Geschäft: Gegen Lehrstellenmangel: branchenübergreifender Berufsbildungsfonds
Komitee | Kantonsrat |
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Nummer | 42.07.30 |
Titel | Gegen Lehrstellenmangel: branchenübergreifender Berufsbildungsfonds |
Art | KR Motion |
Thema | Erziehung, Bildung, Kultur |
Federführung | Bildungsdepartement |
Eröffnung | 4.6.2007 |
Abschluss | 24.9.2007 |
Letze Änderung | 9.12.2021 |
vertraulich | Nein |
öffentlich | Ja |
dringend | Nein |
Datum | Akteur | Titel | Letze Änderung |
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1.8.2019 | Person | Beteiligung - Hartmann-Flawil | 27.6.2024 |
1.8.2019 | Person | Beteiligung - Gysi-Wil | 27.6.2024 |
Datum | Titel | Resultat | öffentlich | ||||
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Ja | Bedeutung | Nein | Bedeutung | Absent / Enthaltung | |||
24.9.2007 | Eintreten | 42 | Zustimmung | 96 | Ablehnung | 42 |
Datum | Typ | Wortlaut | Session |
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24.9.2007 | Wortmeldung | (im Namen der FDP-Fraktion): Auf die Motion ist nicht einzutreten. Wenn wir von Lehrstellen im Kanton St.Gallen reden, sollten wir zunächst einmal anerkennen, was die hiesige Wirtschaft in diesem Zusammenhang leistet. Wenn wir diese Leistungen in Relation zur Gesamtschweiz setzen, so haben wir sogar allen Grund dazu, stolz zu sein. Unsere Wirtschaft stellt je Beschäftigte weit mehr Lehrstellen zur Verfügung als anderswo. Die Zahl der Ausbildungsverträge nahm in letzter Zeit kontinuierlich zu. St.Galler Unternehmen übernehmen also ihre Verantwortung für die berufliche Grundbildung aus eigenem Antrieb. Wir sollten diesen Antrieb nicht durch einen Zwangsfonds untergraben. Gysi-Wil, es ist eben nicht so, dass die Situation prekär ist, d.h. nicht, dass es keine Probleme geben würde. Aber die Probleme sind genau zu lokalisieren. Es sind dies vor allem Jugendliche, die wenig leistungsbereit sind, Jugendliche, die schulisch sehr schwach sind, oder auch immer wieder ausländische Jugendliche, die keine Lehrstelle finden. Aber auch diesen Jugendlichen hilft gerade dieser Fonds nichts. Diese Jugendlichen brauchen individuelle Unterstützung bei der Suche nach einer Lehrstelle. | Session des Kantonsrates vom 24. bis 26. September 2007 |
24.9.2007 | Wortmeldung | Nietlispach Jaeger-St.Gallen hat auf einiges hingewiesen. Ich darf vielleicht noch daran erinnern, dass die Kantone, die Berufsbildungsfonds kennen, weit weniger Lehrstellen je Beschäftigten haben als der Kanton St.Gallen. Von den grossen Kantonen sind wir derjenige Kanton, der klar am meisten Lehrstellen je Beschäftigten hat. Daneben ist einfach darauf hinzuweisen, Übergangslösungen haben in den letzten Jahren nicht zugenommen. Es stimmt eben nicht, dass die Zahl derjenigen, die Schwierigkeiten haben, in den letzten Jahren zugenommen haben. Ich habe mich immer gewehrt gegen 10. Schuljahr, weil das einfach dazu führt, dass man eine Zusatzschlaufe einlegt und dann eine Lehrstelle findet. Die Zahl derjenigen, die in Brückenangeboten sind, hat bis jetzt nicht zugenommen. Ich nehme an, sie wird jetzt dann etwas zunehmen, weil der Kanton die Verantwortung übernimmt nach Ihrem Beschluss und nicht mehr die Gemeinden, die eine gewisse Möglichkeit gehabt hätten zu steuern. Das kann ich nicht ganz ausschliessen. Ich muss nochmals sagen: Wir haben seit Jahren immer etwa die gleichen Zahlenverhältnisse mit Leuten, die Probleme haben. Das deutet eben darauf hin, dass leider unser System so ist, dass gewisse Leute durch das Netz fallen. Das beschäftigt mich auch. Ich hoffe, dass es uns jetzt gelingt, zusammen mit dem Bund dafür zu sorgen, dass in gewissen Branchen überrissene Anforderungen an Attestausbildungen nicht durchkommen, das man hier auf einem vernünftigen Niveau bleibt. Aber das sind die Probleme der Betreuung. Lehrabbrüche wird es mit Sicherheit geben, wenn es Leute hat, die nur deshalb Lehrlinge aufnehmen oder Auszubildende, weil sie nicht zahlen wollen in den Berufsbildungsfonds, dann haben Sie dann das Problem mit Lehrabbrüchen. Dann werden Leute aufgenommen, die man lieber nicht aufnehmen würde. Es hat vielleicht, das wäre noch der beste Fall, Betriebe, die lieber nicht ausbilden würden, und Sie können sich einmal vorstellen, wie motiviert dann diese Leute mit den eher schwierigen Jugendlichen, die aufgrund der Verpflichtung aufgenommen werden, umgehen. Ich befürchte, wir tun den Jugendlichen keinen Dienst. Wir fördern die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe nicht, und damit gewinnen wir - ausser einer gewissen Bürokratie - mit dem Berufsbildungsfonds nichts. Die bürokratischen Probleme dürfen Sie nicht unterschätzen. Wie berechnen wir all diese Firmen, die zwar einen klaren Geschäftssitz haben, aber bei denen der Lehrer bei weitem nicht so klar ist? Das gäbe Riesenprobleme und wir müssten eine grosse Bürokratie aufziehen, wenn wir das wirklich machen, und rekurssicher muss bei uns alles sein. Ausser einer grossen Bürokratie bringt ein Berufsbildungsfonds nichts. | Session des Kantonsrates vom 24. bis 26. September 2007 |
24.9.2007 | Wortmeldung | Ratspräsidentin: Die Regierung beantragt Nichteintreten. | Session des Kantonsrates vom 24. bis 26. September 2007 |
24.9.2007 | Wortmeldung | Auf die Motion ist einzutreten. Die Situation im Lehrstellenbereich ist nach wie vor prekär. Ein Teil der Jugendlichen findet keine Lehrstelle. Die Brückenangebote hingegen werden sehr intensiv genutzt. Die Zahl der Lehrstellen ist ungenügend. Dies ist unter anderem auf die rückläufige Zahl der Lehrstellen im Verhältnis zur Zahl der Lehrstellen zurückzuführen. Zudem ist festzustellen, dass ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage besteht. In einzelnen boomenden Bereichen gibt es zu wenig, in anderen rückläufigen Bereichen hat es eher zu viele Lehrstellen. Dies zeigt auch ein genauerer Blick auf die Zahlen. Die Regierung schreibt in ihrer Antwort, 92 Prozent der Jugendlichen hätten im Mai 2007 eine Anschlusslösung gehabt. Das ist gut. Doch wenn man da genauer hinschaut, so sieht man, ich habe die Zahlen im Berufsbildungskreis der Region Wil angeschaut, dass lediglich 74,5 Prozent der Schulabgängerinnen und -abgänger in der Stadt und Region Wil eine definitive Lösung, d.h. eine Lehrstelle oder eine weiter führende Schule gefunden haben. 18,1 Prozent fanden eine Zwischenlösung, eben ein Brückenangebot oder einen Sprachaufenthalt, und 6,6 Prozent waren ohne Lösung. D.h. es hat zu wenig Lehrstellen und es muss noch mehr getan werden. Dazu kommt: Die Zahl der Lehrabbrüche ist steigend. Dies deutet auf ein weiteres Problem hin. Die Berufswahl der dritten oder vierten Priorität oder die Lehrstelle als Notnagel führt rasch zu Frustrationen und in der Folge zu Lehrabbrüchen. Die von den Jugendlichen geforderte Flexibilität bei der Berufswahl - der Grundausbildung also - schlägt zurück mit einem Misserfolgserlebnis. Solche Erlebnisse prägen Jugendliche und können sehr negativ sein. In einzelnen Berufen herrscht Mangel an geeignete Fachkräften. Ein Teil des Problems ist die mangelnde Pflege des Nachwuchses in der Form der Ausbildungsangebote. All dies zusammen müsste die Politik zum Handeln veranlassen. Dabei sollte die Lehrstellenfrage kein Grund für ideologische Grabenkämpfe sein, denn es braucht einen breit gefächerten Massnahmenkatalog. Dieser Katalog wird in der Stellungnahme der Regierung angesprochen. Ein gewichtiger Punkt wird jedoch bestritten; die Notwendigkeit der Schaffung eines Berufsbildungsfonds wird verneint. Dabei stellt gerade diese Massnahme die wichtigste Handhabung zur Überbrückung des Ungleichgewichtes zwischen Angebot und Nachfrage dar. Damit können die bestehenden Ausbildungsmodelle gestärkt und neue geprüft und umgesetzt werden. Dies muss im Interesse aller Beteiligten sein, der Wirtschaft, der Gesellschaft und des Staates. Profitieren müssen alle Jugendlichen können. Die Regierung behauptet, dass mit einem Berufsbildungsfonds sich die Betriebe loskaufen würden anstelle des aktiven Anbietens und Schaffens von Lehrstellen. Der Berufsbildungsfonds wird sozusagen als Lehrstellenkiller hingestellt. Wohl eine absurde Behauptung. Keine Firma wird, weil sie in einen Fonds einzahlen muss, ihre Lehrstellen abbauen. Es werden Anreize geschaffen, zusätzliche Lehrstellen zu schaffen oder besser zusammenzuarbeiten. Denn in vielen Bereichen ist das Ausbilden nach wie vor auch eine finanzielle Belastung. Oder weshalb werden gerade im Gesundheitsbereich in den Spitälern Ausbildungsplätze vom Kanton separat ausgewiesen und auch separat im Globalkredit unterstützt? Sollen doch alle Branchen davon profitieren können. Schaffen wir einen Lehrstellenfonds im Kanton St.Gallen. Der Start ins Berufsleben mit der Berufslehre prägt die Jugendlichen nachhaltig. Es muss unsere politische Aufgabe sein, diesen Einstieg möglichst optimal zu unterstützen. | Session des Kantonsrates vom 24. bis 26. September 2007 |