Geschäft: Berichterstattung der Rechtspflegekommission

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer39.07.02
TitelBerichterstattung der Rechtspflegekommission
ArtKR Verwaltungsgeschäft
ThemaGrundlagen und Organisation
FederführungStaatskanzlei
Eröffnung12.2.2007
Abschluss20.2.2007
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
AllgemeinBerichterstattung der RPK vom 15. Dezember 2006
BeilageSchreiben und Petitionsbogen vom 15. Dezember 2006
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
1.8.2019Gremium20.3.2024
Statements
DatumTypWortlautSession
20.2.2007Wortmeldung

Präsident der Rechtspflegekommission: Von der Petition ist Kenntnis zu nehmen.

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2006 unterbreitet das Petitionskomitee einen Aufruf zur Unterstützung der Fabrik La Boillat in Reconvillier. Diese Fabrik sei ein typischer Fall einer musterhaften Schweizer Industrie, der finanzielle Habgier, Zerfall und systematische Zerstörung des Wissens drohe. Wie Sie dem Schreiben des Petitionskomitees entnehmen können, sind gesamtschweizerisch 14'000 elektronische und handschriftliche Unterschriften gesammelt worden, davon 19 Unterschriften aus dem Kanton St.Gallen. Die Petition ist offenbar an jene Kantone geschickt worden, aus denen die Unterschriften stammen. Das Präsidium des Kantonsrates hat die Petition nach Art. 14 Abs. 1 Bst. b des Kantonsratsreglementes der Rechtspflegekommission zur Vorbereitung und Vorberatung überwiesen.

Die Petenten wollen dem Staat die Möglichkeit geben, Wirtschaftsbetriebe verstaatlichen zu können, oder, um es mit den Worten des Petitionskomitees zu sagen, der Staat soll mit einem legislativen Werkzeug zum Kampf gegen industrielle Plünderer von florierenden Industrien ausgerüstet werden. Via kantonale Parlamente soll das Bundesparlament zur Überarbeitung des Firmenrechts gebracht werden. Eine solche Initiative wirft nach Ansicht der Rechtspflegekommission verschiedene Fragen auf. In rechtlicher Hinsicht ist das anvisierte Firmenrecht wohl nicht das richtige und vor allem nicht das einzige Rechtsgebiet, das von einer solchen, durch die Initiative verlangten Rechtssetzung betroffen wäre. Weit mehr noch als das Firmenrecht wären Eigentumsrecht und Gesellschaftsrecht betroffen. Eine autoritäre Ausübung eines Vorkaufsrechts ohne Vorliegen eines Vorkaufsfalles wäre wohl auch rechtlich höchst fragwürdig, wenn nicht unmöglich. Da die Initiative die Einrichtung eines Verstaatlichungsrechts erreichen will, stellen sich primär aber nicht rechtliche, sondern wohl politische, wirtschaftliche und weltanschauliche Fragen. Nach Ansicht der Rechtspflegekommission ist eine solche Initiative deshalb rechtlich fraglich, wirtschaftlich kaum sinnvoll und politisch wohl auch nicht durchsetzbar. Bei einer entsprechenden Standesinitiative stellen sich nicht leicht lösbare verfassungsrechtliche Probleme.

Die Rechtspflegekommission ist mit 10:3 Stimmen bei 2 Abwesenheiten zur Ansicht gelangt, dass es nicht ihre Aufgabe ist, dem Kantonsrat zu beantragen, es sei eine Standesinitiative in diesem Sinn zu lancieren. Selbstverständlich bleibt es jedem Parlamentsmitglied freigestellt, das Anliegen der Petitionäre in geeigneter Weise zu unterstützen.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. Februar 2007