Viele Verstösse gegen den Jugendschutz
Im Jahr 2021 wurden in 536 Verkaufsstellen im Kanton St.Gallen Alkohol- und Tabak-Testkäufe durchgeführt. Die durchschnittliche Verstossquote blieb im Vergleich zum Vorjahr gleich, stieg verglichen mit der Zeit vor der Corona-Pandemie jedoch stark an. Die Ergebnisse lassen einen Zusammenhang mit der Pandemie vermuten.
Insgesamt wurden im letzten Jahr 536 Betriebe in 24 Gemeinden getestet (2020 waren es 469 Betriebe in 40 Gemeinden). Getestet wurden Gastronomiebetriebe (47%), Detailhandel (34%), Tankstellen und Kioske (16%), sowie neu der Onlinehandel (3%). Im Gegensatz zu 2020 waren viele Gemeinden mit der Durchführung von Testkäufen zurückhaltend, da sie die Gastronomiebetriebe nicht noch zusätzlich belasten wollten.
Beim Alkoholverkauf betrug die Verstossquote 44 Prozent (2020: 40%) und beim Tabakverkauf 25 Prozent (2020: 27%). Festveranstaltungen wurden im Jahr 2021 praktisch keine abgehalten und damit auch keine entsprechenden Testkäufe durchgeführt. Neu wurden Testkäufe beim Onlinehandel durchgeführt. Die Verstossquote war hier mit 84 Prozent wie erwartet sehr hoch.
Corona als möglicher Einflussfaktor
Die Fachpersonen beim Amt für Gesundheitsvorsorge des Kantons St.Gallen sehen folgende Gründe, die für die Häufung der Verstösse in Frage kommen:
- Das Coronavirus war auch im Jahr 2021 durch die Corona-Massnahmen eine schwere Belastung für viele Verkaufsstellen. Es ist denkbar, dass existenzielle Fragen den Jugendschutz in den Hintergrund drängten.
- Dass die Testkaufpersonen eine Maske trugen, erschwerte dem Verkaufspersonal die richtige Einschätzung des Alters möglicherweise zusätzlich.
- Das Alter bei der Ausweiskontrolle korrekt auszurechnen, erfordert Konzentration. Stresssituationen führen dabei häufiger zu Rechenfehlern.
Hinweisschilder werden sichtbarer
Eine positive Entwicklung zeigte sich wiederum bei den Hinweisschildern, die auf das Verkaufsverbot für Alkohol und Tabak an Jugendliche aufmerksam machen. Während im Jahr 2020 nur 62 Prozent der Verkaufsstellen Hinweisschilder sichtbar angebracht hatten, waren es im Jahr 2021 86 Prozent. Vermutlich wurden viele fehlbare Betriebe von den Gemeinden auf ihren Verstoss aufmerksam gemacht und brachten dementsprechend Verbesserungen an.
Sensibilisierung statt Strafe
Für die fehlbaren Betriebe haben die Testkäufe keine strafrechtlichen Konsequenzen. Einerseits fehlt dazu die gesetzliche Grundlage, andererseits steht nicht die Bestrafung im Fokus, sondern die Sensibilisierung des Verkaufspersonals für das Thema Jugendschutz. Im Kanton St.Gallen sind die Gemeinden für die Umsetzung des Jugendschutzes zuständig. Der Kanton unterstützt die Gemeinden bei dieser Aufgabe und bietet ihnen die kostenlose Durchführung von Testkäufen an.
Testkäufe im Kanton St.Gallen
Bundesgesetz und kantonale Gesetzgebungen schreiben vor, dass weder Alkohol noch Tabakwaren an unter 16-Jährige und keine Spirituosen, Aperitifs und Alkopops an unter 18-Jährige verkauft oder weitergegeben werden dürfen. Die Verkaufsstellen sind verpflichtet, das Alter der Jugendlichen zu überprüfen. Das Amt für Gesundheitsvorsorge stellt den Verkaufsstellen kostenlos Materialien zur Verfügung, die auf die gesetzlichen Bestimmungen beim Verkauf und der Weitergabe von Alkohol und Tabakwaren an Jugendliche aufmerksam machen. Es unterstützt damit das Personal bei der Durchsetzung der Jugendschutzgesetzgebung.
Die Testkäufe werden vom Blauen Kreuz St.Gallen-Appenzell und der Stiftung Suchthilfe durchgeführt. Jugendliche unter 16 Jahren gehen zusammen mit einer erwachsenen Begleitperson in Tankstellenshops, Restaurants, Detailhandelsgeschäfte und an Events und versuchen, Alkohol oder Zigaretten zu kaufen. Dabei gelten klare Regeln: Die Jugendlichen dürfen nicht lügen, wenn sie nach dem Alter gefragt werden, und sind verpflichtet, einen Ausweis zu zeigen, wenn dieser verlangt wird. Zudem dürfen sich die Testkäuferinnen nicht schminken, um älter auszusehen.