Geschäft: Berücksichtigung von Lehrstellen bei der öffentlichen Vergabe
Komitee | Kantonsrat |
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Nummer | 42.06.13 |
Titel | Berücksichtigung von Lehrstellen bei der öffentlichen Vergabe |
Art | KR Motion |
Thema | Erziehung, Bildung, Kultur |
Federführung | Bau- und Umweltdepartement |
Eröffnung | 4.4.2006 |
Abschluss | 4.6.2007 |
Letze Änderung | 9.12.2021 |
vertraulich | Nein |
öffentlich | Ja |
dringend | Nein |
Datum | Akteur | Titel | Letze Änderung |
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1.8.2019 | Person | Beteiligung - Huser-Rapperswil-Jona | 24.10.2024 |
Datum | Titel | Resultat | öffentlich | ||||
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Ja | Bedeutung | Nein | Bedeutung | Absent / Enthaltung | |||
25.9.2006 | Gutheissung | 87 | Zustimmung | 67 | Ablehnung | 26 | |
25.9.2006 | Antrag Würth-Jona | 66 | Zustimmung | 86 | Ablehnung | 28 | |
25.9.2006 | Antrag Regierung auf Nichteintreten | 61 | Zustimmung | 84 | Ablehnung | 35 |
Datum | Typ | Wortlaut | Session |
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25.9.2006 | Wortmeldung | Auf die Motion ist nicht einzutreten. Spiess-Jona hat den eigentlichen Text in der Motion leicht übersprungen. Der Satz heisst nämlich, dass «im Einladungsverfahren bei der Auswahl nach Möglichkeit Anbietende zu berücksichtigen sind». Das heisst für die Gemeinden oder den Kanton, solche Anbieter zu wählen, welche bereits Lehrlinge ausbilden. Das müssen Sie sich vor Augen führen. Ich frage Sie: Ist es richtig, einen Jungunternehmer zu benachteiligen, der z.B. im ersten Geschäftsjahr noch keine Lehrlinge ausbildet, aber überhaupt nicht zur Submission eingeladen wird. Oder ist es richtig, einen älteren Patron zu diskriminieren, welcher ethliche Lehrlinge in seinem Geschäftsleben untergebracht und ausgebildet hat, jetzt aber mit 60 Jahren aufhören will? Ist das richtig, dass dieser dann benachteiligt wird? Oder ist es richtig, dass man Unternehmer gleicher Branche gegeneinander ausspielt, wenn jemand keine Lehrlinge ausbildet, das aber mit gutem Recht und sich engagiert dafür eingesetzt hat? Wir schaffen mit dieser Vorlage Ungleichheiten in den Branchen und Ungerechtigkeiten im Ausbildungs- und Auftragssystem. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. September 2006 |
25.9.2006 | Wortmeldung | Auf die Motion ist nicht einzutreten. Die vorliegende Motion hinterlässt bei mir einen zwiespältigen, aber auch widersprüchlichen Eindruck. Viele Gemeinden unterstellen ihre Submission dem Einladungsverfahren, auch wenn die Schwellenwerte für das Einladungsverfahren nicht erreicht werden. Beim Einladungsverfahren ist es eine Tatsache, dass schon heute das Kriterium «Lehrlinge» gewichtet wird. Bei meinem Ingenieurbüro wurde die Bewertung z.B. in den letzten vier Monaten bei vier Bauobjekten so vollzogen. Die Motion will also etwas regeln, was heute in der Privatwirtschaft und auch beim Kanton bereits praktiziert wird. Was würde das nun bedeuten, wenn beim freihändigen Verfahren, das heute wohlverstanden und richtigerweise keine Kriterien kennt, nur das Kriterium «Lehrlinge» berücksichtigt würden? Es würde bedeuten, dass ein neues Gesetz vorwiegend für die Gemeinden - das hat Huser-Wagen richtig gesagt - örtliche Kooperationen, kleinere Auftraggeber greifen würde, weil eben nach kantonaler Vergabestatistik nur in «praktisch ausschliesslich» diese Gremien, Gemeinden betroffen sind. Es würde auch bedeuten, dass beim freihändigen Verfahren neu ein Rechtsmittel in dieser Vergabeebene geschaffen würde oder geschaffen werden müsste. Das formlose Verfahren wäre gestorben, und die Gemeinden und andere Vergabebehörden hätten mit einem grossen bürokratischen Mehraufwand - und das ist es tatsächlich - neu zu kämpfen. Es würde auch bedeuten, dass man bei der Submission nur noch Betriebe mit Lehrlingen für eine Offertstellung anfragen dürfte. So ist nämlich der Motionstext ausgedacht. Ich denke, dass das sicher nicht im Sinn des Erfinders ist. In der Regel müssen bei Ausgleichsgemeiden auch im freihändigen Verfahren drei Offerten für die Beurteilung vorliegen. Mit dieser Gesetzesgrundlage würde es eine Tatsache werden, dass einheimische verdiente Handwerker, welche im Moment zufälligerweise keine Lehrstellen anbieten, leer ausgehen müssen. Kleinstaufträge, insbesondere auch an einheimische Handwerker und Dienstleister, könnten nicht mehr unkompliziert und einfach vergeben werden. Die abwechslungsweise Berücksichtigung eines Dorfhandwerkers wäre nicht mehr ohne Weiteres möglich. Zusammenfassend, die Motion greift ins freihändige Verfahren ein. Im Übrigen schreibt das Verwaltungsgericht in einem Grundsatzartikel, dass ebendieses freihändige Verfahren keine Formvorschriften kennt und Vergaben auch mündlich möglich sein müssen und werden. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. September 2006 |
25.9.2006 | Wortmeldung | beantragt, der Motion mit folgendem Wortlaut zuzustimmen: «Die Regierung wird eingeladen, die gesetzlichen Grundlagen dafür zu schaffen, dass im Einladungsverfahren bei der Festlegung der Zuschlagskriterien das Kriterium Lehrstellen im Rahmen des übergeordneten Rechts berücksichtigt wird.» Zwar haben wir schon bei der Eintretensdiskussion gehört, dass es in sich natürlich ein Widerspruch ist, im freihändigen Verfahren zusätzliche Regeln einzubauen. Freihändig heisst freihändig und nichts anderes. Wenn wir hier die Freiheit der Vergabebehörden einschränken, dann ist das meines Erachtens ein gesetzgeberischer Fehltritt erster Güte. Ich habe Ihnen vorhin schon gesagt, Sie können mehrere vergabefremde Kriterien ins Submissionsrecht einbauen. Die Anwendung wird einfach komplexer, der Vollzug wird nicht nur für die Vergabebehörden, sondern auch für die Anbieter erheblich schwieriger. Vor diesem Hintergrund beantrage ich Ihnen Folgendes: Nämlich, dass wir, wenn wir schon gesetzgeberisch tätig sein wollen, dies lediglich auf das Einladungsverfahren fokussieren und das freihändige Verfahren wie auch das offene Verfahren in der Freiheit der Vergabebehörden belassen. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. September 2006 |
25.9.2006 | Wortmeldung | Auf die Motion ist nicht einzutreten. Obwohl ich als gewerblicher Unternehmer mit überdurchschnittlich vielen Arbeitsplätzen von der Vorlage wahrscheinlich profitieren müsste, lehne ich die Motion aus folgenden Gründen ab: Bei Annahme der Motion hätte dies zur Folge, dass das freihändige Verfahren, das sich für kleinere und mittlere Aufträge bestens bewährt hat, nicht mehr freihändig wäre. Denn wenn gesetzliche Einschränkungen für dieses effiziente und unbürokratische Vergabeverfahren geschaffen würden, die die Berücksichtigung von Lehrstellen vorschreiben, hätte das weit reichende Konsequenzen. Für die Behörden gäbe es für die kleinsten Auftragsvergaben viel mehr administrativen Aufwand und auch das Risiko, in ein Rekursverfahren verwickelt zu werden. Die Arbeitsvergaben für grössere Aufträge im offenen, aber auch im Einladungsverfahren sind heute so komplex geworden, dass die Milizbehörden vielfach überfordert sind. Überall lauern juristische Fallstricke und jetzt will ausgerechnet eine Repräsentantin der Wirtschaft noch eine Ausdehnung auf das freihändige Verfahren. Ich verstehe die Welt nicht mehr. Der Kanton Zürich kennt dieses Lehrstellenkriterium auch für die kleineren Aufträge. Die Motionärin schreibt selber, dass sich das Zürcher Verwaltungsgericht mehrmals damit zu beschäftigen hatte. Es ist für mich unverständlich, dass ausgerechnet aus den Reihen der FDP-Fraktion der Ruf nach Gesetzesartikeln kommt, die weniger Freiheit und mehr Staat bedeuten. Der Lehrlingsausbildung wird heute schon bei den öffentlichen Vergaben die notwendige Aufmerksamkeit gewidmet und so weit es das übergeordnete Recht zulässt Betriebe mit Ausbildungsplätzen berücksichtigt. Ich glaube, es gibt kaum eine Vergabebehörde im Kanton St.Gallen und in den Gemeinden, die nicht guten Willens ist, die so genannten weichen Faktoren wie die Lehrstellen zu berücksichtigen. Die Ausbildung von Lehrlingen ist aber keine Strafe für die Unternehmungen. Die Lehrlingsausbildung erfolgt aus eigenem Interesse der Betriebe zur Sicherung des Berufsnachwuchses. So setzt sich in unserem Betrieb in den letzten Jahrzehnten praktisch der ganze Mitarbeiterstamm aus ehemaligen Lehrlingen zusammen. Ich stelle dies in abgeschwächter Form auch bei der Industrie fest, wenn ich anhand der Personalzeitung der Firma Bühler Uzwil die Karrieren von ehemaligen Schulkollegen verfolge, die als Stifte begannen und heute schon mehrfache Arbeitsjubiläem feiern können. In den Branchen des Bauhaupt- und -nebengewerbes, wo es die meisten öffentlichen Aufträge zu vergeben gibt, werden gute Lehrlinge während der Ausbildung auch produktiver eingesetzt. Es wurden auch noch nie so viele Lehrlinge wie heute ausgebildet. Das Problem ist nicht die mangelnde Bereitschaft der Betriebe, Lehrlinge auszubilden, sondern vielfach die fehlenden Qualifikationen vieler Jugendlicher und dass das Angebot der Wirtschaft an Ausbildungsplätzen nicht immer den Bedürfnissen der Jugend entspricht. Es wäre aber auch nicht verantwortungsvoll, wenn eine Branche viel mehr Lehrlinge ausbildet, als sie je später einmal beschäftigen kann. Kurzfristig kann man sicher über den Bedarf ausbilden. Die Lehrabgänger sollten aber auch nach der Ausbildung Perspektiven haben. Wenn Lehrbetriebe bei der Lehrlingsausbildung unterstützt werden sollen, dann sicher nicht mit solchen Zückerchen. So schreibt auch der Geschäftsführer des KMU-Verbandes Winterthur im Landboten vom 26. Mai 2006 zur Frage, ob Firmen wegen dem so genannten Lehrstellenfaktor motiviert werden, mehr Lehrstellen zu schaffen, der Anreiz dazu sei doch zu gering. Es sei mehr eine Art Ehrerbietung an die Lehrbetriebe. Dafür brauchen wir sicher keine neuen Gesetzesparagrafen. Viel wichtiger wäre es, wenn die Lehrmeister, meistens nur im Nebenberuf, von unnötigem administrativen Aufwand entlastet werden. Die Lehrlingsausbildung sollte wieder das werden, was es einmal war: ein learning by doing. Es kann nicht sein, dass die Anforderungen an Lehrmeister und Lehrlinge so hoch geschraubt werden, wie dies bei den kaufmännischen Berufen geschehen ist, dass alle beide überfordert werden. In dieser Beziehung sind die Schuldigen aber nicht beim Staat zu finden, sondern leider bei den Berufsverbänden. Jede Branche hat das Gefühl, die Anforderungen noch höher schrauben zu müssen. Der Einstieg ins Berufsleben muss wieder niederschwelliger werden. Die Gesamtschau wird zurzeit im Kanton gemacht. Die Resultate sollten wir irgendwann im Bericht zum CVP-Postulat 43.05.02 «Massnahmen zur Verbesserung der Lehrstellensituation» erhalten. Mit gleicher Logik wie die Lehrlingsausbildung müssten bei öffentlichen Arbeitsvergaben auch andere Leistungen, die das Gewerbe erbringt und die im öffentlichen Interesse sind, berücksichtigt werden. Ich denke, Beiträge an Kinderkrippen, Schulsporttage, Kinderspielplätze bis hin zu Uniformen der Dorfmusik. Dies kann kaum im Sinn der Motionärin sein. Das freihändige Verfahren hat sich bewährt und soll nicht eingeschränkt werden. Lehrstellen werden mit solchen Massnahmen kaum mehr geschaffen, und auf Streicheleinheiten dieser Art kann das Gewerbe verzichten. Wir in der gewerblichen Wirtschaft nehmen im dualen Bildungssystem unsere Aufgaben gerne wahr und vermitteln unserem Nachwuchs das praktische Rüstzeug für die berufliche Zukunft. Wir sind dankbar, wenn der Staat als Träger von ausgezeichneten Berufsschulen, die wir haben, uns im Vermitteln des theoretischen Wissens als Partner unterstützt. Ich kann mich auch nicht mit dem Kompromissantrag auf dem grauen Blatt anfreunden. Ich bin überzeugt, dass es diese Gesetzesvorgabe auch im Einladungsverfahren nicht braucht. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. September 2006 |
25.9.2006 | Wortmeldung | Auf die Motion ist nicht einzutreten. Zu Spiess-Jona: Er betont, dass der Motionstext, der Antrag lediglich darauf hinweist, die Möglichkeit zu schaffen, dieses Kriterium Lehrstellen einzubauen. Dann frage ich mich allerdings, wieso wir motionieren. Diese Möglichkeit besteht heute schon, und für das braucht es nach meinem Dafürhalten keinen gesetzgeberischen Akt. Diese Möglichkeit haben heute alle Vergabebehörden in diesem Kanton. Ich hatte an der letzten Session überlegt, einen Kompromissantrag zu stellen, aber ich habe mir einfach den Motionstext nochmals angeschaut und muss einfach eingestehen, dass letztendlich hier die Grundsatzfrage aufgeht: Welche Ziele wollen wir mit dem Submissionsrecht überhaupt erreichen? Es ist bekannt, das Submissionsrecht muss eigentlich drei Ziele verfolgen. Es muss die Nichtdiskriminierung gewährleisten, es geht um die Transparenz des Verfahrens, und es geht um den wirtschaftlichen Einsatz der öffentlichen Mittel. Der Versuch, mehr Ziele in dieses Submissionsrecht einzubauen, führt nach meinem Dafürhalten letztlich zu Verwerfungen. Es ist ausserordentlich fraglich, ob Sie wirklich eine Lehrstelle mehr schaffen, wenn Sie hier die Verrechtlichung des Submissionswesens vorantreiben. Das Submissionswesen ist heute ohnehin schon ausserordentlich komplex geworden. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. September 2006 |
25.9.2006 | Wortmeldung | Ratspräsident: Die Regierung beantragt Nichteintreten. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. September 2006 |
25.9.2006 | Wortmeldung | Auf die Motion ist einzutreten. Als Inhaber eines KMU-Betriebes im Baugewerbe erlebe ich fast jeden Monat, dass Arbeiten von der öffentlichen Hand an Betriebe übergeben werden, die keine Lehrlinge ausbilden oder wegen fehlender Zeugnisse gar nicht dürfen. Vielfach ist bei der Vergabe die Preisdifferenz so klein, dass man dies mit einem Zuschlagskriterium Lehrlingsausbildung noch kippen könnte. Die heutigen Lehrlinge sind die Fachleute von morgen. Da verdienen die Lehrbetriebe eine kleine Unterstützung. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. September 2006 |
25.9.2006 | Wortmeldung | Auf die Motion ist einzutreten. Die Begründung der Regierung für ihren Antrag auf Nichteintreten erinnert mich an ein Sprichwort: «Für den nachts heimkehrenden Seemann ist die Laterne oft Halt und nicht Erleuchtung.» Ich bin der Meinung, die Regierung sucht Halt in ihren Argumenten, ohne sich von den Tatsachen erleuchten zu lassen. Die neueste Vergabestatistik des Kantons zeigt, dass die grösste Anzahl und rund die Hälfte des Vergabevolumens im Einladungsverfahren oder im freihändigen Verfahren vergeben wird. Die freihändigen Vergaben machen dabei eindeutig den Löwenanteil aus. Noch viel mehr gilt dies für Vergaben der Gemeinden. Darauf zielt in erster Linie die Motion. Die Regierung will das offensichtlich nicht verstehen, wenn sie lange Ausführungen zu den Vorschriften des Staatsvertragsbereichs macht. Erstens kommt dort ein Einladungsverfahren nicht vor, und zweitens beziehen sich diese Bestimmungen lediglich auf Vergaben mit sehr hohen Summen, z.B. im Baubereich 9,5 Mio. Franken und damit auf Vergaben an grosse Konsortien und Grossfirmen. Die Motion aber, die zielt auf die vielen kleineren Vergaben im Freihändigen- und im Einladungsverfahren. Drittens verlangt die Motion die Berücksichtigung der Lehrlingsausbildung als Auswahlkriterium im Bereich des Freihändigen- und im Einladungsverfahren und lediglich die Prüfung, inwieweit dieses Kriterium für die Lehrlingsausbildung auch als Zuschlagskriterium für das offene und selektive Verfahren angewendet werden könnte. Wie wichtig diese verbindliche Regelung wäre, zeigt aber die grosse Zahl der freihändigen Vergaben auch im Staatsvertragsbereich über die Bagatellklausel. Gemäss der vom Kanton erstellten WTO-Submissionsstatistik 2005 erfolgt, ich zitiere: «der Grossteil der Vergaben ohne öffentliche Ausschreibung, nämlich 34-mal gemäss Einladungsverfahren und 206-mal freihändig». Dass es dabei grösstenteils um Vergaben im Kanton St.Gallen geht, ist höchst erfreulich. Die Regierung ignoriert absichtlich das Ziel der Motion, eine nicht diskriminierende Anwendung des Auswahlkriteriums bei freihändigen und Vergaben im Einladungsverfahren bei Kanton und Gemeinden zu erreichen. Die heutige Situation, wo das Kriterium Lehrstellen angewendet werden könnte, wenn man nur wollte, befriedigt nicht. Die uneinheitliche Praxis, oder man könnte es auch eine Portion gesunde Willkür nennen, verschiedener Vergabestellen garantiert eben gerade keine Gleichbehandlung. Die untergeordnete Berücksichtigung der Lehrlingsausbildung berücksichtigt den von einem Lehrbetrieb verglichen mit einem Betrieb ohne Lehrlinge zu erbringenden Mehraufwand nicht. Die Regierung hat es in der Hand, diesen Zustand entweder über eine Änderung der Submissionsverordnung ein Ende zu setzen oder dem Parlament eine durch die Motion verlangte Vorlage zu präsentieren. Der Vorwurf des administrativen Aufwands, den die Motion produzieren soll, ist lächerlich, gerade im Vergabewesen. Jedes Lehrverhältnis ist im Kanton bereits heute zentral erfasst. Es ist somit ein Leichtes für Kanton und Gemeinden, die notwendigen Daten beim Register zu prüfen, oder noch einfacher, den Anbieter zur Auskunft aufzufordern, genauso, wie er Auskunft zu erteilen hat über Betreibungen, Bezahlung von Sozialversicherungsbeiträgen usw. Im Bereich der Vergaben der Gemeinden ist zudem meist die Anbieterin oder der Anbieter bekannt. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. September 2006 |
25.9.2006 | Wortmeldung | Auf die Motion ist einzutreten. Vor noch nicht einmal einer Stunde haben wir der Motion 42.06.16 «Fördergelder ab 2007 für eine erfolgreiche Energiezukunft» zugestimmt. Sogar Klee-Berneck hat dieser staatlichen Ausgabe zugestimmt. Die Motionärin will hier nichts anderes, oder die Motion Huser-Wagen will eigentlich dasselbe, nämlich Förderung der Ausbildungszukunft. In diesem Sinn kann ich diese Motion sehr unterstützen. Es bringt wenig, wenn man Betrieben, die Lehrlinge ausbilden, solche grosse Kleber an die Türe klebt «Lehrbetrieb 2006». Das war es dann. Oder dass man kostenrelevant rechnet und lieber auf Lehrlingsausbildung verzichtet, um eher an Aufträge zu kommen. Es geht um etwas anderes. Es geht um unsere Zukunft der Jugend, um den Nachwuchs in den Berufen sicherzustellen. Dafür brauchen wir Lehrstellen. Darum darf es durchaus eines der Zuschlagskriterien sein, «macht dieser Betrieb Lehrlingsausbildung oder macht er es nicht». Es geht nicht darum, Brander-Wattwil, dass jemand, der zufälligerweise gerade keine Lehrstelle im Betrieb hat, dann den Zuschlag nicht erhält. Es geht darum, dass diejenigen, die bewusst keine Lehrstellen anbieten, dass diese benachteiligt werden im Zuschlag. Wenn in der Begründung der Regierung auf Nichteintreten dieser Motion steht, dass man das nicht vollziehen kann, dann frage ich mich schon, was das soll. Wenigstens im Text der Motionärin steht klar, dass Zürich und Graubünden genau dieses Anliegen bereits umgesetzt haben. Der Kanton Zürich und Graubünden können es. Und St.Gallen? | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. September 2006 |
25.9.2006 | Wortmeldung | Wir von der SP-Fraktion begrüssen alle Massnahmen, die das Anbieten von Lehrstellen begünstigen. Unsere vielen Vorstösse zeugen davon. Wir sind auch immer wieder besorgt, wenn Lehrstellen zurückgehen, wenn nicht genügend zur Verfügung stehen für die jungen Leute. Es geht hier aber darum, ob dieses das geeignete Instrument ist, um Anbieter von Lehrstellen zu begünstigen. Und ob es das geeignete Instrument ist, damit das wirklich auch umsetzbar ist. Freihändiges Verfahren: Der Name sagt es schon, dass es eben freihändig ist, und nicht umsonst wird vom Submissionsgesetz her da eine tiefe Limite festgesetzt. Da, wo es freihändig ist, ist es immer schwierig, dass man da eingreift mit Regelungen, und das ist eigentlich auch in der Antwort der Regierung enthalten. Es gibt so viele Ideen, wie man das Angebot an Lehrstellen erhöhen könnte. Wir haben auch schon Ideen gebracht, wie man einen Fonds schaffen könnte, wo Betriebe einzahlen, die eben keine Lehrstellen haben, aber ich denke, mindestens für einen Teil unserer Fraktion sind Zweifel angebracht, ob dieses hier der richtige Weg wäre. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. September 2006 |
25.9.2006 | Wortmeldung | Auf die Motion ist einzutreten. Vor allem das Votum von Dobler-Oberuzwil veranlasst mich schon noch zu einigen Äusserungen dazu. Dobler-Oberuzwil meint, das freihändige Verfahren sei nicht mehr freihändig, wenn wir die Lehrlingsausbildung als Auswahlkriterium einführten. Er macht auch Vergleiche mit Kinderkrippen usw. Sie sind Vorstandsmitglied des Gewerbeverbandes, und auch Sie sollten irgendwo ein Anliegen haben, die Berufsbildung zu fördern. Es geht beim Vergabewesen darum, dass wirtschaftlich günstigste Angebot auszuwählen, aber unter verschiedenen Voraussetzungen. Nämlich unter der Gleichbehandlung der Anbieter und unter Transparenz. Es ist nun eine Tatsache und jedermann klar, dass die Lehrlingsausbildung den Betrieb etwas kostet, nicht nur die Löhne der Lernenden, sondern eben auch die Betreuenden, die Kosten. Es geht darum, dass Betriebe mit Lehrlingen im Vergabeverfahren eben gleich behandelt werden und das heisst, wenn wir das Auswahlkriterium, Huser-Wagen schreibt in ihrer Motion ganz klar «nach Möglichkeit Lehrbetriebe mit Lernenden zu berücksichtigen», dass wir hier eine Möglichkeit schaffen, hier einen Ausgleich zu machen. Es geht darum, dass wir Anreize schaffen statt staatliche Impulsprogramme. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. September 2006 |
25.9.2006 | Wortmeldung | Auf die Motion ist einzutreten. Mich überrascht Brander-Wattwil als Präsident der Wirtschaftsgruppe, dass er mit solcher Vehemenz gegen diesen Antrag spricht. Ich glaube, das wäre eine Aufgabe der Wirtschaftsgruppe, diesen Antrag zu unterstützen. Der Aufwand der Kriterien kann nicht so gross sein. Es ist einzig, man muss einen Kriterienkatalog erstellen, und somit ist das ganze Paket bereits geschnürt. Kosten für die Lehrlingsausbildung sind nicht unwesentlich. Vorteile beziehen aber diejenigen Betriebe, die keine Lehrlinge ausbilden. Es ist mühsam, einen Betrieb zu leiten, welcher laufend Lehrlinge ausbildet und dann diese Fachleute anschliessend von diesen Betrieben abgeworben werden, die nicht bereit sind, Lehrlinge auszubilden. Die Vergabe, welche schlussendlich dem Billigsten zufällt, ist kein Kriterium der Ausbildung mehr, sondern einfach der Billigste, der die Arbeit ausführt. Gerade im Bereich, den Dobler-Oberuzwil aufgeführt hat, werden dringend Fachleute benötigt. Ich kenne Betriebe, die seit Monaten Leute suchen. Ist es denn wirklich nicht legal, durch diese Aufwendungen, die wir betreiben, auch einmal einen kleinen Vorteil zu haben? | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. September 2006 |
25.9.2006 | Wortmeldung | Auf die Motion ist nicht einzutreten. Die Förderung der Lehrlingsausbildung ist ein struktur- bzw. sozialpolitisches Ziel, das sowohl im öffentlichen Interesse, wie auch im Interesse des Gewerbes und der KMU selbst liegt. Es geht ganz konkret um die eigene Nachwuchsförderung der einzelnen Branchen. Es gilt zu beachten, dass die Anwendung des Kriteriums Lehrlingsausbildung im öffentlichen Beschaffungswesen keine Diskriminierung auswärtiger Anbieter bewirken darf. Das macht klar, dass das Zuschlagskriterium Lehrlingsausbildung grundsätzlich ein vergabefremdes Kriterium ist. Wenn schon, dann nur im beschränkten Rahmen anzuwenden bei Arbeitsvergaben, weil im Submissionsverfahren der Zuschlag an das wirtschaftlich günstigste Angebot zu erfolgen hat. Mit dieser Motion wird versucht, zwei an und für sich berechtigte Anliegen miteinander zu vermischen. Nämlich Lehrlingsplätze, Lehrlingsausbildung und Submissionsverfahren. In der Sache bin ich grundsätzlich mit den Anliegen und den Begründungen der Motionärin einverstanden. Deshalb wird es bei uns auch heute schon pragmatisch und situationsgerecht tatsächlich angewendet, und zwar genau im freihändigen Verfahren, wo wir frei sind, den Anbieter auszulesen, und im Einladungsverfahren, wo wir frei sind, Firmenanbieter einzuladen, die auch Lehrlinge ausbilden. Es fehlt also ganz klar nicht am Willen, es fehlt auch nicht am Wollen. Aber ich habe kein Verständnis, dass für das, was angestrebt und heute schon problemlos praktiziert wird, eine gesetzliche Regelung geschaffen werden muss. Die rechtliche Grundlage gibt es schon und zwar in Art. 34 der Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen unseres Kantons. Dort steht unter den Zuschlagskriterien Art. 34 Bst. l «Sicherung des Ausbildungsstandes einer Berufsgattung, d.h. die Lehrlingsausbildung». Diese Bestimmungen gelten nicht nur für das Baudepartement, sondern für die ganze Staatsverwaltung gleichermassen. Falls Sie trotzdem eine gesetzliche Regelung wollen, so bitte ich Sie, doch zu beachten, was das für Sie, für uns als Auftraggeber, aber auch für Sie als KMU und Anbieter zusätzlich für Arbeit bedingt. Eine gesetzliche Regelung würde automatisch eine detaillierte Auslegeordnung mit Anwendungskriterien nach sich ziehen, wie das die Erfahrungen der Stadt Winterthur zeigen. Wir haben nämlich gehört: Zürich kann es, Graubünden kann es. Ich nehme hier die Grundlagen der Stadt Winterthur. Ich habe diese Unterlagen von der Motionärin erhalten, um was es dann plötzlich eben geht, wenn wir das Kriterium einbauen. Grundsätzlich schreiben die klar, für das öffentliche, internationale Verfahren darf das Kriterium nicht angewendet werden, weil sonst die ausländischen Firmen, die ein anderes Ausbildungssystem haben, benachteiligt würden. Wir würden eine gesetzliche Regelung schaffen für zwei der drei Kriterien im Submissionsverfahren. Das wäre etwas schwierig. Es geht darum, was ist die Lehrlingsausbildung? Was wird angerechnet? Winterthur hat folgendes Problem. Die Kriterien sollen auf alle Anbieter aus dem Gebiet der Schweiz in gleicher Weise angewendet werden. Ferner sei nicht auf die absolute Zahl der Lehrlinge abzustellen, sondern es sei das Verhältnis zur Gesamtzahl der Beschäftigten zu berücksichtigen, da andernfalls eine Bevorzugung der Grossfirmen gegenüber den kleinen KMU besteht. Dann werden branchenweise der Stadt Winterthur die Idealzahlen durchgegeben. So ist die ideale Zahl beim Baunebengewerbe 1:10, hingegen beim Strassenbau genügt ein Anteil von 8 Prozent, um auf das Maximum zu kommen. Dann kommt ein neues Problem: Nicht nur Branchenlehrlinge, auch kaufmännische Lehrlinge müssen prozentual zu den Branchenlehrlingen auch berechnet werden, weil es sonst eine Verfälschung gibt. Dann verlangt die Stadt Winterthur regelmässig die Angaben der Auszubildenden in der Fachrichtung und im kaufmännischen Bereich. Bei unklaren Angaben wird im Rahmen der Offertbereinigung nachgefragt. Wir müssen dann bei jedem Anbieter nachfragen, wie ist es wirklich, was hat er gemeint, um die Verhältniszahlen umzurechnen und in Prozenten wiederzugeben. Dann kommt es vor, dass Unternehmen sagen, wir haben drei Lehrlinge, aber im Moment der Arbeitsvergabe haben wir nur zwei, weil einer die Lehre abgebrochen hat. Wir haben grundsätzlich die Lehrplätze, aber wir haben einfach Pech im Moment. Dann kommt ein Problem, z.B. bei Branchen, die keine Lehrlinge haben dürfen, weil die Fensterbauer keine Schreiner, sondern eben Fensterbauer sind und keine Lehrlinge ausbilden können. Das ist die Praxis aus Winterthur. Dann möchte ich Ihnen zu bedenken geben, auch Jungunternehmer, die noch keine Lehrlinge haben, verdienen unsere Unterstützung, dass wir denen Aufträge geben, damit sie sich entwickeln können, und nicht nur mit Fördergeldern unterstützt werden müssen. Eine gesetzliche genaue Regelung ist eben trotzdem nötig, weil wenn eine gesetzliche Regelung besteht, dann besteht auch für die Anbieter ein Anrecht, dass es korrekt angewendet wird, und bei einem Fall vor Verwaltungsgericht müssen wir dann angeben, wie wir auf diese Zahl gekommen sind, und sonst fallen wir durch und wir beginnen die ganze Submission wieder von vorne. Sagen Sie mir bitte nicht, dass das keine zusätzliche hohe administrative Belastung gibt für Sie als Anbieter und für uns, die alle Verfahren durchrechnen müssen. Wollen Sie tatsächlich diese neue, unnötige gesetzliche Regelung, nachdem Sie mit Engagement den ausführlichen Bericht zur Entlastung der KMU zur Kenntnis genommen haben und von der Regierung und Verwaltung, wo immer möglich, Entlastungen für die KMU und schnelle Verfahren fordern? Wir wenden diese Kriterien bei den Einladungsverfahren und bei der Direktvergabe an, und wir wollen es weiter pragmatisch tun, und wir brauchen kein zusätzliches Gesetz. Es hat nichts mit den Lehrlingsplätzen und nichts mit der Lehrlingsausbildung zu tun, sondern mit dem Submissionsverfahren. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. September 2006 |
25.9.2006 | Wortmeldung | legt seine Interessen als Präsident vom kantonalen Gewerbeverband offen. Auf die Motion ist einzutreten. In den letzten Wochen konnte man in der Presse zum Abschneiden der Schweizer Meisterschaften in den einzelnen Berufen lesen. Ostschweizer Firmen standen im Vordergrund. In der Vergangenheit konnten wir lesen, wie Regierungsrat Stöckling in der ganzen Welt herumreist und unser System lobt. Warum sollen wir nicht einen Vorteil haben? Wir können uns schon an jedes und alles halten. Aber die Motion Huser-Wagen öffnet nur einen kleinen Teil, damit wir wieder eine Möglichkeit haben, vielleicht ein paar Lehrstellenplätze zu schaffen. Sagen wir doch Ja zu dieser Motion. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. September 2006 |
25.9.2006 | Wortmeldung | Der Antrag Würth-Jona ist abzulehnen. Sie haben aus der Statistik gehört, dass rund 90 Prozent der Vergaben im freihändigen Verfahren stattfinden. Wenn Sie nun dem Antrag Würth-Jona stattgeben, dann ziehen Sie der Motion nicht nur einen Zahn, sondern Sie ziehen das ganze Gebiss. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. September 2006 |