Geschäft: Effizientere Sozialhilfe durch Missbrauchsbekämpfung

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer43.07.07
TitelEffizientere Sozialhilfe durch Missbrauchsbekämpfung
ArtKR Postulat
ThemaGesundheitspflege, Sozialversicherung, Sozialhilfe
FederführungDepartement des Innern
Eröffnung23.4.2007
Abschluss5.6.2007
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
AntragAntrag der Regierung vom 15. Mai 2007
VorstossWortlaut vom 23. April 2007
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
1.8.2019Gremium19.1.2023
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
5.6.2007Eintreten42Zustimmung99Ablehnung39
Statements
DatumTypWortlautSession
5.6.2007Wortmeldung

Ratspräsidentin: Die Regierung beantragt Nichteintreten.

Session des Kantonsrates vom 4. und 5. Juni 2007
5.6.2007Wortmeldung

Auf das Postulat ist nicht einzutreten.

Die Regierung hat in diesem Thema schon längst vorgesorgt mit einer klaren Aufgabenteilung zwischen Kanton und Gemeinden, d.h. die Sozialhilfe ist eine Aufgabe, die die Gemeinde übernimmt und auch bezahlt. Der Kanton hat in diesem Thema keine Rolle. Eine koordinierende Rolle in dem Sinn, dass er aufsichtsrechtlich eingreifen kann, wenn die Gemeinde ihre Aufgabe nicht richtig macht. Die Regierung geht davon aus, dass sich dieser Grundsatz bewährt, dass die Ebene verantwortlich ist, die auch zahlt, und umgekehrt.

Zu Böhi-Wil: Die Gemeinden machen ihre Aufgabe sehr gut. Die Gemeindebehörden sorgen dafür, dass in ihrem Autonomiebereich dieses Thema möglichst missbrauchsfrei umgesetzt werden kann. Sie wollen eigentlich etwas auf einer Ebene verankert haben, die dazu nichts zu sagen hat. Das ist die Autonomie der Gemeinden, und die wollen wir respektieren. Sie erwähnen die Sozialhilfestatistik. Das ist in der Tat ein Ärgernis. In der Zwischenzeit sind es - da kann ich eine Erfolgsmeldung erwähnen - noch acht Gemeinden, die die statistischen Daten der Sozialhilfestatistiken ausfüllen. Diese acht Gemeinden sind immer noch diejenigen, die eigentlich verantwortlich dafür sind, dass in der Globalbilanz NFA zwischen Bund und Kanton unser Kanton schlechter wegkommt, weil sie nicht in der Lage sind, die Daten zu generieren. Diese Frage hat nichts dazu beizutragen zum Thema effiziente Sozialhilfe. Das wäre die effiziente Verwaltungsführung der Gemeinden, die da beklagt wird.

Session des Kantonsrates vom 4. und 5. Juni 2007
5.6.2007Wortmeldung

Auf das Postulat ist einzutreten.

Die Haltung der Regierung erstaunt, denn nachdem in den letzten Monaten in anderen Kantonen, vor allem in Zürich, krasse Fälle von Missbrauch der Sozialhilfe bekannt wurden, muss man davon ausgehen, dass auch bei uns solche Fälle vorkommen. Es wäre daher politisch vernünftig, ein Zeichen zu setzen, das nicht nur der eigentlichen Missbrauchsbekämpfung, sondern auch ihrer Prävention dient. Die Regierung ist aber offenbar nicht einmal bereit, neue Massnahmen gegen Missbräuche zu prüfen oder auf irgendeine Weise bei den Gemeinden vorstellig zu werden, obwohl dort Handlungsbedarf besteht. Ich erinnere daran, dass für die Erstellung der letzten kantonalen Sozialhilfestatistik es immerhin 19 Gemeinden gegeben hat, die es nicht für nötig befunden haben zu antworten.

Gleichzeitig ist die Haltung der Regierung aber auch nicht erstaunlich. Denn es liegt in der Natur des Staates, dass er auf Störungen seiner Routine, in diesem Fall mittels eines parlamentarischen Vorstosses, ungehalten und defensiv reagiert. Die Reaktionen sind immer wieder die gleichen bei den Regierungen. Entweder wird jeglicher Handlungsbedarf verneint, indem man die Vorkommnisse als Einzelfälle herunterspielt, oder die Verantwortung wird auf andere Stellen geschoben.

In diesem Zusammenhang möchte ich ein Bundesgerichtsurteil aus dem letzten Jahr erwähnen. Es betrifft einen Sozialhilfebezug aus dem Kanton Freiburg, der Besitzer eines Porsches war. Nachdem das zuständige Sozialamt dies herausgefunden hatte, forderte es den Porschefahrer auf, entweder den Wagen zu verkaufen oder eine Kürzung der Sozialhilfe um 15 Prozent hinzunehmen. Beides lehnte dieser ab, und das freiburgische Verwaltungsgericht schützte seine Klage, d.h. der Mann bezog weiterhin den vollen Betrag. Ausserdem erhielt er noch Fr. 500.- als Parteienentschädigung. Das wiederum akzeptierte die freiburgische Sozialbehörde nicht, und sie gelangte an das Bundesgericht, das schliesslich entschied, die Sozialbehörde habe richtig gehandelt und die Staatskasse habe die Anwaltskosten des Sozialhilfebezügers zu übernehmen. Die offensichtliche Zweckentfremdung der finanziellen Sozialhilfe, wie etwa ihre Verwendung für den Unterhalt eines teuren Sportwagens, konnte nicht durch eine simple administrative Massnahme korrigiert werden, sondern es brauchte dazu einen Beschluss des höchsten Gerichtes des Landes. So präsentiert sich also das System der heutigen Sozialhilfe. Seine Anfälligkeit für Missbräuche ist offensichtlich. Beim Vorstoss, den wir eingereicht haben, handelt es sich um ein Postulat, d.h. der Auftrag an die Regierung besteht also lediglich darin, einen Bericht zu erstellen, in welchem sie eine Bestandesaufnahme der heutigen Situation der Sozialhilfe erstellt, Präventionsmassnahmen gegen Missbräuche aufzeigt und allfällige Anträge stellt. Zu akzeptieren, dass Unberechtigte Sozialhilfe beziehen können, ist unsozial. Dafür zu sorgen, dass nur diejenigen Sozialhilfe bekommen, die sie auch wirklich benötigen, ist soziale Gerechtigkeit.

Session des Kantonsrates vom 4. und 5. Juni 2007