Mitteilung Kanton

Ehemaliger Regierungsrat Hans Rohrer verstorben

Foto von Hans Rohrer
Foto von Hans Rohrer

Hans Rohrer war von 1986 bis 2000 Vorsteher des damaligen Justiz- und Polizeidepartements. Er war nicht nur Politiker, sondern auch Familienmensch und engagierte sich für das soziale und kulturelle Leben in seiner Region. Am 16. August 2025 ist er im Alter von 88 Jahren gestorben.

Regieren, das war für Hans Rohrer Lust, nicht Last. 1986 wurde er als Nachfolger des erkrankten Florian Schlegel in die Regierung gewählt. 14 Jahre lang, bis zum Rücktritt im Jahr 2000, leitete der Nichtjurist das Justiz- und Polizeidepartement. Dieses wurde damals traditionsgemäss einem SP-Mitglied überlassen. 1989/90 und 1996/97 war er Landammann.

Hans Rohrer war überzeugt, dass sich im Justiz- und Polizeidepartement „politisch kaum Lorbeeren“ holen liessen. Dennoch war er beliebt bei der Bevölkerung und über die Parteigrenzen hinweg, was sich in ausgezeichneten Wahlresultaten manifestierte. 1988 und 1992 wurde er mit dem besten Resultat der Kandidierenden wiedergewählt. Alle Seiten attestierten ihm Offenheit, einen unkomplizierten Umgang, Kompromissbereitschaft, Sachbezogenheit, Teamfähigkeit und Rückgrat. Er war ein Realpolitiker, kein Selbstdarsteller. Rohrer politisierte als gemässigter, liberaler Sozialdemokrat.

Während seiner Amtszeit im Justiz- und Polizeidepartement wurden die Bezirksämter aufgehoben und die Strafverfolgungsbehörden zu regionalen Untersuchungsämtern zusammengefasst. Bei der Kantonspolizei setzte eine rasante technische Entwicklung ein: Die Kantonale Notrufzentrale wurde aufgebaut und das kantonale Funknetz erneuert. Im Strafvollzug erfolgte der Umbau der Strafanstalt Saxerriet, zudem plante Rohrer ein neues Untersuchungsgefängnis in Altstätten und bereitete die Umwandlung der Strafvollzugsanstalt Bitzi in eine Massnahmenanstalt vor.

Als grösste Herausforderung erwies sich die Aufarbeitung der Fichenaffäre, welche die Schweiz 1989/1990 erschütterte. Dabei stellte Hans Rohrer seine Bürgernähe unter Beweis, indem er sich mit der Regierung entschied, möglichst bürgerfreundlich und rasch Einsicht in die gesammelten Fichen und Akten zu ermöglichen – entgegen der Praxis des Bundes.

Hans Rohrer war als Sohn eines Kleinbauern in Buchs aufgewachsen. Der Region Werdenberg blieb er stets treu. Nach der Lehrerausbildung arbeitete er als Primarlehrer in Grabs und Buchs, danach bis 1972 als Gewerbelehrer in Buchs. Von 1973 bis zum Einzug in die Regierung war er Buchser Gemeindeammann. Von 1976 bis 1985 politisierte er im Kantonsrat, dann folgte eine Episode im Nationalrat, die schon rasch mit der Wahl in die Regierung endete. Die Exekutivfunktion und das Mitgestalten an handfesten Projekten lagen ihm näher als der Betrieb im Bundesparlament.

Rückhalt fand der sechsfache Vater Hans Rohrer in seiner Familie und im kulturellen und sozialen Leben seiner Region. Er leitete Chöre und Musikvereine, zwölf Jahre lang dirigierte er die Blechharmonie Räfis-Burgerau. Als Mitglied des Bundes für Naturschutz und der Schweizer Naturfreunde setzte er sich für ökologische Anliegen ein. Für Kultur und Soziales engagierte er sich auch nach dem Rücktritt aus der Regierung – als Präsident der Genossenschaft Werdenberger Schloss-Festspiele, als Präsident des Vereins «Senioren-Plattform Bodensee» sowie im Rahmen der Pro Senectute.

Heimat und Persönlichkeit Hans Rohrers spiegeln sich im Portrait, das im Regierungsgebäude hängt. Es zeigt ihn vor dem Schloss Werdenberg und ohne „Chälblistrick“ – so nannte er die Krawatte. Ohne fühlte er sich wohler. Vor Hans Rohrer war nur ein Regierungsvertreter krawattenfrei portraitiert worden: Karl Müller-Friedberg, der erste Landammann des Kantons.

Verfasst von Jörg Krummenacher