Geschäft: Politik im Zeichen des demographischen Wandels

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer40.09.02
TitelPolitik im Zeichen des demographischen Wandels
ArtKR Berichterstattung
ThemaErziehung, Bildung, Kultur
FederführungDepartement des Innern
Eröffnung4.4.2006
Abschluss22.9.2009
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
BotschaftBericht der Regierung vom 10. März 2009
MitgliederlisteAktuelle Mitgliederliste
MitgliederlisteKommissionsbestellung vom 20. April 2009
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
1.8.2019Gremium19.1.2023
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
22.9.2009Eintreten105Zustimmung0Ablehnung15
Statements
DatumTypWortlautSession
22.9.2009Wortmeldung

Kommissionspräsident: Drei Punkte gaben in der vorberatenden Kommission zu Fragen Anlass.

Zu S. 11, Grafik 5, Bevölkerungsentwicklung von 1981 bis 2004 und Bevölkerungsszenarien 2005 bis 2050 nach Altersgruppen: Hier ist die Statistik der 65- bis 79-Jährigen sowie die Grafik der Über-80-Jährigen unvollständig. Den Mitgliedern der vorberatenden Kommission wurde die korrekte Grafik mit der Zustellung des Protokolls nachgeliefert.

Zu S. 21, Grafik 10, Staatspersonal in den verschiedenen Institutionen: Bei dieser Grafik wurde die blaue Rubrik von 16 Prozent oder 2'439 Arbeitnehmern nicht in der nebenstehenden Aufzählung aufgeführt. Diese Gruppe umfasst die Lehrpersonen, Berufsschulen und Mittelschulen.

Zu S. 4, Tabelle 44, Oberstufenzentren mit Handlungsbedarf: Weniger als 150 Schülerinnen und Schüler je Oberstufenschule: Gemäss den Ausführungen von Esther Friedli muss der Schulstandort Sevelen, so wie er hier steht, aus dieser Liste gestrichen werden.

Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009
22.9.2009Wortmeldung

legt seine Interessen als ehemaliger Präsident der Pro Senectute Kanton St.Gallen offen. Zu Ziff. 2.3. (Gesundheit und Pflege): Ich fühle mich dieser Organisation weiterhin verbunden. Bei Pro Senectute wurde natürlich ein besonderes Augenmerk auf den Abschnitt Gesundheit und Pflege gelegt. Ich möchte hier angesichts der Tragweite gewisse Überlegungen weitergeben, umso mehr, als es sich um eine Querschnittsaufgabe handelt und mehrere Departemente betroffen sind.

Im Bericht ist über Gesundheit und Pflege viel Richtiges ausgeführt. Zum Teil ist er aber unvollständig, und die Terminologie ist nicht immer präzise und konsequent. So ist beispielsweise schon der Titel «Gesundheit und Pflege» zu wenig schlüssig, denn es sind noch zusätzliche, wichtige Bereiche erfasst, insbesondere die Prävention und die Hilfe zu Hause. Wenn von Menschen im Alter gesprochen wird, dann muss deutlich darauf hingewiesen werden, dass viele ältere Menschen den Wunsch haben, so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden zu leben, und ebenso, dass diese Lebensform auch im Alter volkswirtschaftlich sinnvoll ist. Heute gibt es aber verschiedene Anreize, die diesem Ziel entgegenstehen: Z.B. schaffen die im Verhältnis zur Pflege sehr hohen Kliententarife für die Hilfe zu Hause falsche Anreize. Pflege ist für Direktnutzer, weil über die Krankenkasse finanziert, billiger als Hilfe; stationäre Hilfe und Pflege ist, weil vom Gemeinwesen unterstützt, günstiger als ambulante. Solche Systemfehler müssen beseitigt werden. Um zu erreichen, dass möglichst viele ältere Menschen zu Hause bleiben können, bedarf es der Gleichstellung von ambulanter und stationärer Hilfe und Pflege. Dazu braucht es beim Kanton und bei den Gemeinden Massnahmen auf verschiedenen Ebenen. Wichtig ist auch, dass das Alter nicht einfach mit Krankheit gleichgesetzt werden kann. Auch die Unterscheidung in gesundes und krankes Alter ist zu wenig präzise. Vielmehr erscheint eine Kategorisierung in gesundes, mobiles Alter, fragiles Alter und behindertes Alter richtig. Vor diesem Hintergrund kann präziser beschrieben werden, welche Einschränkungen wann auftreten und welcher Hilfe- und Pflegebedarf bei den unterschiedlichen Lebensumständen besteht.

Zu Ziff. 2.3.1. (Auswirkungen der demographischen Entwicklung auf Gesundheit und Pflege): Hier ist bei Bst. d von Pflegebedürftigkeit die Rede. Auch dieser Titel greift zu kurz. Bereits im Gesundheitsgesetz wird ausdrücklich von Hilfe und Pflege gesprochen. Die Hilfeleistungen nehmen denn bekanntlich auch den grösseren Anteil an den geleisteten Stunden ein als die Pflege. Richtig in diesem Abschnitt ist der Hinweis auf die Fragilität. Das ist jedoch nicht dasselbe wie Krankheit, aber es ist ein entsprechender Bedarf für Hilfe gegeben, Hilfe, die hauswirtschaftliche Leistungen und sozialbegleitende Unterstützung umfasst. Im Bericht folgen dann Überlegungen zur Problematik beim Pflegepersonal. Diese Probleme bestehen grundsätzlich auch beim Personal, das Hilfeleistungen erbringt. Aus Sicht der Pro Senectute, aber auch aus meiner persönlichen Sicht, sind in diesem Zusammenhang Modelle zu fördern, die den Einsatz der dritten zugunsten der vierten Generation ermöglichen. Dies ist beim Sozialzeitengagement von Pro Senectute der Fall.

Zu Ziff. 2.3.2. (Handlungsbedarf): Was den zahlenmässigen Anstieg der gesunden alten Menschen betrifft, wird richtig ausgeführt, dass Über-80-Jährige vermehrt formelle Hilfe beziehen. Allerdings stellt sich hier dann die Frage, weshalb diese Menschen das formelle, von der öffentlichen Hand mitfinanzierte Hilfesystem beanspruchen. Die Antwort darauf ist, dass es sich bei dieser Gruppe um Menschen handelt, die in einer fragilen Lebenssituation stehen und die auf Hilfe angewiesen sind, damit sie den Alltag bewältigen und möglichst lange zu Hause bleiben können. Hier schlage ich den Bogen zur Terminologie. Diese muss differenziert genug sein, damit die einzelnen Massnahmen verständlich werden. Wichtig ist der Hinweis im Bericht, dass ein Teil dieser Hilfe von leistungsfähigen Pensionierten geleistet werden kann. Das System des Sozialzeitengagements von Pro Senectute im Bereich der Haushilfe entspricht dieser Vorgabe. Das System ist deshalb aus langfristigen Überlegungen zu fördern. Bei Bst. d «Gesundheitsförderung» ist m.E. der Blickwinkel v.a. betreffend das Alter ein bisschen zu eng gefasst. Die Prävention umfasst nicht nur die körperliche Gesundheit, sondern auch die geistigen Fähigkeiten und die sozialen Kontakte. Das Kurswesen von Pro Senectute, das im Bericht erwähnt wird, stellt diese Prävention sicher. Es geht um die Erhaltung geistiger Fähigkeiten und die Ermöglichung von sozialen Kontakten. Ein Hinweis noch zur Finanzierung: Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich der Bund zurückziehen wird, und wenn dies eintreffen sollte, müssten der Kanton und die Gemeinden in die Bresche springen, um die Prävention weiterhin sicherzustellen.

Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009
22.9.2009Wortmeldung

legt ihre Interessen als Vorstandsmitglied diverser Organisationen, die sich mit Alter, Pflege und Hilfe zu Hause wie auch stationärer Pflege auseinandersetzen, offen.

Zu Ziff. 2.3 (Gesundheit und Pflege): Nicht nur dieses Thema zeigt, dass die Zusammenarbeit von Kanton und Gemeinden beim demographischen Wandel und dessen Bewältigung notwendig ist. Aber gerade bei der Gesundheit und Pflege oder bei der Hilfe und Pflege und bei der Prävention im Alter ist sie ganz besonders wichtig. Die Gemeinden haben da ganz wichtige Aufgaben, und sie haben die gesetzliche Verpflichtung, Vieles sicherzustellen. Nur durch vernetztes Handeln von Kanton und Gemeinden mit ihren verschiedenen Departementen können diese Aufgaben in Zukunft gelöst werden. Im Alleingang ist dies nicht möglich.

Zur Ausbildung von Pflegepersonal: Verschiedene Zeitungsartikel haben in den vergangenen Wochen über die Studie vom Schweizerischen Gesundheitsobservatorium (Obsan) berichtet. Es gibt bereits heute zu wenig Pflegefachpersonal, und der Mangel wird zunehmen. In Ziff. 2.3.2. (Handlungsbedarf) Bst. a steht, dass Ausbildungsplätze gefördert werden sollen. Ich bin einigermassen erstaunt, dass unsere Motion 42.09.04 «Rotes Konjunkturpaket: Ausbildungsplätze im Gesundheits- und Kinderbetreuungsbereich fördern», die wir im Zusammenhang mit den Beschäftigungsmassnahmen der Wirtschaftskrise eingereicht haben, damals von der Regierung nicht unterstützt wurde, nun aber die Regierung gerade diese Massnahme hier erwähnt. Es ist wichtig, dass das Gesundheitsdepartement dieses Thema im Auge behält und sich damit auseinandersetzt. Im Bericht weist die Regierung auch auf die Ausbildungsverbunde von Spitex - Pflegeheimen - Spitälern hin. Diese Verbunde werden im Moment aufgebaut. Das ist nicht ganz einfach. Dieses Anliegen ist mir sehr wichtig, weil die Langzeitpflege allein nicht in der Lage ist, die höhere Fachausbildung zu gewährleisten. Es braucht das Engagement aller Spitalregionen, wofür sich die Regierung einsetzen muss. Dann müssen auch die Arbeiten sowohl im Bereich der Pflege und Betreuung von demenzkranken Personen als auch in der palliativen Pflege vorangetrieben werden. Auch dazu sind schon vor längerer Zeit Postulate eingereicht worden. Diese Plätze werden auch zur Entlastung von Angehörigen dringend gebraucht.

Mir persönlich sind auch die präventiven Hausbesuche ein wichtiges Anliegen. Dazu habe ich vor längerer Zeit einmal die Interpellation 51.06.67 «Einführung von präventiven Hausbesuchen» eingereicht. Prävention hat einen grossen Stellenwert, um die sogenannte «behinderungsfreie» Lebenszeit zu verlängern. Aber auch hier müssen wir in grösseren Verbunden zusammenarbeiten, die einzelnen Gemeinden sind zu klein dafür. Im Bericht fehlt mir mit Blick auf die Prävention ein Hinweis zur Sicherstellung der Koordination zwischen den verschiedenen kantonalen Departementen und den Gemeinden, denn in diesem Bereich gibt es sehr viele Akteure. Ansonsten enthält m.E. der Bericht sehr wertvolle Hinweise.

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Ratspräsidentin, stellt Kenntnisnahme vom Bericht fest.

Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009
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Ratspräsidentin: Das Präsidium sieht eine Eintretensdebatte vor.

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(im Namen der SP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten.

Der demographische Wandel, der heute schon Realität ist, wird sämtliche Politikbereiche betreffen und unsere Gesellschaft ganz wesentlich verändern. Die Politik kann und darf nicht tatenlos zuschauen. Sie muss den Wandel mitgestalten, und zukünftig muss es für alle Entscheide eine «Demographieverträglichkeitsprüfung» geben. Es darf nicht sein, dass angesichts der angespannten wirtschaftlichen Situation berufstätige Mütter als erste wieder aus dem Arbeitsprozess gedrängt werden, wie die «NZZ am Sonntag» meldete. Die SP-Fraktion beurteilt den Bericht positiv. Er verschafft einen guten Überblick über die Fakten und gibt an, wo Handlungsbedarf besteht.

Arbeit und Wirtschaft: Um das nötige Steueraufkommen zu sichern, muss die Arbeitskapazität erhalten bleiben. Das kann nur gelingen, wenn innovative Betriebe angesiedelt werden können. Der Kanton St.Gallen soll für zugewanderte Arbeitnehmende aus anderen Kantonen und aus dem Ausland attraktiv werden. Das kann aber nur funktionieren, wenn die Integration glückt.

Familie und Soziales: Der Kanton St.Gallen will ein familienfreundlicher Kanton sein und allen ein hohes Mass an Lebensqualität bieten. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist aber auch mit der Einführung von Halbtagesstrukturen noch längst nicht gegeben. Damit wirklich beide Elternteile ihrem Beruf nachgehen können, braucht es eine Ganztagesbetreuung. Tagesschulen sind ein pädagogisches Konzept, das sich weltweit bewährt hat und sich auch in der Schweiz immer mehr durchsetzt. Im Gegensatz zu den öffentlichen Schulen ist es ein wesentlicher Pluspunkt der Privatschulen, dass sie Tagesschulen anbieten können.

Gesundheit und Pflege: Der grosse Wunsch älterer Menschen ist, so lange wie möglich zu Hause zu leben. Damit dies möglich wird, braucht es ambulante Hilfe und Pflege zu Hause. Der vorliegende Bericht ist etwas pflegelastig geraten. Oft genügt nämlich Hilfe beim Putzen, bei der Wäsche, beim Einkaufen, um noch lange selbständig zu Hause leben zu können. Der SP-Fraktion ist es wichtig, dass auch alte Menschen noch als mündig betrachtet werden und diese zwischen verschiedenen Angeboten wählen können.

Bildung und Bildungsinfrastruktur: Es ist positiv, dass die Oberstufenreform die starre Trennung zwischen Sekundar- und Realschule aufbrechen will. Wir verlangen aber, dass bei dieser Reform die pädagogischen Argumente vor den demographischen Vorrang haben. Der Nachwuchs an Akademikerinnen und Akademikern ist nur gewährleistet, wenn sich der Kanton bedeutend stärker als bisher bei den Stipendien engagiert. Ein Studium ist für Eltern eine grosse finanzielle Belastung, und es muss im Interesse des Kantons sein, sich hier zumindest wie der Durchschnitt aller Schweizer Kantone zu verhalten. Die gymnasiale Maturitätsquote des Kantons St.Gallen ist die tiefste in der Schweiz, und auch bei der Berufsmatura liegt der Kanton St.Gallen unter dem Landesdurchschnitt. Diese Zahlen stimmen nachdenklich, wenn sich der Kanton weiterhin als Bildungsstandort profilieren will. Die SP-Fraktion ist gespannt, wie sich die Regierung dazu äussert und was sie unternehmen will.

Wirtschaft und Verkehr: Kürzere Fahrzeiten und bessere Anschlüsse machen den Kanton für Zuwanderer zweifellos attraktiver. Für alte Menschen wie auch für Familien sind aber leicht erreichbare Einkaufsmöglichkeiten im Dorf ebenso wichtig. Zudem ist darauf zu achten, dass die Fahrzeuge des öffentlichen Verkehrs so gebaut sind, dass alte oder behinderte Menschen wie auch Familien mit Kleinkindern oder Kinderwagen problemlos ein- und aussteigen können.

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(im Namen der CVP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten.

Die Regierung legt im Demographiebericht die zentralen Herausforderungen dar, die aufgrund der Bevölkerungsentwicklung auf den Kanton, auf die Regionen und auf die Gemeinden zukommen. Der Bericht bietet eine umfangreiche Auslegeordnung und Darstellung über die Auswirkungen der demographischen Entwicklung, er sieht aber keine konkreten Massnahmen vor. Mit diesem Bericht wird einmal mehr klar, dass die Auswirkungen des demographischen Wandels eine Querschnittsaufgabe aller Departemente und aller Politikbereiche ist. Alle im Bericht angesprochenen und betroffenen Bereiche sind in diesem Zusammenhang wichtig. Einige davon möchte ich hervorheben.

Angesichts der alternden Gesellschaft ist eine zukunftsgerichtete Familienpolitik eines der strategischen Schlüsselthemen. Die CVP-Fraktion nimmt erfreut zur Kenntnis, dass die Regierung dies klar festhält. Mit ihrer in das Postulat 43.09.14 «Kindergerechte Politik» umgewandelten Motion unterstützt sie diese Stossrichtung explizit. Der Bericht zeigt zudem auf, dass die Erhaltung der Arbeitskraft, sofern man sie nicht allein durch Zuwanderung erreichen will, nur durch die Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie erreicht werden kann, d.h. durch die Förderung ergänzender Angebote in der Kinderbetreuung. Es zeigt sich in diesem Bericht einmal mehr, dass Familienpolitik Querschnittspolitik ist. Sowohl die heutige als auch die zukünftige Generation älterer Menschen hat andere Lebens- und Wohnvorstellungen als frühere Generationen. Viele Menschen möchten zuhause alt werden. Diesem Wunsch muss auf verschiedenen Ebenen Rechnung getragen werden. Vor allem auf Gemeindeebene müssen konkrete Massnahmen realisiert werden. In diesem Zusammenhang spielt in Zukunft auch die Freiwilligenarbeit eine grosse Rolle. Deshalb muss dieser mehr Gewicht und damit auch mehr Sozialprestige zukommen.

Interessant sind die im Bericht aufgezeigten Auswirkungen der Raum- und Verkehrsplanung auf die demographische Entwicklung. Sie wirken sich ganz konkret auf die Zu- oder Abwanderung und somit auf die Bevölkerungsgrösse und die Altersschichtung aus. Durch Stärkung der Regionen können Unterschiede zwischen Stadt und Land verkleinert werden. Unter anderem spielt für die ländlichen Regionen der Anschluss an den öffentlichen Verkehr eine wichtige Rolle. Standortattraktivität ist und bleibt die treibende Kraft für das Wachstum einer Region.

Von herausragender Bedeutung ist auch der Bildungsbereich, der aber im Bericht eher stiefmütterlich behandelt wird. Wenn wegen Abnahme der Geburten unsere Gesellschaft kleiner wird, dann ist es umso wichtiger, dass jedes Kind optimale Möglichkeiten zur Entfaltung seiner Talente und Fähigkeiten erhält. Im Weiteren ist für die CVP-Fraktion kaum vorstellbar, dass die Schülerzahlen in der Volksschule massiv zurückgehen, gleichzeitig aber im Berufsschulbereich und auf der Sekundarstufe II stabil bleiben sollen, wie das im Bericht aufgezeigt wird. Im Bildungsbereich ist das Risiko einer Fehlplanung bei zukünftigen Investitionen gross, was uns teuer zu stehen käme. Die CVP-Fraktion hat - analog zum Gesundheitsbereich - mit ihrem Postulat 43.09.06 «Investitions- und Schulraumplanung für den Berufs- und Mittelschulbereich» einen Bericht angefordert, der die zukünftige Raum- und Investitionsplanung im gesamten Mittelschul- und Berufsschulbereich aufzeigen soll. In der Zwischenzeit ist der Antrag der Regierung eingetroffen; sie erachtet es als richtig, die Überlegungen in der Investitionsplanung aufzuzeigen, und beantragt Gutheissung.

Die Regierung formuliert im Bericht das Ziel, St.Gallen als wirtschaftsstarken und familienfreundlichen Kanton zu entwickeln, der seinen Einwohnerinnen und Einwohnern ein hohes Mass an Lebensqualität bietet. Die Nagelprobe wird mit den Vorlagen zu konkreten Massnahmen folgen. Dann gilt es, den Bericht und die darin skizzierten Entwicklungen auch wirklich ernst zu nehmen.

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Präsident der vorberatenden Kommission: Auf die Vorlage ist einzutreten.

Die vorberatende Kommission tagte am 4. Mai 2009 und setzte sich an dieser ganztägigen Sitzung intensiv mit den Auswirkungen des demographischen Wandels in den wichtigsten Politikbereichen auseinander. Der Kanton St.Gallen soll sich als wirtschaftsstarker und familienfreundlicher Kanton mit einer hohen Lebensqualität positionieren. Dieses von der Regierung im Bericht formulierte Ziel wird durch die vorberatende Kommission des Kantonsrates unterstützt und gutgeheissen. Damit die vorberatende Kommission den Bericht beraten und darüber debattieren konnte, wurden folgende Fachreferenten zum informellen Teil eingeladen: Dr. Theo Hutter, Leiter Fachstelle für Statistik, Prof. Ulrich Otto, Leiter Kompetenzzentrum Generationen der Fachhochschule St.Gallen, und auf Antrag eines Kommissionsmitgliedes, welcher mit 14:1 Stimmen gutgeheissen wurde, sind auch Vertreter des Jugendparlamentes des Kantons St.Gallen zum informellen Teil eingeladen worden. Als Vertreter des Jugendparlamentes nahmen an der Sitzung der vorberatenden Kommission Ruedi Lieberherr, Präsident des Jugendparlamentes St.Gallen, sowie Benjamin Märkli, Generalsekretär des Jugendparlamentes, teil. Als Vertreter der Staatsverwaltung nahmen folgende Departementsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, die auch näher auf die Erstellung des Berichts und auf deren Auswirkungen im Bereich des demographischen Wandels eingingen, an der Sitzung teil:

  • Esther Friedli, Generalsekretärin des Bildungsdepartementes, ging auf die Thematik Bildung und Bildungsinfrastruktur ein;

  • Thomas Unseld, stv. Generalsekretär des Volkswirtschaftsdepartementes, beleuchtete die Bereiche Arbeit und Wirtschaft sowie Raumplanung und Verkehr;

  • Anna Lübberstedt, Leiterin Stab im Amt für Soziales, referierte über die Bereiche Familie und Soziales sowie Gesundheit und Pflege.

Der demographische Wandel, dem der Kanton St.Gallen unterliegt und dem er zukünftig zu begegnen hat, durchdringt sämtliche Politikbereiche. Dieser Bericht kam durch die Zustimmung des Kantonsrates auf das Postulat 43.06.02 in der Frühjahrssession 2006 zustande. Es kommen verschiedene Bereiche zur Sprache, die aber z.T. nur gestreift werden können. Das Einleitungsreferat hielt Dr. Anita Dörler, Generalsekretärin des Departementes des Innern, und orientierte dabei auch über die Entstehung des Berichtes. Sie führte aus, dass der Bericht departementsübergreifend erarbeitet wurde, und verwies darauf, dass er auch als eine Art Referenzbericht für weitere politische Massnahmen gelte.

Intensiv diskutiert wurde in der vorberatenden Kommission die Frage, wie eine älter werdende Bevölkerung die Leistungen, die der demographische Wandel fordert, überhaupt erbringen und verkraften kann. Ein nicht zu unterschätzender Bereich sind die Finanzen. Daher ist der Staat mit einer sorgfältigen Investitions- und Steuerpolitik gefordert. Wesentlich ist, neben den vier im Bericht genannten Handlungsfeldern «Sicherung der Arbeitskapazität», «Familien- und Generationenpolitik», «Sicherstellung von Gesundheitsversorgung und -förderung» sowie der «Standortförderungs- und Regionenpolitik» insbesondere die Bildung, die sich als Querschnittsaufgabe durch alle Handlungsfelder zieht. Dies wurde durch die Aussagen und das Referat von Esther Friedli verdeutlicht. Weiter wurde in der vorberatenden Kommission darauf hingewiesen, dass eine gut ausgebaute ausserfamiliäre Betreuung eine wichtige Rahmenbedingung für die Berufstätigkeit von Frauen und Männern sei. Es gelte heute zu investieren, um den Herausforderungen von morgen richtig begegnen zu können. Dabei wurde hervorgehoben, dass nur eine moderne Familienpolitik den Herausforderungen des demographischen Wandels gerecht werden könne. In diesem Zusammenhang ist die Wahl der Familiengestaltung ein zentraler Punkt. Dazu hat der Kantonsrat in der Aprilsession bereits erste Schritte unternommen, z.B. mit der Erhöhung der Kinderabzüge. Aber weitere müssen folgen. Einem künftigen Arbeitskräftemangel kann durch eine kohärente Zuwanderungspolitik begegnet werden. Dabei müssen die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. In der vorberatenden Kommission wurde betont, dass das Freizügigkeitsabkommen mit der EU wesentlich sei, um die notwendigen, qualifizierten Arbeitskräfte rekrutieren zu können. Beispielsweise kämen die Spitäler oder die Altersheime bereits heute nicht mehr ohne ausländische Arbeitskräfte aus. Viele Menschen möchten auch zu Hause alt werden. Dem muss auf verschiedenen Ebenen Rechnung getragen werden, beispielsweise in der Raumplanung, aber auch bei den Angeboten des öffentlichen Verkehrs. Dabei wurde in der vorberatenden Kommission darauf hingewiesen, dass nur mit einer Diversifizierung der Hilfs- und Pflegeangebote den verschiedenen Bedürfnissen im Alter entsprochen werden kann.

Diese Beispiele verdeutlichen, dass die Herausforderungen des demographischen Wandels einen Ansatz erfordern, der alle politischen Bereiche umspannen muss, wie es von der Regierung im Bericht auch dargelegt wurde. Die vorberatende Kommission wies in den Beratungen darauf hin, dass alle in diesem Rat anstehenden Geschäfte auf ihre Demographietauglichkeit überprüft werden müssen, um dem Bericht die nötige Wirkung und Akzeptanz zu geben. Das Schlussfazit der vorberatenden Kommission war, dass der anstehende demographische Wandel uns alle herausfordern wird und dass dieser gemeinsam und generationenübergreifend bewältigt werden muss. Die vorberatende Kommission trat einstimmig auf den Bericht ein und nahm Kenntnis davon.

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(im Namen der FDP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten.

Die umfangreiche Vorlage der Regierung macht deutlich, dass alle Politikbereiche von den Auswirkungen des demographischen Wandels betroffen sind. Der Geburtenrückgang und die Zunahme der Zahl der älteren Menschen führen dazu, dass ab dem Jahr 2020 mehr Todesfälle als Geburten zu verzeichnen sein werden. Bereits heute wächst nur noch die Gruppe der Über-65-Jährigen. Ab dem Jahr 2030 wird die Bevölkerungszahl stagnieren und ohne Zuwanderung gar abnehmen. Der Kanton St.Gallen weist im gesamtschweizerischen Vergleich eine unterdurchschnittliche Zuwanderung auf. Der Bericht der Regierung ist eine gute Basis und wertvolle Übersicht in diesem breiten und heiklen Gebiet. Er bietet sich als Referenz für künftige politische Entscheide an. Die FDP-Fraktion begrüsst es, dass die Kommission ihrem Antrag gefolgt ist und eine Vertretung des Jugendparlamentes des Kantons St.Gallen zur Sitzung eingeladen hat, denn es betrifft in erster Linie die nächste Generation, die Auswirkungen der demographischen Entwicklung zu tragen und zu regeln.

Die FDP-Fraktion weist erneut darauf hin, dass auch der Staat seine Aufgaben-‚ Investitions- und Steuerpolitik anpassen muss. Der Bericht enthält leider keinerlei Ausführungen oder Vorschläge dazu. Wie kann eine immer älter werdende Bevölkerung die Leistungen eines demographischen Wandels erbringen und verkraften? Die Finanzen sind in diesem Zusammenhang nicht zu unterschätzen. Der Staat ist mit einer sorgfältigen Investitions- und Steuerpolitik herausgefordert. Das zukünftige Einkommenssteueraufkommen hängt ausser von der Ausgestaltung des Steuersystems auch von der zahlenmässigen und strukturellen Entwicklung der Bevölkerung ab. Anders als die Problematik der langfristigen Finanzierbarkeit der Sozialversicherungen wurde die Entwicklung des Steueraufkommens aufgrund des demographischen Wandels bisher kaum thematisiert. Die FDP-Fraktion erwartet daher von der Regierung, dass baldmöglichst auch eine Analyse des Steueraufkommens gemacht wird und neue sowie bestehende Staatsaufgaben verstärkt kritisch hinterfragt werden, denn nicht nur im Bereich der Renten und der wachsenden Sozialaufgaben muss eine immer kleinere Personengruppe eine immer grössere Anzahl von Rentnern und Sozialbezügern mitfinanzieren. Der Kantonsrat muss dort, wo er bei den Sozialausgaben Spielräume hat, dem demographischen Wandel Rechnung tragen.

Der Bericht ist insgesamt eine gute Basis für die weitere Diskussion. In der vorberatenden Kommission wurde zu Recht darauf hingewiesen, dass neue Vorlagen und Ausgaben zukünftig verstärkt auch auf ihre «Demographieverträglichkeit» überprüft werden sollen. Nur das ist letztlich nachhaltig und im Interesse heutiger und künftiger Generationen und hilft zu verhindern, dass eines Tages der «Generationenvertrag» aufgekündigt wird.

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(im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten.

Der Bericht stellt eine seriöse Situationsanalyse dar und zeigt realistische Folgerungen des demographischen Wandels auf. Die Analyse und die möglichen Handlungsfelder scheinen der SVP-Fraktion realistisch zu sein. Bei den allfälligen Massnahmen kommt sie zu ähnlichen Schlüssen wie die Regierung, doch möchte sie mit Blick auf die Detailberatung einige Bemerkungen anbringen. Der Bericht ist in Anlehnung an den Motionsauftrag stark politisch ausgerichtet und beleuchtet deshalb wohl andere Konsequenzen des demographischen Wandels eher marginal. Beispielsweise vermisst die SVP-Fraktion Angaben über jetzt schon absehbare Kostenentwicklungen wie z.B. in der Bildung (Stichwort zu viele Lehrkräfte). Der Bericht dürfte auch etwas konkreter sein in Bezug auf Integrationsmassnahmen, die als Folge der sich abzeichnenden, ausgedehnten Zuwanderung zu ergreifen sein werden. Die SVP-Fraktion ist sich der unklaren Zukunftsentwicklung dabei durchaus bewusst. Ebenfalls dürfte sich der Bericht auch mit den negativen Wohlstandserscheinungen und mit den Folgen der Wirtschaftskrise - z.B. die Notwendigkeit, sich einzuschränken - näher auseinandersetzen. Weiter wäre im Rahmen der Entwicklung der Altersschichtung auf die Notwendigkeit zur Erhöhung des Pensionsalters hinzuweisen, wenn die Sozialwerke längerfristig gesichert werden sollen. Gleichzeitig sind aber auch flexible Lösungen zu prüfen. Im Zusammenhang mit den Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt ist die SVP-Fraktion besorgt, dass bis zu 30 Prozent weniger Jugendliche dafür zur Verfügung stehen werden. Es besteht die akute Gefahr der Überforderung der Erwerbstätigen. Es sei hier der Hinweis erlaubt, dass der Kanton als Arbeitgeber nicht unbedingt repräsentativ ist, weil das Pensionsalter im Durchschnitt zu tief ist. Im Bereich der Gesundheit und Pflege bestehen interessante Handlungsansätze. Hier stellt sich die provokative, bereits aufgeworfene Frage, ob die Leute heutzutage und in Zukunft aufgrund starker Präventivmassnahmen nicht zu alt werden. Jedenfalls sind zukünftig in der Altersbetreuung alle miteinzubeziehen, keine zu hohen Ausbildungsanforderungen zu stellen und Voraussetzungen für Freiwilligenarbeit zu schaffen. Im Bereich der Bildung vermisst die SVP-Fraktion eine etwas umfassendere Auseinandersetzung mit den Kosten, obwohl die Entwicklung der Schülerzahlen einigermassen beurteilbar ist. Zum Thema «Raum- und Verkehrsentwicklung» ist die beschriebene Regionalisierung von Funktionen ein Gebot der Stunde. Da die diesbezügliche Bereitschaft im Kanton St.Gallen sehr unterschiedlich ist, muss in den nächsten Jahren grosse Aufklärungsarbeit geleistet werden.

Zusammenfassend sieht die SVP-Fraktion aber in etwa die gleichen Handlungsfelder wie die Regierung. Sie erhofft sich vom Bericht wichtige Inputs für weitere politische Vorstösse. Sie sieht namentlich im Bereich der Bildung und der Familienpolitik auf verschiedenen Ebenen Handlungsbedarf.

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Auf die Vorlage ist einzutreten.

Aufgrund der Voten habe ich den Eindruck, dass die Botschaft angekommen ist. Dieser Bericht ist keine Eintagsfliege, sondern er ist - wie verschiedentlich erwähnt - eine Situationsanalyse. Er ist eine gute Grundlage, um zukünftiges Handeln daraus abzuleiten. Einige Gedanken möchte ich aus Sicht der Regierung und der Verwaltung ergänzen. Entscheidend für diesen Bericht ist, dass er in der Verwaltung und nicht an einer Universität oder Fachhochschule erarbeitet wurde. Ich betone das ausdrücklich, weil sich auf diese Art und Weise alle Departemente mit den demographischen Fragen auseinandersetzen mussten. Es war ein langer und zum Teil steiniger Weg, doch denke ich, dass es ein erster Schritt für eine nachhaltige Auseinandersetzung mit einem sehr komplexen Thema war, wie das vorhin Ratsmitglieder auch erwähnt haben. Ich erwarte weiterhin grosse Sensibilität für dieses Thema. In verschiedenen Voten wurde darauf hingewiesen, dass das Thema sehr komplex ist und dass es ganz verschiedene Zugänge für Lösungen gibt. Sicher ist, dass es nicht einfach die Lösung bzw. das Rezept gibt. Dazu ist die Thematik zu vielschichtig.

Hasler-Widnau hat von der Nagelprobe gesprochen. Als Nagelprobe kann eigentlich schon das gestrige Thema «Vereinbarkeit Beruf und Familie» gelten. Diese ist ein ganz wichtiges Schlüsselthema. Wenn zusammen mit der Familienförderung sowohl die wirtschaftliche Entwicklung im Auge behalten als auch sichergestellt werden soll, dass gut ausgebildete Arbeitskräfte in der Wirtschaft tätig sein werden, so ist die Verknüpfung zwischen Vereinbarkeit von Familie und Beruf das Thema für die Zukunft. Es ist ein wichtiges Schlüsselthema, und ich hoffe und erwarte, dass bei einer künftigen Auseinandersetzung mit diesen Fragen auch Taten folgen werden.

Ein weiteres Schlüsselthema ist die Attraktivität des Kantons St.Gallen, das Menschen gerne hier sind und die Jungen nicht abwandern. Es geht darum, Wege zu finden, wie die gesellschaftlichen Ressourcen intensiver genutzt werden können. Dann wurde auch die Mehrgenerationenfrage angesprochen, ebenso die Freiwilligenarbeit. All diese Themen sind nicht neu. Neu ist, dass dies aus demographischer Sicht strategisch wichtige Themen sind. Allerdings darf dieser Bericht nicht auf den Pulten der Verwaltung bleiben, sondern muss umgesetzt werden. Diesbezüglich appelliere ich auch an die Verantwortung der Kantonsrätinnen und Kantonsräte.

Gächter-Berneck vermisst eine kritische Auseinandersetzung mit den finanzpolitischen Fragen in der Bildungsentwicklung. Ich kann sagen, dass es dazu andere Gelegenheiten geben wird. Es hätte den Rahmen dieses Berichtes eindeutig gesprengt, wenn noch alle anderen Themen, die in den Departementen oder bei der Regierung auf dem Tisch liegen, mit hineingepackt worden wären. Es ist richtig, dass wir uns mit diesen zukunftsorientierten Fragen auseinandersetzen müssen. Noch ein Hinweis zu den Sozialwerken des Bundes: Dieser Bericht ist nicht einer von vielen Berichten, der sich mit der Generationenfrage in Bezug auf die Sozialversicherungen AHV und Pensionskassen auseinandersetzt, sondern er setzt sich mit dem gesellschaftspolitischen Potenzial aus Sicht des Kantons auseinander. Deshalb enthält er auch keine Angaben zum Pensionsalter. Es ist aber wichtig, dass wir sowohl in dieser Legislatur als auch darüber hinaus an diesen Fragen weiterarbeiten.

Nufer-St.Gallen hat eine problematische Perspektive aufgezeigt. Es ist tatsächlich so, dass das, was heute entschieden wird, auch in 20 bis 30 Jahren noch Wirkung zeitigt. Die junge Generation ist darauf angewiesen, dass die Weichen jetzt richtig gestellt werden. Diese Veränderungsprozesse betreffen nicht kurzatmige Angelegenheiten, sondern Jahres- bzw. Generationenfragen. Deshalb ist es unerlässlich, sich auch wirklich in diese Situation hineinzudenken. In diesem Zusammenhang möchte ich noch anfügen, dass es sehr bereichernd war, dass eine Delegation des Jugendparlamentes an der Sitzung der vorberatenden Kommission teilnehmen konnte. Diese Offenheit wurde von den jungen Leuten sehr geschätzt. Ich hoffe, dass sich diese Sensibilität später einmal auszahlt und wir Älteren dann auch den Goodwill der jüngeren Generation spüren dürfen. Es geht ja nie darum, Generationen gegeneinander auszuspielen, sondern darum, einen gemeinsamen Weg zu suchen. Der demographische Wandel ist ein komplexes Thema, das verpflichtet und Entscheidungen verlangt. Die strategischen Themen sind jetzt auf dem Tisch.

Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009
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Auf die Vorlage ist einzutreten.

Ich äussere mich zu einigen Aspekten, die noch nicht erwähnt worden sind. Es ist für die Politik eher ungewohnt, 40 bis 50 Jahre im Voraus zu planen, denn der Horizont geht meistens nur bis zu den nächsten Wahlen. Hoffentlich werden die vielen und sehr guten Anregungen in diesem Bericht auch in die tägliche Arbeit sowohl von Regierung als auch vom Parlament einfliessen. Es ist von nicht einfachen Herausforderungen gesprochen worden. Allerdings bin ich nicht mit allen Vorgaben des Berichts einverstanden. Ich glaube nicht, dass das Durchschnittsalter der Bevölkerung ständig weiter ansteigen wird. Aus folgender Überlegung bin ich der Ansicht, dass der Höhepunkt ziemlich erreicht ist: Die Leute, die jetzt im mittleren bis hohen Alter sind, sind Leute, die von Jugend auf harte körperliche Arbeit geleistet, sich viel bewegt, sich einfach und gesund ernährt haben und folgedessen nun auch im Alter noch fit sind. Die nachfolgenden Generationen bewegen sich zu einem grossen Teil viel weniger und ernähren sich zu fett und zu süss; sie sind nicht mehr so dynamisch wie die Vorgängergeneration.

Es wurde bereits erwähnt, dass die Betreuung ein grosses Problem sein wird. Immer weniger junge Menschen müssen immer mehr alte betreuen und pflegen. Auch müssen sie die immer höheren Gesundheitskosten tragen. Meines Erachtens kann das auf die Länge nicht funktionieren. Wir müssen - so meine Ansicht - davon abkommen, ganz alte Menschen unter Zuhilfenahme der Spitzenmedizin um jeden Preis am Leben zu erhalten, auch wenn sie überhaupt keine Lebensqualität mehr haben. Weiter - so glaube ich - muss auch nicht jeder zu früh geborene Säugling mit allen technischen Mitteln am Leben erhalten werden. Früher hat vielmehr die Natur über Leben und Tod bestimmt. Einerseits sind die einen schon früh gestorben, und andererseits haben alte Menschen sich aus Verantwortung den jungen gegenüber dem Tod übergeben. Meiner Meinung nach müssen wir heute in dieser Beziehung grundsätzlich unseren Lebensstil überdenken.

Ein Wort noch zu den Anliegen der SVP-Fraktion. Sie will keine grossen Familientische, sie will keine ausserfamiliäre Betreuung und sie will möglichst wenig Ausländer. Das wird irgendwann nicht mehr aufgehen. Es wurde gesagt, dass der gesamte europäische Markt am Austrocknen ist. Vielleicht sollten wir uns deshalb mehr nach Südostasien orientieren, wo es viele gut ausgebildete, leistungswillige und leistungsstarke Leute gibt, die auch adaptionsfähig sind. Ich bin der Ansicht, dass aus dieser Weltgegend vermehrt Menschen zu rekrutieren wären. Ich bin gespannt, wie unsere egoistische Generation die Herausforderungen von Solidarität und dem damit verbundenen Verzicht schafft.

Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009
22.9.2009Wortmeldung

Ich sehe noch ein anderes, grosses Problem, das auf uns zukommt. Wie die Statistiken zeigen, bekommen sehr viele Frauen ihre Kinder spät, erst gegen die Vierzig; Ausbildung und Karriere kommen zuerst. Das ist nicht einfach, wie viele Beispiele zeigen. Sie sind nicht mehr so stark und kräftig, haben vielleicht schon ungesund gelebt, mit Alkohol und Nikotin. Die Kinder, die dann geboren werden, sind nicht mehr so gesund. Wenn diese Kinder dann in das sogenannte «Flegelalter» oder Pubertät kommen, sind diese Frauen dann schon zwischen 50 und 60 Jahren. Viele bringen dann nicht mehr die nötige Geduld und Übersicht auf, um die Kinder gut zu betreuen. Ich glaube, es ist ein idealerer Fall, wenn die Frauen schon in jungen Jahren Kinder bekommen und mit ihnen lernen und aufwachsen. Was können wir hier tun? Es geht wieder nur um die Rahmenbedingungen, dass wir den Frauen gute Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder bieten. Und die Frauen sind natürlich auch gefordert, indem sie sich vielleicht selber gut organisieren im Freundeskreis. Eine hütet einmal auch die Kinder der Nachbarinnen, bewirtet sie am Tag, und dafür hat sie nachher zwei Tage frei, an denen sie einer Arbeit nachgehen könnte. Ich glaube, hier kann viel getan werden, aber man muss das Problem erkennen und angehen.

Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009