Mitteilung Kanton

Rechtspflegekommission prüft Effizienz der Justiz

Symbolbild von Akten.
Symbolbild von Akten.

Die Rechtspflegekommission hat ihren Bericht über die Prüfungstätigkeit 2024/2025 verabschiedet. Sie prüfte das Kreisgericht Wil, die Anklagekammer und das Verwaltungsgericht. Übergreifendes Schwerpunktthema war dabei die Effizienz der Justiz und Justizverwaltung. Neben einem Standesbegehren unterbreitet sie zudem zwei Empfehlungen.

Die Rechtspflegekommission hat sich bei den Visitationen über mögliche Hürden für ein effizientes Arbeiten der Justiz informiert. Dabei wurde ihr von verschiedenen rechtlichen Vorgaben berichtet, die einer effizienten Verfahrensabwicklung – unter Wahrung der rechtsstaatlichen Vorgaben – im Wege stehen. Die Rechtspflegekommission hat auch vereinzelte organisatorische Empfehlungen formuliert, zu denen sie sich aufgrund ihrer Visitationen veranlasst sah.

Effizienz der Justiz und Justizverwaltung

Über die Bedeutung von Effizienz in der Justiz und Justizverwaltung hat die Rechtspflegkommission sich von einem Experten für Justizmanagement und Justizorganisationsrecht informieren lassen. Dabei wurde das verfassungsrechtliche Effizienzgebot der Justiz thematisiert. Dieses bewegt sich in einem Spannungsfeld aus effektivem Staatshandeln, hoher Qualität, Kundenfreundlichkeit, effizientem Ressourceneinsatz und niederschwelligem Zugang zur Justiz. Eine wichtige Rolle bei der Effizienz spielt auch die Justizorganisation, die in den Kantonen unterschiedlich ausgestaltet ist. So hat die Rechtspflegekommission im Berichtsjahr den Austausch mit dem Kantonsgericht Luzern genutzt, um eine andere kantonale Justizorganisation kennenzulernen. Im Weiteren stellte die Rechtspflegekommission fest, dass Potenziale für Effizienzgewinne aus der Digitalisierung der Justiz bestehen, die Digitalisierung als Change-Prozess aber auch Initialisierungsaufwände und Übergansprozesse mit sich bringen wird.

Visitierte Stellen im Prüfungsjahr 2024/2025

Die Anklagekammer ist um rasche Verfahrenserledigungen bemüht, damit die Pendenzen und die eigene Arbeitslast im bewältigbaren Rahmen bleiben. Dies ist insbesondere wichtig, um keine zusätzlichen Beschwerdeverfahren und damit eine weitere Erhöhung der Arbeitslast zu provozieren, insbesondere vor dem Hintergrund der eingeschränkten Steuerbarkeit der Falleingänge. Verfahrensrechtlich besteht Optimierungsbedarf bei der Schweizerischen Strafprozessordnung, da diese im Gegensatz zu anderen Prozessgesetzen keine einzelrichterlichen Kompetenzen zur Abschreibung von Verfahren nach Beschwerderückzug oder Wegfall des Anfechtungsobjekts vorsieht. Die Rechtspflegekommission hat deshalb ein entsprechendes Standesbegehren zuhanden des Kantonsrates eingereicht, um auch im Strafprozess eine effiziente Verfahrensabwicklung zu ermöglichen. Zudem empfiehlt die Rechtspflegekommission der Anklagekammer, beziehungsweise dem Kantonsgericht, organisatorischen Anpassungen bei den Kopierarbeiten der Kanzlei sowie den Pensen für die Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen.

Das Verwaltungsgericht war lange mit einem hohen Pendenzenstand konfrontiert, den es in den letzten Jahren auf ein tiefes Niveau zu senken vermochte. Der erreichte Pendenzenabbau kommt nun der durchschnittlichen Verfahrensdauer zugute, was die zuständige Subkommission sehr begrüsst. Sie hat zudem im Austausch mit dem Verwaltungsgericht festgestellt, dass gewisse gesetzliche Vorgaben ein effizientes Arbeiten hindern. Für gewisse Fallgruppen könnte eine kleinere Besetzung geprüft werden, wie namentlich Fälle, in denen die Regierung als Vorinstanz entscheidet. Zudem erachtet die Subkommission eine Erweiterung der einzelrichterlichen Kompetenzen in klaren Fällen, die an ein Zustimmungserfordernis des zweiten hauptamtlichen Mitgliedes gekoppelt sein könnten, als prüfenswert.

Beim Besuch des Kreisgerichtes Wil erlebte die zuständige Subkommission einen typischen Verhandlungstag. Das Kreisgericht Wil ist das zweitgrösste erstinstanzliche Gericht im Kanton und sieht sich ebenfalls mit einer hohen Falllast konfrontiert, deren Ursprung vor allem in den strafrechtlichen Landesverweisungen sowie komplexen familienrechtlichen Fällen gesehen wird. Der Kantonsrat sprach in der Wintersession 2024 entsprechende personelle Ressourcen unter anderem für die Kreisgerichte. Das Kreisgericht Wil hat zudem kürzlich einen Generationenwechsel nach der Pensionierung von drei langjährigen Richtern absolviert.

Der Kantonsrat berät den Bericht der Rechtspflegekommission in der kommenden Sommersession in einziger Lesung. Der Bericht ist auf der Webseite des Kantonsrates (www.kantonsrat.sg.ch) unter der Geschäftsnummer 82.25.02 sowie das Standesbegehren unter 41.25.02 zu finden.