Geschäft: Senkung des aktiven Stimmrechtsalters auf 16 Jahre
Komitee | Kantonsrat |
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Nummer | 42.07.34 |
Titel | Senkung des aktiven Stimmrechtsalters auf 16 Jahre |
Art | KR Motion |
Thema | Grundlagen und Organisation |
Federführung | Departement des Innern |
Eröffnung | 5.6.2007 |
Abschluss | 26.9.2007 |
Letze Änderung | 9.12.2021 |
vertraulich | Nein |
öffentlich | Ja |
dringend | Nein |
Datum | Akteur | Titel | Letze Änderung |
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1.8.2019 | Person | Beteiligung - Gysi-Wil | 27.6.2024 |
Datum | Titel | Resultat | öffentlich | ||||
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Ja | Bedeutung | Nein | Bedeutung | Absent / Enthaltung | |||
26.9.2007 | Eintreten | 36 | Zustimmung | 112 | Ablehnung | 32 | |
26.9.2007 | Ordnungsantrag Klee-Berneck auf Schluss der Diskussion | 73 | Zustimmung mit weniger als 91 Stimmen | 60 | Ablehnung | 47 |
Datum | Typ | Wortlaut | Session |
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26.9.2007 | Wortmeldung | Auf die Motion ist nicht einzutreten. Von den Argumenten, die ich bisher gehört habe, haben mich diejenigen von Stump-Engelburg bedeutend mehr überzeugt als die von Gysi-Wil. Was Gysi-Wil vorgebracht hat, sind viele einzelne Beobachtungen, die ihre Richtigkeit haben mögen, aber die nicht im System zusammenpassen. Lassen Sie mich nicht diese einzelnen Argumente aufnehmen, sondern einen Gesichtspunkt einbringen, den ich als Pädagoge habe. Von unseren Jugendlichen verlangen wir, in der entsprechenden Phase ihrer Entwicklung Verantwortung zu übernehmen. Das fängt an im Primarschulalter, im Mittelschulalter und später als Erwachsene. Ich habe sehr engen Kontakt mit Pubertierenden an der Mittelschule. Ich muss sagen, wir würden ihnen zumuten, Verantwortung zu übernehmen in einer Zeit, wo sie eigentlich damit beschäftigt sind, ihren eigenen Platz zu finden, sich selber in der Gesellschaft allmählich zurechtzufinden in der näheren Umgebung von ihnen. Dass sie Entscheidungen, die die ganze Gemeinschaft unseres Landes betreffen, vornehmen, das halte ich für eine Überforderung. Auf die Überforderung werden die jungen Leute auch mit Abstinenz mit einem wahrscheinlich höheren Mass reagieren, als es die Erwachsenen schon tun. Ich kann das nicht befürworten, dass man diese Überforderung ihnen zumutet. Auf der anderen Seite unterstütze ich sehr das Anliegen, dass die politische Bildung zu dieser Zeit, die Hinführung zu einer Reife, zu einer intellektuellen fundierten Entscheidungsreife, getan werden muss. Da muss ich sagen, haben wir in der Schweiz sicher im Vergleich zu unseren Nachbarländern schreckliche Defizite, welche sich zum Teil an den Kantonsschulen durch die letzte Maturitätsrevision ergeben haben, wo z.B. der Geschichtsstaatskundeunterricht gekürzt wurde, wo die politische Bildung in die Hände von Wirtschaft und Recht gelegt wurde; da müsste wieder etwas passieren an den Schulen. Auf der anderen Seite gibt es wirklich Instrumente, wo sich Jugendliche einüben können auf die Übernahme von politischer Entscheidungsverantwortung, z.B. im Jugendparlament. Das wundert mich nicht, dass dort, wo eine hohe Konzentration engagierter Jugendlicher zusammen ist, dass sie sich für das entscheiden. Aber auch in dieser Gruppe von hoch motivierten Jugendlichen gibt es eine bedeutende Minderheit, die vernünftigerweise sagt, Finger davon, für das sind wir einfach wirklich noch nicht reif. In meinem persönlichen Umfeld, ich spreche mit vielen Schülern oft auch über politische Dinge, ist die Meinung eigentlich so, dass sie genügend Mitsprachemöglichkeiten haben, um Verantwortung dann auf nationaler Ebene übernehmen zu können. | Session des Kantonsrates vom 24. bis 26. September 2007 |
26.9.2007 | Wortmeldung | Auf die Motion ist nicht einzutreten. Ich möchte nicht nochmals alle Voten und Argumente meiner beiden Vorredner wiederholen. Zwei bis drei Punkte sind jedoch noch zu erwähnen. Die Verantwortung, die durch Gysi-Wil diskutiert und hier auch zur Diskussion gestellt wird, ist klar nicht Gegenstand dieser Diskussion. Wenn wir die Verantwortung dieser Jugendlichen wirklich miteinbeziehen möchten, dann muss das Strafrecht z.B. auch gesenkt werden. Weil mit diesem Belangen diskutieren wir stetig darüber, dass die Jugendlichen nicht mit dem Erwachsenenstrafrecht in Verbindung gesetzt werden sollten. Wenn die Jugendlichen Verantwortung übernehmen möchten -, und ich zähle mich selbst noch als jungen Erwachsenen -, ich bin mit meinen 28 Jahren relativ jung. Ich sehe vielleicht aus wie über 30, aber ich bin leider noch 28 Jahre alt und bin der Drittjüngste in diesem Rat. Dies zur Information. In meiner schulischen Laufbahn war ich der einzige Interessierte an Politik. Sei dies in der Oberstufe, sei dies in der Berufsschule. Niemand interessierte sich während der Berufsschule für den Staatskundeunterricht oder den Allgemeinbildungsunterricht. Das Jugendparlament - ich war selbst einmal Teilnehmer, als ich in den Kantonsrat gewählt wurde, wurde ich als Teilnehmer zu Diskussionen eingeladen. Ich war leider enttäuscht, wie wenige Teilnehmer von Jugendlichen hier im Saal waren. Zwei Bänke in der mittleren Reihe genügten, um diese Diskussion zu führen. Wo liegt das politische Interesse? Die weitere Diskussion betreffend das Ernstnehmen politisch oder menschlicher Reife: Es gibt verschiedenste Jugendliche, die sind politisch und menschlich sehr reif, und diese setzen sich ein in der Politik. Ich denke, da ist mit Grob-Necker, Reimann-Wil und mir als ältesten der drei Jungen dies bestimmt auch bestätigt. Aber machen Sie nicht einfach mit dem Stimmalter 16 jetzt eine Wahlkampagne, die in der ganzen Schweiz geführt wird zum Thema, wie wichtig es auch sei. | Session des Kantonsrates vom 24. bis 26. September 2007 |
26.9.2007 | Wortmeldung | Auf die Motion ist nicht einzutreten. Das Stimmrechtsalter 16 wurde am 6. Mai 2007 an der Landsgemeinde in Glarus beschlossen. Und nun werden von linker Seite in allen Kantonen solche Motionen gestartet, in der Hoffnung, ein positives Resultat zu erreichen. Dass die Motion bei den Jungen nicht gut ankommt, zeigt die Umfrage vom «Sonntagsblick» «Le Matin Dimanche» und der Zeitung «Il caffè» bei 14- bis 18-jährigen Jugendlichen. Die Sonntagszeitungen kamen zu folgenden Resultaten: An der Politik sind sechs Prozent der Befragten sehr interessiert. Als etwas interessiert bezeichneten sich 38 Prozent, und 40 Prozent bezeichnen sich als wenig interessiert. Gar kein Interesse an der Politik haben 16 Prozent. Unter den 14- bis 16-Jährigen bezeichneten sich laut Umfragen 32 Prozent als an der Politik interessiert. Und unter den 18-Jährigen sind es bereits 68 Prozent Interessierte. Eine Senkung des Stimmrechtsalters von 18 auf 16 findet also bei den Jugendlichen keinen Anklang. Lediglich 40 Prozent sprachen sich für eine Senkung auf 16 Jahre aus und 56 Prozent dagegen. 4 Prozent waren sich nicht schlüssig. Umfragen zeigen auch, dass die Jugendlichen das Geschenk dankend ablehnen, weil sie ohnehin in der Lehre oder in der Schule anderweitig beschäftigt seien und auch ihre Freizeit kaum für politische Aktivitäten opfern. So finden sie es auch paradox, bei Alkohol oder Tabak nach Jugendschutz zu rufen und den Jungen zugleich politische Reife zu bescheinigen. Statistiken belegen auch, dass vor 15 Jahren, als das Stimmrechtsalter auf 18 Jahren gesenkt wurde, das politische Interesse der Jugendlichen nicht grösser geworden ist. Bei der Entscheidfindung zum Stimmrechtsalter 16 ist zu berücksichtigen, dass die zivilrechtliche Mündigkeit und das Stimmrechtsalter nicht mehr übereinstimmen. Interessierte Jugendliche haben in unserem Kanton durchaus die Möglichkeit, sich politisch zu betätigen. So gibt es Jungparteien von links bis rechts oder ein Jugendparlament, bei dem ebenfalls gute Ideen eingebracht werden können. Störend an dieser Motion ist, dass man mehr Rechte fordert, ohne dass Pflichten damit verbunden sind. Dass 16-Jährige das volle Stimm- und Wahlrecht haben sollen für ihr Handeln im Allgemeinen, aber straf- und zivilrechtlich nicht voll zur Verantwortung gezogen werden können. Eine Herabsetzung des Stimmrechtsalters würde auch bedingen, dass der Staatskundeunterricht in der Schule im 6. oder 7. Schuljahr beginnen würde und nicht wie heute erst im 8. Schuljahr, wo die Jugendlichen in der Regel das 16. Altersjahr erreichen. | Session des Kantonsrates vom 24. bis 26. September 2007 |
26.9.2007 | Wortmeldung | stellt Ordnungsantrag auf Schluss der Diskussion. Ich denke, das Votum von Dietsche-Kriessern hat gezeigt, wir diskutieren nicht mehr um 16-Jährige, sondern bereits um 28-jährige junge Erwachsene. | Session des Kantonsrates vom 24. bis 26. September 2007 |
26.9.2007 | Wortmeldung | Ratspräsidentin: Die Regierung beantragt Nichteintreten. | Session des Kantonsrates vom 24. bis 26. September 2007 |
26.9.2007 | Wortmeldung | Ich möchte nur mit einem kurzen Stimmungsbild noch die Gemütslage der Regierung transparent machen. Sie können versichert sein, dass dies in der Regierung kein Aktenentscheid war. Wir haben darüber intensiv und mehrmals diskutiert. Aber wir sind zum Schluss gekommen, dass dieses Bild, wie es von verschiedener Seite gezeichnet ist, eben ernstzunehmen ist. Das ist eine Minderheit von Jugendlichen, die sehr engagiert sind. Ich bin Kontaktmitglied für das Jugendparlament auf Seiten der Regierung. Da bin ich immer wieder beglückt und auch erstaunt, wie junge Leute sich intensiv mit der Politik befassen. Es ist aber leider eine Minderheit. Die Frage ist einfach: Kann man diese Minderheit zur Mehrheit führen über dieses Stimmrechtsalter 16 oder gibt es andere Wege? Die Regierung ist zur Überzeugung gekommen, dass die jungen Leute in so vielen Bereichen in der Verantwortung angebunden sind, und zwar sehr intensiv bei der Suche nach Lehrstellen, bei der Umsetzung von gesellschaftlichen Normen, beim Umgang mit Alkohol, Aids usw., dass das eigentlich respektiert werden soll und dass man von einer Überforderung in diesem Bereich eben absehen soll. Das war eigentlich die Überlegung für das Nein aus Sicht der Regierung im Wissen, dass dieses gesellschaftliche Thema ein Prozess ist; aber auch im Wissen, dass man auch den Mut haben muss, von der Politik her auch klare Fakten und Grenzen zu setzen, und so ist dieses Nein zu verstehen. | Session des Kantonsrates vom 24. bis 26. September 2007 |
26.9.2007 | Wortmeldung | Auf die Motion ist einzutreten. Von 16-Jährigen wird heute in zahlreichen Bereichen des täglichen Lebens erwartet, dass sie Verantwortung übernehmen. Die Regierung erachtet die 16-Jährigen aufgrund der guten Informationsmöglichkeiten und aufgrund ihrer Bildung für urteilsfähig und politisch reif. In der Regel können sie politische Vorlagen in ihren Grundzügen erfassen. Deshalb ist den 16-Jährigen die aktive Teilnahme am politischen Prozess zuzutrauen. Die Regierung ist der Auffassung, dass das Stimmrechtsalter 16 zur besseren politischen Integration von jungen Menschen beitragen kann. Interessierte Jugendliche könnten so in den politischen Prozess hineinwachsen und ihre Zukunft aktiv mitgestalten. Diese Worte stammen von der Berner Regierung, die im Mai 2007 eine Motion für Stimmrechtsalter 16 gutgeheissen hat. Von der Begründung der St.Galler Regierung zum Stimmrechtsalter 16 bin ich sehr enttäuscht. Diese Begründung ist mutlos und wenig zukunftsgerichtet. Die Regierung gewichtet die Chancen des Stimmrechtsalters 16 viel zu wenig. Jugendliche müssen heute bereits für sie wichtige Entscheidungen fällen, so etwa in der Berufsbildung, und sie können und dürfen auch andere Rechte wahrnehmen mit 16. Und was ich als ganz wichtig erachte, Jugendliche sollen vermehrt in die Verantwortung genommen werden. Mit dieser Forderung bin ich nicht allein. Sie wird auch im Zusammenhang mit der Thematik Jugendgewalt und Jugendprobleme breit thematisiert. Stimmrechtsalter 16 ist eine der Möglichkeiten, Jugendliche in die Verantwortung zu nehmen. Stimmrechtsalter 16 ist deshalb nicht in erster Linie eine Frage der politischen Reife, sondern eine Frage des politischen Willens und des Ernstnehmens von jungen Menschen. Wer entscheidet denn über politische Reife? Verfügen alle über 18-Jährigen über die sogenannte politische Reife? Mit der Einführung des Stimmrechtsalters 16 soll aber auch gleichzeitig die politische Bildung an unseren Schulen verstärkt werden. Dies kann am besten erreicht werden, wenn Jugendliche auch eine direkte Mitsprache, also das Stimmrecht erhalten. Der Kanton St.Gallen wäre bei Weitem nicht alleine mit einem Stimmrechtsalter von 16 Jahren. Die Glarner Landsgemeinde z.B. hat im Mai 2007 Stimmrechtsalter 16 gutgeheissen. Unser Nachbarland Österreich kennt Stimmrechtsalter 16 auf Bundesebene, ebenso zahlreiche Bundesländer in Deutschland und Österreich auf Landesebene. Die Argumentation, dass aktives und passives Stimmrechtsalter auseinanderliegen würden, ist für mich wenig stichhaltig. Es gibt auch andere Bereiche, in denen mit 16 Jahren nicht die gleichen Regelungen gelten wie mit 18 Jahren, wie im Bereich des Lenkens von Motorfahrzeugen und beim Verkauf von Alkoholika. Dort, wo es das aktive Stimmrechtsalter 16 gibt, bringt das jedenfalls keine Probleme mit sich. Zwei Drittel der jugendlichen Teilnehmenden der Jugendsession wünschen Stimmrechtsalter 16. Die Jugendlichen selber bezeichnen das Alter zwischen 16 und 18 Jahren als wichtiges Alter für die Interessenentwicklung. Sie erachten es auch als wichtig, bereits während dem Staatskundeunterricht die Möglichkeit zum Abstimmen zu erhalten. Mit der Überweisung dieser Motion zeigen wir, dass wir die Entscheide der Jugendsession ernst nehmen. Deshalb geben Sie Jugendlichen die Chance, mit 16 Jahren aktiv mitreden zu können und auch abstimmen zu können. | Session des Kantonsrates vom 24. bis 26. September 2007 |