantwortlichen des Kantonsspitals St.Gallen, einen entsprechenden Antrag einreichen zu wollen. Natürlich müssen die Qualitätskriterien erfüllt sein, aber das Kantonsspital St.Gallen ist problemlos fähig dazu. Herzchirurgische Eingriffe sind heutzutage Routineeingriffe und gehören somit zum Grundservice eines Zentrumsspitals.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. Februar 2018
20.2.2018Wortmeldung

Louis-Nesslau, Ratspräsident: Das Präsidium sieht eine Eintretensdiskussion vor.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. Februar 2018
20.2.2018Wortmeldung

Locher-St.Gallen, Präsident der vorberatenden Kommission: Auf den Bericht ist einzutreten.

Die vorberatende Kommission des Kantonsrates hat den Bericht 40.17.07 «Herzchirurgische Versorgung von st.gallischen Patientinnen und Patienten» am 24. Januar 2018 eingehend diskutiert und mit eingeladenen Spezialisten die geänderten medizinischen, volkswirtschaftlichen und gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen umfassend erörtert.

Eingeladen und im ersten Teil anwesend waren die Spezialisten Prof. Hans Rickli, Chefarzt Klinik für Kardiologie, Kantonsspital St.Gallen, Dr. Daniel Germann, Direktor und Vorsitzender der Geschäftsleitung, Kantonsspital St.Gallen und Prof. Friedrich S. Eckstein, Chefarzt Herzchirurgie, Universitätsspital Basel. Es wurde von uns Wert darauf gelegt, keine Experten aus dem Raum Zürich anzuhören, weil hier eine Konkurrenzsituation besteht.

In einem vor über zehn Jahren als erheblich erklärten Postulat 43.07.38 «Herzchirurgische Versorgung von st.gallischen Patientinnen und Patienten» des Kantonsrates wurde verlangt, die Weiterführung vertraglicher Lösungen mit ausserkantonalen Anbietern dem Aufbau einer eigenen Herzchirurgie im Raume St.Gallen durch einen Dritten oder die Schaffung einer eigenen Herzchirurgie am Kantonsspital St.Gallen gegenüberzustellen. Dem Postulatsbericht liegt dieser Auftrag zugrunde.

Eine Klarstellung ist erforderlich. Die von der vorberatenden Kommission behandelte herzchirurgische Versorgung betrifft nicht die Schaffung von Angeboten im Bereich der hochspezialisierten Medizin, also Transplantationsmedizin und Kinder-Herzchirurgie, sondern sie betrifft einen allfälligen Aufbau eines eigenständigen Angebots für Bypass- und Herzklappenchirurgie im Kanton St.Gallen.

Herzchirurgische Eingriffe werden heute an insgesamt 16 Zentren in der Schweiz durchgeführt. Aufgrund der demografischen Entwicklung ist in den nächsten Jahren mit einem Anstieg der herzchirurgischen Eingriffe an st.gallischen Patientinnen und Patienten zu rechnen. Im Bericht, den Sie vor sich haben, finden sich die Zahlen aus dem Jahr 2015. Die Kommission verlangte im Rahmen ihrer Beratung aktuellere Zahlen, die nun zeigen, dass der Bedarf 2016 und 2017 wesentlich höher war und ist.

Die anwesenden Spezialisten machten deutlich, dass sich die Situation im Bereich der Eingriffe am Herz im Verlauf der letzten zehn Jahre aufgrund des medizinischen Fortschritts stark gewandelt haben. Die Kardiologie und die Herzchirurgie sind immer weniger voneinander zu trennen. Die Zusammenarbeit in Herzteams, deren Versorgungsleistung am Patienten immer fliessender wird, hat sich in den letzten Jahren erheblich verstärkt. Längerfristig – das wurde uns klargemacht – besteht die Gefahr, dass eine Kardiologie ohne Herzchirurgie am selben Standort in ihrem Leistungsspektrum stark eingeschränkt sein wird.

U.a. auch wegen dieser Entwicklung hat die Geschäftsleitung des Kantonsspitals St.Gallen beschlossen, der Regierung einen entsprechenden Leistungsauftrag für die neue Spitalliste ab dem Jahr 2022 zu beantragen und die Vorbereitungen an die Hand zu nehmen. Sie hat dies der Kommission mitgeteilt und klargemacht, dass diese Absicht und diese Beschlüsse vorhanden seien. Ihre Erwartungshaltung ist, dass sich das Kantonsspital St.Gallen für das Jahr 2022 für die neue Ausschreibung bewirbt, und das brauche Vorlaufzeit. Im Jahr 2023 kann das Gebäude 7a bezogen werden, und dies wäre nach Auffassung der Geschäftsleitung für die Versorgung der Herzpatientinnen und -patienten in der Ostschweiz ein wesentlicher qualitativer Schritt in diese Richtung. Die Regierung wird den Antrag, das hat die anwesende Gesundheitsdirektorin ebenfalls klargemacht, im Rahmen der vorgegebenen rechtlichen Evaluationskriterien zum gegebenen Zeitpunkt prüfen.

Seitens der Experten wurde klar festgehalten, dass mit der möglichen Schaffung einer herzchirurgischen Abteilung am Kantonsspital St.Gallen keine Überkapazitäten geschaffen werden und damit auch keine Kostensteigerung einhergehen soll. Die vorberatende Kommission will ihrerseits Überkapazitäten in der Versorgung vermeiden. Sie hat sich diesbezüglich klar geäussert. Sie stellt sich aber auch kritisch zur aktuellen Ballung herzchirurgischer Versorgung ausserhalb der Ostschweiz.

Die Kommission hat sich mit dieser Situation ausserhalb der Ostschweiz eingehend auseinandergesetzt und die Frage nach Überkapazitäten gestellt. Die Experten wiesen darauf hin, dass in der Schweiz tatsächlich insgesamt zu viele Zentren vorhanden sind, darunter sind aber zahlreiche sehr kleine Zentren, die in den letzten Jahren wieder reaktiviert wurden. Diese kleineren Spitäler sind in den Augen der Experten «Einzelmasken», die keinen umfassenden Dienst anbieten. Es gibt aber sogar Universitätsspitäler, also Grossspitäler, die eine grenzwertige Zahl an Eingriffen aufweisen. Auch das wurde uns klargemacht. Die Experten haben eine gewisse Mindestanzahl an Patienten als zwingend bezeichnet, um eine wirtschaftlich und medizinisch bedeutsame Herzchirurgie betreiben zu können. Die Vorhaltekosten und die weiteren Aufwendungen wären sonst zu gross. Eine realistisch sinnvolle Mindestzahl an Patienten wurde seitens der Experten auf rund 400 bis 500 beziffert. Obwohl grundsätzlich bereits heute eine gesetzliche Verpflichtung besteht, die Angebote interkantonal zu koordinieren, geschieht das nur unzureichend.

Die Kommission beantragt Ihnen mit 14:0 Stimmen bei 1 Enthaltung, auf den Bericht einzutreten und ihn zur Kenntnis zu nehmen.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. Februar 2018