Mitteilung Kanton

Gewässerqualität ist häufig ungenügend

Zahlreiche kleine Fliessgewässer im Kanton St.Gallen sind in einem schlechten Zustand. Besonders betroffen sind stark verbaute Bäche sowie Bäche deren Einzugsgebiet in einem intensiv genutzten Landwirtschaftsgebiet liegt oder durch Industrie, Siedlungs-, und Verkehrsflächen beeinflusst wird. Die aktuellen Untersuchungen des kantonalen Amtes für Wasser und Energie (AWE) zeigen, dass die Belastung vor allem bei Pestiziden über den Grenzwerten liegt.

Kleine Bäche, die den Kanton durchziehen, machen einen Grossteil des feinverästelten Fliessgewässernetzes aus. Sie erfüllen wichtige ökologische Funktionen. Viele kleine Bäche liegen in Gebieten, die zum Teil stark genutzt werden. Das wirkt sich negativ auf die Gewässerqualität aus. Für funktionierende Ökosysteme und den Erhalt der Biodiversität ist der Schutz der Bäche zentral.

Das Amt für Wasser und Energie (AWE) untersuchte deshalb 2019 in einer Messkampagne Bäche detailliert auf Mikroverunreinigungen. Bereits in sehr tiefen Konzentrationen können sie die Gewässerlebewesen schädigen. Mikroverunreinigungen stammen aus Rückständen von unter anderem Pestiziden, Medikamenten oder Industriechemikalien. Bei Regen werden sie direkt in die Bäche eingeschwemmt oder gelangen über die Abwasserreinigungsanlagen (ARA) in die Gewässer. Bisher sind erst wenige ARA dafür ausgerüstet, Mikroverunreinigungen zu eliminieren. Deshalb gelangen mit dem gereinigten Abwasser, das in die Flüsse eingeleitet wird, auch problematische Rückstände in die Gewässer.

Rückstände überschreiten Grenzwerte

In der Messkampagne 2019 wurden vier Bäche untersucht: der Albertswilerbach (Gossau), der Kirchtobelbach (Waldkirch), die Länderenaach (Widnau) und der Loobach (Niederbüren). Die Fachleute des AWE wählten diese Bäche aus, da bei ihnen aufgrund von Voruntersuchungen eine erhöhte Belastung vermutet wird. In allen Bächen zeigte sich ein erhöhtes oder gar ein sehr hohes chronisches Risiko für die Gewässerorganismen. Bei drei von vier Bächen hielt diese Situation während mehr als 40 Prozent der gesamten Beobachtungszeit an, die von April bis Oktober dauerte. Von 119 untersuchten Spurenstoffen wurden in den vier Bächen insgesamt 72 Stoffe nachgewiesen. Pestizide machten dabei die grösste Gefahr aus. Von zehn Stoffen, die die ökotoxikologisch basierten Grenzwerte überschritten, waren neun Pestizide und einer die Industriechemikalie PFOS. Diese Ergebnisse bestätigen eine Untersuchung, die 2018 in fünf anderen kleinen Fliessgewässern im Kanton durchgeführt wurde. Im laufenden Jahr wird eine weitere Messkampagne mit dem Schwerpunkt auf Mikroverunreinigungen durchgeführt.

In die Bäche wird kein Abwasser eingeleitet, aber ihre Einzugsgebiete sind von landwirtschaftlicher Nutzung geprägt. Die Analysen zeigten zum Teil schwerwiegende ökologische Defizite. Die Untersuchungen sollen dazu beitragen, im Dialog mit den Landwirten die Situation zu verbessern. Das AWE will die Landwirte mithilfe dieser Messkampagnen für einen sehr sorgsamen Umgang mit Pflanzenschutzmitteln sensibilisieren. Der Handlungsbedarf ist gross. Dank der Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft zeichneten sich erste Erfolge ab.

Gewässer zeigen biologische Defizite

Das AWE richtet sein Augenmerk seit 2011 verstärkt auf die kleinen Fliessgewässer. Bei den regelmässigen Untersuchungen kommen auch biologische Methoden zum Einsatz. Der Zustand der Gewässer lässt sich unter anderem am Vorkommen von wirbellosen Tieren in den Bächen messen. Manche dieser wirbellosen Tiere reagieren besonders empfindlich auf Belastungen des Wassers und sind eine wichtige Lebensgrundlage für viele Fische. Rund 60 Prozent der bisher über 70 biologisch beurteilten Bäche befanden sich nicht in einem guten Zustand. Sie erfüllten die ökologischen Anforderungen der Gewässerschutzverordnung nicht.

Belastung durch Nährstoffe hat abgenommen

Positiv entwickelt hat sich der Zustand der grösseren Flüsse. Dank des kontinuierlichen Ausbaus der Kläranlagen sank der Eintrag von Nährstoffen wie Stickstoff und Phosphor deutlich. 2002 waren die Phosphatkonzentrationen an den 14 langfristig beobachteten Gewässern noch in 28 Prozent der Messungen zu hoch. 2019 wurden sie nur noch bei acht Prozent überschritten. Auch die Nitratkonzentration in den grossen Flüssen hat in den letzten Jahren abgenommen. «Unsere Sorgenkinder», erklärt Vera Leib, «sind derzeit die kleinen Fliessgewässer. Die Belastung mit Mikroverunreinigungen macht ihnen zu schaffen. Die Ergebnisse unserer Untersuchungen sind ernst und erfordern Massnahmen.»