Öffentlichkeitsprinzip für Parlamente klären
Die Regierung legt dem Kantonsrat einen Nachtrag zum Öffentlichkeitsgesetz vor. Dieser soll Zuständigkeits- und Verfahrensfragen für die Umsetzung des Öffentlichkeitsprinzips bei Kantonsrat und Gemeindeparlamenten klären. Die Regierung möchte dabei dem Kantonsrat und den Gemeindeparlamenten massgeschneiderte Lösungen ermöglichen.
Das Öffentlichkeitsgesetz des Kantons St.Gallen wird seit knapp sieben Jahren angewendet. Es erweist sich aus Sicht der Regierung als zweckmässiges Gesetzeswerk, das sowohl für die Öffentlichkeit als auch für die Organe, die es anzuwenden haben, in materieller wie in formeller Hinsicht praktikable Regelungen enthält. Auch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtes hat – zwar nicht in sehr zahlreichen, aber inhaltlich bedeutungsvollen Urteilen – das Ihre dazu beigetragen, die unbestimmten Rechtsbegriffe des Gesetzes für die Praxis zu konkretisieren. Von daher sieht die Regierung keinen Anlass zu einer tief greifenden Revision des Öffentlichkeitsgesetzes.
Hingegen zeigt sich, dass die Anwendung des Gesetzes im Bereich der parlamentarischen Tätigkeit des Kantonsrates und der Gemeindeparlamente präzisiert werden muss. Derzeit ist beispielsweise nicht geregelt, welches die Voraussetzungen für den Zugang zu Informationen über die Tätigkeit und zu amtlichen Dokumenten der Parlamente und ihrer Organe sind oder welche Stellen für die Abwicklung der öffentlichkeitsrechtlichen Verfahren zuständig sind.
Mit dem vorliegenden Nachtrag soll einerseits den Parlamenten selbst überlassen werden, wie sie die Information der Öffentlichkeit über ihre Tätigkeit sowie den Zugang zu ihren amtlichen Dokumenten sicherstellen wollen. Anderseits soll für den Kantonsrat die Verfahrensführung bei der Leiterin oder beim Leiter der Parlamentsdienste angesiedelt werden. Die entsprechenden Ausführungsbestimmungen sollen in den jeweiligen Geschäftsreglementen erlassen werden. Soweit und solange keine solchen Ausführungsbestimmungen bestehen, wird das kantonale Öffentlichkeitsgesetz als ergänzendes Recht sachgemäss zur Anwendung gelangen.
Mit dem Gesetzesentwurf erfüllt die Regierung den Auftrag aus der Motion 42.19.41 «Anwendung des Öffentlichkeitsgesetzes klären», die der Kantonsrat in der Februarsession 2020 einstimmig gutgeheissen hatte. Zur Vorberatung des Gesetzesentwurfs wird der Kantonsrat in der Novembersession 2021 die zuständige Kommission bestellen, so dass die erste Lesung im Rat in der Februarsession 2022 erfolgen kann.