Budget 2021: Corona-Pandemie hinterlässt tiefe Spuren
Die Regierung hat das Budget 2021 mit einem Aufwandüberschuss von 32,1 Millionen Franken und Nettoinvestitionen von 287,6 Millionen Franken verabschiedet. In diesem Ergebnis sind Eigenkapitalbezüge von 215,6 Millionen Franken enthalten. Das operative Defizit beträgt demnach 247,7 Millionen Franken. Mit dem Aufgaben- und Finanzplan 2022–2024 wird die Regierung das Vorgehen für die Bewältigung der anstehenden finanziellen Herausforderungen aufzeigen.
Mit dem Budget 2021 und im Hinblick auf die kommenden Jahre verändert sich die finanzielle Grosswetterlage im Kanton St.Gallen massgeblich. Dies nachdem der Kantonshaushalt in den vergangenen Jahren konsolidiert und die Eigenkapitalbasis wesentlich gestärkt werden konnten. Neben den negativen finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie lassen insbesondere die Effekte der Reformen (Steuervorlage und Bundesfinanzausgleich) sowie verschiedene aufwandseitige Effekte eine wesentliche Verschlechterung des Kantonshaushaltes erwarten.
Verzicht auf eine Reduktion des Steuerfusses
Vor diesem Hintergrund belässt die Regierung den Steuerfuss unverändert bei 115 Prozent und setzt damit den Auftrag des Kantonsrates zur Steuerfusssenkung um 5 Prozent nicht um. Dieser wurde vom Kantonsrat im Rahmen der Genehmigung des Aufgaben- und Finanzplans 2021–2023 noch vor Ausbruch der Corona-Pandemie an der Februarsession 2020 beschlossen.
Mutmassliches Rechnungsergebnis 2020 besser als erwartet
Die mutmassliche Rechnung 2020 fällt um rund 122 Millionen Franken besser aus als budgetiert (Stand Juli 2020). Die Hauptgründe für die Verbesserung sind eine höhere Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank von rund 103 Millionen Franken, höhere Steuererträge (kantonale Steuern plus 31 Millionen Franken; Bundessteuern plus 7 Millionen Franken), tiefere Kosten bei der innerkantonalen Hospitalisation von 32,8 Millionen Franken sowie weitere Minderaufwände im öffentlichen Verkehr, bei der individuellen Prämienverbilligung und bei der ausserkantonalen Hospitalisation. Zudem ist ein Bezug aus dem besonderen Eigenkapital in der Höhe von 16,4 Millionen Franken zur Finanzierung von Corona-Massnahmen vorgesehen.
Die grössten Mehraufwände resultieren aus der Zuweisung der Sonderausschüttung der Schweizerischen Nationalbank in der Höhe von 79,3 Millionen Franken an das besondere Eigenkapital sowie aus den Corona-bedingten Mehrkosten im Kantonalen Führungsstab und im Kantonsarztamt.
Budget 2021 mit hohem operativen Defizit
Mit dem budgetierten Aufwandüberschuss von 32,1 Millionen Franken werden die Vorgaben der Schuldenbremse (maximal zulässiges Defizit von 39 Millionen Franken) eingehalten. Zur Einhaltung wird neben den geplanten Bezügen aus dem besonderen Eigenkapital von 40,6 Millionen Franken erstmals seit 2016 auch wieder ein Bezug aus dem freien Eigenkapital in der Höhe von 175 Millionen Franken notwendig. Das operative Ergebnis verschlechtert sich demnach mit einem Aufwandüberschuss von 247,7 Millionen Franken um rund 272 Millionen Franken gegenüber dem Vorjahresbudget.
Kosten zur Bekämpfung des Coronavirus durch besonderes Eigenkapital finanziert
Der Kantonsrat hat im Mai 2020 beschlossen, die Sonderausschüttung der Schweizerischen Nationalbank für das Geschäftsjahr 2019 zugunsten des Kantons St.Gallen in der Höhe von 79,3 Millionen Franken dem besonderen Eigenkapital zuzuweisen. Gleichzeitig wurde auch der Verwendungszweck des besonderen Eigenkapitals ausgeweitet, womit neu auch Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus daraus finanziert werden können.
Zur Finanzierung von Corona-Massnahmen sind in der mutmasslichen Rechnung 2020 aktuell Bezüge von 16,4 Millionen Franken (Ausfallentschädigungen Kultur und Mehrkosten Kantonaler Führungsstab) und im Budget 2021 Bezüge von 10 Millionen Franken (Mehrkosten öffentlicher Verkehr, Massnahmen im sozialen Bereich) vorgesehen. Weiter ist aus dem besonderen Eigenkapital der Ausgleich von Ertragsausfällen der Spitäler zu finanzieren. Diesbezüglich wird dem Kantonsrat eine separate Vorlage unterbreitet. Nicht über das besondere Eigenkapital abgewickelt werden die für das Budget 2021 erwarteten Mindereinnahmen bei den Steuern. Diese werden über den allgemeinen Haushalt finanziert.
Anstieg des bereinigten Aufwands
Der bereinigte Aufwand nimmt gegenüber dem Budget des Vorjahres gesamthaft um 83,5 Millionen Franken oder 2,1 Prozent zu. Die Hauptgründe für diese Zunahme sind der höhere Abschreibungsaufwand von 46,6 Millionen Franken und der Anstieg bei den Staatsbeiträgen um 37,8 Millionen Franken (beziehungsweise 30,8 Millionen Franken ohne Pflegefinanzierung). Weiter nimmt der Personalaufwand im Rahmen der Vorgaben des Aufgaben- und Finanzplans 2021–2023 zu. Tiefere Aufwendungen sind bei den Passivzinsen und den Entschädigungen an Gemeinwesen zu verzeichnen.
Staatsquote steigt an
In seiner jüngsten Zwischeneinschätzung zur Konjunkturentwicklung geht des Staatssekretariat für Wirtschaft Seco für das Jahr 2020 von einem BIP-Rückgang in der Grössenordnung von 5 Prozent aus. Für 2021 wird gemäss Einschätzung vom Juni 2020 ein BIP-Wachstum von 4,9 Prozent prognostiziert. Das bereinigte Aufwandwachstum des Budgets 2021 von 2,1 Prozent liegt über dem prognostizierten Wirtschaftswachstum der beiden Jahre. Für das Budget 2021 muss somit von einem Anstieg der Staatsquote ausgegangen werden. Die Prognoseunsicherheiten zur Einschätzung des Konjunkturverlaufs für die Jahre 2020 und 2021 sind dabei jedoch aussergewöhnlich hoch.
Eigenkapitalbasis bleibt trotz Defizit und Eigenkapitalbezügen solid
Trotz des mutmasslichen Ertragsüberschusses für das laufende Jahr sinkt das freie Eigenkapital aufgrund des vorgesehenen Bezuges sowie des für 2021 budgetierten Aufwandüberschusses bis Ende 2021 voraussichtlich auf rund 814 Millionen Franken. Das besondere Eigenkapital beträgt nach der Einlage der Sonderausschüttung der Schweizerischen Nationalbank sowie den in der mutmasslichen Rechnung 2020 und im Budget 2021 geplanten Bezügen per Ende 2021 knapp 287 Millionen Franken. Hier sind jedoch zur Finanzierung von Corona-Massnahmen noch weitere Bezüge möglich, unter anderem die Finanzierung der Entschädigung an die Spitäler. Das weitere zweckgebundene Eigenkapital wird Ende 2021 voraussichtlich einen Bestand von 167 Millionen Franken aufweisen. Damit liegt der Eigenkapitalbestand per Ende 2021 bei rund 1'268 Millionen Franken. Der Kanton verfügt damit weiterhin über ein solides Eigenkapital.
Weitere Defizite in den kommenden Jahren
Auch in der aktuellen Planung für die kommenden Jahre ist von weiteren hohen Defiziten auszugehen, obwohl sich bei den Steuererträgen aufgrund der aktuell prognostizierten wirtschaftlichen Erholung eine mittelfristige Verbesserung abzeichnet. Vor diesem Hintergrund ist der solide Bestand an verwendbarem Eigenkapital von wesentlicher Bedeutung. Zum einen dient es der Finanzierung von Corona-bedingten finanziellen Massnahmen aus dem besonderen Eigenkapital, zum anderen können kurzfristige Defizite aus dem freien Eigenkapital finanziert werden. Strukturelle Defizite sind mittel- bis langfristig jedoch nicht aus dem Eigenkapital finanzierbar. Die Regierung wird deshalb mit dem Aufgaben- und Finanzplan 2022–2024 das Vorgehen für die Bewältigung der mittel- und langfristigen finanziellen Herausforderungen aufzeigen und allfällige Schritte zur Konsolidierung der Kantonsfinanzen einleiten.