St.Gallen stärkt Selbstbestimmung und Gleichstellung von Menschen mit Behinderung
Mit einer umfassenden Überarbeitung der gesetzlichen Grundlagen im Bereich Behinderung will die Regierung für die Betroffenen gewichtige Verbesserungen erreichen. Zentral ist dabei die Möglichkeit, selbstständiger leben zu können. Zudem soll die Unterstützung für die Betreuung von Kindern mit Behinderung in Kitas geregelt werden. Die Vorlage ist bis Ende Februar 2025 in der Vernehmlassung.
Ziel der Revision des Behindertengesetzes (BehG) ist eine stärkere Verankerung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in der St.Galler Rechtsordnung. Mit drei Nachträgen sollen gewichtige Verbesserungen für Menschen mit Behinderung erreicht und das kantonale BehG umfassend weiterentwickelt werden.
Besserer Zugang zu selbständigem Wohnen
Kern der Vorlage und Inhalt des ersten Nachtrags zum BehG ist ein neues Finanzierungssystem im Bereich Wohnen mit ambulanter Unterstützung. Dieses soll ermöglichen, dass mehr Menschen mit Behinderung selbständig und selbstbestimmt in der eigenen Wohnung leben können. Damit die Betroffenen die nötigen Unterstützungsleitungen finanzieren können, werden als erstes die Bedürfnisse einer Person durch eine unabhängige Stelle erhoben. Darauf basierend spricht die zuständige kantonale Stelle die nötigen finanziellen Mittel, damit diese Leistungen bezogen werden können. Diese Mittel ergänzen die übrigen Unterstützungsleistungen, beispielsweise der Invalidenversicherung (IV).
Durch die erwartete Verschiebung aus dem Wohnen im stationären Bereich, also in Wohnheimen, in den ambulanten Bereich, resultieren Einsparungen bei den Ergänzungsleistungen (EL). Die im überarbeiteten BehG vorgesehenen neuen Leistungen kosten den Kanton St.Gallen mittelfristig rund 11 Millionen Franken. Durch die gleichzeitige Einsparung bei den EL rechnet der Kanton bis ins Jahr 2034 insgesamt mit einer Kostendämpfung von 10 Millionen Franken.
Behindertengleichstellung verbessern
Mit gezielten Anpassungen, sowohl am BehG als auch an anderen Gesetzen, will die Regierung Verbesserungen bei der Behindertengleichstellung erreichen. So werden zum Beispiel im zweiten Nachtrag des BehG die Aufgaben der Verwaltung zur Beratung und Sensibilisierung hinsichtlich der Behindertengleichstellung ausgebaut. Neu wird der barrierefreie Zugang zu öffentlich zugänglichen Gebäuden im Eigentum der öffentlichen Hand und die Pflicht zur barrierefreien Kommunikation des Staates gesetzlich verankert. Zudem sollen künftig gesetzliche Anpassungen immer auf ihre Übereinstimmung mit der UN-BRK überprüft werden.
Kinder mit Behinderung in Kitas
Die dritte und letzte Anpassung zum BehG umfasst eine Finanzierungslösung für die Betreuung von kleinen Kindern mit Behinderung in Kitas. Hier besteht aktuell eine Versorgungslücke und die Finanzierung ist nicht gesichert. Eltern von Kindern mit einer Behinderung soll ermöglicht werden, ihre Kinder in einer Kita betreuen zu lassen. Zu diesem Zweck sollen Betreuungseinrichtungen künftig Mehraufwände bei Betreuung und Koordination abgegolten werden. Zudem soll das Personal im Umgang mit den Kindern mit besonderen Bedürfnissen geschult werden. Die Finanzierung teilen sich der Kanton und die politischen Gemeinden auf.
Stellungnahmen von allen erwünscht
Da von der Revision des BehG vor allem Menschen mit einer Behinderung betroffen sind, stehen die Unterlagen auch in Einfacher und Leichter Sprache zur Verfügung. Stellungnahmen im Rahmen der Vernehmlassung können schriftlich, telefonisch, via Sprachnachricht oder mit einer Videobotschaft eingereicht werden. Zudem wird in einem Erklärvideo, das gemeinsam mit easyvote entwickelt wurde, erläutert, was eine Vernehmlassung ist. Alle interessierten Personen und Organisationen sind eingeladen, an der Vernehmlassung teilzunehmen, die bis Ende Februar 2025 dauert.